Kategorie: Mare Più

Die 28. Neuerscheinung bei millemari.: IN SEENOT. Profisegler, Seenotretter und Fahrtensegler unterstützen gemeinsames Buchprojekt.

Im 28. millemari.-Buch erzählen Profisegler, Seenotretter und Fahrtensegler 
über ihre schlimmsten Stunden auf dem Meer. 
23 Geschichten darüber, ob wir wirklich vorbereitet sind auf den Alptraum jedes Wassersportlers.
Es ist ab sofort bei millemari. und überall im Buchhandel erhältlich. 

Ich muss mich entschuldigen. Ich habe drei Monate auf meinem Blog kein Wort mehr geschrieben. Einige Leser fragten schon an, ob ich überhaupt nach dem letzten Post aus Glasgow noch irgendwo angekommen sei?

Bin ich. Ich habe LEVJE im September aus BREXIT-Country von Glasgow nach Südirland zum River Barrow gesegelt, wo sie jetzt 10 Seemeilen landeinwärts auf dem Trockenen steht. In den vergangenen dreieinhalb Monaten hielt mich ein neues Buchprojekt auf Trab, zu dem wir gestern die letzten Seiten in die Druckerei uploadeten und das ab jetzt lieferbar ist.

Ich habe über ein Jahr gezögert, dieses Buch anzugehen. Die Idee: Einfach mal mit Menschen reden, die Seenot erlebt haben. Die letzten dreieinhalb Monate war ich nur unterwegs, um immer wieder Menschen zu treffen, die selbst in Seenot waren und Ungewöhnliches erlebt hatten. Meist zwischen Iffeldorf, Hamburg, Berlin, Rostock, Greifswald. Daneben auch in der Bretagne, in Triest und Wien, 

Ich habe trotzdem gezögert, dieses Projekt anzugehen. Wenn man 30 mal Menschen in die Augen schaut, die schlimme Dinge erlebten: Würde das nicht auf mich abfärben? Würde mir die Lust am Segeln vergehen? Und schließlich: billigen Voyeurismus auf Schicksale wollte ich nicht abliefern. 
Ich wollte lernen, warum Menschen auf See in Not geraten. 
Wie sie darin reagierten. 
Kapieren, wie man sich richtig verhält. 
Ob mein Schiff eigentlich für den Seenotfall richtig ausgerüstet ist? 
Wie Rettung eigentlich abläuft?

Nach den ersten drei Gesprächen war mein Zögern verflogen. Nicht nur, dass alle drei Gesprächspartner nach der erlebten Seenot heute aktiver segeln als zuvor und größere Reisen planen. Es war auch zu spannend, mit den Menschen zu sprechen – zu hören, was sie zu berichten hatten. Es war ungemein lehrreich.

Boris Herrmann im Interview im November 2020 in Hamburg

Ich wurde mutiger – und Susanne Guidera, die mit mir millemari. vor fünf Jahren gründete, auch. Ich schrieb Extremsegler wie den Franzosen Loïck Peyron an. Susanne fragte bei Boris Herrmann an, der gerade von der Regatta zurückgekommen war, und bei Bernard Stamm. Beide machten bei diesem Projekt mit.

Am Ende sind es 23 Geschichten geworden. Neben Loïck Peyron und Boris Herrmann erklärten sich weitere Profisegler bereit, mitzumachen. Bernard Stamm steuerte einen authentischen Bericht vom Untergang seines Schiffes und seiner dramatischen Bergung auf dem Nordatlantik im Dezember bei. Mathias Müller von Blumencron, im Zivilberuf Chefredakteur des TAGESSPIEGEL, seinen Bericht einer Kollision mit einem Wal während einer Regatta von Bermuda nach Hamburg. SUNBEAM-Werftchef Manfred Schöchl lieferte ein packende Erzählung ab, was passiert, wenn man unfreiwillig eine Windhose durchsegelt. Die DGzRS unterstützte das Projekt, indem ich die Seenotretter begleiten  konnte und aus erster Hand ihre Erzählungen erfuhr. Fahrtensegler erzählten von Maschinenausfall und Ruderbruch, von Mastbruch und und Kielverlust. Dem Überleben auf einem Schiff in den Ausläufern eines Hurrikans und wie man eine Nacht auf der kalten Ostsee auf einem gekenterten Katamaran mit nichts am Leib der Unterkühlung trotzt.

Seenotretter Henry Schönrock und seinen Kollegen Detlef Kammradt konnte ich im November an Bord des Seenotrettungsbootes HEINZ ORTH auf der Ostsee von der DGzRS-Station Freest zur Greifswalder Oie begleiten. Henry Schönrock erzählt in IN SEENOT den Fall einer dreiköpfigen Besatzung, deren Katamaran in einer Gewitterböe kenterte und die eine Nacht ohne Kleidung auf dem umgestürzten Schiff ausharren musste. 

Langsam nahm das Projekt Gestalt an: Extremsegler, Seenotretter und einfache Fahrtensegler berichten freimütig, was ihnen auf See widerfuhr. Von Kollisionen, Grundberührungen, über Bord gehen in aussichtsloser Situation. Über Ihre Ängste. Wie Seenot ihre Art, zu Segeln und manchmal ein Leben veränderte. 

Ich lernte in den Gesprächen, dass Resilienz, die menschliche Fähigkeit, Krisen durchzustehen, ja sogar Krisen in positive Entwicklung umzusetzen, eine ungeheure Kraft ist. Und dass regelmäßige Wartung meiner Rettungsinsel, Schwimmweste und Feuerlöscher nicht reicht, um mich entspannt zurückzulehnen.  

Jetzt ist IN SEENOT fertig. Es kann bestellt werden und ist lieferbar bei millemari., AMAZON und im Buchhandel. Die YACHT bringt in ihrer Ausgabe diese Woche eine Geschichte als Auszug aus dem Buch. Susanne bereitet weitere Auftritte und PR rund um die BOOT vor.

Und ich? Hänge durch wie nach jedem Buch, in dem mehrere Monate intensivster Arbeit stecken. Es hilft nur, Axt und Motorsäge in die Hand zu nehmen, in die Kälte rauszugehen in den Garten und endlich Holz zu machen, für den Ofen. 

Und Mitte Januar mein nächstes Buchprojekt anzugehen. Titel steht schon fest.

Die 26. Neuerscheinung bei millemari.: IN SEENOT. Profisegler, Seenotretter und Fahrtensegler unterstützen gemeinsames Buchprojekt.

Im 26. millemari.-Buch erzählen Profisegler, Seenotretter und Fahrtensegler 
über ihre schlimmsten Stunden auf dem Meer. 
23 Geschichten darüber, ob wir wirklich vorbereitet sind auf den Alptraum jedes Wassersportlers.
Es ist ab sofort bei millemari. und überall im Buchhandel erhältlich. 

Ich muss mich entschuldigen. Ich habe drei Monate auf meinem Blog kein Wort mehr geschrieben. Einige Leser fragten schon an, ob ich überhaupt nach dem letzten Post aus Glasgow noch irgendwo angekommen sei?

Bin ich. Ich habe LEVJE im September aus BREXIT-Country nach Südirland zum River Barrow gesegelt, wo sie jetzt 10 Seemeilen landeinwärts auf dem Trockenen steht. In den vergangenen dreieinhalb Monaten hielt mich ein neues Buchprojekt auf Trab, zu dem wir gestern die letzten Seiten in die Druckerei uploadeten und das ab jetzt lieferbar ist.

Ich habe über ein Jahr gezögert, dieses Buch anzugehen. Die Idee: Einfach mal mit Menschen reden, die Seenot erlebt haben. Die letzten dreieinhalb Monate war ich nur unterwegs, um immer wieder Menschen zu treffen, die selbst in Seenot waren und Ungewöhnliches erlebt hatten. Meist zwischen Iffeldorf, Hamburg, Berlin, Rostock, Greifswald. Daneben auch in der Bretagne, in Triest und Wien, 

Ich habe trotzdem gezögert, dieses Projekt anzugehen. Wenn man 30 mal Menschen in die Augen schaut, die schlimme Dinge erlebten: Würde das nicht auf mich abfärben? Würde mir die Lust am Segeln vergehen? Und schließlich: billigen Voyeurismus auf Schicksale wollte ich nicht abliefern. 
Ich wollte lernen, warum Menschen auf See in Not geraten. 
Wie sie darin reagierten. 
Kapieren, wie man sich richtig verhält. 
Ob mein Schiff eigentlich für den Seenotfall richtig ausgerüstet ist? 
Wie Rettung eigentlich abläuft?

Nach den ersten drei Gesprächen war mein Zögern verflogen. Nicht nur, dass alle drei Gesprächspartner nach der erlebten Seenot heute aktiver segeln als zuvor und größere Reisen planen. Es war auch zu spannend, mit den Menschen zu sprechen – zu hören, was sie zu berichten hatten. Es war ungemein lehrreich.

Boris Herrmann im Interview im November 2020 in Hamburg

Ich wurde mutiger – und Susanne Guidera, die mit mir millemari. vor fünf Jahren gründete, auch. Ich schrieb Extremsegler wie den Franzosen Loïck Peyron an. Susanne fragte bei Boris Herrmann an, der gerade von der Regatta zurückgekommen war, und bei Bernard Stamm. Beide machten bei diesem Projekt mit.

Am Ende sind es 23 Geschichten geworden. Neben Loïck Peyron und Boris Herrmann erklärten sich weitere Profisegler bereit, mitzumachen. Bernard Stamm steuerte einen authentischen Bericht vom Untergang seines Schiffes und seiner dramatischen Bergung auf dem Nordatlantik im Dezember bei. Mathias Müller von Blumencron, im Zivilberuf Chefredakteur des TAGESSPIEGEL, seinen Bericht einer Kollision mit einem Wal während einer Regatta von Bermuda nach Hamburg. SUNBEAM-Werftchef Manfred Schöchl lieferte ein packende Erzählung ab, was passiert, wenn man unfreiwillig eine Windhose durchsegelt. Die DGzRS unterstützte das Projekt, indem ich die Seenotretter begleiten  konnte und aus erster Hand ihre Erzählungen erfuhr. Fahrtensegler erzählten von Maschinenausfall und Ruderbruch, von Mastbruch und und Kielverlust. Dem Überleben auf einem Schiff in den Ausläufern eines Hurrikans und wie man eine Nacht auf der kalten Ostsee auf einem gekenterten Katamaran mit nichts am Leib der Unterkühlung trotzt.

Seenotretter Henry Schönrock und seinen Kollegen Detlef Kammradt konnte ich im November an Bord des Seenotrettungsbootes HEINZ ORTH auf der Ostsee von der DGzRS-Station Freest zur Greifswalder Oie begleiten. Henry Schönrock erzählt in IN SEENOT den Fall einer dreiköpfigen Besatzung, deren Katamaran in einer Gewitterböe kenterte und die eine Nacht ohne Kleidung auf dem umgestürzten Schiff ausharren musste. 

Langsam nahm das Projekt Gestalt an: Extremsegler, Seenotretter und einfache Fahrtensegler berichten freimütig, was ihnen auf See widerfuhr. Von Kollisionen, Grundberührungen, über Bord gehen in aussichtsloser Situation. Über Ihre Ängste. Wie Seenot ihre Art, zu Segeln und manchmal ein Leben veränderte. 

Ich lernte in den Gesprächen, dass Resilienz, die menschliche Fähigkeit, Krisen durchzustehen, ja sogar Krisen in positive Entwicklung umzusetzen, eine ungeheure Kraft ist. Und dass regelmäßige Wartung meiner Rettungsinsel, Schwimmweste und Feuerlöscher nicht reicht, um mich entspannt zurückzulehnen.  

Jetzt ist IN SEENOT fertig. Es kann bestellt werden und ist lieferbar bei millemari., AMAZON und im Buchhandel. Die YACHT bringt in ihrer Ausgabe diese Woche eine Geschichte als Auszug aus dem Buch. Susanne bereitet weitere Auftritte und PR rund um die BOOT vor.

Und ich? Hänge durch wie nach jedem Buch, in dem mehrere Monate intensivster Arbeit stecken. Es hilft nur, Axt und Motorsäge in die Hand zu nehmen, in die Kälte rauszugehen in den Garten und endlich Holz zu machen, für den Ofen. 

Und Mitte Januar mein nächstes Buchprojekt anzugehen. Titel steht schon fest.

Von England nach Irland und Schottland (31): Übers Meer nach Glasgow.

„Was hätte ich alles versäumt, wenn ich nicht rausgegangen wäre heute!“

Der Loch Fyne, ein 50 Kilometer langer schlauchartiger Fjord nach Süden, spiegelt an diesem windigen Tag alle Wetter wieder. Hinter uns im Norden, wo Crinan am Ausgang des gleichnamigen Canals liegt, schwappen Wellen graublauer Regenwolken über die kargen Hänge des Hochlands herunter südostwärts. Im Süden, da, wo wir hinwollen, bricht vor der Insel Arran die Sonne durch die Wolken und zeichnet einen hellen Streifen am Horizont.

Segeln im Westen Schottlands ist wie Segeln auf einem windigen See in Bayern. Es ist Mitte August. Und doch gleicht das Wetter dem im April: Regenschauer und Sonne im Wechsel. Und Böen. Noch an der Boje vor dem Hafen von Tarbert beobachte ich heute morgen besorgt den Windmesser. Levje eiert an der Boje hin und her in den Böen. Sie ziehen von Westen mit 30, in der Spitze mit 35 Knoten heran und malen ihre Fächer aufs Wasser. Als wir draußen sind, sehen wir sie herankommen, ein dunkelgrauer Strich nach dem anderen auf dem Wasser, der auf Levje aus Westsüdwest zuhält, nicht anders, als wäre ich an einem wilden Föhntag auf einem der bayrischen Seen unterwegs und nicht auf dem Loch Fyne, diesem 50 Kilometer langen schlauchartigen Fjord, der sich von Norden nach Süden bis zur Insel Arran zieht.

Die Flanken des höchsten Berges auf der Insel Arran glänzen wie Schnee, wenn die Sonne durchbricht. Doch Schnee kann es nicht sein, selbst wenn der Berg, der da glänzt, der Goatfell, von 0 auf knapp 900 Höhenmeter ansteigt. Es ist ein warmer Tag, die Böe, die gerade mit 30 Knoten übers Wasser heranfaucht, ist mit 20 Grad zu warm. Was die Flanken zum Glänzen und Glitzern bringt, Felsplatten und Gebirgsbäche, die der letzte Regenschauer in der Sonne in polierte Spiegel verwandelt.

Der Wind an diesem Tag ist ein verwandter der kroatische Bora. Erst gemächliche Stille, in der 4-5 Windstärken Levje gemächlich übers Wasser treiben. Dann urplötzlich Böen mit 30 Knoten, in der sich die Wucht des Windes verdoppelt und die Levje erst auf die Seite legen und dann nach Südwesten in den Wind drehen lassen, weil alles, was vorher an Tuch richtig war, im nächsten Augenblick zuviel ist. Reffen und Ausreffen im schnellen Wechsel.

Plötzlich wird der Wind zur Tramontana, zum Kaltluftschwall der Nordadria, der wie aus einer Trillerpfeiffe mit anhaltenden 6 Windstärken kalt aus den Bergen aufs Wasser bricht. Auch hier vor Arran ist die Luft gefühlte 5 Grad kälter, der Wind bläst vor dem Kap zwischen den Inseln Arran und Bute zehn Minuten wie aus einem Föhn ohne Schwankung, die Böen sind plötzlich einem konstanten Kaltluftstrom gewichen, der aus Süden heranfaucht und Gischt mit 25 Knoten flach übers Vordeck jagt.

Weiter Kurs halten auf unser heutiges Ziel, den Hafen Ardrossan am Festland im Südosten? Ist bei diesem Südwind nicht drin. In Arran anlegen ganz im Norden der Insel in Lochranza? Der Name macht neugierig, es klingt mehr Italienisch als Schottisch, ein altes Castle gäbs da mitten in der Bucht und daneben ein Bojenfeld. Wenn der Wind dreht, ist das kein schöner Platz, also weiter um das Kap der Insel Bute herum nach Norden, in den Firth of Clyde hinein, an dessen nordöstlichen Ende, wo der River Clyde enger und enger wird, Glasgow liegt. 

Aus einem geplanten 4-Stunden Segeltag wird wieder mal ein 12 Stunden Tag. Und aus dem Gegenan ein „Platt-vor-dem-Wind“ gleiten. Die Landschaft wird kultivierter und städtischer. Die Nähe Glasgows, Schottlands zweitgrößter Stadt, ist am Festland zu spüren, die Kleinstädte an der Küste wie Fairlie oder Largs oder Greenock sind sternförmig mit Glasgow verbunden, und die Zahl der Marinas an der Küste nimmt spürbar zu. 

Doch so nahe sich Glasgow anfühlt, es dauert bis zum Abend, bis wir die JAMES-WATT-DOCK-MARINA in Greenock endlich vor uns haben. An kaum einem anderen Ort auf der Welt lässt sich die große Veränderung besser spüren, die die Welt in den letzten 30, 40 Jahren umgekrempelt hat, wie in Schottlands Marinas. Zahllose Marinas um Glasgow sind auf dem Gelände einstiger Schwerindustrie errichtet worden. Statt schwerem Schiffbau wird auf dem River Clyde nun Dienstleistung angeboten, die JAMES-WATT-DOCK-MARINA macht da keine Ausnahme, davon erzählt der gewaltige Kran, der die Werft weithin sichtbar überragt und unter dem die Einfahrt in den Hafen liegt. 

Mein nächster Post wird sich um die Marina drehen, die eine ideale Ausgangsbasis ist: Für Ausflüge nach Glasgow und Edinburgh. Aber auch für einen Blick hinüber in den Sonnenuntergang über der langen Halbinsel Kintyre nach einem langen, abenteuerlichen Tag.

________________________________________________________________

Soeben bei millemari. erschienen: 
Die Hörbücher AM BERG und STURM.
Jetzt kostenlos reinhören!

Kaum jemand segelt freiwillig raus bei Windstärke 8 oder 9 Beaufort. Hier berichten ganz normale Segler, die genau das erlebten, über ihre dramatischsten Stunden auf dem Meer. In Ostsee, Nordsee, Ijsselmeer und Mittelmeer. Über das, was sie richtig oder falsch gemacht haben. Und darüber, was in ihnen vorging, als sie unbeabsichtigt ihre Extremsituation zu meistern hatten. 
Mit diesem Hörbuch schrumpft die lange Fahrt am Morgen zum Boot beträchtlich!

Als Buch.
Als gebundene Geschenk-Ausgabe.
Als E-Book.
Jetzt neu als Audiobook.
-> Jetzt kostenlos eine Guten-Morgen-Geschichte anhören: Hier!

Soeben erschienen:

-> Hörprobe gefällig? Hier klicken!

„Spannender als viele Romane!“. 
„Packender als so mancher Thriller“.

Die Bergretter sehen ihr Leben und das, was sie in den Bergen erleben, naturgemäß anders. „Ich hab eigentlich nichts zu erzählen“, antworten sie bescheiden, wenn man sie nach ihren Erlebnissen in den Bergen fragt. Aber schon nach wenigen Minuten ist klar, dass sie Geschichten erlebten, die das Leben dieser Männer und Frauen und der Geretteten für immer prägten. Hier kommt eine Sammlung ihrer spannendsten Geschichten – als Begleiter auf der Fahrt in die Berge. Oder als Gute-Nacht-Geschichte. Aber das müssen Sie selber rausfinden, wie gut Sie danach einschlafen. 

Als Buch.
Als gebundene Geschenk-Ausgabe.
Als E-Book.
Und jetzt neu als Audiobook.
-> Jetzt kostenlos eine Gute-Nacht-Geschichte anhören: Hier! 

PS: We care! Bergretter bezahlen ihre Ausrüstung, mit der sie auf Einsatz gehen, 
ausschließlich aus der eigenen Tasche. 
Mit dem Hörbuch unterstützen wir die Bergretter genauso wie mit dem Buch: 
Wir überweisen vom Nettoverlagserlös 25% an die Bergretter.

Von England nach Irland und Schottland (31): Übers Meer nach Glasgow.

„Was hätte ich alles versäumt, wenn ich nicht rausgegangen wäre heute!“

Der Loch Fyne, ein 50 Kilometer langer schlauchartiger Fjord nach Süden, spiegelt an diesem windigen Tag alle Wetter wieder. Hinter uns im Norden, wo Crinan am Ausgang des gleichnamigen Canals liegt, schwappen Wellen graublauer Regenwolken über die kargen Hänge des Hochlands herunter südostwärts. Im Süden, da, wo wir hinwollen, bricht vor der Insel Arran die Sonne durch die Wolken und zeichnet einen hellen Streifen am Horizont.

Segeln im Westen Schottlands ist wie Segeln auf einem windigen See in Bayern. Es ist Mitte August. Und doch gleicht das Wetter dem im April: Regenschauer und Sonne im Wechsel. Und Böen. Noch an der Boje vor dem Hafen von Tarbert beobachte ich heute morgen besorgt den Windmesser. Levje eiert an der Boje hin und her in den Böen. Sie ziehen von Westen mit 30, in der Spitze mit 35 Knoten heran und malen ihre Fächer aufs Wasser. Als wir draußen sind, sehen wir sie herankommen, ein dunkelgrauer Strich nach dem anderen auf dem Wasser, der auf Levje aus Westsüdwest zuhält, nicht anders, als wäre ich an einem wilden Föhntag auf einem der bayrischen Seen unterwegs und nicht auf dem Loch Fyne, diesem 50 Kilometer langen schlauchartigen Fjord, der sich von Norden nach Süden bis zur Insel Arran zieht.

Die Flanken des höchsten Berges auf der Insel Arran glänzen wie Schnee, wenn die Sonne durchbricht. Doch Schnee kann es nicht sein, selbst wenn der Berg, der da glänzt, der Goatfell, von 0 auf knapp 900 Höhenmeter ansteigt. Es ist ein warmer Tag, die Böe, die gerade mit 30 Knoten übers Wasser heranfaucht, ist mit 20 Grad zu warm. Was die Flanken zum Glänzen und Glitzern bringt, Felsplatten und Gebirgsbäche, die der letzte Regenschauer in der Sonne in polierte Spiegel verwandelt.

Der Wind an diesem Tag ist ein verwandter der kroatische Bora. Erst gemächliche Stille, in der 4-5 Windstärken Levje gemächlich übers Wasser treiben. Dann urplötzlich Böen mit 30 Knoten, in der sich die Wucht des Windes verdoppelt und die Levje erst auf die Seite legen und dann nach Südwesten in den Wind drehen lassen, weil alles, was vorher an Tuch richtig war, im nächsten Augenblick zuviel ist. Reffen und Ausreffen im schnellen Wechsel.

Plötzlich wird der Wind zur Tramontana, zum Kaltluftschwall der Nordadria, der wie aus einer Trillerpfeiffe mit anhaltenden 6 Windstärken kalt aus den Bergen aufs Wasser bricht. Auch hier vor Arran ist die Luft gefühlte 5 Grad kälter, der Wind bläst vor dem Kap zwischen den Inseln Arran und Bute zehn Minuten wie aus einem Föhn ohne Schwankung, die Böen sind plötzlich einem konstanten Kaltluftstrom gewichen, der aus Süden heranfaucht und Gischt mit 25 Knoten flach übers Vordeck jagt.

Weiter Kurs halten auf unser heutiges Ziel, den Hafen Ardrossan am Festland im Südosten? Ist bei diesem Südwind nicht drin. In Arran anlegen ganz im Norden der Insel in Lochranza? Der Name macht neugierig, es klingt mehr Italienisch als Schottisch, ein altes Castle gäbs da mitten in der Bucht und daneben ein Bojenfeld. Wenn der Wind dreht, ist das kein schöner Platz, also weiter um das Kap der Insel Bute herum nach Norden, in den Firth of Clyde hinein, an dessen nordöstlichen Ende, wo der River Clyde enger und enger wird, Glasgow liegt. 

Aus einem geplanten 4-Stunden Segeltag wird wieder mal ein 12 Stunden Tag. Und aus dem Gegenan ein „Platt-vor-dem-Wind“ gleiten. Die Landschaft wird kultivierter und städtischer. Die Nähe Glasgows, Schottlands zweitgrößter Stadt, ist am Festland zu spüren, die Kleinstädte an der Küste wie Fairlie oder Largs oder Greenock sind sternförmig mit Glasgow verbunden, und die Zahl der Marinas an der Küste nimmt spürbar zu. 

Doch so nahe sich Glasgow anfühlt, es dauert bis zum Abend, bis wir die JAMES-WATT-DOCK-MARINA in Greenock endlich vor uns haben. An kaum einem anderen Ort auf der Welt lässt sich die große Veränderung besser spüren, die die Welt in den letzten 30, 40 Jahren umgekrempelt hat, wie in Schottlands Marinas. Zahllose Marinas um Glasgow sind auf dem Gelände einstiger Schwerindustrie errichtet worden. Statt schwerem Schiffbau wird auf dem River Clyde nun Dienstleistung angeboten, die JAMES-WATT-DOCK-MARINA macht da keine Ausnahme, davon erzählt der gewaltige Kran, der die Werft weithin sichtbar überragt und unter dem die Einfahrt in den Hafen liegt. 

Mein nächster Post wird sich um die Marina drehen, die eine ideale Ausgangsbasis ist: Für Ausflüge nach Glasgow und Edinburgh. Aber auch für einen Blick hinüber in den Sonnenuntergang über der langen Halbinsel Kintyre nach einem langen, abenteuerlichen Tag.

________________________________________________________________

Soeben bei millemari. erschienen: 
Die Hörbücher AM BERG und STURM.
Jetzt kostenlos reinhören!

Kaum jemand segelt freiwillig raus bei Windstärke 8 oder 9 Beaufort. Hier berichten ganz normale Segler, die genau das erlebten, über ihre dramatischsten Stunden auf dem Meer. In Ostsee, Nordsee, Ijsselmeer und Mittelmeer. Über das, was sie richtig oder falsch gemacht haben. Und darüber, was in ihnen vorging, als sie unbeabsichtigt ihre Extremsituation zu meistern hatten. 
Mit diesem Hörbuch schrumpft die lange Fahrt am Morgen zum Boot beträchtlich!

Als Buch.
Als gebundene Geschenk-Ausgabe.
Als E-Book.
Jetzt neu als Audiobook.
-> Jetzt kostenlos eine Guten-Morgen-Geschichte anhören: Hier!

Soeben erschienen:

-> Hörprobe gefällig? Hier klicken!

„Spannender als viele Romane!“. 
„Packender als so mancher Thriller“.

Die Bergretter sehen ihr Leben und das, was sie in den Bergen erleben, naturgemäß anders. „Ich hab eigentlich nichts zu erzählen“, antworten sie bescheiden, wenn man sie nach ihren Erlebnissen in den Bergen fragt. Aber schon nach wenigen Minuten ist klar, dass sie Geschichten erlebten, die das Leben dieser Männer und Frauen und der Geretteten für immer prägten. Hier kommt eine Sammlung ihrer spannendsten Geschichten – als Begleiter auf der Fahrt in die Berge. Oder als Gute-Nacht-Geschichte. Aber das müssen Sie selber rausfinden, wie gut Sie danach einschlafen. 

Als Buch.
Als gebundene Geschenk-Ausgabe.
Als E-Book.
Und jetzt neu als Audiobook.
-> Jetzt kostenlos eine Gute-Nacht-Geschichte anhören: Hier! 

PS: We care! Bergretter bezahlen ihre Ausrüstung, mit der sie auf Einsatz gehen, 
ausschließlich aus der eigenen Tasche. 
Mit dem Hörbuch unterstützen wir die Bergretter genauso wie mit dem Buch: 
Wir überweisen vom Nettoverlagserlös 25% an die Bergretter.

Von England nach Irland und Schottland (30): Tarbert und das Restaurant der Frauen.

Es war die rothaarige Schleusenwärtin auf dem Crinan-Canal gewesen, die den Ort Tarbert zum ersten Mal erwähnte. Und ihre Antwort auf die Frage, wo man denn abends guten Fisch bekäme. „Tarbert“, sagt sie. „Geht ins Starfish nach Tarbert. Das ist 2 Segelstunden südlich von hier, von der letzten Schleuse. Segelt einfach den Loch Fyne hinunter, und dann liegt Tarbert an Steuerbord.“ Und weil uns noch zwei weitere Schleusenwärter, junge Kerls an der Kurbel, um die Schleusentore zu schließen und das Wasser in die Kammern sprudeln zu lassen, dieselbe Antwort geben, segeln wir nach Tarbert.

Wir sind k.o. nach dem langen Tag in den Schleusen des Crinan-Canal, doch der Loch Fyne geht behutsam um mit uns. Heute jedenfalls ist das Segeln auf dem Loch Fyne wie ein Segelsonntag auf den bayrischen Seen. Ein milder West, der Levje über den wellenlosen See sachte, doch rasch schnüren lässt, bis eine Fähre den Loch quert und vor uns in einen schmalen Kanal zwischen den Hügeln einbiegt, sonst hätten wir fast die Einfahrt nach Tarbert verpasst. Vor der Marina liegen ein paar Bojen in einer hübschen Bucht, also flugs da angelegt und für den Abend hinübergerudert und um die Bucht gewandert. 

Tarbert? Hat alles, was ein vergessenes Hafenstädtchen ausmacht. Und die Schönheit des schottischen August. Die Burg. Den Schlick. Das leuchtende Grün der Hänge, bevor der nächste feine Sprühregen einsetzt. Den Geruch nach Meer, wo der zum Hotelschiff umgebaute dickbauchige Frachter wie eine Kröte vor der Pier hockt, wenn er nicht gerade zweimal täglich von der Flut sanft angehoben wird.

Am nächsten Tag stromern wir durch den Ort. Wie immer tun es mir die Buchhandlungen an, ich kann an Gedrucktem, Geschriebenem einfach nicht vorübergehen, ohne es zu lesen, und wenn es nur eine Zeile in einer Hauswand ist. Tarberts Buchhandlungen sind wie der Ort selber, sie scheinen übrig geblieben aus einer Zeit, als es zum Schreiben noch Papier und Stifte statt Tastaturen brauchte. Die Schreibutensilien gibt es immer noch. Und daneben zwei Regale mit Büchern über Inseln: THE VOICES OF ISLAY mit Geschichten derer, die zu Zeiten der alten Whiskybrenner noch lebten. THE ISLAND OF THE TIDES, SALT ON YOUR TONGUE. Und ein Buch über die Insel Aran, an der wir morgen entlangsegeln werden. Gedrucktes Fernweh, ein leises sich Stemmen der Bücher gegen die Myriadender Bilder, die sich aus Smartphones, Tablets, Fernsehern über die Welt ergießen.

Es ist spät, als wir dann ins STARFISH kommen, das Fischrestaurant, von dem nicht nur die Schleusenwärterin von Lochgilphead schwärmt. Das STARFISH ist nun wie der Eintritt in die moderne Welt. Makrelenpaste, steht an der Tafel über der Bar. Und Hummus. Und Jakobsmuscheln auf Kohlpüree mit Curry-Öl. Und jede Menge anderer Kombinationen aus heimischem Fisch und fernen Dingen, die so gar nicht passen mögen zum verschlafenen Tarbert oder der schottischen Küche.

Wo der Koch sein Handwerk lernte? Die Frauen, die das Restaurant betreiben, sehen alle aus, als kämen sie aus der Gegend. Nicht hipp, aber kernig. Als ich die Kellnerin frage, ob keine Männer hier arbeiten würden, sagt sie: Die würden gerade an der Bar warten, bis ihre Frauen mit der Arbeit fertig seien hier im Restaurant. Aber ich hätte richtig beobachtet: Das STARFISH wurde von Frauen gegründet. Und die stellten tatsächlich irgendwann fest, dass es einfach besser funktionieren würde, wenn sie unter sich blieben. Und alles so bliebe, wie es gerade ist. Tatsächlich gehen die Frauen untereinander nicht nur achtsam um, sondern auch mit den Gästen.

Vielleicht stimmt wieder einmal der alte Spruch: „Die Dinge müssen sich ändern, wenn alles so bleiben soll, wie es ist.“ Am nächsten Tag will ich noch einmal ins STARFISH. Ich will rauskriegen, was die Geschichte des STARFISH ist und das Geheimnis der Frauen, die ihr Restaurant zu einem Erfolg machen an einem Ort, wo Verschlafenheit regiert. Doch am Nachmittag ziehen Südwest-Böen heran. Keine Chance, noch an Land zu kommen, wir bleiben, wo wir sind, wild schwingt Levje hin und her in den wütenden Schauern. Ich will weiter ins 8 Stunden entfernte Glasgow. Die Geschichte eines ungewöhnlichen Restaurants muss für diesmal ungeschrieben bleiben.

Von England nach Irland und Schottland (30): Tarbert und das Restaurant der Frauen.

Es war die rothaarige Schleusenwärtin auf dem Crinan-Canal gewesen, die den Ort Tarbert zum ersten Mal erwähnte. Und ihre Antwort auf die Frage, wo man denn abends guten Fisch bekäme. „Tarbert“, sagt sie. „Geht ins Starfish nach Tarbert. Das ist 2 Segelstunden südlich von hier, von der letzten Schleuse. Segelt einfach den Loch Fyne hinunter, und dann liegt Tarbert an Steuerbord.“ Und weil uns noch zwei weitere Schleusenwärter, junge Kerls an der Kurbel, um die Schleusentore zu schließen und das Wasser in die Kammern sprudeln zu lassen, dieselbe Antwort geben, segeln wir nach Tarbert.

Wir sind k.o. nach dem langen Tag in den Schleusen des Crinan-Canal, doch der Loch Fyne geht behutsam um mit uns. Heute jedenfalls ist das Segeln auf dem Loch Fyne wie ein Segelsonntag auf den bayrischen Seen. Ein milder West, der Levje über den wellenlosen See sachte, doch rasch schnüren lässt, bis eine Fähre den Loch quert und vor uns in einen schmalen Kanal zwischen den Hügeln einbiegt, sonst hätten wir fast die Einfahrt nach Tarbert verpasst. Vor der Marina liegen ein paar Bojen in einer hübschen Bucht, also flugs da angelegt und für den Abend hinübergerudert und um die Bucht gewandert. 

Tarbert? Hat alles, was ein vergessenes Hafenstädtchen ausmacht. Und die Schönheit des schottischen August. Die Burg. Den Schlick. Das leuchtende Grün der Hänge, bevor der nächste feine Sprühregen einsetzt. Den Geruch nach Meer, wo der zum Hotelschiff umgebaute dickbauchige Frachter wie eine Kröte vor der Pier hockt, wenn er nicht gerade zweimal täglich von der Flut sanft angehoben wird.

Am nächsten Tag stromern wir durch den Ort. Wie immer tun es mir die Buchhandlungen an, ich kann an Gedrucktem, Geschriebenem einfach nicht vorübergehen, ohne es zu lesen, und wenn es nur eine Zeile in einer Hauswand ist. Tarberts Buchhandlungen sind wie der Ort selber, sie scheinen übrig geblieben aus einer Zeit, als es zum Schreiben noch Papier und Stifte statt Tastaturen brauchte. Die Schreibutensilien gibt es immer noch. Und daneben zwei Regale mit Büchern über Inseln: THE VOICES OF ISLAY mit Geschichten derer, die zu Zeiten der alten Whiskybrenner noch lebten. THE ISLAND OF THE TIDES, SALT ON YOUR TONGUE. Und ein Buch über die Insel Aran, an der wir morgen entlangsegeln werden. Gedrucktes Fernweh, ein leises sich Stemmen der Bücher gegen die Myriadender Bilder, die sich aus Smartphones, Tablets, Fernsehern über die Welt ergießen.

Es ist spät, als wir dann ins STARFISH kommen, das Fischrestaurant, von dem nicht nur die Schleusenwärterin von Lochgilphead schwärmt. Das STARFISH ist nun wie der Eintritt in die moderne Welt. Makrelenpaste, steht an der Tafel über der Bar. Und Hummus. Und Jakobsmuscheln auf Kohlpüree mit Curry-Öl. Und jede Menge anderer Kombinationen aus heimischem Fisch und fernen Dingen, die so gar nicht passen mögen zum verschlafenen Tarbert oder der schottischen Küche.

Wo der Koch sein Handwerk lernte? Die Frauen, die das Restaurant betreiben, sehen alle aus, als kämen sie aus der Gegend. Nicht hipp, aber kernig. Als ich die Kellnerin frage, ob keine Männer hier arbeiten würden, sagt sie: Die würden gerade an der Bar warten, bis ihre Frauen mit der Arbeit fertig seien hier im Restaurant. Aber ich hätte richtig beobachtet: Das STARFISH wurde von Frauen gegründet. Und die stellten tatsächlich irgendwann fest, dass es einfach besser funktionieren würde, wenn sie unter sich blieben. Und alles so bliebe, wie es gerade ist. Tatsächlich gehen die Frauen untereinander nicht nur achtsam um, sondern auch mit den Gästen.

Vielleicht stimmt wieder einmal der alte Spruch: „Die Dinge müssen sich ändern, wenn alles so bleiben soll, wie es ist.“ Am nächsten Tag will ich noch einmal ins STARFISH. Ich will rauskriegen, was die Geschichte des STARFISH ist und das Geheimnis der Frauen, die ihr Restaurant zu einem Erfolg machen an einem Ort, wo Verschlafenheit regiert. Doch am Nachmittag ziehen Südwest-Böen heran. Keine Chance, noch an Land zu kommen, wir bleiben, wo wir sind, wild schwingt Levje hin und her in den wütenden Schauern. Ich will weiter ins 8 Stunden entfernte Glasgow. Die Geschichte eines ungewöhnlichen Restaurants muss für diesmal ungeschrieben bleiben.

Die 28. Neuerscheinung bei millemari. Aus der Werkstatt: Vom Spaß, unvernünftig zu sein und einen Verlag zu gründen.

Vor fünf Jahren gründeten wir millemari.
Zum Jubiläum gibts jetzt millemari.s
allererste Neuerscheinung als Hörbuch
– gelesen vom schlechtesten Sprecher der Welt.

Ein verregnetes Wochenende vor zwei Jahren. Susanne Guidera, die mit mir drei Jahre zuvor den Verlag millemari. gegründet hatte, kam – typisch Frau! – vom samstäglichen City-Shopping mit einem guten Mikrofon und einer faltbare Sprecherkabine zurück ins Büro. Sie meinte, statt in den Regen zu schauen, könnten wir doch einfach mal ein Hörbuch aufnehmen. Als Text sollte das erste Buch dienen, das bei millemari. erschienen war.  Band Nr. 1. Das Buch, mit dem millemari. begonnen hatte 2014: EINMAL MÜNCHEN – ANTALYA, BITTE.

Die Tonspur, die bei dieser mehrtägigen Sitzung entstand, lag dann erst mal zwei Jahre rum. Keiner kam dazu, was draus zu machen. 

Aber bei Dingen, an die sie glaubt, besitzt Susanne die Zähigkeit des Terriers. Als Jacopo Moratto, ihr neuer italienischer Praktikant in ihr Büro schneite, witterte sie ihre Chance. Jacopo spricht kaum Deutsch, aber weil Jacopo davon träumt, in seiner Heimat Pop-Sänger zu werden, kennt er sich mit Tonspuren aus. Also verbrachte Jacopo seine Zeit damit, die alte Tonspur zu putzen und all die gesammelten Räusperer, Hüpfer, Schlucker und Giekser des wohl ungeeignetsten Sprechers der Welt aus unserer Aufnahme rauszupolieren. Doch statt von der Tätigkeit angeödet zu sein, weil er vom Inhalt so gut wie nichts verstand, war Jacopo fasziniert von der Art des Sprechers. Er putzte und schrubbte zwei Wochen unermüdlich, bis die Tonspur sauber war. Dann überraschte mich Susanne mit all dem und schickte mir das obenstehende Cover.

Warum ich das erzähle? Es sagt mehr als alles aus, warum wir machen, was wir machen. Weil wir wie beim Segeln lieber „Einfach machen und ausprobieren“ als vom perfekten Törn auf dem perfekten Boot zu träumen. Träume sind wichtig. Aufs Meer gehen, draußen unterwegs sein, ist noch wichtiger.

Und damit ist auch schon alles über den Inhalt meines Buches gesagt.

Danke, Susanne, für 5 spannende Jahre –
th.

PS: Ich würd ja jetzt gern in gutem Marketing-Deutsch was von LIMITED EDITION und so faseln. Politik und Marketing haben die Neigung zu Unwahrheit oder gar Lüge gemeinsam. Ich lass es also lieber. Und preise lieber den ungeeignetsten Sprecher der Welt an: 

-> Hörprobe gefällig? Hier klicken!

Die 28. Neuerscheinung bei millemari. Aus der Werkstatt: Vom Spaß, unvernünftig zu sein und einen Verlag zu gründen.

Vor fünf Jahren gründeten wir millemari.
Zum Jubiläum gibts jetzt millemari.s
Neuerscheinung Nr. 1 als Hörbuch
– gelesen vom ungeeignetsten Sprecher der Welt.

Ein verregnetes Wochenende vor zwei Jahren. Susanne Guidera, die mit mir drei Jahre zuvor den Verlag millemari. gegründet hatte, kam – typisch Frau! – vom samstäglichen City-Shopping mit einem guten Mikrofon und einer faltbare Sprecherkabine zurück ins Büro. Sie meinte, statt in den Regen zu schauen, könnten wir doch einfach mal ein Hörbuch aufnehmen. Als Text sollte das erste Buch dienen, das bei millemari. erschienen war.  Band Nr. 1. Das Buch, mit dem millemari. begonnen hatte 2014: EINMAL MÜNCHEN – ANTALYA, BITTE.

Die Tonspur, die bei dieser mehrtägigen Sitzung entstand, lag dann erst mal zwei Jahre rum. Keiner kam dazu, was draus zu machen. 

Aber bei Dingen, an die sie glaubt, besitzt Susanne die Zähigkeit des Terriers. Als Jacopo Moratto, ihr neuer italienischer Praktikant in ihr Büro schneite, witterte sie ihre Chance. Jacopo spricht kaum Deutsch, aber weil Jacopo davon träumt, in seiner Heimat Pop-Sänger zu werden, kennt er sich mit Tonspuren aus. Also verbrachte Jacopo seine Zeit damit, die alte Tonspur zu putzen und all die gesammelten Räusperer, Hüpfer, Schlucker und Giekser des wohl ungeeignetsten Sprechers der Welt aus unserer Aufnahme rauszupolieren. Doch statt von der Tätigkeit angeödet zu sein, weil er vom Inhalt so gut wie nichts verstand, war Jacopo fasziniert von der Art des Sprechers. Er putzte und schrubbte zwei Wochen unermüdlich, bis die Tonspur sauber war. Dann überraschte mich Susanne mit all dem und schickte mir das obenstehende Cover.

Warum ich das erzähle? Es sagt mehr als alles aus, warum wir machen, was wir machen. Weil wir wie beim Segeln lieber „Einfach machen und ausprobieren“ als vom perfekten Törn auf dem perfekten Boot zu träumen. Träume sind wichtig. Aufs Meer gehen, draußen unterwegs sein, ist noch wichtiger.

Und damit ist auch schon alles über den Inhalt meines Buches gesagt.

Danke, Susanne, für 5 spannende Jahre –
th.

PS: Ich würd ja jetzt gern in gutem Marketing-Deutsch was von LIMITED EDITION und so faseln. Politik und Marketing haben die Neigung zu Unwahrheit oder gar Lüge gemeinsam. Ich lass es also lieber. Und preise lieber den ungeeignetsten Sprecher der Welt an: 

-> Hörprobe gefällig? Hier klicken!

PPS: Ganz ohne Marketing geht nicht. Vollständigkeit halber seien unsere beiden anderen Hörbücher erwähnt. Ich habe der Versuchung widerstanden, sie ebenfalls einzulesen – dafür konnte Susanne  echte Profisprecher gewinnen:


-> Hörprobe STURM gefällig? Hier klicken!


-> Hörprobe AM BERG gefällig? Hier klicken!

Von England nach Irland und Schottland (29): Unterwegs auf dem Crinan-Kanal.

„Und wenn Ihr mit Eurem Schiff irgendwo aufsetzt: Kein Problem. Einfach anrufen!“, sagt die Schleusenwärterin an der Einfahrt in den Kanal. „Wir können jeden Abschnitt bei Bedarf fluten. Dann seid Ihr gleich wieder flott!“

Sie meint es gut mit mir. Dabei hatte ich sie bloß arglos gefragt, ob Levjes 2-Meter-Tiefgang ein Problem wären im Kanal. „Eigentlich nicht“, meinte sie, „bis 2,30 Meter geht immer. Mehr Tiefgang nur nach Anmeldung.“ Tröstlich zu wissen, dass ich die nächsten Stunden immer 30 Zentimeter unterm Kiel haben werde auf der etwa 8 Stunden langen Fahrt, die die 50 Kilometer lange Halbinsel Mull einmal quer durchschneidet.

Wie sich das anfühlt? Anfangs ein bisschen, als würde man über rohe Eier laufen, die jeden Moment unter den Füssen zerbrechen können. Aber kaum liegen die ersten beiden Schleusen hinter mir, bin ich wieder da, wo ich vor drei Jahrzehnten war: Beim Gefühl, hier auf einem Paddelboot entlangzufahren. Ein langsames Gleiten durch eine unbewegte Flusslandschaft. Mit jedem einzelnen Paddelschlag das Gefühl, ein störender Eindringling zu sein in dem tiefen Frieden, der über dem Fluss liegt. Auf seinen ersten Metern hinter den Schleusen von Crinan ist der Kanal nichts anderes als das, was ich einst auf der auf der Themse kurz vor Oxford oder auf der Loire fand: Ein friedliches Flüsschen, das sachte durch Hecken und Gesträuch kriecht – als gäbe es 50 Meter weiter entfernt kein wildes Meer, keine Strömungen, keinen Strom vor Corryvreckan.

Etwas flau ist mir anfangs schon in der 3-Meter tiefen Badewanne, sie ist eng zwischen den Sträuchern. Levje kommt mir vor wie ein Supertanker. Fragen nagen allerdings an meiner Behaglichkeit hinter dem Steuerrad. „Was mach ich,

wenn ich Levjes 11,30 Meter zwischen den Hecken drehen muss?“
Oder: „Was tu ich, wenn mir in der Enge um die Ecke ein Motorboot entgegenrauscht?“

Schnell husche ich nach unten. Da wo Leckstopfen und Signalraketen lagern, liegt auch Trump. Trump fährt seit Jahren auf Levje mit. Trump kann verdammt laut, lauter als alle, die ich kenne.


Und wenn Trump sich einmal bemerkbar macht, kann das keiner überhören. Trump ist unignorierbar, Trump ist ein Genie darin, unüberhörbar zu sein, solange, bis Gehör und Gehirn sich wund anfühlen. Das Beste: Trump „nutzt sich nicht ab“, „ist schwimmfähig“ und „rostet nicht“. Nur dass Trump umweltfreundlich ist, glaub ich noch nicht ganz.

Aber hier im praktischen Leben des Crinan-Kanals ist Trump nur bedingt eine Hilfe. Das merke ich gleichan der ersten Brücke. Sie ist zu. Und sie bleibt zu. Selbst nachdem ich dreimal kräftig in Trump gepustet habe, passiert eine Viertelstunde lang nichts. Trump verhallt einfach ungehört. Nur der schlappohrige Köter im Cottage am Ufer beginnt zu jaulen. Erst der Griff zum Smartphone bringt Bewegung in die Brücke vor uns. Ein Schleusenwärter kommt angefahren, packt seine wuchtige Kurbel aus und winscht die Brücke einfach auf zur Seite. Luxuriös, wenn das von hier ab so weitergeht auf dem 6 Seemeilen langen Kanal zwischen den Schleusen von Crinan und dem kleinen Städtchen Lochgilphead im Osten.

Sie ist mal beschaulich, die Fahrt durchs Schilf. Und dann sorgt sie wieder für erhabenen Weitblick. Das Meer, über das wir eben noch fuhren, liegt jetzt 25 Höhenmeter unter uns.

Wie die Bergwanderer werden wir belohnt mit – ja: Fernsicht. Und Weitblick. 

Als knackig sind dann doch die 16 Schleusen, die man auf dem langen Weg erst rauf über die Anhöhen der Halbinsel Mull, dann wieder runter zu bewältigen hat. Denn sooooo luxuriös, wie wir noch an der Drehbrücke dachten, ist das alles nicht, denn ab dort sind wir auf uns allein gestellt.

Drei Mann auf einem Boot sind gerade richtig, um in der Schleuse zurechtzukommen. Zwei Mann, um die Leinen des Bootes in der Schleuse zu bedienen und dafür zu sorgen, dass das Boot im rauschenden Torfwassersprudel in der Schleuse nicht hilflos vertreibt. Und ein Mann, der am Schleusentor fürs Leeren und Füllen der Schleusenkammern per Kurbel zuständig ist.

Sven übernimmt das für uns. Aber irgendwann sind wir so eingespielt, dass Sven gar nicht mehr an Bord kommt, sondern am Land den Stress mit den Schleusentore übernimmt.

Denn neben dem Bedienen der großen Kurbel fürs Leeren und Füllen ist vor allem das Öffnen und Schließen der wuchtigen Schleusentore an den langen Balkenauslegern Sklavenarbeit. Das kostet mächtig Kraft, die langen Hebelarme  im Viertelkreis zu bewegen. Schon bald bleibt Sven nur noch an Land, rennt nach hinten, um die Tore wieder zu schließen,  sobald wir draußen sind. Und spurtet dann voraus zur nächsten Kammer, um mit einem von der Straße weg requirierten Fahrradfahrer die Schleusentore aufzuwuchten. Die langen schwarzen Hebeldinger habens in sich und sorgen dafür, dass der trainierte Bergfex Sven am Abend müde auf die Koje sinken wird..

Nein. Allein mit den langen Hebeln wäre der Einhandsegler hoffnungslos überfordert. Spätestens an einer der Schleusen im hinteren Drittel denke ich an Susanne Radlach, die Einhandseglerin, die sich einhand mit ihrer Segelyacht MISTRAL über 300 solcher Schleusen (in Worten: Dreihundert!!!) einen halben Sommer vom Rhein bis zur Rhone ins Mittelmeer geschleust hatte. „Nein“, hatte Susanne Radlach unschuldig erzählt, als wir uns in einer Bucht auf Menorca letztes Jahr begegneten, „ich hab die Fahrt über die Schleusen genossen“. Dabei sah ich in Port du Rhone schon Skipper weinen, die nach 300 Schleusen so erledigt waren, dass sie den Traum von der großen Segelreise einfach in den Wind schlugen und entnervt nach Hause reisten. 

Aber anstrengend ist das mit den Schleusen allemal. Als wir aus der letzten Schleuse in Lochguilphead von der Höhe ein letztes Mal hinunterschauen aufs offene Meer, spüre auch ich die Anstrengung des Tages.

Am Ende meines Tages durch den Crinan-Kanal – und es gibt vier solcher für Segelyachten schiffbarer Kanäle durch Schottland – ziehe ich mein Fazit:
Es ist tatsächlich eine enorme Zeitersparnis, diese Abkürzung „über Land“ zu nehmen. Mit diesen 6 Seemeilen erspart man sich 100 Seemeilen um die Halbinsel Mull herum. 
Doch ich war froh um zwei Mann Begleitung, einhand wäre das gleichzeitige Schleusenbedienen, Leinenarbeit und Boot bewegen nur umständlich und zeitraubend machbar gewesen. Ich wäre in der Schleuse zum Verkehrshindernis für andere geworden. 
Die Warterei hat auch ihr Gutes: In der Enge der Schleusenkammer kommt man sich näher. Ein Plausch mit der rothaarigen Schleusenwärterin über ihr Leben als Mutter und Schleusenwärterin. Ein „Woher? Wohin?“mit dem schottischen Nachbarskipper – wie immer im Leben schafft Mühsal Gemeinsamkeit und Vertrautheit, die man so selbst im Hafen selten findet.

Manche der Schleusentore sind technisch in schlechtem Zustand – und nicht nur die, die die Jahreszahl 18-Hundertirgendwas tragen. Sie allein zu bewegen, ist gelegentlich unmöglich. Allerdings bieten jüngere „Pilots“ an Schleusen ihre Dienste an. Zum ohnehin nicht günstigen Preis von 160 Pfund für die einfache (!) Fahrt, für die wir 8 Stunden brauchten, kommen dann noch Entlohnung für die Pilots dazu.
Fazit: Wie schon der Kanal von Korinth ist auch der Crinan Kanal ein Vergnügen – wenngleich es seinen Preis hat.

Doch ich habe den Tag binnen sehr genossen. Nicht zuletzt wegen der Fernsicht. Und des Paddelboot-Feelings.

Von England nach Irland und Schottland (29): Unterwegs auf dem Crinan-Kanal.

„Und wenn Ihr mit Eurem Schiff irgendwo aufsetzt: Kein Problem. Einfach anrufen!“, sagt die Schleusenwärterin an der Einfahrt in den Kanal. „Wir können jeden Abschnitt bei Bedarf fluten. Dann seid Ihr gleich wieder flott!“

Sie meint es gut mit mir. Dabei hatte ich sie bloß arglos gefragt, ob Levjes 2-Meter-Tiefgang ein Problem wären im Kanal. „Eigentlich nicht“, meinte sie, „bis 2,30 Meter geht immer. Mehr Tiefgang nur nach Anmeldung.“ Tröstlich zu wissen, dass ich die nächsten Stunden immer 30 Zentimeter unterm Kiel haben werde auf der etwa 8 Stunden langen Fahrt, die die 50 Kilometer lange Halbinsel Kintyre einmal quer durchschneidet.

Wie sich das anfühlt? Auf den ersten Metern so, als würde ich über rohe Eier laufen, die jeden Moment unter den Füssen zerbrechen können. Aber kaum liegen die ersten beiden Schleusen hinter mir, bin ich wieder da, wo ich vor drei Jahrzehnten war: Beim Gefühl, hier auf einem Paddelboot entlangzufahren. Ein langsames Gleiten durch eine unbewegte Flusslandschaft. Mit jedem einzelnen Paddelschlag das Gefühl, ein störender Eindringling zu sein in dem tiefen Frieden, der über dem Fluss liegt. Auf seinen ersten Metern hinter den Schleusen von Crinan ist der Kanal nichts anderes als das, was ich einst auf der auf der Themse kurz vor Oxford oder auf der Loire fand: Ein friedliches Flüsschen, das sachte durch Hecken und Gesträuch kriecht – als gäbe es 50 Meter weiter entfernt kein wildes Meer, keine Strömungen, keinen Strom vor Corryvreckan.

Der Crinan-Kanal ist ein Veteran unter den Kanälen. Erdacht und ergraben, als britische Schiffe auf See gegen Napoleons Seeblockade kämpften, vor mehr als 200 Jahren. Und deshalb in weiten Teilen auch so geblieben, wie er um 1794 begonnen worden war. Mehr ein wasserspeisender schmaler und nicht tiefer Kanal durch einen königlichen Schlosspark. Etwas flau ist mir schon in der 2,50 Meter tiefen Badewanne, auf den ersten Metern ist sie eng zwischen den Sträuchern. Levje kommt mir vor wie ein Supertanker. Fragen kratzen allerdings an meiner Beschaulichkeit hinter dem Steuerrad. „Was mach ich, wenn ich Levjes 11,30 Meter zwischen den Hecken drehen muss?“
Oder: „Was tu ich, wenn mir in der Enge um die Ecke ein Motorboot mit Karracho entgegenrauscht?“

Schnell husche ich nach unten. Da wo Leckstopfen und Signalraketen lagern, liegt auch Trump. Trump fährt seit Jahrzehnten mit. Trump war immer schon da. Trump kann verdammt laut, lauter als alle, die ich kenne.


Und wenn Trump sich einmal bemerkbar macht, kann das keiner überhören. Trump ist unignorierbar, Trump ist ein Genie darin, unüberhörbar zu sein, solange, bis Gehör und Gehirn sich wund anfühlen. Das Beste: Trump „nutzt sich nicht ab“, „ist schwimmfähig“ und „rostet nicht“. Nur dass Trump umweltfreundlich ist, wie auf der Verpackungsröhre steht, glaub ich noch nicht ganz.

Aber hier im praktischen Leben des Crinan-Kanals ist Trump nur bedingt eine Hilfe. Das merke ich gleich an der ersten Brücke. Sie ist zu. Und sie bleibt zu. Wir eiern im engen Kanal herum, selbst nachdem ich dreimal kräftig in Trump gepustet habe, passiert eine Viertelstunde lang nichts. In Schottland verhallt Trump ungehört. Nur der schlappohrige Köter im Cottage am Ufer beginnt zu jaulen. Erst der Griff zum Smartphone bringt Bewegung in die Brücke vor uns. Ein Schleusenwärter kommt angefahren, packt seine wuchtige Kurbel aus und winscht die Brücke einfach auf zur Seite. Luxuriös, wenn das von hier ab so weitergeht auf dem 6 Seemeilen langen Kanal zwischen den Schleusen von Crinan und dem kleinen Städtchen Lochgilphead im Osten.

Sie ist mal beschaulich, die Fahrt durchs Schilf. Mal beschert sie erhabene Weitblicke, wenn sich zur Linken unter uns das Meer auftut, über das wir eben noch fuhren. Es liegt jetzt 20 Höhenmeter unter uns. Und die im Mittelmeer so beliebten PS-starken Schlauchboot-Monster? Sie fehlen nicht nur auf dem Crinan-Kanal. Sie fehlen auch auf den südenglischen oder irischen Flüssen wie River Dart oder River Barrow, auf denen ich fuhr – es gibt sie hier einfach noch nicht. Ist es fehlendes Kleingeld? Oder tatsächlich die Lust an der Beschaulichkeit?

Wie die Bergwanderer werden wir belohnt mit Stille. Und mit: Fernsicht. Und Weitblick. 

Als knackig erweisen sich aber die 16 Schleusen, die man auf dem langen Weg erst rauf über die Anhöhen der Halbinsel Kintyre, dann wieder runter zu bewältigen hat. Denn sooooo luxuriös, wie wir noch an der Drehbrücke dachten, ist das alles nicht, denn ab dort sind wir auf uns allein gestellt.

Drei Paar erfahrene Hände auf einem Boot sind gerade richtig, um in der Schleuse zurechtzukommen. Zwei Kräfte an Deck, um an Bug und Heck die Leinen des Bootes in der Schleuse zu bedienen und dafür zu sorgen, dass das Boot im Gesprudel des torbraunen Wassers in der Schleuse nicht hilflos vertreibt. Und ein Mann, der am Schleusentor fürs Leeren und Füllen der Schleusenkammern per Kurbel zuständig ist.

Sven übernimmt das für uns, während Ida und ich an Deck die Leinen fieren. Irgendwann sind wir so eingespielt, dass Sven gar nicht mehr an Bord kommt, sondern an Land den Stress mit den Schleusentore übernimmt. Bis zur Erschöpfung schwingt er im blauen Shirt die Kurbel oder wuchtet zwei Paar Schleusentore auf- und zu.

Denn neben dem Bedienen der großen Kurbel fürs Leeren und Füllen ist vor allem das Öffnen und Schließen der wuchtigen Schleusentore an den langen Balkenauslegern Sklavenarbeit. Das kostet mächtig Kraft, die langen Hebelarme  im Viertelkreis zu bewegen. Schon bald bleibt Sven nur noch an Land, rennt nach hinten, um die Tore wieder zu schließen, sobald wir draußen sind. Und spurtet dann voraus zur nächsten Kammer, um mit einem von der Straße weg requirierten Fahrradfahrer die Schleusentore aufzustemmen. Die langen schwarzen Hebeldinger habens in sich und sorgen dafür, dass der trainierte Bergfex Sven am Abend müde auf die Koje sinken wird..

Nein. Allein mit den langen Hebeln wäre der Einhandsegler hoffnungslos überfordert. Spätestens an einer der Schleusen im hinteren Drittel denke ich an Susanne Radlach, die Einhandseglerin, die sich ihre Segelyacht MISTRAL über 300 solcher Schleusen (in Worten: Dreihundert!!!) allein einen halben Sommer vom Rhein bis zur Rhone ins Mittelmeer geschleust hatte. „Nein“, hatte Susanne Radlach unschuldig erzählt, als wir uns in einer Bucht auf Menorca letztes Jahr begegneten, „ich hab die Fahrt über die Schleusen genossen“. Dabei sah ich in Port du Rhone schon Skipper weinen, die nach 300 Schleusen so erledigt waren, dass sie den Traum von der großen Segelreise einfach in den Wind schlugen und entnervt nach Hause reisten. 

Oder Klaus Aktoprak, der in seinem Buch Schärensegeln seine Fahrt auf dem Götakanal quer durch Südschweden beschreibt. Satte 58 Schleusen musste er einhand bewältigen und wusste hinterher, warum man den Götakanal auch „divorce ditch“ nennt, den „Scheidungsgraben“, in dem sich Mann und Frau auf einem Boot heillos über der Bedienung der Schleusen in die Haare geraten.

Anstrengend ist das mit den Schleusen allemal. Als wir am Spätnachmittag aus der letzten Schleuse in Lochguilphead von der Höhe ein letztes Mal hinunterschauen aufs offene Meer, spüre auch ich die Anstrengung des Tages.

Am Ende meines Tages durch den Crinan-Kanal – und es gibt vier solcher für Segelyachten schiffbarer Kanäle durch Schottland – ziehe ich mein Fazit:
Es ist tatsächlich eine enorme Zeitersparnis, diese Abkürzung „über Land“ zu nehmen. Mit diesen 6 Seemeilen erspart man sich 100 Seemeilen um die Halbinsel Kintyre und dessen Südende Mull of Kintyre, über dessen Strudel und Wildheit ich schrieb. 
Ich war froh um Sven und Ida. Einhand wäre das gleichzeitige Schleusenbedienen, Leinenarbeit und Boot bewegen nur umständlich und zeitraubend machbar gewesen. Ich wäre in der Schleuse zum zeitraubenden Verkehrshindernis für andere geworden. 
Die Warterei hat auch ihr Gutes: In der Enge der Schleusenkammer kommt man sich näher. Ein Plausch mit der rothaarigen Schleusenwärterin über ihr Leben als Mutter und Schleusenwärterin. Ein „Woher? Wohin?“mit dem Nachbarskipper aus Glasgow – wie immer im Leben schafft Mühsal Gemeinsamkeit und Vertrautheit, die man so selbst im Hafen selten findet.

Manche der Schleusentore sind technisch in schlechtem Zustand – und nicht nur die, die die Jahreszahl 18-Hundertirgendwas tragen. Sie allein zu bewegen, ist gelegentlich unmöglich. Allerdings bieten jüngere „Pilots“ an Schleusen ihre Dienste an. Zum ohnehin nicht günstigen Preis von 160 Pfund für die einfache (!) Fahrt, für die wir 8 Stunden brauchten, kommen dann noch Entlohnung für die Pilots dazu.
Fazit: Wie schon der Kanal von Korinth ist auch der Crinan Kanal ein Vergnügen – wenngleich es schon Anstrengung kostet und seinen Preis hat.

Doch ich habe den Tag binnen sehr genossen. Nicht zuletzt wegen der Fernsicht. Und des Paddelboot-Feelings.

Von England nach Irland und Schottland (28): Durch die Strudel von Corryvreckan.

Die Landschaft ist, als hätte Gott hier einen seiner zahllosen Versuche gemacht, seinem Traum der großen Leere Gestalt zu geben. Kein Baum. Kein Haus. Selbst das Nichts ist abwesend. Nur massige Tundra-überzogene Felsen im großen Grau, in dem ein durchziehender Frachter wie eine flüchtige, zart anrührende Begegnung wirkt, bevor er den Blick freigibt auf die Meerenge von Corryvreckan.

Corryvreckan. Wir sind von den Hebriden süostwärts zu den schottischen Lowlands unterwegs, nach Glasgow, der Stadt am River Clyde. Mit dem Stechzirkel in gerader Linie gemessen, sind das nicht mehr als 110 Seemeilen. Doch die schottischen Berge recken sich von Norden mit drei langen Landfingern nach Südwesten. Drei große Barrieren, um die es nur ein 200 Seemeilen langes Drumherum gibt. Oder ein 110 Seemeilen langes Mittendurch – durch enge Inseldurchfahrten, durch künstliche Kanäle – und durch die Meerenge von Corryvreckan.

Das Meer hat es an dieser Stelle zu einiger Berühmtheit gebracht. Die Strudel der Corryvreckan-Straße gehören „weltweit nach den Strudelgebieten Moskentraumen und Saltstraumen zwischen den norwegischen Lofoten sowie dem Old Sow in Kanada zu den stärksten Strudeln“, schreibt Wikipedia. Und dass die Strudel laute Geräusche verursachen, „die kilometerweit gut hörbar sind“. Corryvreckan – der „Kessel des gefleckten Meeres“. Schöner als auf Gälisch kann man keine Landschaft beschreiben.

Einfach ansteuern und durch fahren? Keine gute Idee. Schon an einem harmlosen, windstillen Tag kann der Strom in der ein Kilometer breiten Enge mit acht Knoten setzen. Wie hoch müsste ich Levjes 50PS starken Motor drehen, um gegen diese Strömung anzukommen? Nein. Segeln heißt, die Kräfte der Natur auf jede trickreiche Art zu nutzen. Wie man zum Anlegen den Wind nutzt, um den Bug schneller an die Pier zu treiben als die Maschine es könnte. Oder zum Still-im-Starkwind-Liegen das Beidrehen, bei dem das eigene Kielwasser jedes Mal wieder die hohen Wellen bricht. Und zum Durchfahren einer Meerenge den Strom, um schneller durchzukommen.

Von der Insel Iona kommend, haben wir uns für die Durchfahrt den ruhigsten Moment ausgesucht. Eine Stunde vor Niedrigwasser stehen wir fünf Seemeilen entfernt, um genau im ruhigen Moment in der Meerenge zu sein, wenn die Strömung dreht.

Über Iona war am frühen Nachmittag der Himmel noch strahlend blau gewesen. Nur im Osten über Corryvreckan, da wo wir hinwollten, stand ein langes Wolkenband. Jetzt ist vom Blau nichts  geblieben bis auf ein Stück oranges Schimmerns. Und vom glatten Meer auch nichts. Levje geigt und giert in der Welle herum. Es ist windstill, doch die See ist merkwürdig. Mal glatt. Mal aufgewühlt, mit sich drehenden weißen Punkten. Als ich näher hinsehe, sind es Schaumkronen, die sich in einem Wirbel drehen wie Pusteblumen. Wie lang, wie schnell muss Meerwasser kreiseln und drehen, damit handhohe Schaumhügel entstehen?

Um 18.20 Uhr sollte fast schon Stillwasser sein, wir gleiten unter Motor auf die Meerenge zu. Tatsächlich setzt der Strom immer noch mit 2,5 Knoten gegen uns. Aber das ist wohl nichts gegen das, was hier vor einer Stunde los war. Levje torkelt und yachtert immer noch wie betrunken durch die Strudel.

In einer Viertelstunde soll der Strom in der Meerenge zur Ruhe kommen. 15 Minuten soll er verharren, sagt der REEDS NAUTICAL ALMANACH, und dann wird er uns mit großer Kraft durch die Meerenge ziehen.

Eine halbe Stunde später. Der Gegenstrom beträgt immer noch 2 bis drei 3 Knoten. Die Logge zeigt 5-6 Knoten Speed an, wir sind laut GPS kaum mit der Hälfte unterwegs. Auf unserem Track auf unserem IPad sehe ich, wie die kreiselnden Strudel Levje bis zu 60 Grad aus dem Kurs versetzen. Peile ich über den Burgkorb nach vorne, treiben wir geradewegs auf die Felswand voraus zu. Aber die Kurslinie auf dem Ipad sagt, dass wir die Meerenge genau in der Mitte passieren werden. Abdrift nennt man das. Ich starre abwechselnd aufs Ipad, dann wieder auf die Felswand.

Warum kommt der Strom hier nicht zur Ruhe? Irgendwo hier unter uns ragt inmitten der 200 Meter tiefen Meerenge ein Felsmassiv bis auf 30 Meter unter dem Meeresspiegel empor. Der Unterwasserberg sorgt dafür, dass das aus der Badewanne des Jura Sounds strömende Wasser an dieser Stelle so verwirbelt wird. Nur die Trottellummen, die aussehen wie putzige schwarze Entchen und immer als Pärchen auftreten, scheinen sich in der Strömung wohlzufühlen. Sind es wirklich Paare? Oder ein Elterntier mit einem halb so großen Jungvogel, die mit hektischen Bewegungen von Levje wegpaddeln? Sie nehmen die wilden Bewegungen des Meeresals gäbe es sie nicht.

Scarba, der Berg im Norden, den wir passieren, ist eine Insel. Kurz zeigt sie ihre nassen Hänge, ihre tiefgrünen Runzeln, ihre vor Nässe speckig glänzenden Felsen, ihre graue Pelzmütze oben auf dem Gipfel,  aus der wenige Augenblicke später zarter Niesel fällt. Eben noch wünschte ich, ich könnte wieder einmal die Runen und Riefen verstehen, in denen die Erdgeschichte geschrieben steht. Doch dann ist der Berg, der eben noch leuchtete, nur noch ein grauer Schatten, im Grau sind nur noch Levjes Konturen an Deck scharf und lesbare Zeichen.

19.15. Wir sind mittendrin. Einen Augenblick ist der Strom wie abgestellt. Logge und GPS-Anzeige stimmen ausnahmsweise überein. Nur wenn ich das Teleobjektiv der Kamera ganz ausfahre und die

1.000 Meter lange Strecke vor mir verdichte, zeigt sich das Muster der sich drehenden Wirbel auf dem Wasser. Keine zwanzig Minuten währt der „slack“, das Niedrigwasser, dann zieht der Strom uns auch schon wieder mit einem Knoten aus der Meerenge heraus. Fünf Minuten später zeigt die Logge gemütliche 5 Knoten Fahrt, während das GPS 7,5 Knoten über Grund anzeigt.

Zwei Stunden später, vor der Einfahrt in den Kanal von Crinan. Ein feiner Wolkenschleier spannt sich in 50 Meter Höhe über dem Meer. Mit einem Mal ist es, als würde das Wolkenband die Welt trennen. Als gäbe es ein Oben und ein Unten in der Welt, bevor der Regen einsetzt und wir den Anker fallen lassen und uns schnell ins Innere Levjes verkriechen, um die nassen Sachen abstreifen. Ein Unten, in dem die Yachten vor Crinan vor der Einfahrt in den gleichnamigen Kanal warten. Ein Oben, in dem Gott ein weiteres Mal träumt: Seinen Traum von der großen Leere. 

Von England nach Irland und Schottland (28): Durch die Strudel von Corryvreckan.

Die Landschaft ist, als hätte Gott hier einen seiner zahllosen Versuche gemacht, seinem Traum der großen Leere Gestalt zu geben. Kein Baum. Kein Haus. Selbst das Nichts ist abwesend. Nur massige Tundra-überzogene Felsen im großen Grau, in dem ein durchziehender Frachter wie eine flüchtige, zart anrührende Begegnung wirkt, bevor er den Blick freigibt auf die Meerenge von Corryvreckan.

Corryvreckan. Wir sind von den Hebriden süostwärts zu den schottischen Lowlands unterwegs, nach Glasgow, der Stadt am River Clyde. Mit dem Stechzirkel in gerader Linie gemessen, sind das nicht mehr als 110 Seemeilen. Doch die schottischen Berge recken sich von Norden mit drei langen Landfingern nach Südwesten. Drei große Barrieren, um die es nur ein 200 Seemeilen langes Drumherum gibt. Oder ein 110 Seemeilen langes Mittendurch – durch enge Inseldurchfahrten, durch künstliche Kanäle – und durch die Meerenge von Corryvreckan.

Das Meer hat es an dieser Stelle zu einiger Berühmtheit gebracht. Die Strudel der Corryvreckan-Straße gehören „weltweit nach den Strudelgebieten Moskentraumen und Saltstraumen zwischen den norwegischen Lofoten sowie dem Old Sow in Kanada zu den stärksten Strudeln“, schreibt Wikipedia. Und dass die Strudel laute Geräusche verursachen, „die kilometerweit gut hörbar sind“. Corryvreckan – der „Kessel des gefleckten Meeres“. Schöner als auf Gälisch kann man keine Landschaft beschreiben.

Einfach ansteuern und durch fahren? Keine gute Idee. Schon an einem harmlosen, windstillen Tag kann der Strom in der ein Kilometer breiten Enge mit acht Knoten setzen. Wie hoch müsste ich Levjes 50PS starken Motor drehen, um gegen diese Strömung anzukommen? Nein. Segeln heißt, die Kräfte der Natur auf jede trickreiche Art zu nutzen. Wie man zum Anlegen den Wind nutzt, um den Bug schneller an die Pier zu treiben als die Maschine es könnte. Oder zum Still-im-Starkwind-Liegen das Beidrehen, bei dem das eigene Kielwasser jedes Mal wieder die hohen Wellen bricht. Und zum Durchfahren einer Meerenge den Strom, um schneller durchzukommen.

Von der Insel Iona kommend, haben wir uns für die Durchfahrt den ruhigsten Moment ausgesucht. Eine Stunde vor Niedrigwasser stehen wir fünf Seemeilen entfernt, um genau im ruhigen Moment in der Meerenge zu sein, wenn die Strömung dreht.

Über Iona war am frühen Nachmittag der Himmel noch strahlend blau gewesen. Nur im Osten über Corryvreckan, da wo wir hinwollten, stand ein langes Wolkenband. Jetzt ist vom Blau nichts  geblieben bis auf ein Stück oranges Schimmerns. Und vom glatten Meer auch nichts. Levje geigt und giert in der Welle herum. Es ist windstill, doch die See ist merkwürdig. Mal glatt. Mal aufgewühlt, mit sich drehenden weißen Punkten. Als ich näher hinsehe, sind es Schaumkronen, die sich in einem Wirbel drehen wie Pusteblumen. Wie lang, wie schnell muss Meerwasser kreiseln und drehen, damit handhohe Schaumhügel entstehen?

Um 18.20 Uhr sollte fast schon Stillwasser sein, wir gleiten unter Motor auf die Meerenge zu. Tatsächlich setzt der Strom immer noch mit 2,5 Knoten gegen uns. Aber das ist wohl nichts gegen das, was hier vor einer Stunde los war. Levje torkelt und yachtert immer noch wie betrunken durch die Strudel.

In einer Viertelstunde soll der Strom in der Meerenge zur Ruhe kommen. 15 Minuten soll er verharren, sagt der REEDS NAUTICAL ALMANACH, und dann wird er uns mit großer Kraft durch die Meerenge ziehen.

Eine halbe Stunde später. Der Gegenstrom beträgt immer noch 2 bis drei 3 Knoten. Die Logge zeigt 5-6 Knoten Speed an, wir sind laut GPS kaum mit der Hälfte unterwegs. Auf unserem Track auf unserem IPad sehe ich, wie die kreiselnden Strudel Levje bis zu 60 Grad aus dem Kurs versetzen. Peile ich über den Burgkorb nach vorne, treiben wir geradewegs auf die Felswand voraus zu. Aber die Kurslinie auf dem Ipad sagt, dass wir die Meerenge genau in der Mitte passieren werden. Abdrift nennt man das. Ich starre abwechselnd aufs Ipad, dann wieder auf die Felswand.

Die Strömung in der Straße von Corryvreckan, aus dem Flugzeug fotografiert und mit freundlicher
Genehmigung zur Verfügung gestellt von Autor und Blogleser Jan Zier  www.janzier.de

Warum kommt der Strom hier nicht zur Ruhe? Irgendwo hier unter uns ragt inmitten der 200 Meter tiefen Meerenge ein Felsmassiv bis auf 30 Meter unter dem Meeresspiegel empor. Der Unterwasserberg sorgt dafür, dass das aus der Badewanne des Jura Sounds strömende Wasser an dieser Stelle so verwirbelt wird. Nur die Trottellummen, die aussehen wie putzige schwarze Entchen und immer als Pärchen auftreten, scheinen sich in der Strömung wohlzufühlen. Sind es wirklich Paare? Oder ein Elterntier mit einem halb so großen Jungvogel, die mit hektischen Bewegungen von Levje wegpaddeln? Sie nehmen die wilden Bewegungen des Meeresals gäbe es sie nicht.

Scarba, der Berg im Norden, den wir passieren, ist eine Insel. Kurz zeigt sie ihre nassen Hänge, ihre tiefgrünen Runzeln, ihre vor Nässe speckig glänzenden Felsen, ihre graue Pelzmütze oben auf dem Gipfel,  aus der wenige Augenblicke später zarter Niesel fällt. Eben noch wünschte ich, ich könnte wieder einmal die Runen und Riefen verstehen, in denen die Erdgeschichte geschrieben steht. Doch dann ist der Berg, der eben noch leuchtete, nur noch ein grauer Schatten, im Grau sind nur noch Levjes Konturen an Deck scharf und lesbare Zeichen.

19.15. Wir sind mittendrin. Einen Augenblick ist der Strom wie abgestellt. Logge und GPS-Anzeige stimmen ausnahmsweise überein. Nur wenn ich das Teleobjektiv der Kamera ganz ausfahre und die

1.000 Meter lange Strecke vor mir verdichte, zeigt sich das Muster der sich drehenden Wirbel auf dem Wasser. Keine zwanzig Minuten währt der „slack“, das Niedrigwasser, dann zieht der Strom uns auch schon wieder mit einem Knoten aus der Meerenge heraus. Fünf Minuten später zeigt die Logge gemütliche 5 Knoten Fahrt, während das GPS 7,5 Knoten über Grund anzeigt.

Zwei Stunden später, vor der Einfahrt in den Kanal von Crinan. Ein feiner Wolkenschleier spannt sich in 50 Meter Höhe über dem Meer. Mit einem Mal ist es, als würde das Wolkenband die Welt trennen. Als gäbe es ein Oben und ein Unten in der Welt, bevor der Regen einsetzt und wir den Anker fallen lassen und uns schnell ins Innere Levjes verkriechen, um die nassen Sachen abstreifen. Ein Unten, in dem die Yachten vor Crinan vor der Einfahrt in den gleichnamigen Kanal warten. Ein Oben, in dem Gott ein weiteres Mal träumt: Seinen Traum von der großen Leere.