Tag 19 ==> NZ – Der Kampf um die Ressourcen
Fr.,4.Nov.2021, Pazifik, Tag 2713, 24.455 sm von HH
Die 12 Knoten Wind halten an bis zum späten Nachmittag. Uns rutscht „schönes segeln“ über die Lippen. Wir liegen in der Sonne und genießen. Dann bricht der Wind ein, wir kriechen mit zwei Knoten vorwärts. Die angedrohte Flaute kommt etwas früh. Eine Unterhaltung über Diesel-Reserven von Diesel-Reserven haben Erfolg. Widerwillig sieht Achim die Nutzlosigkeit solcher Reserven ein, wir starten den Motor. Der Käpt’n verschwindet zum Reichweiten rechnen an den Navi-Tisch. Wem auch immer er dann seine Seele opfert, nach einer Stunde kommt der Wind zurück. Verhalten erst, dann kräftiger. Nach Mitternacht frischt er auf 15 bis 18 Knoten auf. Wir machen wieder gute Fahrt. Nunmehr seit zwölf Stunden. Angesagt ist das so nicht, aber wir nehmen es dankbar an. Damit das nicht zu zufrieden klingt, hier noch der Kritikpunkt: Wenn unangekündigter Wind bläst, dann muss er nicht unbedingt von vorne kommen. Daran kann noch gearbeitet werden.
Essen: Mein Vorrat an Schokolade ist aufgebraucht. Die ätzenden Nächte haben über Gebühr Opfer gefordert. Außerdem muss ich teilen. Früher, als Achim noch geraucht hat (schon über drei Jahre her), war ihm meine Schokolade total Wurscht. Jederzeit konnte ich an den Kühlschrank gehen und mich bedienen, wie ich wollte. Jetzt muss ich versuchen heimlich zu naschen. Wie ein Taschenspieler-Dieb muss ich versuchen lautlos den Kühlschrank zu öffnen. Ein Kontroll-Blick über die Schulter, ob ich beobachtet werde. Wie ein übler Junkie. Das lautlose Öffnen ist schwierig. Die Klappe unseres Toplader-Kühlschranks hat eine massive Holzkante. Das Loch vom Kühlschrank ebenfalls. Wie eine Fanfare klappert Holz auf Holz aufeinander und schallt durchs ganze Schiff. Das hört Achim in der letzten Ecke: „Was machst Du??? Holst Du Dir Schokolade???“
Ansonsten futtern wir uns durch die Schränke. ‚Lieber den Magen verrenken, als Neuseelands Kontrolleuren was schenken‘. In den Rindfleisch-Kartoffel-Möhren-Eintopf kommen nun drei Gläser Fleisch. „Siehst du, geht doch“, kommentiert der Skipper, „nun schmeckt es auch“. Für diese Frechheit nehme ich mir heimlich was aus der letzten Haribo-Tüte. Die werden uns zwar nicht abgenommen, sind aber trotzdem alle.
Ich wage ein eta (estimated time of arrival): Sonntag im Laufe des Tages. Bis dahin müssen noch zwei Gläser Hühnersuppe, ein Kürbis, Käse und Salami vertilgt werden. Aus übrig gebliebenen Nüssen, Mandeln und Rosinen mische ich ein Studentenfütter für die Nachtwache. Fressen gegen Wegwerf-Wahn. Normalerweise verlieren wir auf so einem Törn zwei, drei Pfund Gewicht. Diesmal wird das wohl anders sein.
Tagesmeilen – 110 – Restmeilen direkter Kurs: 212
Position: 33° 06,2 S – 177° 28,6 E
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