Kategorie: Blogs

SV Shalom – Christoph Vougessis GER

DER KREIS HAT SICH GESCHLOSSEN IM SPANISCHEN MUXIA

Seid dem 27. August 2017 befindet sich Shalom ( und meine Wenigkeit) wieder auf dem europäischem Kontinent und es ist gelinde gesagt arschkalt. Und das in Nordspanien.

Christoph Vougessis

Sizilien. Im Hafen von Siracusa. Die Geschichte von Aretusa und Alpheios.


Ob heute noch jemand sein Kind Aretusa nennen würde? Das ist wohl nur was für Unverbesserliche. Und das weniger, weil der Name nicht schön klänge oder nicht auf -a enden würde, wie das die „Top-Ten-2017“ unter den weiblichen Vornamen sämtlich tun. Derzeit vorne liegen Lea, Lina, Lena, Lara, Lana (Quelle: hier!) – um den Namen „Aretusa“ kommen also die meisten Namenssucher glücklich herum.

Um Siracusa aber kommt der Segler nicht herum: Hinter der Insel Ortygia liegt – vom Meer geschützt – die große Hafenbucht, ein Ort, an dem man in Ruhe liegt und einen einzigartigen Blick auf die Front der Palazzi hat, die sich Wohlhabende in der Gründerzeit auf der „sunny side“ der Insel Ortygia errichteten.

Die Bucht ist weit. Doch wenn ab Nachmittag der für den Süden Siziliens typische Südwest die Bucht erreicht, liegt man auf Reede und vor Anker tatsächlich ruhiger als an den auflandigenTransit-Schwimmstegen der eigentlichen Marina von Siracusa.

Aber auch aus anderen Gründen kommt man um Siracusa nicht herum. Die Stadt war immer ein sehenswerter Spot, es gibt Tempel und Theater aus der griechischen Zeit lange vor Christus, und alles ist so beeindruckend wie das in den Fels gemeisselte Ohr des Dionysos, eine frühe Form einer Abhöranlage, mit der der Tyrann den Geheimnissen der von ihm gequälten Gefangenen lauschte. 

Doch von all den Attraktionen Siracusas zieht mich immer wieder die Arethusa-Quelle an, ein paar Schritte von meinem Ankerplatz, man erkennt ihre Einfassung auf dem obersten Fotos ganz rechts neben dem roten Gebäude.


Quellen, auf die man unvermutet trifft, sind ja an sich schon etwas entzückendes. Aber eine Quelle sprudelnden Süßwassers keine drei Schritte vom anbrandenden Meer entfernt: Das grenzt tatsächlich an ein Wunder. Aber wie es mit Siracusas Attraktionen so ist, ist mit der ungewöhnlichen Nähe von süß und salzig die Attraktion noch nicht erschöpfend erklärt. An der Aretusa-Quelle gibts noch mehr zu bewundern: Inmitten des Beckens ein kleiner Wald aus Papyrus, pinseligen Schilfhalmen – einer der wenigen in Europa, wenn nicht der einzige. Vermutlich kam er mit den Phöniziern, diesen Meistern des „Aus-allem-Geld-machen, was-in-der-Natur-uns-umgibt“ auf die Insel, sie trieben sich vor den Griechen in der Gegend herum. Doch keiner weiß, auf welchem phönizischen Händlerschiff vor wievielen zigtausend Jahren die ersten Urahnen-Ableger eines Papyrus-Hälmchens hier eintrafen.


Goldfische schwimmen im Süsswasserbecken – zu gerne würde ich denken, dass es Koi-Karpfen sind, während über dem Papyrus-Wäldchen am Meer die Libellen ab und an über den Beckerand schwirren, um mal kurz im umgebenden Gewirr aus Autolärm, Pizzerien, Gelaterien neben der Quelle andere Optionen für ein erfülltes Leben zu prüfen als das dauernde Sein in wiegenden Schilfhalmen. Sie kehren jedoch schnell wieder zum wundersamen Süßwasser zurück, wie mir scheint, jetzt bloß keine Experimente. Auch die großen Meeräschen halten es so, die hin und wieder von draußen vom Meerwasser kurz ins Süßwasserbecken zur Quelle schwimmen, um sich hier ein bisschen zu amüsieren. Ein Wunder ist irgendwie auch das – oder ist jedem klar, dass ein Salzwasserfisch auch im Süßwasser anstandslos an seine Luft rankommt? Und Salzwasser-Kiemen auch im Süßwasser tadellos funktionieren, Hybrid-Kiemen sozusagen, die nicht von Zucker verklebt den Geist aufgeben.

Ihre Süßwasserquelle muss schon den Griechen aus Korinth, die beschlossen, hier ihre Stadt zu gründen und die, die vorher da waren, wegzuekeln, irgendwie als Wunder vorgekommen sein. Und um das zu erklären, woben Findige aus all den Mirakeln rund um die Quelle am Meer die folgende Geschichte: 

Alpheios, ein Jäger verliebte sich unsterblich in die schöne Aretusa. Er wollte. Sie aber nicht. Sie floh den Unerwünschten. Und verwandelte  sich in eine Quelle. Und wanderte unterirdisch, von Nebeln umhüllt, von Griechenland hierher auf die Insel der Griechen.

Wer nun denkt, dass damit die Geschichte zu Ende wäre, der irrt. Alpheios weinte. Er weinte über die Verlorene so sehr, das er sich in einen Fluss verwandelte, der nach langem Irren und Suchen übers Meer endlich auch die Ortygia erreichte. Und sich dort als Fluss endlich, endlich mit Aretusa, der Quelle, vereinigte.

Womit dann dem unwiederstehlichen Zauber der Aretusa-Quelle in der Abenddämmerung noch ein weiterer Zauber hinzugefügt wurde.

Sizilien. Im Hafen von Siracusa. Die Geschichte von Aretusa und Alpheios.


Ob heute noch jemand sein Kind Aretusa nennen würde? Das ist wohl nur was für Unverbesserliche. Und das weniger, weil der Name nicht schön klänge oder nicht auf -a enden würde, wie das die „Top-Ten-2017“ unter den weiblichen Vornamen sämtlich tun. Derzeit vorne liegen Lea, Lina, Lena, Lara, Lana (Quelle: hier!) – um den Namen „Aretusa“ kommen also die meisten Namenssucher glücklich herum.

Um Siracusa aber kommt der Segler nicht herum: Hinter der Insel Ortygia liegt – vom Meer geschützt – die große Hafenbucht, ein Ort, an dem man in Ruhe liegt und einen einzigartigen Blick auf die Front der Palazzi hat, die sich Wohlhabende in der Gründerzeit auf der „sunny side“ der Insel Ortygia errichteten.

Die Bucht ist weit. Doch wenn ab Nachmittag der für den Süden Siziliens typische Südwest die Bucht erreicht, liegt man auf Reede und vor Anker tatsächlich ruhiger als an den auflandigenTransit-Schwimmstegen der eigentlichen Marina von Siracusa.

Aber auch aus anderen Gründen kommt man um Siracusa nicht herum. Die Stadt war immer ein sehenswerter Spot, es gibt Tempel und Theater aus der griechischen Zeit lange vor Christus, und alles ist so beeindruckend wie das in den Fels gemeisselte Ohr des Dionysos, eine frühe Form einer Abhöranlage, mit der der Tyrann den Geheimnissen der von ihm gequälten Gefangenen lauschte. 

Doch von all den Attraktionen Siracusas zieht mich immer wieder die Arethusa-Quelle an, ein paar Schritte von meinem Ankerplatz, man erkennt ihre Einfassung auf dem obersten Fotos ganz rechts neben dem roten Gebäude.


Quellen, auf die man unvermutet trifft, sind ja an sich schon etwas entzückendes. Aber eine Quelle sprudelnden Süßwassers keine drei Schritte vom anbrandenden Meer entfernt: Das grenzt tatsächlich an ein Wunder. Aber wie es mit Siracusas Attraktionen so ist, ist mit der ungewöhnlichen Nähe von süß und salzig die Attraktion noch nicht erschöpfend erklärt. An der Aretusa-Quelle gibts noch mehr zu bewundern: Inmitten des Beckens ein kleiner Wald aus Papyrus, pinseligen Schilfhalmen – einer der wenigen in Europa, wenn nicht der einzige. Vermutlich kam er mit den Phöniziern, diesen Meistern des „Aus-allem-Geld-machen, was-in-der-Natur-uns-umgibt“ auf die Insel, sie trieben sich vor den Griechen in der Gegend herum. Doch keiner weiß, auf welchem phönizischen Händlerschiff vor wievielen zigtausend Jahren die ersten Urahnen-Ableger eines Papyrus-Hälmchens hier eintrafen.


Goldfische schwimmen im Süsswasserbecken – zu gerne würde ich denken, dass es Koi-Karpfen sind, während über dem Papyrus-Wäldchen am Meer die Libellen ab und an über den Beckerand schwirren, um mal kurz im umgebenden Gewirr aus Autolärm, Pizzerien, Gelaterien neben der Quelle andere Optionen für ein erfülltes Leben zu prüfen als das dauernde Sein in wiegenden Schilfhalmen. Sie kehren jedoch schnell wieder zum wundersamen Süßwasser zurück, wie mir scheint, jetzt bloß keine Experimente. Auch die großen Meeräschen halten es so, die hin und wieder von draußen vom Meerwasser kurz ins Süßwasserbecken zur Quelle schwimmen, um sich hier ein bisschen zu amüsieren. Ein Wunder ist irgendwie auch das – oder ist jedem klar, dass ein Salzwasserfisch auch im Süßwasser anstandslos an seine Luft rankommt? Und Salzwasser-Kiemen auch im Süßwasser tadellos funktionieren, Hybrid-Kiemen sozusagen, die nicht von Zucker verklebt den Geist aufgeben.

Ihre Süßwasserquelle muss schon den Griechen aus Korinth, die beschlossen, hier ihre Stadt zu gründen und die, die vorher da waren, wegzuekeln, irgendwie als Wunder vorgekommen sein. Und um das zu erklären, woben Findige aus all den Mirakeln rund um die Quelle am Meer die folgende Geschichte: 

Alpheios, ein Jäger verliebte sich unsterblich in die schöne Aretusa. Er wollte. Sie aber nicht. Sie floh den Unerwünschten. Und verwandelte  sich in eine Quelle. Und wanderte unterirdisch, von Nebeln umhüllt, von Griechenland hierher auf die Insel der Griechen.

Wer nun denkt, dass damit die Geschichte zu Ende wäre, der irrt. Alpheios weinte. Er weinte über die Verlorene so sehr, das er sich in einen Fluss verwandelte, der nach langem Irren und Suchen übers Meer endlich auch die Ortygia erreichte. Und sich dort als Fluss endlich, endlich mit Aretusa, der Quelle, vereinigte.

Womit dann dem unwiederstehlichen Zauber der Aretusa-Quelle in der Abenddämmerung noch ein weiterer Zauber hinzugefügt wurde.

SV Star´s Memory – Bruno Billecocq FRA

JE NE PEUX PAS VIVRE SANS BATEAU

Diese Herz zerreissenden Brief bekam ich am 17.06.2007, in dem Bruno mich von seinem Schiffs Verlust bei den KERGUELEN INSELN im Indischen Ocean informierte.

Bruno hatte im Jahre 2001 auf dem SALON NAUTIQUE PARIS eine PACIFIC PLUS für seine STAR´S MEMORY I erworben, mit der er viele tausend Meilen in den folgenden 7 Jahren, meist Einhand unterwegs gewesen ist. Das Schiff hatte im schweren Sturm im Indic seinen Mast verloren. Bruno hat dann einen neuen Mast gebaut und ist kurz danach in einem weiteren schweren Sturm hierum in Not geraten. Das Schiff musste aufgegeben werden, Bruno konnte gerettet werden. Die Geschichte füllte die Presse, ebenso sein eiserner Wille, möglichst schnell wieder ein neues Schiff zu bauen.

Die STAR´S MEMORY II, ein CROZET Prototyp von 13,60 m in Aluminium wurde im Jahre 2012 zu Wasser gelassen, das Schiff spiegelt die unendliche Erfahrung eines Mannes, der einen Grossteil seiner Lebenszeit am liebsten auf dem Wasser verbringt.

Gestern bekam ich diese Mail:

Dear Peter
Five years ago, I put my new boat in the water. I currently have 40,000 MN with this new boat, up to 35,000MN, the Wind Pilot worked perfectly. During my last trip of 6000MN this summer, I noticed that progressively the Wind Pilot needed much more amplitude to maintain the course, gradually this course was almost impossible to hold as soon as I was moving away from the wind. Can you help?
Cordialement
Bruno

Es war eine Sache von wenigen Minuten, sowie einiger Fotos, um den Grund zu erkennen: die Crossbar hatte ihre Position verändert, weshalb der Leinenzug nicht mehr ausreichend gewesen ist.

Das obige Video ist der Dank für schnelle Hilfe.

Die gefährlichste Wasserstraße der Welt

Der nächste Schlag sollte ganz besonders spannend werden. Zwischen dem walisischen Festland und der Insel Anglesey gibt es eine schmale Meeresstraße – die Menai Strait. Der große Lord Nelson bezeichnete diesen Weg einmal als die gefährlichste Schifffahrtsstraße der Welt. Grund dafür sind die besonderen Tidebedingungen hier, und eine enge Durchfahrt namens „The Swellies“. Klingt irgendwie schon nach Schwell und Ungemach….

Zum einen strömt das Wasser hier bei Flut durch die enge Meeresstraße recht kräftig. Bis zu 8kn Strom sind streckenweise drin. Klar, da sollte man nicht zur falschen Zeit aufkreuzen (im wahrsten Sinne des Wortes). Dazu kommt noch, dass es hier eigentlich 4 Gezeiten pro 12 Stunden gibt. Zunächst läuft die Flut aus der Irischen See aus Süden auf. Sobald sich die Flutwelle jedoch den Weg außen um Anglesey gebahnt hat, läuft sie auf einmal von Norden in die Straße ein! Etwas Ähnliches passiert dann bei ablaufendem Wasser auch noch mal. Stillwasser ist demnach auch nicht genau bei Hochwasser, sondern schon 2 Stunden vorher. Die einzige Zeit zu der The Swellies sicher zu passieren sind. Klar soweit?

Zum Glück haben sich die Zeiten seit Nelson ein wenig geändert. Mit moderner Navigation, Motor, und genauen Tidendaten lässt sich das ganze hoffentlich managen und so suche ich mir einen schönen ruhigen Sommertag für dieses kleine Abenteuer aus. Früh um 6 geht es los. Die Kombination aus den Öffnungszeiten des Tores und des Passagezeitpunktes lassen keine andere Abfahrtszeit zu. Dafür kann ich mich im Eingang zur Menai Strait dann schon nach wenigen Meilen noch einige Stunden vor Anker legen. Die Snowdonian Mountains hinter mir, eine kleine Vogelinsel und einen mächtigen Leuchtturm vor mir. Alle paar Minuten schlägt dessen altertümliches Nebelsignal, eine große Glocke trotz der guten Sicht wie ein Kirchturm. Es ist fast windstill und so sitze ich im Cockpit, genieße die Szenerie und warte bis es weitergeht.

Um Punkt 12 geht es dann Anker auf und entlang der Menai Strait Richtung Süden. Ein leichter Strom schiebt mich schon. Vorbei an kleinen Dörfern und der Universitätsstadt Bangor geht es durch einen typisch britischen Fluß mit Seebrücken und Moorings allerorten auf die mächtige Menai Bridge zu. Gebaut übrigens von demselben Ingenieur wie Caledonian und Göta Kanal. So langsam habe ich das Gefühl der Typ hat halb Großbritannien zusammengezimmert…

Kurz vor der Brücke müsste sich dann zeigen, ob ich zum richtigen Zeitpunkt da bin. Auf einmal kommt der Strom dann mit etwa 2kn wieder von vorne. Ich bin also etwas zu früh. Kein Problem, denn ein leichter Strom von vorne ist hier leichter zu beherrschen als wenn ich zu spät komme und mich nur 30 Minuten späer 6kn von hinten schieben würden. Unglaublich aufregend ist das hier alles… In nur wenigen Metern Abstand geht es an den überspülten Felsen und dem Land vorbei. Nach nur etwa einer halben Meile, an der nächsten Brücke, ist das ganze Spektakel dann auch schon vorüber. So problemlos das Ganze jetzt zum richtigen Zeitpunkt ablief, so unpassierbar muss diese Stelle nur wenige Stunden später sein…


Der weitere Weg durch die Menai Strait verläuft dann ruhig und angenehm. An mir ziehen ein palastartiges Herrenhaus und mehrere Wälder vorbei. Irgendwie erinnert mich die Szenerie ein wenig an die heimische Schlei. Zwar macht sich bei mir kein Heimweh breit, aber ich finde es doch interessant wie ein Seglerherz trotz aller Entdeckerlust in fernen Ländern immer wieder an sein Heimatrevier denkt.

Vor mir liegt nun das kleine Städtchen Caernarfon. Ich habe Glück und komme genau zu Hochwasser an, das Hafentor ist geöffnet. Der Hafenmeister kommt zum Steg, nimmt die Leinen an, und weist mir einen Liegeplatz direkt unter der alten Stadtmauer zu. Super nette Leute hier…
Das hiesige Schloss ist gleich am ersten Nachmittag fällig. Wieder von Edward I zur Kontrolle der Waliser errichtet, ist es für bis heute für die britische Monarchie sehr wichtig: Nach Edwards Sieg über die Waliser werden hier seit jeher die britischen Thronfolger zum Prince of Wales gekrönt. So lernt man jeden Tag was dazu… Im Pub freunde ich mich dann noch mit einigen lokalen Seglern an. Auf das höfliche Touristenlob, was für eine schöne Burg sie hier ja haben, lachen sie nur, und meinen, dass eine walisische viel besser als der englische Klotz wäre. Mal wieder scheinen mir die Waliser unabhängiger und kulturell eigenständig zu sein…

Caernarfon ist wirklich ein nettes kleines Städtchen. Neben alten Steinen gibt es hier auch alles was man so als Segler braucht. Doch nun sollte es richtig dicke kommen. Ich war darauf vorbereitet hier einen Tag abzuwarten um ein kleineres Tief abzuwarten, doch wieder einmal änderte sich die Wettervorhersage um 180°. Ein Tief nach dem nächsten zog über Caernarfon hinweg. Ganze 8 Tage sollte ich am Ende hierbleiben müssen während derer der Wind nie unter 20kn fiel. Keine Chance die Menai Strait gen Westen, voll gegenan, zu verlassen. Und das ganze Mitte August. Zwar hatte ich es im Hafen sicher und angenehm, doch das ganze schlug mir zusehends auf die Stimmung. So langsam sah ich meine weitere Törnplanung, die ohnehin wegen des unberechenbaren Wetters nur sehr grob war, den Bach hinuntergehen. Vielleicht mag es lächerlich klingen, doch während dieser Tage mache ich mir ernsthaft Gedanken, ob ich es vor dem richtigen Herbst/Winter noch wieder nach hause schaffe. Vielleicht verdeutlicht das ein wenig, warum das Segeln in dieser Gegend selbst bei einem Hafentag äußerst anstrengend ist. Zumindest im Kopf.

Trotz allem Gram kann ich das Wetter aber nicht ändern, sitze mit einem Whisky und den Erinnerungen an die kurzen Sommerausbrüche in Schottland unter Deck und horche dem Pfeifen des Windes im Rigg. Hoffentlich ist bald wieder Frühling…

SV Brave Molly – Kim Hafez FRA

LEBENSTRAUM VERNICHTET IN MINUTEN

Bonjour Peter,
I have no use for my Windpilot anymore: my boat burned in August, after some welding job on the deck. I lost everything. The windpilot was still in its box, fortunately not on the boat. I guess I will have to travel on land instead, by foot…
Thank you for your help,
Kim.

Kim Hafez FRA

SV Makaio – Stephanie Seifert AT

AUFKLAREN – AUSRÄUMEN – ABFAHRT VORBEREITEN

Heute waren wir mit dem Auto einkaufen. Alle paar Tage müssen wir einen Grosseinkauf machen, weil die Raubtieren im Wachstum sind und alle Vorräte gleich wieder aufgebraucht sind.

Stephanie Seifert

Auf nach Northern Wales

In Douglas studiere ich mal wieder stundenlang die Wetterkarten. Das mutiert auf dieser Reise immer mehr zur Dauerbeschäftigung. Der Sommer zählt zu den schlechtesten der jüngeren Vergangenheit auf den Britischen Inseln und so muss ich sorgfältig planen, um die richtigen Wetterfenster zwischen all den Tiefs abzupassen. Und da gilt es aufzupassen wie ein Schießhund: Nachdem ich die erste Möglichkeit noch verworfen hatte, weil ich keine Lust auf 20kn von vorne hatte, eröffnet sich mit dem nächsten Wetterbericht gerade mal 6 Stunden später doch noch eine Möglichkeit gegen Mittag zeitnah nach Wales überzusetzen. Innerhalb dieser kurzen Zeit hat sich das Wettergeschehen mal wieder komplett geändert und ich brause los.

Vor mir liegt dann ein super Segeltag mit Sonne und leichter Backstagsbrise. Doch wegen der Verzögerung komme ich nun spät in der Nacht an der Ansterung von Conwy in Nordwales an. Diese fällt trocken und wäre ohnehin vorher nicht zu passieren gewesen, doch nun machen die reißenden Strömungen mit 4kn von der Seite das ganze doch extrem spannend. Als ob der aufkommende Seegang, Dunkelheit und Strömung noch nicht genug wären, liegen kurz vor der Conwy Marina dann auch noch haufenweise Boot an Moorings. Im Gegensatz zu Ankerliegern natürlich unbeleuchtet. Mit dem Strom dazu kommt man sich vor wie ein Geisterfahrer auf der Autobahn, ständig dabei einem Hindernis auszuweichen.

So ist das Segeln hier. Unglaublich anstrengend in mehrfacher Hinsicht. Wetter, Tide und örtliche Gegebenheiten müssen immer zusammenpassen, sonst klappt es nicht. Anders so in der Ostsee oder Deutschen Nordsee: Wenn mal ein Faktor, z.B. das Wetter nicht passt, kann man immer noch dagegen ankämpfen. Genau das ist hier aber oft unmöglich. Alles sollte zusammenpassen. Am Anfang in Schottland habe ich noch manchmal versucht dagegen anzugehen, mittlerweile warte ich lieber. Doch auch die Wartezeiten im Hafen sind psychologisch sehr anstrengend, weiß man durch das sich stetig wechselnde Wetter doch nie, wie lang man hier nun warten muss und wann es unter welchen Bedingungen endlich weitergeht. Stabile 4 Windstärken mal über mehrere Tage hinweg? Vergiss es… Das ist im Kopf auf Dauer leider echt fordernd. So lehrt das Segeln rund um die britischen Inseln nicht nur mit hartem Wetter und Tiden umzugehen, sondern auch Geduld, Vorsicht und Demut.

Heute hatte ja erst das Wetter für den Schlag nach Conwy nicht gepasst, dann die Tide, dann das Tageslicht. Irgendwie hab ich mich aber durchgewurschtelt und bin unglaublich froh, hier angekommen zu sein. Die Conwy Marina ist nämlich der Hammer. 24h Service, kein Trockenfallen und der absolute Oberhammer: Wasserfallduschen in den Duschräumen. Manchmal gehen mir solche künstlichen Full-Service Marinas ja auf den Sack, doch heute ist es genau das Richtige, um ein wenig abzuschalten.

Duschen, Ausschlafen, und dann wie üblich auf zur Ortserkundung. Wales wird auf vielen Reisen Rund um Großbritannien mit meist nur kurzen Boxenstops etwas stiefmütterlich behandelt, Nordwales meistens komplett ausgelassen. Ein großer Fehler wie ich nach meinem Besuch hier finde. Die Landschaft ist etwas bizarr, ruhige Hügel und Felder wechseln sich scheinbar wahllos mit schroffen Felsen ab. Die Menschen dafür sind umso freundlicher, gute Pubs und Kultur gibt es zuhauf. Der größte Nationalpark UK´s, die Snowdonian Mountains, liegen gleich um die Ecke. Und dann wäre ja noch die walisische Sprache…. Die sieht ungefähr so aus, als ob jemand seinen Kopf auf eine Computertastatur gelegt hätte und ihn einmal nach links und nach rechts gerollt hätte. Im Gegensatz zu Schottisch oder Irisch (von einigen wenigen Gegenden mal abgesehen) , sprechen hier aber viele Bewohner diese uralte keltische Sprache noch im Alltag. Aber keine Sorge, Englisch kann für uns Touristen trotzdem noch jeder! Trotzdem habe ich sogar ein wenig das Gefühl, dass die Waliser sich fast etwas mehr unabhängig fühlen als die Schotten, die damit ja tagtäglich kokettieren…

Ich wandere ein wenig durch die Gegend bevor ich das Örtchen Conwy erkunde. Der ganzen Ort liegt noch innerhalb seiner mittelalterlichen Stadtmauer auf der man einmal außen rum laufen kann. Das sorgt natürlich für ein Mittelalter-Flair wie es Disneyland nicht besser reproduzieren könnte. Auch das örtliche Castle schaue ich mir an. Gebaut wurde der Schuppen übrigens nicht von den Walisern, sondern vom Englischen König Edward I. Übrigens der selbe Kollege, der wegen seiner freundlichen Art in Schottland als „Hammer der Schotten“ bekannt geworden ist. Er war nämlich der erste, der die englische Herrschafft auf ganz Großbritannien ausgedehnt hat. Und ist auch heute noch in den alten Königreichen entsprechend beliebt. Einmal mehr merke ich, wie falsch es ist dieses Land „England“ oder diese Reise als „Rund England“ zu nennen… Und so beende ich meinen Stadtrundgang dann aber mit einer kulturellen Gemeinsamkeit aller Länder Großbritanniens: Eine schön fettige Portion Fish and Chips vom Takeaway am Hafen. So, und  tatsächlich nicht im Pub, essen  nämlich alle Briten diesen Klassiker am Liebsten.

Überfahrt II: Von Italien nach Sizilien. Vom Stiefel nach Syrakus.

Es dämmert draußen. Im Aufwachen sehe ich, wie die Dunkelheit draußen in milchiges Grau übergeht. LEVJE wiegt sich sanft in irgendeiner Welle. Ich halte die Uhr vor meine Augen. Viertel nach fünf. Das Boot eines Fischers, das knapp hinter LEVJE aus dem Hafen hinaus aufs Meer tuckert. 

Es war spät geworden gestern, kurz nach elf, bis ich eine der wenigen Marinas an der Sohle des italienischen Stiefels erreicht hatte, Roccella Ionica. Ich war im Dunkel bis vor die Hafeneinfahrt gefahren. Hatte langsam drei Kreise gedreht. Und dann meinen Anker fallen lassen. Motor aus. Stille. Noch ein Bier. Dann ab ins Bett.

Jetzt im Grau des Morgens kann ich mehr erkennen, wo ich bin. Ich hatte meinen Anker genau vor dem langen Strand neben dem Hafen fallen lassen. Rechts der Hafen, mit den noch schlafenden Masten. Hinter mir die Mole, hinter der jetzt gerade die Sonne aufgeht. Links das offene Meer. Zeit aufzubrechen. Nach Sizilien.

Zwei Stunden später. Es ist windstill. Wir laufen unter Motor die Küste Kalabriens entlang. Es ist eine einsame Küste, ewig langer unentdeckter Sandstrand, kein Tourismus. Auch ein Platz, um tagelang aufs Wasser zu schauen. Und Frieden zu finden.

Gegen Mittag macht die Küste am Kap Spartivento einen Bogen von Südwesten nach Westen. Ich habe fast die Stiefelspitze erreicht, folge nun nicht weiter der Küste, sondern gehe hinaus in die Weite, ziele auf den weitest entfernten Ort auf Sizilien, nach Siracusa im Südosten der Insel, um nur ja eine lange, lange Überfahrt zu haben. Allein auf dem Meer. Für 170 Kilometer.



Wie lange braucht eigentlich eine Küste, bis sie hinter uns zu Schemen verblasst? Eine halbe Stunde? Eine? Zwei? Nein. Es dauert dreieinhalb Stunden, bis Kalabrien hinter mir verschwunden ist. Und ich fast nur noch von Wasser umgeben bin. Fast. Denn irgendwo weit rechts, hoch in den Wolken, ragt ein schwarzer Zipfel aus den Wolkenspitzen heraus. Der Gipfel des Ätna, der an dieser Stelle von Null auf über 3.000 Meter ansteigt und fast ein Zehntel der Fläche Siziliens für sich beansprucht.

Ich lasse ihn einfach rechts liegen. Und steuere hinaus in die Weite, wo ich nichts anderes mehr finde als unermessliche Weite und Geborgenheit in diesem fremden Element. Sie kann einen süchtig machen machen, diese Weite. Und die Geborgenheit dazu. Es ist fast windstill, keine fünf Knoten Wind von vorn. Das Glitzern auf dem Wasser., als wäre es ein Abbild des Sternhimmels. Das Rauschen links und rechts von LEVJE, die mit monotonem Brummen einfach immer weiter ins Nichts steuert. Ich bin noch nicht weit weg vom Land. Und doch habe ich das Gefühl, in die Weite eines fremden, unerforschten Kontinents hineinzusteuern, in dem die Regeln andere sind. So ganz andere als am Land.

Für einen Moment denke ich an München, die Stadt, in deren Nähe ich immer lebte. An die Lindwurmstraße, an den drängenden Verkehr, an das „Tu dies. Erledige das“, das über allem liegt. Von meinem Cutter, von Felix, der den Schnitt meines ANTALYA-Films besorgte, lernte ich das Wort „pushy“. „Ich war so pushy drauf“, sagte Felix einmal. Ob er mir recht geben würde, dass es die Stadt an sich ist, die „pushy“ drauf ist? 

Ich sehe in der Seekarte nach. Das Meer ist an dieser Stelle 2.000 Meter tief. Weite also nicht nur nach links und rechts, so weit mein Auge reicht. Sondern auch nach unten. Jetzt, wo ich draußen bin, erscheint mir das Meer so unermesslich weit, dass mir selbst dies Europa von meinem augenblicklichen Standpunkt aus klein und winzig vorkommt, samt aller seiner Pracht und seinen Sorgen.

Vielleicht ist es das, was die Geborgenheit ausmacht. Nichts mehr, was bedrängt in diesem Augenblick. Nichts was drängelt. Nichts, was sagt: „Tu dies. Tu das.“ Das Meer ist einfach da, nur für sich und gänzlich desinteressiert an mir, wie es immer ist. Es nimmt keine Kenntnis von mir. Ist einfach nur unendlich weit. Und weil es so weit ist und ich in dieser Weite nur eines erkenne: Wie klein ich eigentlich bin; drum habe ich genau hier, mitten im Nichts, meinen Ort und Halt gefunden.

Es ist später Nachmittag, halb fünf. Eben habe ich auf die Tankuhr geschaut, beiläufig, und festgestellt, dass der Diesel im Tank zur Neige geht. Tankuhren sind tückisch. Sie brauchen lang, bis der Zeiger von voll auf ein halb zurück geht. Das war Vorgestern. Also dachte ich, alles ok. Und nun steht der Zeiger plötzlich auf „ein Achtel.“ Noch sechs Stunden übers offene Meer bis Siracusa.
Ich nehme meine Logbuch zur Hand und rechne nach. Eigentlich müssten ja noch dreißig Liter im Tank sein. Aber so genau weiß man das nicht. Weil ich es jetzt aber genau wissen muss, will ich nicht plötzlich mit stotterndem Motor in der Weite der Straße von Messina liegenbleiben, hole ich mir Werkzeug. Und gehe nach Achtern in meine Kammer, die sich über die Breite des Schiffes zieht. Unter meinem Bett ist neben dem 170 Liter Wassertank auch der 210-Liter Dieseltank. Ich nehme den Schraubenschlüssel, drehe in Windeseile die sieben Muttern der tortengroßen Insepktionsluke auf, und leuchte mit der Taschenlamp nach unten, ins Dunkel des Tanks. Tatsächlich. Da schwappen nur noch 3-5 Liter. Und keine dreißig. Das reicht noch für zwei, drei Stunden. Nicht mehr.

Ich denke nach. Es wäre nict schlimm, wenn der Motor ausgeht. Ein leises Lüftchen weht, fünf Knoten. Ich bräuchte 30 Stunden für die 50 Seemeilen bis Siracusa. Eigentlich kein Problem. Doch dann fällt mir ein, dass ich irgendwo noch einen 15-Liter-Kannister stehen habe. Tatsächlich. Er reicht für 10 Stunden. Ich hole das schwere Teil aus der Backskiste, hangle es nach oben, balanciere hinten auf den Treppenstufen von LEVJE herum, das Boot unvermindert weiterläuft., und fülle Diesel in die schmale Tanköffnung. Alles wieder gut.

Es ist die Weite, die mich glücklich macht. Diese unendliche Weite, die mich doch eigentlich ängstigen müsste, weil ich allein bin hier draußen und im Umkreis von 100, 150 Kilometern gerade niemand ist, der mir helfen könnte.

Vor wenigen Tagen starb Gudrun Calligaro, die in den Achziger Jahren mit 45 auf einem neun-Meter Boot die Erde umrundete. Und dabei nur sieben Mal das Bedürfnis hatte, an Land anzulegen. Sie war die erste, die in ihrem Buch EIN TRAUM WIRD WAHR über die Schönheit der Weite berichtete.

Es ist 18 Uhr. 12 Stunden nach meinem Aufbruch taucht vor mir das Land auf im Dunst. Noch dreieinhalb Stunden, dann bin ich da. Nein, es sind die Überfahrten wie diese und die vorangegangene über den Golf von Tarent, die den ungeheuren Reiz ausmachen.

Übers Meer: Von Italien nach Sizilien. Von der Stiefelspitze nach Syrakus.

Es dämmert draußen. Im Aufwachen sehe ich, wie die Dunkelheit draußen in milchiges Grau übergeht. LEVJE wiegt sich sanft in irgendeiner Welle. Ich halte die Uhr vor meine Augen. Viertel nach fünf. Ich höre in der Stille das Boot eines Fischers, das knapp hinter LEVJE aus dem Hafen hinaus aufs Meer tuckert. 

Es war spät geworden gestern, kurz nach elf, bis ich eine der wenigen Marinas an der Sohle des italienischen Stiefels erreicht hatte, Roccella Ionica. Ich war im Dunkel bis vor die Hafeneinfahrt gefahren. Hatte langsam drei Kreise gedreht. Und dann meinen Anker fallen lassen. Motor aus. Stille. Noch ein Bier. Dann ab ins Bett.

Jetzt im Grau des Morgens kann ich mehr erkennen, wo heute Nacht mein Zuhause war. Ich hatte meinen Anker genau vor dem langen Strand neben dem Hafen fallen lassen. Rechts der Hafen, mit den noch schlafenden Masten. Hinter mir die Mole aus Zementpylonen, hinter der jetzt gerade die Sonne aufgeht. Links das offene Meer. Zeit aufzubrechen. Nach Sizilien.

Zwei Stunden später. Es ist windstill. Wir laufen unter Motor die Küste Kalabriens entlang. Es ist eine einsame Küste, ewig langer unentdeckter Sandstrand, kein Tourismus. Auch ein Platz, um tagelang aufs Wasser zu schauen. Das Leben an sich vorbeiziehen zu lassen. Frieden zu finden.

Gegen Mittag macht die Küste am Kap Spartivento einen Bogen von Südwesten nach Westen. Auf der italienischen Landkarte ist das der Knick in der Sohle, wo der Ballen beginnt. Ich habe fast die Stiefelspitze erreicht, doch ich folge nun nicht weiter der Küste, sondern gehe hinaus in die Weite, ziele auf den weitest entfernten Ort auf Sizilien, nach Siracusa im Südosten der Insel, um nur ja eine lange, lange Überfahrt zu haben. Allein auf dem Meer. Für 140 Kilometer.



Wie lange braucht eigentlich eine Küste, bis sie hinter uns zu Schemen verblasst? Eine halbe Stunde? Eine? Zwei? Nein. Es dauert dreieinhalb Stunden, bis Kalabrien irgendwo im Dunst und hinter der Krümmung des Wassers verschwunden ist. Und ich fast nur noch von Wasser umgeben bin. Fast. Denn irgendwo weit rechts, hoch in den Wolken, ragt unwirklich ein schwarzer Zipfel aus den Wolkenspitzen heraus. Der Gipfel des Ätna, der an dieser Stelle von Null auf über 3.000 Meter ansteigt und fast ein Zehntel der Fläche Siziliens für sich beansprucht.

Ich lasse ihn einfach rechts liegen. Und steuere hinaus, wo ich nichts anderes mehr finde als unermessliche Weite und Geborgenheit in diesem fremden Element. Sie kann einen süchtig machen, diese Weite. Und die Geborgenheit dazu. Es ist fast windstill, keine fünf Knoten Wind von vorn. Das Glitzern auf dem Wasser., als wäre es ein Abbild des Sternhimmels. Das Rauschen links und rechts von LEVJE, die mit monotonem Brummen einfach immer weiter ins Nichts steuert. Ich bin noch nicht weit weg vom Land. Und doch habe ich das Gefühl, in die Weite eines fremden, unerforschten Kontinents hineinzusteuern, in dem die Regeln andere sind. So ganz andere als am Land.

Für einen Moment denke ich an München, die Stadt, in deren Nähe ich immer lebte. An die Lindwurmstraße, an den drängenden Verkehr, an jenes „Tu dies. Erledige das“, das über allem liegt. Von meinem Cutter, von Felix, der den Schnitt meines MÜNCHEN-ANTALYA-Films besorgte, lernte ich das Wort „pushy“. „Ich war so pushy drauf“, sagte Felix einmal. Ob er mir recht geben würde, dass es die Stadt an sich ist, die „pushy“ drauf ist? 

Ich sehe in der Seekarte nach. Das Meer ist an dieser Stelle 2.000 Meter tief. Weite also nicht nur nach links und rechts, so weit mein Auge reicht. Sondern auch nach unten. Jetzt, wo ich draußen bin, erscheint mir das Meer so unfassbar weit, dass mir München, ja selbst dies Europa von meinem augenblicklichen Standpunkt aus winzig vorkommt, samt all seiner Pracht, seinem Gedrängel, seinen Sorgen.

Bist Du nie einsam auf dem Meer, wenn Du so allein unterwegs bist, werde ich oft gefragt? Nein. Einsam ist das unfreiwillige Los, alleinzusein wider Willen. Es nicht ändern zu können, obwohl man es gerne möchte. Ich? Bin gerne allein. War es immer. Und weiß doch, dass ich die Menschen mehr brauche als jeder andere. Und in Gedanken reist meine Frau immer mit.

Vielleicht ist es das, was die Geborgenheit im Alleinsein ausmacht. Nichts mehr, was bedrängt in diesem Augenblick. Nichts was drängelt. Nichts, was in einem solchen Moment sagt: „Tu dies. Tu das.“ Das Meer ist in diesem Augenblick einfach da, nur für sich und überhaupt gänzlich desinteressiert an mir, wie es immer ist. Ich bin nicht Kunde. Ich bin nicht Objekt irgendeines Marketings. Das Meer nimmt keine Kenntnis von mir. Ist einfach nur unendlich weit. Und weil es so weit ist und ich in dieser Weite nur eines erkenne: Wie klein ich eigentlich bin; drum habe ich genau hier, mitten im Nichts, meinen Ort und Halt gefunden, in diesem Augenblick. 

Das große Ganze um mich herum: Es kann auch anders. Es kann rauh sein und unwirtlich und abweisend. Und so, dass man bei 30 Knoten immer wieder den Kopf einzieht und auf sein Rigg schaut, so wie bei meiner Überfahrt über den Golf von Tarent vor einigen Tagen. Doch jetzt: Alles ruhig. Alles still. Platz zum Atmen.

Es ist später Nachmittag, halb fünf. Eben habe ich auf die Tankuhr geschaut, beiläufig, und festgestellt, dass der Diesel im Tank zur Neige geht. Tankuhren sind tückisch – vor allem, wenn man sie noch nicht so gut kennt. Sie brauchen lang, bis der Zeiger von „Voll“ auf „Halb“ zurückgeht. Das war Vorgestern. Also dachte ich, alles ok. Und nun steht der Zeiger plötzlich auf „ein Achtel.“ Oder ist es nur noch „ein Zehntel“? Noch sechs Stunden übers offene Meer bis Siracusa.

Ich nehme meine Logbuch zur Hand, in dem ich jede Tankfüllung, jede Motorstunde am Ende eines Segeltages eingetragen habe und rechne nach. Eigentlich müssten ja noch dreißig Liter im Tank sein. Aber so genau weiß man das nie. Mehrverbrauch. Meine tagelangen Filter-Arien, um die Diesel-Bakterien und Dieselpest aus meinem Tank zu bekommen. Weil ich es jetzt aber genau wissen muss, will ich nicht plötzlich mit stotterndem Motor in der Weite der Straße von Messina liegenbleiben, hole ich mir Werkzeug. Und gehe nach Achtern in meine Kammer, die sich über die Breite des Schiffes zieht. Unter meinem Bett ist neben dem 170 Liter Wassertank auch der 210-Liter Dieseltank. Ich nehme den Schraubenschlüssel, drehe in Windeseile die sieben Muttern der tortengroßen Insepktionsluke auf, und leuchte mit der Taschenlamp nach unten, ins grünliche Dunkel des Tanks. Tatsächlich. Da schwappen nur noch etwas mehr als drei Liter. Und keine dreißig. Das reicht noch für zwei, drei Stunden. Nicht mehr.

Tankstelle gibt es auf dem offenen Meer keine. Ich denke nach. Es wäre nicht schlimm, wenn der Motor stehenbliebe. Ein leises Lüftchen weht, fünf Knoten. Ich bräuchte 30 Stunden, um irgendwie die restlichen 50 Seemeilen nach Siracusa zu driften. Eigentlich kein Problem. Doch dann fällt mir ein, dass ich irgendwo noch einen 15-Liter-Kanister stehen habe. Tatsächlich. Das sollte reichen, für 10 Stunden. Ich hole das schwere Teil aus der Backskiste, hangle es nach oben, balanciere hinten auf den Treppenstufen von LEVJE herum, während das Boot unvermindert weiterläuft, und fülle Diesel in die schmale Tanköffnung. Alles wieder gut.

Es ist die Weite, die mich glücklich macht. Diese unendliche Weite, die mich doch eigentlich ängstigen müsste, weil ich allein bin hier draußen und im Umkreis von 100, 150 Kilometern gerade niemand ist, der mir helfen könnte. 

Vor wenigen Tagen starb Gudrun Calligaro, die in den Achziger Jahren mit 45 auf einem neun-Meter Boot die Erde umrundete. Und dabei nur sieben Mal das Bedürfnis hatte, einen Hafen aufzusuchen. Sie war die erste Deutsche, die die Welt einhand umrundete. Sie war nicht auf der Jagd nach Rekorden oder Unsterblichkeit. Sie suchte die Weite. Und sie war die erste, die in ihrem Buch EIN TRAUM WIRD WAHR über die Schönheit und das wundersame Geborgensein in ihr berichtete.

Es ist 18 Uhr. 12 Stunden nach meinem Aufbruch taucht vor mir das Land auf im Dunst. Noch vier Stunden, dann bin ich da. Nein, es sind Überfahrten auf meinem Schiff wie diese und die vorangegangene über den Golf von Tarent, die den ungeheuren Reiz ausmachen. Bin ich in München, fehlt es mir selten. Lebe ich es hier: Könnte ich mir mein Leben nicht ohne vorstellen.

Da war doch noch was

Oh, ja, da war doch noch was! Diese Website, die ich in den letzten Wochen fast vergessen hätte.

Uns war nicht langweilig, es gab viel zu tun. Auch wenn einige dachten, ich wäre auf Heimaturlaub, es sah bis auf wenige Tage anders aus. Drei größere TÜV Projekte standen an. Der Trailer von Camino, dem ich neue Elektrik und eine Rahmensanierung inkl. aufwändigem Farbaufbau verpasst habe. Dann noch unser Transportanhänger und das Auto meines Vaters. Ansonsten diverse Teile für Nomade anfertigen und beschaffen. Unser Auto musste ebenfalls repariert werden und mit Eos hatte ich auch noch einmal viel zu tun.
Unser erster gemeinsamer Sommerurlaub mit Filou ist am Ende auf zwei Tage Testpilgern zusammengeschrumpft. Diese zwei Tage waren wir auf dem Jakobsweg unterwegs, inklusive zelten. Mehr war einfach nicht drin, denn auch Sabrina hat ihre freien Tage genutzt, um an ungezählten Nomade-Projekten zu arbeiten. Lesen, recherchieren, nähen, Material organisieren…

Und Filou? Der hatte einen Rückfall. Magen-Darm-Erkrankung. Tierarzt, diverse Laboruntersuchungen, zwei Wochen Schonkost und ein Gewicht wie er es zuletzt in Griechenland hatte.
Jetzt geht es seit einigen Tagen wieder bergauf! Er frisst so gut wie noch nie zuvor, nimmt wieder zu und ist super gut gelaunt.

Und Nomade?
Leinen fest, alles Ok. Jeden Tag ein virtueller Rundgang mit den IP Kameras und bisher keine Zwischenfälle. Hoffentlich bleibt es so.

In wenigen Tagen sitze ich wieder im Flieger. Oder besser gesagt in drei verschiedenen! Anders komme ich nicht sinnvoll auf die Insel im Mittelmeer.

Mehrere Pakete mit diversen Ersatzteilen sind auch schon unterwegs an ein paar nette Leute, die sie für mich auf Kefalonia annehmen werden.

Ihr merkt, ich bin kurz angebunden. Es gibt noch einiges zu tun und an Bord erwarten mich in erster Linie viele Reparaturprojekte. Ob dieses Jahr noch viel gesegelt wird, steht in den Sternen. Ohnehin haben sich in Sachen Routenplanung ein paar Änderungen ergeben. Lasst euch überraschen.

Für Kreativarbeit war leider keine Zeit. Der zweite Film liegt nach wie vor halb geschnitten auf der Festplatte herum…

SV Mawal – Alan Leahy IE

FROM IRELAND TO ICELAND AND BACK VIA FASTNET ROCK

Hi Peter
I am delighted with our Windpilot Pacific on our Rival 34, we are just back from a return trip from Ireland to Iceland
Alan Leahy from Cork in Ireland