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Unterwegs in Guernsey. Auf den Spuren meines Großvaters. Oder: Eine deutsche Geschichte.

Es wird Zeit, die Geschichte meiner Einhand-Segelreise von Sizilien 
 bis Südengland um die Westküste Europas zu Ende zu erzählen. 
Nach den Balearen, Gibraltar, Portugal, Nordspanien
und der Nordküste der Bretagne erreichte ich nach fast vier Monaten 
im September 2018 die Kanalinsel Guernsey. Ich blieb ein paar Tage auf der Insel. 
Lieh mir ein Motorrad. Und suchte die Insel nach Spuren ab aus der Zeit, 
in der mein Großvater auf der Insel gewesen war. Im II. Weltkrieg. Als Guernsey wie die anderen Kanalinseln von deutschen Truppen besetzt war. 

Die Einfahrt in den Hafen von St. Peter Port, Guernsey

Vielleicht war mein Großvater schuld. Vielleicht war er der Grund, weswegen ich hierher nach Guernsey gesegelt war. 

Mit meinem Großvater verbinden mich verschiedene Dinge. Seine Ungeduld. Sein Zähneknirschen, wenn etwas nicht gleich so läuft, wie er sich das vorstellt. Seine Neigung zu Halsschmerzen. Er hatte sie ausgeprägt, kam nach dem sonntäglichen Bier aus dem Wirtshaus mit Halsschmerzen heim. Es war dieser Satz, der sich mir von diesem einfachen Mann eingeprägt hatte: „S’oinzige Mol im Läaba, wo I koi Halsweah k’hett han: Des war z‘ Guensay“. ‚Das einzige Mal im Leben ohne Halsweh: Das war, als ich auf Guernsey war.‘

Guernsey. Wie war er da bloß hingekommen?

Er war ein kreuzbraver Mann gewesen, von einfachem Gemüt. So einfach wie das verschlafene Dorf an dem kleinen Fluss im Schwäbischen, wo man ihn nur den „Urle“ nannte, weil er Ulrich hieß, wie die meisten Männer meiner Familie. Hier war er geboren, hier hatte sein Elternhaus gestanden, hier hatte die Familie, deren Namen ich trage, mehrere Generationen gelebt. 

Von meinem Großvater weiß ich nicht viel. Dass er Maurer war, weil unter dem dürren Apfelbaum, wo wir unsere Ferien verbrachten, stets ein Holzbottich mit Kalk und Kelle bereitlag. Dass der „Urle“ im Dorf bekannt dafür war, Sommer wie Winter immer schon eine Viertelstunde vor Abfahrt des Zuges am Bahnsteig zu stehen, aus Sorge, er könne den Zug versäumen, obwohl er nur 50 Schritt vom Bahnhof hinter der Ligusterhecke entfernt lebte. Dass er Sonntags zum Bier und zum Kartenspielen ging – wie mein Vater und seine Brüder es auch taten. Dass er bei den „Veteranen“ war, den alten Herren, die bei der Prozession in Hut und ausgebeultem Anzug, doch mit klimpernden Orden behängt, nach Feuerwehr, Turnern, Sportverein stets den Schluss des feierlichen Zuges durchs Dorf bildeten. Dass meine Großmutter sich diebisch freute, wenn er sich zu diesen Anlässen versehentlich mal wieder ihr „Mutterkreuz“ ans Revers gesteckt hatte, das sie wie jede andere Mutter mit vier Kindern von der Partei bekommen hatte und ihr so garnichts bedeutete. Der Urle war einer, der in Dinge hineingeriet. Nicht einer, der Dinge aktiv lostrat.

Der Hafen von St. Peter Port, Guernsey. Im Hintergrund jenseits der steinernen Barre erkennbar der Yachthafen Victoria Harbour.

Guernsey. Wie war er da bloß hingeraten? Er, der so gut wie nie aus dem Dorf und seiner Umgebung herausgekommen war, außer als junger Turner in den Zwanzigern zu einem Wettkampf nach Dornbirn. Er war Maurer geworden, weil man als Sohn eines Kleinbauern, eines Handwerkers oder Tagelöhners im Dorf nur zwei Dinge werden konnte: Knecht auf einem Hof. Oder Maurer. Für mehr hatte es in der kinderreichen Familie für ihn nicht gereicht. Erst recht nicht für eine Arbeit bei den Juden des Dorfes. Sie waren die Unternehmer des Dorfes, die Rosshändler und Kaufleute, die Privatiers und Geschäftsleute. Irgendein Graf hatte sie vor Jahrhunderten in dem kleinen Marktflecken angesiedelt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das hatten sie über Jahrhunderte getan. Sie waren es gewesen, die aus eigener Tasche die 15 Kilometer lange Bahnlinie entlang des Flusses bauen ließen, um das ganze Flusstal bis in die nahe Kreisstadt mit der Welt und dem Handel zu verbinden. Das war in dem Jahr, in dem der Urle in dem kleinen Dorf geboren wurde. Und zugleich das Jahr, in dem in Deutschland die meisten Bahnkilometer gebaut wurden, 1902. Die Juden des Dorfes müssen gute Kaufleute gewesen sein, mit Sinn fürs Geschäft und ein Herrenleben. Meine Großmutter war ins Dorf gekommen, weil sie eine Anstellung gefunden hatte als Hausmädchen und Wäscherin bei den jüdischen Kaufmannsfamilien. Erst bei den Lammfromms. Dann beim Philipp Hummel. Vielleicht auch bei der Familie des Leoreiter oder wie immer sie hießen. Sie stammte aus einem einfachen Bauernhof und war plötzlich in vornehme Haushalte gekommen – das hatte sie fürs Leben geprägt. Im Dorf war sie dem Urle über den Weg gelaufen, vielleicht auf einem der Volksfeste, auf dem sie die Maßkrüge austrug, um sich etwas dazuzuverdienen. Vielleicht war der Urle auch unter den Burschen, die nachts die Leitern an die Häuser legten, um zu den Mägden durchs Fenster zu steigen. Ein Abenteurer war er nie. Als sie schwanger war mit 24, heirateten sie heimlich: Frühmorgens um sechs stand der Urle neben der Hanne vor dem Altar, ihr sich deutliche rundender Bauch erlaubte keine ausgelassene Öffentlichkeit. So standen sie – genauso wie 33 Jahre vor demselben Altar um 6 Uhr morgens mein Vater neben einer grazilen rothaarigen Frau stand. Meiner Mutter, in deren Bauch ich strampelte.

Vermutlich arbeitete der Urle als Maurer im Dorf, als die neue Zeit anbrach. Das Dorf hatte die wirtschaftlich schlimmen Jahre gut überstanden, die Bauern hatten Eier, Fleisch und Getreide in Hülle und Fülle, die jüdischen Kaufherren im Ort hatten reichlich zum Handeln. Was Vieh und Felder an Überschuss lieferten, kam zum Bahnhof, den die Juden des Dorfes aus eigener Tasche finanziert hatten wie die Bahnlinie, es wurde in die Viehwaggons verladen und von dort in die hungernden Städte transportiert. Im Dorf zeigten sich die Braunhemden im Wirtshaus, der Urle und die Hanne gehörten nicht dazu – warum auch? Was die Hanne bei den Lammfromms verdiente, konnte die Familie mit den zwei, bald drei kleinen Kindern gut gebrauchen. Zu Weihnachten bekam sie von ihren Dienstherrn einen schwarzen Mantel, ein Geldschein war mit Stecknadel ans Revers gesteckt. 

Irgendwann kam der Brief, der den Urle zur Musterung befahl. Es würde ein zweites Mal Krieg geben in Urles Leben – für den ersten großen Krieg war er gerade so eben zu jung gewesen. Und für den zweiten war er nicht mehr jung genug. Weil er ja Maurer war , hatte man besseres vor mit ihm als Wehrdienst. Man steckte ihn als Handwerker in die „Organisation Todt“. So hieß die Truppe nach ihrem Führer Fritz Todt. Sie trugen Uniform, doch statt der Waffe auf Paraden den Spaten. Anfangs war die „Organisation Todt“ für den Bau ziviler Projekte eingesetzt. Als sich der Krieg mit Frankreich ein Jahr vor Ausbruch abzeichnete, begann die Organisation Todt mit dem Bau von Bunkern entlang der französischen Grenze. Wo der Urle eingesetzt war, weiß ich nicht, doch die Hanne mit den drei Kleinen, der Liesl, dem kleinen Ulrich, den alle Ua riefen und dem Hansl, die sahen den Vater selten in den Jahren, grad alle vier Wochen kam er mal heim. Die Hanne war auf sich gestellt, arbeitete bei den Bauern, schenkte Bier aus als Bedienung. Und ging selbst dann noch heimlich zu den Juden, als Braunhemden und Scharfmacher die Synagoge des kleinen Dorfes in Brand steckten und die Lammfromms, die alten Hummels und die Leoreiters längst den gelben Stern tragen mussten.

Der Urle, der kam nur noch zu Heimaturlauben nach Hause. Es scheint, als wäre er gleich hinter den kämpfenden Truppen, die das riesige Frankreich in sieben Wochen überrollten, mit der Organisation Todt Richtung Atlantik und Ärmelkanal marschiert. Die Baupläne für das, was nun am Atlantik errichtet werden sollte, waren längst ausgearbeitet: In Frankreichs wichtigsten Atlantikstädten sollten gewaltige Bunker für die Uboot-Flotte errrichtet werden. Der Urle, der ein einfacher Mann aus einem kleinen Dorf im Schwäbischen war, stand nun plötzlich in St. Nazaire am Meer. Und baute Schalungen für die meterdicken Betonwände. Flocht Eisenarmierungen für bombendichte Decken. Rührte Mörtel. Er sah die Zwangsarbeiter, die auf den Baustellen eingesetzt wurden, Politische, Homosexuelle, nach Frankreich vor den Nazis geflohene, vornehme und gebildete Juden wie die, die er aus seinem Dorf kannte. Er sah sie während seiner 12 Stunden-Schicht von sieben bis sieben, er

Die britische Festung über dem Hafen von St. Peter Port, in der die deutsche Radarstation während des Krieges untergebracht war.

sah, wie sie schlecht behandelt, manchmal gequält wurden. Vielleicht verstand er die Welt nicht mehr, er war nun 40 und immer noch Maurer, doch er hielt den Mund. Als der erste Teil des Bunkers von Saint Nazaire, der noch heute am Hafen steht, als die ersten Finger fertig waren, wurde er mit weiteren Arbeitern, die wie er an der einfachen Uniform mit den weiten Hosen die gelbe Binde der Organisation Todt trugen, abkommandiert. Auf eine Kanalinsel sollte es gehen, Guernsey, diesmal sollten nicht U-Bootbunker, sondern Gefechtsstände entlang der Küsten der Insel gebaut werden. Betonierte Maschinengewehr-Nester, um die deutsche Radarstation in der alten britischen Festung über dem Hafen von St. Peter Port zu bewachen. Und vor allem Bunker entlang der Strände
und Geschützstellungen für die tschechischen Panzerabwehrkanonen, die im Fall einer Landung in die anstürmenden Soldaten feuern sollten. Der Urle, er rührte Mörtel, baute Schalungen, schleppte Mörteleimer und flocht Eisenarmierungen, nur eben diesmal auf Guernsey. Die Hanne, die ging jetzt nur noch heimlich, und wenn es dunkel war, zu den alten Lammfromms, um für sie zu arbeiten.

Der Strand der Cobo-Bay im Westen von Guernsey heute. Die Bunkeranlagen des II. Weltkriegs verschwinden hinter Steinmauern, die man als Blendfassaden errichtet.

Hatte er Augen für die Schönheit des langen Sandstrandes der Cobo-Bay auf Guernsey, der damals voller Minen, Sprengfallen und Stacheldrahtverhaue war? Hatte er Sinn für die Schönheit der Insel, während er und die Zwangsarbeiter an der langen Mauer eben dieser Cobo-Bay bauten, die den Strand zur tödlichen Falle machen sollte? Er entdeckte jedenfalls, dass hier am Meer seine Halsschmerzen endlich ein Ende hatten. Einer der Zwangsarbeiter, ein jüdischer Arzt, mit dem er darüber sprach, erklärte ihm, woher es kam. Dass das Seeklima eben gut sei für seine Bronchien, seine Atemwege, die ihm ein Leben lang zu schaffen machen würden. Der Urle baute brav weiter an seinen Bunker über dem Strand, in dessen einzige Öffnung millimetergenau die Schnellfeuerkanone eingebaut wurde, vor der heute die Strandbesucher sitzen.

Nur an manchen Stellen der Cobo-Bay sieht man noch die deutschen Bunker.

Es scheint, der Urle hat all die Jahre auch in Guernsey geschwiegen. Er hat sich seinen Teil gedacht. Nur einmal hat er den Mund nicht halten können. Er war auf einem der seltenen Heimaturlaube. Die Juden des Dorfes, die man zuerst in ihrer Synagoge zusammengepfercht hatte wie in einem Getto, man hatte sie längst an einem schönen Junitag durchs Dorf zum Bahnhof und in die Viehwaggons getrieben, wie einst ihr Vieh. Frau Lammfromm war an diesem Tag vor dem Haus, in dem die Hanne mit den Kindern lebte, stehengeblieben. Hatte noch einmal „Frau Käsbohrer“ gerufen, doch die Hanne, die Furcht in ihrem Leben nicht kannte, hatte in diesem einen Moment geschwiegen. Und nicht geantwortet. Sie sollte Frau Lammfromm nicht wiedersehen. Als der Urle auf Heimaturlaub kam, war das alles Geschichte. Es war im Wirtshaus, wo er den Mund nicht halten konnte, und draussen auf der Toilette beim Pinkeln über die Nazis knurrte: „Dia Bettsoicher, dia gottverreckte“, was man mit „Diese verfluchten Bettnässer“ übersetzen kann. Mehr hatte er nicht gesagt.

Am nächsten Morgen kamen sie, um ihn zu holen. Von Dachau war die Rede. Wie er denn das mit den „Bettsoichern“ gemeint hätte. Als sie ihn mitgenommen hatten, warf sich die Hanne in ihr schönstes Kostüm. Setzte sich eines der Kinder auf den Arm und ging schnurstracks zum Ortsgruppenleiter. Vielleicht hatte sie das Mutterkreuz umgehängt, sie kannte keine Furcht. Ich weiß nicht, wie sie es erreicht hatte, der Urle wieder freikam. Am Abend des nächsten Tages war er wieder daheim. Und machte sich, weil sein Heimaturlaub zuende war, auf den Weg zurück nach Guernsey. Von Saint Malo aus wurden sie auf einem Schnellboot hinüber in den Hafen von St. Peter Port Guernsey gefahren, doch englische Schnellboote lauerten den Deutschen jetzt regelmäßig vor Guernsey auf und feuerten auf sie. Die Besatzer waren längst selbst zu Belagerten geworden. Sie warteten auf den großen Angriff, die Landung von der sie wussten, dass sie unmittelbar bevorstand. Sie wussten nur nicht, wo. 

Vielleicht hat der Urle in diesen Jahren von Geschichten auf Guernsey gehört. Von dem 18jährigen Mädchen, das trotz des Verbots, an den Sandstränden der Insel im Meer zu schwimmen zu gehen, im Sommer einfach doch Schwimmen gegangen war. Sich zu den verminten Sandstränden hinausgewagt hatte, um einfach nur mal im Meer zu schwimmen. Natürlich hatte man sie erwischt. Man zog sie heraus. Und stellte sie vor Gericht. Doch sie hatte Glück, kam mit einer saftigen Geldstrafe davon. Vielleicht hatte der Urle von der Geschichte der verwittweten Frau mit dem kleinen Lebensmittelladen gehört. Mit ihrem Sohn hatte sie einen flüchtigen Zwangsarbeiter aufgenommen, heimlich, und versteckt. Das war verboten bei Todesstrafe, doch sie tat es trotzdem. Es war eine mißgünstige Nachbarin, Guernseyerin wie sie selbst, die sie an die Deutschen verriet. Sie kam zuerst nach St. Peter Port zur Vernehmung ins Gefängnis. Dann wurde sie nach Deutschland verlegt, da saß sie im Gefängnis. Weil man nicht wusste, wohin mit ihr, kam sie ins KZ. Und wurde dort kurz vor Kriegsende in die Gaskammer geschickt. Ihr Sohn überlebte – als einziger britischer Insasse. 

Ob der Urle einer der Deutschen war, die bei Privatleuten untergebracht war? Ob er dort, weil er wie andere deutsche Soldaten seine Kinder vermisste, die fremden Kinder auf dem Arm trug, denen der Vater ebenfalls fehlte?

Einer der Strände im Westen Guernsey. Hinter den hübschen Steinmauern verschwindet die Geschichte der deutschen Besatzung von 1940 bis 1945.

Als die Alliierten ein Stück weit östlich von Guernsey entfernt in der Normandie landeten, beschloss der Urle, dass für ihn als Angehörigen der Organisation Todt der Krieg vorbei sei. Er nahm sich mit anderen OT-Leuten ein Wehrmachtsfahrrad. Und radelte darauf von der Bretagne bis in sein Dorf an dem kleinen Fluss im Schwäbischen. Meist radelten sie nachts, tagsüber schliefen sie im Straßengraben, die Tiefflieger waren überall. Der Krieg, der war für den Urle vorbei. Auch wenn sich die Hanne, die den kleinen Hansl auf dem Fahrrad hatte, jetzt auch in dem kleinen Dorf im Schwäbischen vor den Tieffliegern in die Straßengräben werfen musste.

Nach Guernsey ist der Urle danach nie wieder in seinem Leben gefahren. Er blieb, was er war: Ein einfacher Maurer, von gelegentlichem Halsweh geplagt. Und ein kreuzbraver Mann, der sonntags ins Wirtshaus zum Karten ging. Was er sich über seine Zeit auf Guernsey dachte? Darüber sprach er nie. Nur wenn er Halsweh hatte, dachte er an die Insel. Den Rest, den er dort erlebt hatte: Den nahm er mit ins Grab.

SV Atanga – Sabine + Joachim Willner DE

LAS PERLAS UND DIE PERLENINSELN

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Unter Segeln. Von der Bretagne zur Insel Guernsey. Von Dingen, die nicht funktionieren. Einem Gott der Schadenfreude. Und der nächtlichen Ankunft auf einer Insel.

Mitte Mai startete ich in Sizilien, um einhand
für mein neues Buchprojekt um die Westküste Europas zu segeln. 
Nach den Balearen, Gibraltar, Portugal, Nordspanien
folgte ich der französischen Atlantikküste bis zur Nordküste der Bretagne 
zu den britischen Kanalinseln. 


Es ist 14.30 Uhr. Nachmittag. Am Himmel ein Schweben von Wattewolken, die wie eine Herde langsam gen Osten ziehen. Vor sechs Stunden habe ich die Bretagne verlassen, um die 60 Seemeilen hinüber zur Insel Guernsey zu segeln. Eigentlich keine große Distanz.

Heute Früh, bei der Abfahrt, hatte das GPS meine Ankunft für 18.30 Uhr am heutigen Abend errechnet. Doch die Überfahrt entwickelte sich anders als gedacht. Der Wind war schwächer als erwartet. Er Wind kam seitlicher ein als erwartet. Ich konnte den geplanten Kurs nicht halten. Die Strömung läuft seit Vormittag gegen uns. Sie kam nicht nur aus Richtung Guernsey, sie bremste uns aus um fast 2 Knoten. Und: sie setzte uns weit nach Westen. Sah ich ins GPS, schossen wir auf diesem Kurs weit westlich an der Insel Guernsey vorbei. Selbst wenn ich den Kurs geändert hätte: würden wir erst am Morgen gegen 6.30 Uhr ankommen. 12 Stunden später. Was bedeutet hätte, die Nacht am Steuer zu stehen  und erst Morgen Früh in Guernsey anzukommen.

Im Norden vor uns zog eine Regenwand auf. Scharf konturierte bleigraue Wolken bedeckten den Horizont vor mir, wir hielten genau darauf zu. Alles nicht erfreulich. Wir waren zu langsam. Wir kamen zu weit querab. Ich würde mir die Nacht um die Ohren schlagen müssen. Bad News.

Wie so oft hier draußen sind die Dinge, wie sie sind. Jahrzehnte war das Büro ein Ort, an dem die Dinge entweder mit mir waren oder nicht. Waren sie gegen mich, ärgerte ich mich. Über nicht erreichbare Geschäftspartner. Über mutlose Einkäufer. Über lustlose Kollegen. Über Computer, die nicht funktionierten. Hier draußen habe ich das Ärgern etwas verlernt. Das Meer meint es nicht böse. Es ist, wie es ist. Es lohnt nicht, dagegen anzukämpfen. Ich muss die Dinge nehmen, wie sie in diesem Augenblick sind. Zumindest für mein Leben hier draußen lerne ich, dass ich den Dingen, die sich nicht fügen wollen, nicht zuviel Aufmerksamkeit schenken darf. Dem Mechaniker, der nicht zur vereinbarten Zeit kommt. Dem Gesprächspartner, den man nach dem 5. Anruf nicht erreicht. Hier draussen kann ich die Dinge oft akzeptieren. Statt mich über den Mechaniker zu ärgern, beginne ich einfach irgendeine größere Arbeit. Kaum habe ich die begonnen, kaum habe ich das Ärgernis Ärgernis sein lassen, kreuzt auch schon der überfällige Mechaniker auf. Oder mein Handy klingelt, und der gewünschte Gesprächspartner ist dran. Irgendein missgünstiger Gott sieht unserem Leben von oben dabei zu, wie wir der falschen Sache unsere Aufmerksamkeit schenken, um dann „Ätsch“ zu sagen.

Die Regenwand vor uns war noch schwärzer geworden. Der Wind fast eingeschlafen.

„Kommt der Regen vor dem Wind,
Skipper: Birg die Segel geschwind“,

sagte ich mir leise vor, doch um uns war alles ruhig. Nein, ich würde jetzt nicht den Motor starten, um schlechten Neuigkeiten sinnlos Kraft entgegenzusetzen. Ich gab stattdessen meiner Müdigkeit nach. Schaltete das Radar ein, das den Horizont vor mir nach allem abtastete, womit Levje kollidieren könnte. Dann legte ich mich in Levjes Cockpit schlafen, während mein Schiff langsam seinen Weg gegen den Strom suchte.

Eine Stunde später. Ich schlage die Augen auf. Die Regenfront vor mir hat sich verzogen. Die Gegenströmung ist nicht mehr ganz so stark. Der Himmel vor uns ist immer noch mit den scharf konturierten Wolken überzogen, doch jetzt leuchten sie watteweiß und schwebend über mir. Wir driften nicht mehr weiter querab, sondern laufen jetzt etwa eineinhalb Stunden parallel zu unserem eigentlich geplanten Kurs. Das ist gut.

Stundenlang kann ich dem Wasser zusehen, wie es an der Bordwand entlangströmt – als wäre es nicht mein Schiff, das sachte wiegend durchs Wasser gleitet, sondern eben anders herum: Mein Schiff ist Festland. Das Wasser strömt um uns herum. Dieses Spiel habe ich schon einmal gespielt, als Kind war einer meiner Lieblingsplätze eine einsame Brücke über den schnell fließenden Fluss, um von dort aus dem davoneilenden Wasser nachzusehen. Viertelstunden konnte ich reglos die Bewegung des Wassers beobachten, auf meiner Brücke hatte ich nach einer Weile das Gefühl, sie sei in die Brücke eines Schiffes verwandelt, an dem in schneller Fahrt das Wasser vorbeiströmte. Das Meer ist manchmal wie ein großes Gedächtnis. Es holt aus mir die Dinge hervor, die ich längst vergessen glaubte. Ich sehe plötzlich die Linie in meinem Leben, die mich von einem x-beliebigen Punkt meiner Kindheit genau hierher führte: An diesen x-beliebigen, nicht näher definierbaren Punkt auf dem Meer zwischen der bretonischen Küste und der Insel Guernsey.

Eine halbe Stunde später hat der Wind weiter gedreht. Levje hält nun fast auf das Ziel zu, auf St. Peter Port, den Hafen auf Guernsey mit seinen Marinas. Mein Hunger meldet sich. Am Vormittag unter Segeln hatte ich mir Rührei mit Zucchini als zweites Frühstück zubereitet, als die bretonische Küste 20 Meilen hinter uns lag. Doch schon während dieses zweiten Frühstücks nörgelte mein Geschmackssinn herum, dem Rührei heute morgen hätte entschieden die Sardine gefehlt. Nach meinem Nachmittagsschlaf spukt sie dann immer noch in meinem Kopf, die Sardine. Mit einem ganzen Sack voller Fragen: Sardine mit Rosinen auf Pasta, als sizilianische Pasta alle Sarde? Oder eine improvisierte Paella in der gußeisernen Pfanne auf dem Gasherd? Mit Schinkenstückchen, Knoblauch, Tomaten und einem Schuss Weißwein?

Eine halbe Stunde wälze ich die Fragen im Kopf, während ich hinaus auf die See und den immer klarer werdenden Himmel vor mir schaue. Um uns nur Meer. Kein Land. Kein Schiff. Nur die Weite des Wassers und des Himmels. Ich gehe unter Deck, lasse mein Schiff seine Arbeit machen und mache mich an die meine. Suche Rosinen. Schnipple Zwiebeln. Hacke Knoblauch. Zerkleinere Tomaten. Setze den Spaghettitopf auf. Was Essen angeht, hat sich seit meinen Tagen im Büro nichts geändert. Was auf den Teller kommt, der Geschmack des Abends, er reimt sich im Kopf über den Tag zusammen, solange, bis ich wie ein Maler bereit bin, den Pinsel in die Farbe zu tauchen und loszulegen.

Eben taucht die Insel Guernsey am Horizont auf. 25 Seemeilen, fast 50 Kilometer entfernt, zeigt sich der zarte Schemen einer flachen, langen Insel am Horizont. Es ist früher Abend. Die Sonne steht tiefer, sie verleiht den Wolken eine andere Färbung als noch eben. Nicht nur der Schemen von Guernsey ist zart. Auch die Wolken sind es. Jetzt beginnen die Stunden, die mir neben dem Morgen die liebsten eines Tages sind. Die Stunden, in denen der Himmel über dem Meer zu leuchten beginnt.

Etwas später hat der Strom erneut gedreht. Vor meiner Reise hatte ich mir das Spiel von Ebbe und Flut als simples „Auf“ und „Ab“ gedacht. Tatsächlich spielt draußen auf See spielt das „Auf“ und „Ab“ keine Rolle. Dafür zählt hier das „Mit“ oder „Dagegen“ gewaltig, es bestimmt meinen Segeltag. Jetzt kommt der Strom nicht mehr schräg von vorn und bremst uns aus, sondern er wird uns sanft um die Südspitze Guernseys tragen und dann mit 3 Knoten entlang der Ostküste nach Norden bis vor den Hafen von St. Peter Port. Bis Mitternacht habe ich Zeit, in den Hafen zu kommen. Dann wird eine Gegenströmung einsetzen. Aber solange werden wir nicht brauchen. Laut GPS werden wir nun gegen 22 Uhr in St. Peter Port eintreffen. Mit dem letzten Licht. Denn hier in der Bretagne, so weit im Westen, geht die Sonne Anfang September morgens erst um halb acht Uhr auf. Und dafür erst um 20 nach 9 Uhr unter.

Es ist 20 Uhr. Levje schießt jetzt mit 8-9 Knoten über Grund dahin. Der Strom schiebt sie mit 2,5 Knoten nach Norden. Guernsey ist jetzt zum Greifen nah: Rote Felsen. Oben drauf ein flaches  Plateau. Fast wie Menorca. Darüber Wald. Vereinzelt Landhäuser. Im Osten ein Leuchtturm. Wenig später ist der Strom überraschend kraftvoll, ich habe Mühe, mich vor den südlich liegenden Untiefen von Fourquie und Longue Pier freizuhalten. Französische Ortsnamen – Guernsey mag Teil des Vereinigten Königreichs sein, aber geografisch liegt sie wie ihre benachbarten Inseln Jersey, Sark, Alderney allemal näher an der Bretagne. Und die hat ihre Spuren hier hinterlassen.

Kurz vor 22 Uhr erreiche ich über Telefon den Hafen von Guernsey. Eine Männerstimme mit starkem südenglischen Akzent. Ja, sie hätten einen Liegeplatz in der Victoria Marina. Ich solle mich ganz links halten im Hafen – aber dieser Hinweis führt mich in der Dunkelheit in die Irre. St. Peter Port im Dunkeln ist ein Gewirr aus Bojen, Piers, in Haufen vertäuten Motor- und Segelbooten. Ganz links? Finde ich mich in der Dunkelheit plötzlich im Fischereihafen wieder. Hier liegt keine Segelyacht. Nein, hier kann ich nicht richtig sein. Ich irre durchs nächtliche St. Peter Port, steuere Levje zwischen vermuhrten Booten herum, weiß nicht mehr weiter. Als ich plötzlich in einer Sackgasse stehe und Levje in der Enge der Gasse drehen muss, sehe ich unvermutet hinter mir das Schild. Victoria Marina. Und dahinter, oben auf der Mole, der Hafenmeister, mit dem ich telefoniert hatte. Und der mir von seiner Behausung aus meinen Liegeplatz zuruft. Diesmal kuckt der Gott woanders hin. Und nicht auf mich und mein Schiff.

Nett. Nun bin ich auf Guernsey. Guernsey leuchtet im Dunkel. Eine Lichterkette entlang der Hafenstraße. Und drüben neben der Kirche ein Pub. Aber es ist 22 Uhr – wenn dies wirklich England ist, dann hat das Pub längst zu. Und es wird nichts mit meinem Ale.
Macht nichts. Das kann nun auch noch warten, all die Jahre, die ich gewartet habe. Auf Guernsey. Ich wollte immer hierher – eine Familiengeschichte. Aber die werde ich erst in einem der nächsten Posts erzählen.

Stattdessen werde ich heute beim Einschlafen an etwas anderes denken. An die Watteschafe, die ich heute langsam über dem Atlantik ziehen sah, während Levje gemächlich nach Norden zog.

Peter´s Biografie – 1989 – 2003

BLICK ZURÜCK GANZ OHNE ZORN

1989 – 2003

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Kein Entkommen

Heute ist Donnerstag! Donnerstag ist Kontrolltag, seit einigen Wochen. Leider, muss man sagen. Denn jeden Donnerstag fahren Sabrina und ich zu Nomade, um nach dem Rechten zu sehen. Einmal Leinen kontrollieren, ein Rundgang an und unter Deck, das wars.
Seit über 2 Monaten ist es aufgrund des Niedrigwassers im Rhein nicht möglich den Hafen zu verlassen und zum Deck schrubben habe ich mittlerweile auch keine Lust mehr.

Eine Sache ist bei dem Hafenquatsch in letzter Zeit komplett untergegangen, fällt mir gerade ein. Das Thema Restauration.
Für alle, die nicht jeden Beitrag hier gelesen haben sei kurz erwähnt, dass wir Nomade von Griechenland an den Niederrhein gebracht haben, um sie hier umfangreich zu restaurieren. Als diese Entscheidung getroffen war hatte ich noch geschrieben, wie toll das hier bei uns am Niederrhein alles ist und das es hier ideale Möglichkeiten zur Restauration gibt.
Damals hatte ich vorab von zwei Werften in unserer Nähe grünes Licht bekommen „Alles kein Problem.“
Gleich bei uns um die Ecke am Wesel-Datteln-Kanal liegt eine dieser Werften. Die Leute dort sind kompetent und extrem gut ausgerüstet. Dort wurden zum Beispiel wesentliche Teile des Schwimmbaggers für den neuen Panamakanal gebaut und verschifft. Nomade ist für die Leute dort im Prinzip ein Klacks.
Im Prinzip, denn kurz nach meiner Ankunft in Wesel hat ein Gespräch ergeben, dass man ab sofort nur noch mit Großkunden zusammenarbeitet und alle Yachten nach und nach aus der Halle müssen!
Da war sie dahin, die erste tolle Möglichkeit.
Also schnell in Emmerich angerufen um (nochmal) abzuklären ob sie noch einen Stellplatz für den Winter haben. Bei diesem Gespräch kam dann überraschend heraus, dass es zwar Stellplätze gibt, der Kran jedoch Nomade nicht aus dem Wasser heben kann! Das Gewicht und die Größe wäre kein Problem, aber die Kielform würde mit diesem Kran nicht funktionieren. Letztes Jahr war das alles noch kein Problem!
Da war sie dahin, die zweite tolle Möglichkeit.
All das spielte sich übrigens vor dem Quatsch im Yachthafen Wesel und völlig unabhängig davon ab.

In der Zwischenzeit haben wir noch diverse weitere Häfen abtelefoniert, aber überall kann oder will man nicht. Im Weseler Stadthafen hat man angeblich keinen Platz, woanders geht dies nicht, dort geht das nicht…
Der Rhein in Deutschland ist damit für uns zur Falle geworden!
Mit Nomade hier her zu kommen war, nachdem wir nun viele Wochen darüber nachdenken konnten, die größte Fehlentscheidung, seit wir segeln.
Vorhersehbar waren diese Schwierigkeiten jedoch nicht, wobei wir uns manches sicherlich auch schöner geredet haben, als es tatsächlich ist. Die kurze Entfernung zu unserem Wohnort war wohl zu verlockend. Die Vorstellung, in 10 Minuten mit dem Fahrrad am Boot zu sein, war schon bestechend.

Was also jetzt tun?

Sobald wir genug Wasser unterm Kiel haben, geht es für uns erst mal in den Mahnensee. Dort hätten wir eigentlich gleich hin fahren sollen. Denn dort ist es immer tief genug und die drei Vereine im See sind ziemlich gastfreundlich. Mit unseren Booten Shamu, Mad Max und Eos haben wir im Mahnensee mehrere Jahre gelegen und eine tolle Zeit verbracht. Ich gehe davon aus, dass es mit Nomade nicht anders sein wird.
Das ist also der Plan für die unmittelbare Zukunft.
Wo Nomade dann im nächsten Jahr aus dem Wasser gehoben und restauriert werden soll, steht noch in den Sternen. Wir denken gerade in alle möglichen Richtungen, der Rhein ist aber so gut wie komplett raus. Es gäbe zwar theoretisch noch eine Möglichkeit in Duisburg, aber bei den Preisen die dort aufgerufen werden, könnten wir Nomade auch ans Mittelmeer verlegen und hätten noch was gespart.
In letzter Zeit klingt mir immer öfter der Spruch von Stefan aus Kilada im Ohr, als sich die Probleme ab etwa Höhe Österreich überproportional gehäuft haben: „Dreh um!“
Und ja, auch darüber denken wir mittlerweile ernsthaft nach und ich habe in letzter Zeit so manches Mal zu Sabrina gesagt „Wäre ich mal besser in Tuzla geblieben!“
Die Viaport Marina, Istanbul, Kilada, Sozopol, ja, sogar in Serbien gab es Häfen die besser für eine Restauration geeignet gewesen wären und ich werde nie vergessen, wie Boyco Nikiforov in Russe (Bulgarien) zu mir gesagt hat: „Du kannst hier auch jederzeit mit deinem Schiff raus gehen. Weiter oben wird’s eher schwieriger…“
Da habe ich noch gedacht „Was soll ich hier unten, mitten in Bulgarien mein Schiff aus dem Wasser heben!“
Wenn ich jetzt so darüber nachdenke… über die technischen Möglichkeiten, über die Gastfreundschaft…

Ok, genug geträumt! Bleiben wir realistisch und schauen uns die Häfen an der Nordseeküste an. Genau das werden wir nächste Woche sehr wahrscheinlich machen. Denn Sabrina hat eine Woche Urlaub und da aktuell nicht viel Wasser den Rhein runter kommt, werden wir wohl mit dem Auto ans Meer fahren und ein paar mögliche Orte für Nomade dort oben im Norden anschauen.

Ein paar interessante Yachthäfen haben wir schon auf der Karte markiert, aber wenn jemand von euch einen Hafentipp für die Nordsee zwischen Emden und Wilhelmshaven hat, immer her damit.

SV Zephyr – Richard Rawlinson UK

SAILING AT THE WEST COAST OF SCOTLAND WITH MOODY 34

Hi Peter, I bought a Windpilot Pacific from you late 2017 and I fitted it before launching in the spring. Over summer 2018 I have sailed a 6 week 1000 mile cruise off the west coast of Scotland and at all times when in clear wind and open water I have used the Windpilot.

 

My boat is a centre cockpit, wheel steered, fin keel Moody 34, so one of the more challenging configurations for servo pendulum gear. However, even with the inevitable losses with longer line lengths and wheel steering, I have successfully set the gear (and the boat) up to self-steer in all steady winds experienced above about 8 knots apparent. This has included passages with winds of 30 knots plus on the beam.
 

I am planning a 12 month Atlantic circuit via the trade wind route departing next summer which necessitated the need for wind vane steering. Prior to purchase, due to the configuration of my boat and the fact I had no first-hand experience of wind vane self-steering, I was unsure whether to go for a Hydrovane auxiliary rudder or a Windpilot servo pendulum. I am in no position to comment on the Hydrovane but from my experience gained this year I am happy with my Windpilot Pacific, not only for the Atlantic circuit but for any sailing in clear wind and open water I prefer it to an autopilot.
 
Regards   
Richard Rawlinson SV Zephyr

SV Zephyr – Richard Rawlinson UK

SAILING AT THE WEST COAST OF SCOTLAND WITH MOODY 34

Hi Peter, I bought a Windpilot Pacific from you late 2017 and I fitted it before launching in the spring. Over summer 2018 I have sailed a 6 week 1000 mile cruise off the west coast of Scotland and at all times when in clear wind and open water I have used the Windpilot.

 

My boat is a centre cockpit, wheel steered, fin keel Moody 34, so one of the more challenging configurations for servo pendulum gear. However, even with the inevitable losses with longer line lengths and wheel steering, I have successfully set the gear (and the boat) up to self-steer in all steady winds experienced above about 8 knots apparent. This has included passages with winds of 30 knots plus on the beam.
 

I am planning a 12 month Atlantic circuit via the trade wind route departing next summer which necessitated the need for wind vane steering. Prior to purchase, due to the configuration of my boat and the fact I had no first-hand experience of wind vane self-steering, I was unsure whether to go for a Hydrovane auxiliary rudder or a Windpilot servo pendulum. I am in no position to comment on the Hydrovane but from my experience gained this year I am happy with my Windpilot Pacific, not only for the Atlantic circuit but for any sailing in clear wind and open water I prefer it to an autopilot.
 
Regards   
Richard Rawlinson SV Zephyr

Durch die Enge von L’Aber Wrac’h. Von der Einsamkeit des Skippers zwischen Klippen und brechenden Wogen.

Mitte Mai bin ich in Sizilien gestartet, um einhand
für mein neues Buchprojekt um die Westküste Europas zu segeln. 
Nach den Balearen, Gibraltar und Portugal und Nordspanien
folgte ich der französischen Atlantikküste und erreichte
die Nordküste der Bretagne. Und den Gezeitenfluss L’Aber Wrac’h.

L’Aber Wrac’h. Es gibt nur wenige Namen von Orten, deren Klang allein schon einen Seemann aufhorchen lassen. Vielleicht hat es ja mit dem „Wrac’h“ zu tun, ein Klang so nah an unserem „Wrack“, dass wir nur an wenig anderes denken können. Dabei hat der Gezeitenfluss seinen Namen von dem gleichnamigen Weiler 33 Kilometer landeinwärts, ein friedliches bretonisches Bilderbuch-Dörfchen. Auch der gleichnamige Fluss, der mit den Gezeiten hin und herschwingt, ist eigentlich ein beschaulicher Ort.

Nur die Einfahrt in diesen Fluss: Sie flößt Respekt ein vor dem Befahren. Wie sich das für die Nordbretagne gehört, stemmen sich vor der Mündung des Flusses Klippen, Untiefen und Sandbänke gegen die aus Nordwesten anrollenden Wellen. Dazwischen hindurch führt ein Hauptfahrweg in den Gezeitenfluss: Magere sechs, sieben Tonnen auf 4 Kilometer, mal rot, selten grün, weisen einseitig den Weg zwischen unsichtbaren Sandbänken, überspülten Riffen, Felsblöcken. Bei einem Tidenhub von über 5 Metern sieht bei Flut „alles easy“ aus für ein Dickschiff – eine grenzenlos befahrbare Wasserfläche scheint sich auszubreiten, unter der sich ein gerade mal 200 Meter breiter Kanal versteckt, der sorgfältiges Navigieren verlangt und wenig Fehler verzeiht.

Genau nach Norden zweigt vom Hauptkanal ein weiterer enger Ausfahrtskanal zwischen den Klippen ab. Er führt links (nicht rechts!) der Bojen eng an einer gischtenden Riffkante und der danebenliegenden Felseninsel entlang. Gruslig – doch das erspart den etwa einstündigen Umweg durch die lange Westeinfahrt, durch die ich vor zwei Tagen hereinkam.

Ich weiß nicht, welches Teufelchen es war, das mich am Morgen dazu brachte, durch diese enge Gasse meinen Weg nach Osten zu suchen. Schlichtes Kalkül, auf dem Weg nach Osten nicht einfach eine Stunde wertvoller Zeit zu verlieren? Unzeitiger Eifer, was Abenteuer angeht? Ich weiß es nicht. Der Tag war grau. Die Wolken hingen tief. Und dann war ich plötzlich nördlich der Untiefe mit dem schönen Namen „Petit Pot de Beurre“, „Buttertopf“ hinter den drei roten 

Tonnen allein. Rechts vor der Küste der einsame Felsen, vor dem die Gischt brach. Zur Linken das langgezogene Riff, dessen Klippen ich nicht sah, weil sie unter Wasser die anrollenden Brecher in schaumige Gischt verwandelten. Sie wies mir wie eine lange Leitplanke den Weg in den engen Kanal, der eine halbe Seemeile weiter hinaus in die offene See führt.

Ob ich manchmal zu mutig bin? Ich weiß es nicht. Drohende Gefahren erscheinen im Kopf erstmal größer, als sie beim Blick in die Seekarte sind. Der Kanal war an der engsten Stelle keine 70 Meter breit, doch selbst bei Ebbe 4,40 Meter tief. Das sollte reichen, sagte die Seekarte.

Doch kaum steuerte ich Levje zwischen die links und rechts brechenden Wogen dort hindurch, wo keine Tonne mehr war und nur eine dünne gestrichelte Linie in der Seekarte die mögliche Passage vorgab, fühlten sich Levjes 3,85 Meter an wie 85 Meter. Und der Felsen, an dem wir im auflandigen Wind eng entlang mussten, jagte mir aus enger Brust ein stilles Gebet über die Lippen, dass doch bitte, bitte jetzt an dieser kritischen Stelle im auflandigen Wind bloß nicht der Motor aussetzen möge. Oder die in der Seekarte verzeichnete Passage nicht wie ein schlechter Scherz in einer Untiefe auslaufen möge. Oder ein Strudel, die es im Gezeitenstrom so reichlich gab, uns plötzlich 15 Meter nach links hinüber Richtung der brechenden Grundseen versetzt. Kormorane beobachteten uns von ihrem Brutfelsen aus sicherer Entfernung. Wahrscheinlich sind sie neugierig, weil ich der erste Idiot bin, der hier durchwill, soufflierte die Angst.

Wer allein segelt, ist eigentlich niemals allein. Das schrieb ich oft auf diesen Seiten. Ich fühle mich auf Levje jedenfalls nie allein. Nur in solchen Momenten, wo niemand da ist, mit dem ich den Sack voller Zweifel teilen könnte, die in solchen Momenten so zahllos um mich sind wie die Felsbänke, die Untiefen, die brechenden Wellen, zwischen denen wir gerade hindurchfuhren. Steuerte ich auch richtig? Gabs die Passage wirklich? War ich auf dem richtigen Kurs? Eine kurze Frage an einen Anwesenden brächte Gewissheit. Die Zweifel mit einem Menschen teilen zu können, ist Luxus. Jetzt war ich ganz auf mich gestellt, in Momenten wie diesen, in denen ich unmittelbar die Folgen meiner Entscheidungen und meines Tuns in der Wucht der mich umgebenden Gewalten spüre: Da fühle ich mich allein. Und bete still zu denen, die mich in diese Welt gebracht haben und längst nicht mehr da sind, von denen ich aber spüre, dass sie immer noch irgendwie um mich sind und auf mich achtgeben. Und sei es nur: Dass sie mir durch warnende Stimmen Einhalt gebieten, wenn ich es gelegentlich zu bunt treibe.

Irgendwann blieben die Brecher, an denen ich eben noch eng entlanggefahren war, hinter Levje zurück, ihr Schaum wehte mit dem Wind fort von uns. Die Felsen rückten in die Ferne, wo sich der Leuchtturm der Ile Vierge zeigte. Mein Schiff hatte mich sicher durch die Felsen und durch die Untiefen getragen. Wir waren im freien Fahrwasser.

Vielleicht finde ich hier draussen, wo sich der Gleichmut von Meer und Natur in echte Bedrohung verwandelt und beides plötzlich in seiner wütenden Gleichgültigkeit so viel größer ist als ich, in Momenten wie diesen eine Antwort. Antwort auf die Fragen, wie ich mich verhalten soll in einer Welt, die bedroht ist. Nicht vom Meer. Nicht von der Natur. Sondern von uns Menschen. 
Das eine ist: Mein Bestes zu geben. In jedem Moment.
Das andere ist: Niemals den Respekt zu verlernen, vor dem hier draußen, das so viel größer ist als wir. Niemals zu vergessen, dass es da ist alle Tage und selbst in Momenten, in denen wir uns in scheinbar größter Sicherheit wähnen. Nicht den Respekt zu verlieren vor dem, was anders ist als ich. Und denen, die anders denken als ich.

L’Aber Wrac’h. Nur ein Fluss, der 33 Kilometer lang ist. Und doch ein Ort, den ich nicht vergessen werde.

SV Otter II- Jean – Marjo Lumaye BE

A PAE LA BAIE DES VIERGES DE FATU HIVA – MARQUISES

Cher Peter, Bien le bonjour des Marquises après avoir séjourné deux mois à Rikitea ((Gambier).
Bien amicalement

Marjo & Jean de l’Otter II
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