Kieler Förde
…ist ja immer etwas ganz besonderes. Und ehrlich gesagt habe ich mir große Sorgen gemacht, wie mir denn das Segeln als Hobby gefallen wird. Im letzten Jahr war es ja mein normales, tägliches Leben mit dem Boot unterwegs zu sein und monatelang auf ihm zu leben. Und nun soll es also wieder ein Hobby werden. Ein paar Tage hier und da; eventuell auch mal ein längerer Törn, wenn die Zeit es hergibt. So als würde Arjen Robben ab und zu mit Freunden auf den Bolzplatz gehen, Jan Ulrich mit dem E-Bike einkaufen fahren oder Sebastian Vettel die Kinder mit dem Kombi von der Schule abholen. Gut ich übertreibe etwas, aber so ging es mir im Kopf herum, als ich den Überführungstörn zur Marina Minde in der Flensburger Förde antrat. Eine Box in diesem dänischen Hafen soll nämlich mein Liegeplatz für diesen Sommer sein. Erstens liegt er im Ausland und gibt mir damit das Gefühl nicht direkt vor der eigenen Haustür zu segeln, und zweitens bekommt man dort im ersten Jahr als Neulieger 20% Rabatt. Gute Argumente also für diesen Hafen. Die Fahrtzeit von Hamburg beträgt 1:45h, nach Wendtorf bin ich sonst 1:30h gefahren….das passt schon. Und um es vorwegzunehmen, es wurde ein Traumtörn, vollgepackt mit allem, was das Segeln reizvoll macht. Ich freue mich jetzt bereits auf jede Stunde, die ich diese Saison an Bord verbringen kann.
Ich möchte daher hier einfach einmal von diesem Überführungstörn berichten, der zwar keinen spektakulären Ziele und Entfernungen bereithielt, aber in sich einfach ein perfektes Spiegelbild des Segelns auf der Ostsee war. Und ich war auch nicht alleine, sondern hatte einen „Auszubildenden“ an Bord. Alois, ein musikalischer Weggefährte, der sich neu für das Segeln interessiert, wollte sich alles einmal vor Ort ansehen und möglichst viel Erfahrung mitnehmen um eventuell für den Sportboot See Schein schon vorbereitet zu sein.
Das Wetter sollte zwar recht schön werden, jedoch passte der permanent angesagte Wind aus nördlichen Richtungen nicht so recht zur Route Kiel-Minde. Und so begannen wir dann auch direkt mit einem Nachttörn von Kiel nach Damp. Ich liess Alois aus der Marina Düsternbrook dieseln und kurz danach gingen die Segel hoch. Wir hatten Glück und konnten am Wind aus der Kieler Förde segeln. Vor Schilksee ging malerisch und mit einem Kaleidoskop an Farben die Sonne unter. Alois zückte den Fotoapparat und knipste andächtig. Wohl der erste Eindruck der geänderten Wahrnehmung von Bord aus.
Bei Bülk drehte der Wind sogar noch rück, so das fast ein direkter Kurs auf Damp möglich war. Schnell wurde es aber auch kalt und dunkel und die Stunden bis Damp zogen sich. Dick eingepackt und mit heißem Kaffee in der Plicht liess es sich aber gut ertragen. Ich liebe diese Atmosphäre. Kein Schiff weit und breit, nur Leuchttürme und blinkende Bojen am Horizont, schwarzes Wasser, gleichmässiger Wind, der Blick mit Taschenlampe zum Verklicker. Traumhaft. Nachts um 0100h dieselten wir dann die restlichen 1,5 Meilen westwärts in die Marina, deren Einfahrt wir nur mit der Taschenlampe und dem Plotter finden konnten. Die Hafenmauer backbords blieb einfach unsichtbar. Doch da ich schon öfter in dem Hafen war, machte ich mir keine großen Sorgen. Nach einem Absacker ging dieser großartige Nachttörn zu Ende und wir krochen zufrieden in die Kojen, hatten wir doch einen guten Teil des Törns Richtung Nord bereits segelnd bewältigen können.
Morgens weckte uns dann bereits das Gedengel der Fallen und das Pfeifen der Böen im Mast. Alois war begeistert, sah er doch bereits stürmische Abenteuer und wilde Ritte durch sturmgepeitschte Wellen vor seinem geistigen Auge. Als Skipper sieht man das wohl leider anders, denke ich doch mehr an das Material und mögliche Komplikationen. Nun konnte ich Alois allerdings gut das Reffen erklären. Schnell waren wir im zweiten Reff angekommen, während der Wind immer weiter zulegte. Bis Schleimünde konnten wir noch kneifen, aber Richtung Flensburger Förde hätten wir dann direkt gegenan kreuzen müssen. Bei der Distanz, Wind und Wellen hatte ich dazu jedoch überhaupt keine Lust, zumal der nächste Tag bessere Bedingungen versprach. Also ging es ab in die Schlei und nach Maasholm, denn Schleimünde sah verwaist aus.
Das Anlegen bei starken seitlichen Böen ging dann auch noch daneben und so konnte ich das Retten aus einer miesen Situation erklären, denn das Boot lag quer zu den gähnend leeren Box an die Pfähle geschmiegt. Nicht bedrohlich, nur doof. Aber all die Erfahrungen des letzten Jahres machten mich ruhig. Eine lange Leine, über ein in der Nähe liegendes Schiff an den Steg gebracht, erlöste uns dann aus der Klemme. Ich war beeindruckt, wie vertraut mir 2014 das Boot geworden ist. Alle Handgriffe sitzen noch blind, selbst die korrekte Spannung der Wanten hatte ich noch im Gefühl und konnte nachjustieren. Wir tranken uns dann den Rest des Tages schön und verspeisten ein paar Fischspezialitäten im idyllischen Maasholm. Auch solche Tage gehören zum Segeln, wenn auch Alois zu diesem Zeitpunkt noch zwischen „toll“ und „langweilig“ schwankte.
Das sollte sich am nächsten Tag ändern. Nachdem uns der Wind noch aus der Schlei blies, schlief er dann sofort komplett ein und wir dieselten über die bald spiegelglatte See. Ich hasse ja dieseln, aber es gab einfach keine Alternative. Und in Verbindung mit dem knallblauen Himmel, der strahlenden Sonne und einem uns folgendem Schweinswal war es mir dann auch schnell egal. Hochsommer im April. Alois leuchtete bereits rot wie eine Backbordlaterne, da half die nun noch aufgetragenen Sonnencreme auch nicht mehr viel. Hier hisst er die dänische Gastlandflagge in der Mitte der Flensburger Förde. Passt, sie ist genauso rot-weiss wie er selbst…
Nach Gegenwind, Starkwind und Windstille bekamen wir nun einen leicht achterlichen Wind, mit dem wir bis in den Stadthafen von Sönderborg trieben. Die Langeweile von gestern wich nun Begeisterung ob des Traumwetters, des Traumwassers und des Traumliegeplatzes direkt an der Kaimauer. Mangelhafte Sanitäranlagen und fehlender Strom liessen uns dann abends allerdings in die Marina nebenan verholen. Was für ein cooler Tag, und das, wie gesagt, mitten im April!
Um nun den Eindruck vom Segeln vollständig zu machen mussten wir am letzten Tag dann ca. 8 Meilen bei Wind 5-6 im zweiten Reff gegenan kreuzen, um in die Marina Minde zu gelangen. Alois war nun bereits mit Windrichtungen, Wenden und Halsen vertraut und machte als Vorschoter eine sehr gute Figur. Schön wenn man nur Ruder legen und Befehle geben muss :-) Wieder folgte uns ein Schweinswal. Dieses Mal so dicht das man ihn fast hätte anfassen können. Interessant wie groß die Population in der Ostsee wieder geworden ist. Die Marina Minde entpuppte sich dann als klein, gemütlich aber doch modern und gefällt mir sehr gut.
Der Rückweg mit Bus und Bahn war leider langwierig, die Strecke direkt an der Flensburger Förde vorbei, offenbarte aber gut die Reize dieses Reviers. Ochseninseln, Glücksburg, viele Häfen, hohe Küsten. Ich kann es kaum abwarten, dieses mir noch unbekannte Revier zu erforschen. Und auch der Alssund und die Nähe zur „Südsee“ schüren die Vorfreude auf diese Saison. Ich liebe das Segeln, ob nun als Hobby oder als Beruf!!