Lock down Erweiterung
Mo., 30.Mrz.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2129, 20.254 sm von HH
Grade war die erste Woche unserer zweiwöchigen Ausgangssperre rum, da wurde uns die Wurst vor der Nase weggeschlagen: Ausgangsbeschränkung erweitert um weitere zehn Tage! Plus Ausgehverbot von 20:00 Uhr bis 5:00 Uhr morgens!
Der zweite Teil ist uns vom Prinzip her Wurscht, nachts sind wir sowieso nicht auf der Insel unterwegs gewesen. Aber das Verbot macht was mit uns. Nicht mehr die Freiheit zu haben, selber zu entscheiden, ob man an Land gehen möchte. Freiheit, das einzige was zählt, so heißt es doch.
Wir gehen auch tagsüber nicht mehr an Land. Zum ‚alleine-Sport-treiben‘ dürften wir. Uns ist die Lust vergangen. Ich war an Land zum Einkaufen. Meinen Passier-Schein hatte ich brav ausgefüllt dabei. Das hat aber keinen interessiert, ich wurde nicht kontrolliert. Es ist kaum jemand unterwegs und die Menschen, die man trifft, sind ebenfalls alleine auf der Straße. Die meisten mit Mundschutz. Ein paar Tage später war Achim im Shop, da trug allerdings schon kaum noch jemand eine Maske.
Es ist noch ein weiteres Segelboot angekommen. Die Crew hat ebenfalls Bleiberecht erhalten, aber nach wie vor werden diese Boote nicht offiziell einklariert. Tahiti lässt sich Zeit mit der Bewilligung und die Gendarmen vor Ort dürfen nichts entscheiden. Die Neuen unterliegen einer strengen Quarantäne von vierzehn Tagen. Ich paddel (und auch einige andere Segler sind unterwegs) mit dem Kajak von Boot zu Boot und liefere Eier aus. Mehr Wünsche haben die Neuankömmlinge für den Moment nicht. Segler sind ja immer gut ausgerüstet unterwegs. Dankbarer sind die Neuen darüber etwas zu hören: was ist los? wie läuft es hier?; einfach ein anderes Gesicht sehen als den eigenen Gatten.
Man sollte meinen wir Segler sind es gewöhnt nicht von Bord zu können und es macht uns nichts aus. Aber das stimmt nicht ganz, nicht können, weil man unterwegs ist, ist anders als nicht dürfen und das lockende, süße Land vor der Nase zu sehen.
Im Augenblick haben wir es mit Gambier noch gut getroffen. In Tahiti weht ein anderer Wind. Es gibt eine Rallye, die World ARC, deren erste Teilnehmer gerade Tahiti erreicht haben. Diese Segler sollen nach wie vor ihr Schiff zurück lassen und das Land mit dem Flugzeug verlassen.
Wir machen nicht viel den Tag über. Aufgeräumt, geputzt und Wollmäuse entfernt, haben wir ja schon neulich während der Regentage. „Blinder Eifer schadet nur“, weiß der Skipper. Die typischen Boots-Projekte entfallen weitestgehend, weil es an Zubehör hapert. Hier gibt es ja nicht mal einen Absperrhahn zu kaufen, um unsere Wasser-Auffang-Anlage zu optimieren. Die Stimmung ist prima zwischen uns, wir versuchen das Beste aus dem Ganzen zu machen. Wir beschäftigen uns so gut es geht, lesen viel im Internet über den Wahnsinn, der auf der Welt passiert. Wir lesen von ersten rassistischen Anfeindungen: Amerika-Chinesen werden in New York beschimpft, Europäische Camper in Marokko sollen mit Steinen beworfen werden, Weiße in Indien dürfen nicht mal zum Einkaufen von ihrem Schiff. An unserem friedlichen Ankerplatz liegen im Augenblich zwanzig Schiffe (weitere 10 bis 15 schwirren im Atoll umher). Wie immer ankern die Boote vor dem Ort, hinter der Riffkante. Eine Frau hat sich beschwert, dass die Boote zu nah am Ufer ankern, dort wo ihre Kinder spielen. Die Boote an der Nordseite haben jetzt ihren Platz geräumt.
Die Beschwerde fühlt sich schlecht an.
Shopping im leeren Ort