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Einhand um Sizilien, Teil VII: Durch die Straße von Messina. Windhosen.Böen. Und die Spur des Odysseus.

In lockerer Reihenfolge erzähle ich in dieser Artikelserie meine Reise 
um Sizilien auf meiner 31-Fuß-Yacht LEVJE im Sommer 2016. 

Alle Artikel dieser Reihe finden Sie auf click HIER.

Bei der Einfahrt in die Straße von Messina vergangene Woche: Zwei Windhosen. Die weiße links befindet sich gerade in Auflösung, während der kleine bleigraue Schlauch weiter rechts gerade dabei ist, sich auszubilden. Selbst wenn alles weit entfernt ist, wird der Segler auf seinem kleinen Gefährt doch ehrfürchtig.

Das Nachdenken über Homer, über Odysseus und seine wundersame Odyssee und deren genaue Route: Es gehört zum Segeln im Mittelmeer. Unzählige Autoren haben über das Thema geschrieben. Von Göran Schildt’s „Im Kielwasser des Odysseus“ bis „Terra X“, Folge 27 und YOUTUBE: Odysseus und seine Reiseroute bewegen die Gemüter. Bis heute.

Die Felsen vor dem sizilischen Aci Trezza. Und warum sie wegen Odysseus hier liegen…

An kaum einem anderen Abschnitt des Mittelmeeres, nicht in der Ägäis, nicht im türkischen Kleinasien, schon gar nicht im heutigen Ithaka, dessen felsigen Boden die Schliemanns und Dörpfelds vergebens durchgruben, stößt man auf derart viele Hinweise auf Odysseus und die Beschreibung seiner Reise wie im Gebiet zwischen Süditalien und der Ostküste Siziliens.  „Odysseo“ hier. „Ulysse“ da.

Das hat mit zweierlei zu tun. Erstens damit, dass in diesem geografischen Gebiet zwischen der Schuhsohle des italienischen Stiefels und der Küste unterm Ätna sehr viele Orte sich und ihre Geschichte mit Odysseus in Verbindung bringen. Nehmen wir mal das unschuldige Dörfchen Aci Trezza. Das liegt genau zwischen Taormina und Catania unterhalb des Ätna an einem Küstenstrich,  der dank Goethe zu den Keimzellen und Brutstätten des modernen Tourismus gehört. Dort erzählt man sich und jedem Fremden, der es hören mag, die Geschichte, dass die merkwürdigen Basaltformationen, die den Hafen von Aci Trezza heute so malerisch einrahmen, von Polyphem selbst stammen. Der einäugige Riese hätte sie, berauscht, seines einzigen Auges beraubt und von Odysseus wie ein ‚Looser‘ aufs Kreuz gelegt, wütend dem Flüchtenden ins Meer hinaus nachgeschleudert – wo sie noch heute stehen.

Eine schöne Geschichte. Sie ist natürlich nicht wahr, aber doch bewundernswert gut erfunden. Vermutlich stammt sie von einem hochbegabten Dorfschullehrer, der Anfang des 19. Jahrhunderts im Dorf seine Lümmel endlich mal für lokale Geologie interessieren wollte. Was bei den Lümmeln in der Schule funktioniert, funktioniert erst recht beim Touristen. Und so hielt sich die Geschichte vom geblendeten Polyphem und seinen Steinen in der Welt bis heute. Und ziert jeden Sizilien-Reiseführer. Menschen wollen Emotionen. Sonst funktioniert ihr Hirn schlecht, sagt Hansgeorg Häusl, Gehirnforscher und Marketing-Messias.

Aber auch neue Geschichten kommen hinzu. So benamst das schöne Roccella Ionica, das eigentlich dank Italiens größtem Jazz Festival und einer wunderschönen Küste mit Bergen umwerfender ‚Antipasti di Pesce‘ über mangelnden Touristenzuspruch nicht zu klagen braucht, seine Marina „Porto di Ulisse“ – Hafen des Odysseus. Einen Hafen gabs hier, bevor neuzeitliche Investoren im Bund mit Marketing-Genies ihn gebaren, nie.

Es gibt – zweitens – neben diesen gelungenen Kreationen aus alten und neuen Marketing-Lab’s aber Orte, an denen sich echte Bezüge herstellen lassen, zu Odysseus.

Nehmen wir mal die Geschichte von Scylla und Carybdis. Scylla, ein widerwärtiges Meerungeheuer, das von einem Felsen am Festland heraus die geifertriefenden Zähne seiner sechs Köpfe in die Leiber der vorbeifahrenden Matrosen schlägt. Und sie frisst. Und gegenüber Charybdis. Der Strudel, der drei Mal am Tag Meerwasser einsaugt und gurgelnd wieder ausspeit und dadurch Mannschaften und Schiffe in Bedrängnis bringt.

Natürlich ist das erstunken und erlogen. Aber eben nicht wirklich schlecht erfunden. Deshalb weil:

Auf Lipari hatten wir herrliche Tage verbracht – siehe die letzten Posts über Vulkane und heiße Quellen. Vor allem hatte ich auf guten Wind gewartet, der sich in Gestalt eines Nordwest 5-6 zeigte und schnelle Fahrt zur 35 Seemeilen östlich gelegenen Einfahrt in die Straße von Messina verhieß. Der Wind kam pünktlich Nachmittags um zwei und trieb uns der Meerenge entgegen. Bis sich – wie schon an der vorherigen Tagen auch – Windhosen genau voraus an der Einfahrt in die Straße von Messina zeigten, wie im ersten Foto sichtbar. Auch wenn ich annahm, dass die Windhosen mit dem Nordwest mit und damit von uns weg zogen, sind sie immer noch ein beeindruckendes Wetterphänomen, auf dem man besser unablässig seine wachsames Auge ruhen lässt statt es einfach auf die leichte Schulter zu nehmen.

Nicht auszudenken, wenn man da hinein segelte in einen der beiden Schläuche, die wie die Schlünde eines Ungeheuers vom Himmel aufs Meer herunter ragen. Und die Mannschaft vom Deck eines Schiffes fressen…

Charybdis, der große Strudel. Noch Rod Heikell zitiert in seinem KÜSTENHANDBUCH ITALIEN  für die Straße von Messina das ihm vorliegende  KÜSTENHANDBUCH DER BRITISCHEN ADMIRALITÄT: „Die aus der Antike bekannten Strömungen und Strudel sind dergestalt, dass eine gewisse Vorsicht beim Befahren der Straße von Messina notwendig ist, außerdem sind Schiffe auf beiden Seiten der Straße in der Nähe des Hochlandes heftigen Böen ausgesetzt, die durch die Täler auf die Wasserstraße mit solcher Stärke einfallen, dass ein kleineres Schiff schon mal in Bedrängnis kommt.“

Natürlich laufen vor allem an der Engstelle starke Strömungen, sie sind eher die Ausnahme. Die Versetzung durch Strom stellt man aber immer noch fest, wenn man die Engen passiert. Genauso wie die merkwürdigen „Zipfelmützen“ auf dem Wasser, die ich beim ersten Befahren der Meerenge 2004 bemerkt hatte: Wirbel und auffällige Strömungsmuster, die meine damalige Crew faszinierten. Rod Heikell: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Straße von Messina in der Antike viel gefährlicher war“ –  bis 1783 ein Erdbeben die Topografie des Meeresbodens veränderte. Und dem Strudel, der sich vor der Ortschaft Scilla befand, den Graus machte. Heikell zitiert den Bericht eines britischen Admirals von 1824: „‚Ich habe mehrere Kriegsschiffe gesehen, darunter eines mit 74 Kanonen, die herumgewirbelt wurden, als sie in die Strudel gerieten.“

In der Dunkelheit gegen 22 Uhr kamen wir in Messina an und blieben die Nacht über dort. Die Weiterfahrt am nächsten Tag hatte es in sich. Gegen Mittag in Messina erst Windstille. Dann eine Böenwalze von steuerbord achtern von den sizilischen Hängen herunter, die LEVJE wechselweise flach aufs Wasser legte. Und dann ungebremst in den Wind schießen ließ. So ging es das ganze Stück nach Süden von Messina bis hinaus aus der Straße. Wo nach drei Stunden der Spuk ganz plötzlich vorbei war, als hätte jemand den Schalter des Ventilators ausgeknipst. Und den Rest des Tages nur noch endlose Motorenstunden uns nach Taormina brachten.

Was, wenn die Geschichten von Odysseus wahr wären?
Wenn sich in den Erzählungen einfach die Geschichten der Seeleute vor 3.000 Jahren wiederfinden, die sie sich in den Kneipen erzählten? In die sie ihre Erfahrungen mit regionalen Wetteranomalien verpackten? Und an andere Seereisende weitergaben?

Nehmen wir mal die Geschichte vom Windsack des Odysseus. Sie erinnern sich, ja? Odysseus hatte ja sein Fernbleiben vom häuslichen Herd, sein jahrzehntelange Herumtreiberei im Mittelmeer – öffentlich, wohl in Richtung seiner Frau? – so begründet:

Der Windgott Aiolos habe ihm einen Lederbeutel unbekannten Inhalts geschenkt, der keinesfalls vor Ankunft in Ithaka geöffnet werden sollte.
Zwei gierige Matrosen an Bord des Schiffes konnten sich aber nicht beherrschen. Und öffneten den Sack, als Ithaka in Sichtweite war.
Wie durch Zauber entsprangen dem Sack kreuz und quer durcheinander fahrende Böen und Winde, die Odysseus‘ Boot von der ersehnten Küste und seiner geliebten Penelope weg hinaus aufs Meer trieben. Wo er dann für weitere zehn Jahre herumirren musste. Wir wissen: Es war nicht immer nur zu seinem Leidwesen.

Was an der Geschichte richtig ist, sind die stets wechselnden Winde in und östlich der Straße von Messina. Wer jemals den gleichnamigen Golf bei dem Örtchen Squilace durchsegelte, der weiß, wovon die Rede ist. Wechselnde Winde. Winde von hier nach da. Eben ein Nichts. Dann ein grimmiges Hui. Ein Fauchen. Oder wie italienische Segler heute sagen:

„Il Golfo di Squillace
al Marinaio non da pace!“

Der Golf von Squillace – er lässt dem Seemann keine Ruh‘. Nein Homer, Odysseus: Sie haben recht. Die Orte zu identifizieren, an denen Odysseus unterwegs war, wird weiterhin Generationen unterhalten. Und nur gelegentlich gelingen. Aber in seine Lügen-Geschichten von Lotosesssern und einäugigen Riesen und schönen Frauen und bösen Männern sind eine Art 3.000 Jahre alter NAVTEX-Mitteilungen eingeflossen. Regionale Warnungen vor Wind. Und Wetter. Und Wellen. Geschichten, Erfahrungen von Seeleuten, die vor drei Jahrtausenden die Orte, die Meere befuhren und das erzählten. Sie hatten erlebt, was wir heute noch erleben.

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Karibikcharter im Juli – 3. Case Pilote bis Saint Pierre

Am nächsten Morgen passiert trotz Zusage der Charterbasis erst einmal nichts. Bis 0930h taucht kein Mechaniker auf, auch wenn er angeblich spätestens um 0800h bei uns sein sollte auf. Also gehen wir zur nahegelegenen Bäckerei und wachen erst einmal richtig auf. Mit den geschlossenen Luken war es doch sehr warm im Boot. Mich treibt es jedoch schnell zurück zum Boot und dort sehe ich den Mechaniker s gerade in sein Auto steigen und halte ihn an. Er spricht ebenfalls nur französisch und teilt mir mit das doch alles in Ordnung wäre? Er hätte den Motor gestartet und die Schraube würde doch in beide Richtungen drehen? Ich erkläre ihm noch einmal den Sachverhalt. Er kommt wieder an Bord und schaut sich nun das Getriebe genauer an. Immer mehr Werkzeug kommt an Bord, Stunde um Stunde vergeht. Später holt er noch Spezialwerkzeug von Volvo und zeigt mir dann irgendwann das demontierte Innenleben des Getriebes samt Kegelrädern und Schaltmechanik. Groß und rund wie eine 0,5l Bierdose. Genau dieses Teil wäre hinüber und er würde mal sehen, was es bei Volvo so gäbe. Wir sind einerseits froh, dass er nicht nur hier und da herumprökelt und dann sagt, dass alles wieder OK wäre, aber ein kompletter Getriebewechsel vor Ort? 1,5 Stunden bleibt unser Mechaniker Serge weg, dann kommt er stolz lächelnd zurück. Er hätte zwar nur ein anderes Fabrikat gefunden, welches aber kompatibel wäre. Völlig verschwitzt verschwindet er wieder in der engen Achterkabine um noch weitere 2 Stunden weiterzuarbeiten. Dann heißt es endlich: Motor an und Getriebecheck! Alles passt, wir geben ein gutes Trinkgeld und sind wieder frei in unserem Tun. Nun bin ich doch sehr froh, dass ich uns an diesen Steg gebracht habe. Diese Reparatur wäre in einer Ankerbucht mit Dinghi-Shuttle so wohl nicht machbar gewesen. Ärgerlich zwar, aber eigentlich haben wir nur einen Vormittag verloren. 


Bastel, bastel, schraub, schraub!

Kurzes Crew Meeting. Alle wollen nach Domenica. Das wird heute aber nichts mehr, also peile ich den letzten Hafen im Norden Martiniques an. Saint-Pierre. Der Wind weht recht stark aus Nord, doch die wenigen Boote liegen merkwürdigerweise mit dem Heck ebenfalls stramm nach Nord. Haben die Heckanker, oder dreht der Wind direkt vor dem Ufer? So richtig schlau werde ich nicht aus der Situation, doch dann fällt mir eine große Mooringtonne auf. Bis 13 Meter und 7 Tonnen soll sie halten. Klingt doch gut, und ich kann dann ruhiger schlafen. Ich laufe sie gegen den strammen Wind an. Doch als wir dann eine Leine durch die Tonne haben, wird mir auch die Ankersituation klar. Es herrscht ein sehr starker Strom genau gegen die Windrichtung. Nach etwas Leinenwuhling ob der nun anderen Liegerichtung, liegen wir dann aber gut und sicher. Das Boot wird in der Nacht zwar immer wieder in alle möglichen Richtungen driften und die Plastiktonne gegen den Rumpf klopfen, aber Mooringtonne bleibt Mooringtonne. Meistens fest und sicher. Vor Anker wäre mir das hier mit dem wilden Herumgeschwoje durch den ständig wechselnden Strom doch etwas unheimlich. 

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Dann geht es, wie hier üblich, über ein langes Dinghi-Dock an Land. Uns wurde ein langes Stahlkabel samt Schloss mitgegeben. Ein weiteres Schloss für den Außenborder habe ich im Reisegepäck. Während ich zunächst das Dinghi ungern aus den Augen lasse, werden wir im Laufe der Reise immer entspannter. Ein Dinghi nach dem anderen kommt oder verlässt das Dock. Auf fast jedem Ponton stehen Angler aber auch jede Menge „schräge Vögel“, betrunken oder bekifft. Es erinnert uns an die Busbahnhöfe oder Bahnhöfe in Deutschland, die ja oft ähnliches Publikum anzuziehen scheinen. Aber genauso wenig wie bei uns Fahrräder von Betrunkenen geklaut werden, wird sich hier an den Dinghis vergriffen. So das wir später auch bei Dunkelheit unser Boot alleine am Steg lassen werden. Ein kleiner Heckanker sorgt dabei übrigens dafür, dass die Dinghis nicht unter den Steg geraten und zerdrückt werden. 


 Am Dinghi Dock


 Sorgenfrei an der Mooringtonne

Wieder einmal haben alle Restaurants geschlossen, bis auf eines mit Spezialitäten aus dem Elsass. Also gibt es Käsespätzle und Fleischwurstsalat. Nicht sehr karibisch, aber es macht uns auch satt. 


Landgang

Im Dunkeln geht es dann zurück zum Boot und schnell in die Koje, denn ich will um 0800h Richtung Domenica aufbrechen. 35 Meilen, davon 26 über die offene See. Genau dort wo der Atlantik und die Karibiksee aufeinandertreffen. Mit dem Törnführer im Arm schlafe ich ein. Domenica bietet nicht so viele Möglichkeiten des Ankerns und die Sicherheit scheint hier auch ernster genommen werden zu müssen als auf Martinique. Na, erstmal sehen. Der Wetterbericht zeigt übrigens unsere ganzen zehn Chartertage konstant Windstärke 4 bis 5 aus Ost an. Keine Hurricanewarnungen und ein ständiger Mix aus Sonne und Wolken. Es regnet auch immer wieder einmal, aber dann maximal für 10 Minuten und eigentlich freuen wir uns immer über die kurzen Erfrischungen. Regenzeit klingt für mich anders. Aber ich komme ja auch aus Hamburg. Später erzählen uns die Einheimischen, das es hier nie länger regnet. Manchmal vielleicht eine Stunde, aber das wäre schon lang. Für uns dominiert hier eindeutig die Sonne und in Deutschland würden wir diese sogenannte Regenzeit wohl gerne gegen unseren „Sommer“ eintauschen, mit konstanten Winden, Wärme und viel Sonne. Auch die sogenannten Squalls mit viel Wind erleben wir nicht. Es regnet einfach nur. Mal mehr, mal weniger und hört dann auch schnell wieder auf. Perfektes Segelwetter. Domenica, wir kommen!


Harmloser Squall – Nur Regen, kein Wind

Karibikcharter im Juli – Teil 2

Der nächste Morgen beginnt mit einem langen Schritt direkt in das lauwarme, türkisfarbene Wasser der Bucht der Grande Anse d’Arlet gefolgt von einem ausgiebigen Frühstück. Und nochmaligem Schwimmen und Gammeln. Dieser lange Schritt direkt ins lauwarme Wasser wird einer der Highlights dieser Reise. Da sich nun alle etwas an das Bordleben gewöhnen konnten, rufe ich nun alle zur weiteren Planung des Törns zusammen. Ich habe zwei Alternativen vorbereitet. Entweder Meilensegeln um möglichst viele Inseln zu erreichen, oder Buchtenbummeln mit einem kleinen Ausflug nach Domenica. Es wird sich einstimmig für die zweite Variante entschieden, was mir sehr recht ist. Außerdem muss die Sache mit dem Motor noch geklärt werden, bevor ich überhaupt ans Weiterfahren denke. Der Törnführer gibt mit Case Pilote ein Ziel mit Steg, schönem Ort und einer Motorwerkstatt an. Also eine Steilvorlage für unsere Situation. Unter Segeln machen wir uns auf den Weg. Drei Stunden später starte ich dann den Diesel und nehme Kurs auf den Steg von Case Pilote. Die minimale Wassertiefe für unser Boot wurde von der Charterfirma mit drei Meter unter dem Kiel vorgegeben. Entspricht 2,20 Tiefgang plus 80 Zentimeter Sicherheitsreserve. Doch die drei Meter sind schon weit vor dem Steg erreicht. 

Überfahrt und fest am Steg

Langsam taste ich mich weiter doch es wird immer flacher. Ich lasse die Tiefe aussingen, damit ich den Blick auf dem Steg behalten kann. 2,60…2,40…und genau in diesem Augenblick merke ich, das ich wieder keinen Schub nach vorne habe. So ein Mist. Ich laufe rückwärts ab bevor mich der Seitenwind noch in die Hafeneinfahrt drückt. Was nun? Sehr verärgert rufen wir die Charterfirma an. Nach wie vor herrscht hier Ratlosigkeit, uns wird aber auch geraten in Case Pilote festzumachen um das weitere Vorgehen abzustimmen. Eine vorgeschlagene Rückfahrt in die Basis lehne ich schlicht ab. Es würde alle Törnpläne zerstören und der Weg in die Sackgasse von Le Marin wäre unverantwortlich ohne Vorwärtsgang. Aber zunächst einmal muss ich an diesen Steg hier kommen. Wegen der geringen Tiefe geht das nur vorwärts um das Ruder bei Grundberührung nicht zu gefährden. Und mit dem Gas spielen, bzw. ein- und auskuppeln kann ich auch nicht. Im Augenblick nicht einmal einkuppeln. Also treiben wir mit gestoppter Maschine zehn Minuten vor uns hin. Danach Neustart und das Einkuppeln vorwärts geht wieder. Ich fasse den Gashebel nicht mehr an und nehme Kurs auf den Steg. Henning steht vorne mit der Vorleine. Vor dem Steg kuppele ich dann aus und wir treiben langsam in Position. Der Tiefenmesser ist mir jetzt egal, es muss einfach passen und wir sind sowieso sehr langsam über sandigem Grund. Eine kräftige Böe von der Seite schiebt mich zu weit hinüber, die Korrektur mit dem Ruder ist bei so wenig Fahrt zu gering. Also Hebel voraus…und wieder keine Wirkung. Ich treibe nun auf den Stegkopf zu. „Langsamer!!“ tönt es von vorne. Ich stoppe auf und will eigentlich wieder ablaufen, doch Henning steht schon sprungbereit auf dem Bugkorb. Na gut, alles auf eine Karte. Ich lege volles Seitenruder und eile zum Bug. Henning ist bereits drüben und zieht uns weiter an den Steg, während ich mit Hilfe der Mädels den Bug um den Stegkopf gedrückt bekomme und schließlich auch den Rest des Bootes. Leinen fest, Motor aus und aufatmen. 


 Einsamer Liegeplatz am Palmenstrand.


 Fischer bei der Arbeit
Der Tiefenmesser zeigt 2,20. Also den eigentlichen Tiefgang des Boots. Ich tauche hinab und sehe das gerade noch ein Hummer unter den Kiel passt. Er sitzt direkt unter dem Boot und winkt mit seinen Antennen. Haben wir ihn dort überrascht? OK, da hat die Charterbasis wohl nochmal 20 Zentimeter Sicherheitsreserve mehr einprogrammiert. Eine Stunde später kommt ein Mechaniker der nahegelegen Volvo Penta Werkstatt mit Zange und Schraubendreher an Bord. Die Verständigung ist nur auf Französisch möglich. Ich werde langsam immer besser darin. Das Fazit nach 20 Minuten Check. Er kann nichts machen, das Boot muss an Land und das Getriebe komplett überholt werden. Au revoir! Bedröppelt sitzen wir im Cockpit. Was nun? Wir gehen alle Optionen durch, aber kommen aber zu keinem Entschluss. Also wieder Anruf bei der Basis. Morgen früh um 0800h wollen sie ihren besten Techniker zu uns schicken. Aber kann der das Getriebe vor Ort reparieren? Wir können nicht anders als darauf hoffen und genießen den Abend an Land. Ein Gemüsemarkt lockt, ein paar Strandrestaurants und ein Supermarkt. Schön ist es hier. 


Alle sitzen draußen, die Rentner klönen am Strand, die Fischer arbeiten an Netzen und Booten. Zerlegen Fisch mit schweren Macheten. Ein paar Jugendliche stehen an unserem Boot herum. So am Steg liegen wir natürlich sehr viel präsenter als vor Anker. Ein Schritt und man ist sofort an Bord. Ich frage die anderen ob sie sich sicher fühlen? Im Großen und Ganzen ist die Antwort: Ja. Wir werden das Boot von innen verschließen, aber heute Nacht am Steg bleiben. Die Restaurants machen hier, wie auch in Frankreich üblich, erst gegen 2000h auf. Also stehen wieder schwimmen, Kaffee trinken und faulenzen auf dem Programm. Alles wäre wunderbar…wenn nur die Sorgen um den Motor nicht wären. Doch dieses Thema lassen wir erst einmal aus, während die Sonne malerisch hinter dem Horizont verschwindet und wir einen tollen Abend in einem Restaurant direkt mit Meerblick genießen.

Karibikcharter im Juli – 2. Grande Anse d’Arlet bis Case Pilote

Der nächste Morgen beginnt mit einem langen Schritt direkt in das lauwarme, türkisfarbene Wasser der Bucht der Grande Anse d’Arlet gefolgt von einem ausgiebigen Frühstück. Und nochmaligem Schwimmen und Gammeln. Dieser lange Schritt direkt ins lauwarme Wasser wird einer der Highlights dieser Reise. Da sich nun alle etwas an das Bordleben gewöhnen konnten, rufe ich nun alle zur weiteren Planung des Törns zusammen. Ich habe zwei Alternativen vorbereitet. Entweder Meilensegeln um möglichst viele Inseln zu erreichen, oder Buchtenbummeln mit einem kleinen Ausflug nach Domenica. Es wird sich einstimmig für die zweite Variante entschieden, was mir sehr recht ist. Außerdem muss die Sache mit dem Motor noch geklärt werden, bevor ich überhaupt ans Weiterfahren denke. Der Törnführer gibt mit Case Pilote ein Ziel mit Steg, schönem Ort und einer Motorwerkstatt an. Also eine Steilvorlage für unsere Situation. Unter Segeln machen wir uns auf den Weg. Drei Stunden später starte ich dann den Diesel und nehme Kurs auf den Steg von Case Pilote. Die minimale Wassertiefe für unser Boot wurde von der Charterfirma mit drei Meter unter dem Kiel vorgegeben. Entspricht 2,20 Tiefgang plus 80 Zentimeter Sicherheitsreserve. Doch die drei Meter sind schon weit vor dem Steg erreicht. 

Überfahrt und fest am Steg

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Langsam taste ich mich weiter doch es wird immer flacher. Ich lasse die Tiefe aussingen, damit ich den Blick auf dem Steg behalten kann. 2,60…2,40…und genau in diesem Augenblick merke ich, das ich wieder keinen Schub nach vorne habe. So ein Mist. Ich laufe rückwärts ab bevor mich der Seitenwind noch in die Hafeneinfahrt drückt. Was nun? Sehr verärgert rufen wir die Charterfirma an. Nach wie vor herrscht hier Ratlosigkeit, uns wird aber auch geraten in Case Pilote festzumachen um das weitere Vorgehen abzustimmen. Eine vorgeschlagene Rückfahrt in die Basis lehne ich schlicht ab. Es würde alle Törnpläne zerstören und der Weg in die Sackgasse von Le Marin wäre unverantwortlich ohne Vorwärtsgang. Aber zunächst einmal muss ich an diesen Steg hier kommen. Wegen der geringen Tiefe geht das nur vorwärts um das Ruder bei Grundberührung nicht zu gefährden. Und mit dem Gas spielen, bzw. ein- und auskuppeln kann ich auch nicht. Im Augenblick nicht einmal einkuppeln. Also treiben wir mit gestoppter Maschine zehn Minuten vor uns hin. Danach Neustart und das Einkuppeln vorwärts geht wieder. Ich fasse den Gashebel nicht mehr an und nehme Kurs auf den Steg. Henning steht vorne mit der Vorleine. Vor dem Steg kuppele ich dann aus und wir treiben langsam in Position. Der Tiefenmesser ist mir jetzt egal, es muss einfach passen und wir sind sowieso sehr langsam über sandigem Grund. Eine kräftige Böe von der Seite schiebt mich zu weit hinüber, die Korrektur mit dem Ruder ist bei so wenig Fahrt zu gering. Also Hebel voraus…und wieder keine Wirkung. Ich treibe nun auf den Stegkopf zu. „Langsamer!!“ tönt es von vorne. Ich stoppe auf und will eigentlich wieder ablaufen, doch Henning steht schon sprungbereit auf dem Bugkorb. Na gut, alles auf eine Karte. Ich lege volles Seitenruder und eile zum Bug. Henning ist bereits drüben und zieht uns weiter an den Steg, während ich mit Hilfe der Mädels den Bug um den Stegkopf gedrückt bekomme und schließlich auch den Rest des Bootes. Leinen fest, Motor aus und aufatmen. 


 Einsamer Liegeplatz am Palmenstrand.


 Fischer bei der Arbeit
Der Tiefenmesser zeigt 2,20. Also den eigentlichen Tiefgang des Boots. Ich tauche hinab und sehe das gerade noch ein Hummer unter den Kiel passt. Er sitzt direkt unter dem Boot und winkt mit seinen Antennen. Haben wir ihn dort überrascht? OK, da hat die Charterbasis wohl nochmal 20 Zentimeter Sicherheitsreserve mehr einprogrammiert. Eine Stunde später kommt ein Mechaniker der nahegelegen Volvo Penta Werkstatt mit Zange und Schraubendreher an Bord. Die Verständigung ist nur auf Französisch möglich. Ich werde langsam immer besser darin. Das Fazit nach 20 Minuten Check. Er kann nichts machen, das Boot muss an Land und das Getriebe komplett überholt werden. Au revoir! Bedröppelt sitzen wir im Cockpit. Was nun? Wir gehen alle Optionen durch, aber kommen aber zu keinem Entschluss. Also wieder Anruf bei der Basis. Morgen früh um 0800h wollen sie ihren besten Techniker zu uns schicken. Aber kann der das Getriebe vor Ort reparieren? Wir können nicht anders als darauf hoffen und genießen den Abend an Land. Ein Gemüsemarkt lockt, ein paar Strandrestaurants und ein Supermarkt. Schön ist es hier. 


Alle sitzen draußen, die Rentner klönen am Strand, die Fischer arbeiten an Netzen und Booten. Zerlegen Fisch mit schweren Macheten. Ein paar Jugendliche stehen an unserem Boot herum. So am Steg liegen wir natürlich sehr viel präsenter als vor Anker. Ein Schritt und man ist sofort an Bord. Ich frage die anderen ob sie sich sicher fühlen? Im Großen und Ganzen ist die Antwort: Ja. Wir werden das Boot von innen verschließen, aber heute Nacht am Steg bleiben. Die Restaurants machen hier, wie auch in Frankreich üblich, erst gegen 2000h auf. Also stehen wieder schwimmen, Kaffee trinken und faulenzen auf dem Programm. Alles wäre wunderbar…wenn nur die Sorgen um den Motor nicht wären. Doch dieses Thema lassen wir erst einmal aus, während die Sonne malerisch hinter dem Horizont verschwindet und wir einen tollen Abend in einem Restaurant direkt mit Meerblick genießen.

Karibikcharter im Juli – Teil 1



Der Beginn jeder Charter ist wohl immer etwa hektisch. Zusammen mit einem befreundeten Pärchen warten wir nach einer sehr regenreichen Nacht im Hotel seit 1400h in der Charterbasis in Le Marin auf Martinique darauf, unser Boot, eine Sun Odyssey 409, zu übernehmen. Unsere Sachen können wir im Office lagern, werden aber dringend gebeten noch nicht auf dem Steg nach dem Boot zu suchen. Was uns dort wohl erwarten würde, fragen wir uns, während wir im Café der Marina erst einmal zu Mittag essen. Besonders der französische Café au lait hat es uns sehr angetan. Martinique gehört zu Frankreich und damit zur EU. Zur Einreise ist daher nur der Personalausweis erforderlich, aber, wie überall in Frankreich, wird ungern englisch gesprochen. Ich bin dann selbst überrascht, wie viel Französisch noch aus meiner Schulzeit und diversen Urlauben hängengeblieben ist. So bin ich also nicht nur Skipper, sondern auch Sprachrohr für die Wünsche der Crew. 

Charterbasis, Crew und Boot

 

Nachdem wir um 1800h dann endlich das Boot übernehmen können, gilt es noch die lange Inventarliste abzuarbeiten. Da alles auf Französisch geschrieben ist, zieht es sich bis zum schnellen Einbruch der Dunkelheit um 1900h hin. Auch ist es mir sehr wichtig das ganze Boot auch wirklich kennenzulernen. Ich habe Fragen zu Geräten, Displays, dem Motor, Gas-Wasserinstallationen, dem Rigg, der Ankerwinde und vielem mehr. Und das alles in stehender, brutal warmer und schweißtreibender Luft. Einige Fragen bzgl. der Technik bleiben zwar zunächst ungelöst, aber im Groben ist mir das Boot nun vertraut genug. Ich habe die Crew einkaufen geschickt, damit ich mich in Ruhe mit der Technik vertraut machen kann. In der Nacht heißt es dann alle Luken dicht zu machen wegen des Regens und des schweren Gewitters. Aber solange man ruhig daliegt, ist die karibische Wärme zu ertragen. Sie ist zwar allgegenwärtig, aber nie wirklich unangenehm. Nur fange ich nun an mir etwas Sorgen um unser Törnwetter während der Regenzeit in der Karibik zu machen.

 
 



 Farbenfrohe Krabben leben überall in Erdlöchern

Früh am nächsten Morgen, wache ich aber doch überraschend erfrischt auf. Voll Vorfreude auf meinen ersten Törn in diesem so geschichtsträchtigen Meer. Doch davor gilt es noch weitere Einkäufe zu tätigen und die endgültige Bootsübernahme mit weiteren Details zur Technik und der Zollbesuch stehen auch noch aus. Es zieht sich. Der Wind frischt zwischenzeitlich immer mehr auf, und das erste Ablegemanöver in der Engen Mooringgasse wird damit auch gleich interessant. Und soll für die Crew ja auch noch ganz relaxt wirken um Vertrauenspunkte zu sammeln. Und es klappt auch alles so wie gedacht. In die Achterleine eingedampft bekomme ich das Boot in eine gute Ausgangsposition um dann durch die Gasse zu dampfen. Immer langsam, doch am Ende vertreibt das Boot dann doch und beim Gasgeben passiert irgendwie nichts viel. Merkwürdig, ist das der böige Seitenwind oder was ist hier los? Es fühlte sich so an, als hätte ich keinen Vortrieb während die gespannten Mooringleinen immer näherkommen. Gerade komme ich so um die Ecke ins Fahrwasser. Vor dem Wind dann, auf dem Weg aus der Sackgasse von Le Marin, passt dann wieder alles. Merkwürdig. Ich gebe dem Diesel auch schon etwas Support durch die Genua. Eigentlich will ich auch das Groß noch setzen, aber der Wind ist doch sehr stark und der Speed reicht mir zunächst. Da muss ich nicht lange rumdaddeln und kann das Boot entspannt einfach laufenlassen. Meine Crew hat etwas Erfahrung mit Fendern und Vorleinen. Mehr nicht. Und so geht es vorbei am Club Med auf die Passage die Südküste von Martinique entlang und immer dichter an den so charakteristischen Diamond Rock. 


Die Mädels auf dem Weg zum Diamond Rock.

Genau zwischen diesem Felsen und der Küste möchte ich durch. Immer noch mir raumen Wind hat die Welle kräftig zugelegt und leichte Seekrankheit macht sich an Bord bemerkbar. Aber die Abdeckung der Westküste ist schon in Sicht. Wird schon noch passen. Es folgt die Passage zwischen dem Rock und der Küste. Der große Junge in mir jubelt vor Glück. Was für ein Traumsegeln in dieser Kulisse. Piraten, Spanier, Engländer, Lord Nelson, Kolumbus…wer war hier schon alles unterwegs! 


 Ein tolles Gefühl


 Überall trifft man auf Piraten

Langsam ebbt der Schwell der offenen See ab, der Wind dreht mit der Küste mit und wir erreichen die ersten möglichen Ankerbuchten. La Petite Anse gefällt mir nicht, durch das Fernglas sehe ich jede Menge Kabbelwasser und Fallböen, also geht es noch eine Bucht weiter in die Grande Anse d‘Arlet. Und ich muss grinsen, denn ich, der immer gerne jeden Meter aussegelt, laufe ganz Charterer die letzte Stunde unter Diesel um die Akkus noch einmal vollzusaugen. Denn Marinas sind hier rar, und der Strom muss selbst erzeugt werden. Aber auch hier ist es schwer einen schönen Platz zu finden. Immer wieder donnern Fallböen die Berge herunter und die wenigen sandigen Fleckchen sind besetzt oder sehr klein. Erster Versuch des Ankerns. Knapp neben dem Fleck fällt der Anker ins Gras. 60 Meter Kette hinterher und Einfahren. So richtig erfolgreich fühlt es sich nicht an. Das Abtauchen zeigt dann auch einen rutschenden Anker. Mist. Wieder noch einmal. Enttäuschung an Bord, war doch schon Badelaune angesagt. 


Unsere erste Ankerbucht

Und jetzt passiert es wieder! Hatte ich mich doch nicht getäuscht. Nach dem Einkuppeln kann man zwar Gas geben, aber der Propeller dreht offensichtlich nicht mit. Na super. Teils funktioniert es nach kurzer Rückwärtsfahrt, teils nicht. Etwas schwierig so den Anker aus dem Grund zu bekommen ohne die Winsch zu überlasten. Und auch die Nachbarlieger kommen näher. Doch der Wind treibt uns aus der Bucht heraus, also ist zunächst keine Hektik angesagt. Mehrere Einkuppelversuche später krabbele ich durch Inspektionsluken zum Gaszug…alles sieht nagelneu und frisch aus. Wir rufen die Charterbasis an. Allgemeine Ratlosigkeit, wenn auch gepaart mit Hilfsbereitschaft. Auch die Schaltwippe am Motor tut wie sie soll. Komisch. Aber das Rückwärtsfahren geht gut. Also gehe ich das nächste Manöver direkt rückwärts an. Langsam über den Sandfleck, auskuppeln und raus mit dem Anker. Der fällt…leider wieder ganz knapp neben den Sandfleck. Wieder gebe ich alle Kette raus, das neue Plätzchen ist etwas windstiller und erneutes Abtauchen gibt auch Entwarnung. Das Eisen leibt drin. Weiter geht es mit Telefonaten mit der Basis. Hier werden Bedienfehler vermutet. Zu schnelles Schalten von Vorwärts nach Rückwärts könnte die Ursache sein. Aber ich bin kein Anfänger und bin auch nicht so gefahren. Nach langem Hin- und Her dreht der Propeller zwar nun wieder vorwärts, aber ich habe so meine Bedenken ob das dauerhaft gut gehen wird. 


 Landgang


Die Jungs beim Schlemmen

Für heute liegen wir aber erst einmal sicher und genießen den ersten Abend vor Anker in einer echten Karibikbucht. Langsam wird uns bewusst, dass wir unterwegs sind und die nächsten neun Tage auf und im Wasser verbringen werden. Mit dem Dinghi geht es dann ans Dinghi Dock zum ersten Landgang. Palmen, relaxte Atmosphäre und Karibikflair erwarten uns hier. Da wir vor der Abfahrt frisch eingekauft haben, wird an Bord gegessen, während die Sonne früh um 1900h im Meer versinkt. Und auch wir klettern nach dem aufregenden ersten Tag relativ früh in unsere Kojen.


 Friedlich schwojt ein Nachbarlieger

Karibikcharter im Juli – 1. Le Marin bis Grande Anse d’Arlet



Der Beginn jeder Charter ist wohl immer etwa hektisch. Zusammen mit einem befreundeten Pärchen warten wir nach einer sehr regenreichen Nacht im Hotel seit 1400h in der Charterbasis in Le Marin auf Martinique darauf, unser Boot, eine Sun Odyssey 409, zu übernehmen. Unsere Sachen können wir im Office lagern, werden aber dringend gebeten noch nicht auf dem Steg nach dem Boot zu suchen. Was uns dort wohl erwarten würde, fragen wir uns, während wir im Café der Marina erst einmal zu Mittag essen. Besonders der französische Café au lait hat es uns sehr angetan. Martinique gehört zu Frankreich und damit zur EU. Zur Einreise ist daher nur der Personalausweis erforderlich, aber, wie überall in Frankreich, wird ungern englisch gesprochen. Ich bin dann selbst überrascht, wie viel Französisch noch aus meiner Schulzeit und diversen Urlauben hängengeblieben ist. So bin ich also nicht nur Skipper, sondern auch Sprachrohr für die Wünsche der Crew. 

Charterbasis, Crew und Boot

 

Nachdem wir um 1800h dann endlich das Boot übernehmen können, gilt es noch die lange Inventarliste abzuarbeiten. Da alles auf Französisch geschrieben ist, zieht es sich bis zum schnellen Einbruch der Dunkelheit um 1900h hin. Auch ist es mir sehr wichtig das ganze Boot auch wirklich kennenzulernen. Ich habe Fragen zu Geräten, Displays, dem Motor, Gas-Wasserinstallationen, dem Rigg, der Ankerwinde und vielem mehr. Und das alles in stehender, brutal warmer und schweißtreibender Luft. Einige Fragen bzgl. der Technik bleiben zwar zunächst ungelöst, aber im Groben ist mir das Boot nun vertraut genug. Ich habe die Crew einkaufen geschickt, damit ich mich in Ruhe mit der Technik vertraut machen kann. In der Nacht heißt es dann alle Luken dicht zu machen wegen des Regens und des schweren Gewitters. Aber solange man ruhig daliegt, ist die karibische Wärme zu ertragen. Sie ist zwar allgegenwärtig, aber nie wirklich unangenehm. Nur fange ich nun an mir etwas Sorgen um unser Törnwetter während der Regenzeit in der Karibik zu machen.

 
 



 Farbenfrohe Krabben leben überall in Erdlöchern

http://www.luvgier.de/page4.html

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Früh am nächsten Morgen, wache ich aber doch überraschend erfrischt auf. Voll Vorfreude auf meinen ersten Törn in diesem so geschichtsträchtigen Meer. Doch davor gilt es noch weitere Einkäufe zu tätigen und die endgültige Bootsübernahme mit weiteren Details zur Technik und der Zollbesuch stehen auch noch aus. Es zieht sich. Der Wind frischt zwischenzeitlich immer mehr auf, und das erste Ablegemanöver in der Engen Mooringgasse wird damit auch gleich interessant. Und soll für die Crew ja auch noch ganz relaxt wirken um Vertrauenspunkte zu sammeln. Und es klappt auch alles so wie gedacht. In die Achterleine eingedampft bekomme ich das Boot in eine gute Ausgangsposition um dann durch die Gasse zu dampfen. Immer langsam, doch am Ende vertreibt das Boot dann doch und beim Gasgeben passiert irgendwie nichts viel. Merkwürdig, ist das der böige Seitenwind oder was ist hier los? Es fühlte sich so an, als hätte ich keinen Vortrieb während die gespannten Mooringleinen immer näherkommen. Gerade komme ich so um die Ecke ins Fahrwasser. Vor dem Wind dann, auf dem Weg aus der Sackgasse von Le Marin, passt dann wieder alles. Merkwürdig. Ich gebe dem Diesel auch schon etwas Support durch die Genua. Eigentlich will ich auch das Groß noch setzen, aber der Wind ist doch sehr stark und der Speed reicht mir zunächst. Da muss ich nicht lange rumdaddeln und kann das Boot entspannt einfach laufenlassen. Meine Crew hat etwas Erfahrung mit Fendern und Vorleinen. Mehr nicht. Und so geht es vorbei am Club Med auf die Passage die Südküste von Martinique entlang und immer dichter an den so charakteristischen Diamond Rock. 


Die Mädels auf dem Weg zum Diamond Rock.

Genau zwischen diesem Felsen und der Küste möchte ich durch. Immer noch mir raumen Wind hat die Welle kräftig zugelegt und leichte Seekrankheit macht sich an Bord bemerkbar. Aber die Abdeckung der Westküste ist schon in Sicht. Wird schon noch passen. Es folgt die Passage zwischen dem Rock und der Küste. Der große Junge in mir jubelt vor Glück. Was für ein Traumsegeln in dieser Kulisse. Piraten, Spanier, Engländer, Lord Nelson, Kolumbus…wer war hier schon alles unterwegs! 


 Ein tolles Gefühl


 Überall trifft man auf Piraten

Langsam ebbt der Schwell der offenen See ab, der Wind dreht mit der Küste mit und wir erreichen die ersten möglichen Ankerbuchten. La Petite Anse gefällt mir nicht, durch das Fernglas sehe ich jede Menge Kabbelwasser und Fallböen, also geht es noch eine Bucht weiter in die Grande Anse d‘Arlet. Und ich muss grinsen, denn ich, der immer gerne jeden Meter aussegelt, laufe ganz Charterer die letzte Stunde unter Diesel um die Akkus noch einmal vollzusaugen. Denn Marinas sind hier rar, und der Strom muss selbst erzeugt werden. Aber auch hier ist es schwer einen schönen Platz zu finden. Immer wieder donnern Fallböen die Berge herunter und die wenigen sandigen Fleckchen sind besetzt oder sehr klein. Erster Versuch des Ankerns. Knapp neben dem Fleck fällt der Anker ins Gras. 60 Meter Kette hinterher und Einfahren. So richtig erfolgreich fühlt es sich nicht an. Das Abtauchen zeigt dann auch einen rutschenden Anker. Mist. Wieder noch einmal. Enttäuschung an Bord, war doch schon Badelaune angesagt. 


Unsere erste Ankerbucht

Und jetzt passiert es wieder! Hatte ich mich doch nicht getäuscht. Nach dem Einkuppeln kann man zwar Gas geben, aber der Propeller dreht offensichtlich nicht mit. Na super. Teils funktioniert es nach kurzer Rückwärtsfahrt, teils nicht. Etwas schwierig so den Anker aus dem Grund zu bekommen ohne die Winsch zu überlasten. Und auch die Nachbarlieger kommen näher. Doch der Wind treibt uns aus der Bucht heraus, also ist zunächst keine Hektik angesagt. Mehrere Einkuppelversuche später krabbele ich durch Inspektionsluken zum Gaszug…alles sieht nagelneu und frisch aus. Wir rufen die Charterbasis an. Allgemeine Ratlosigkeit, wenn auch gepaart mit Hilfsbereitschaft. Auch die Schaltwippe am Motor tut wie sie soll. Komisch. Aber das Rückwärtsfahren geht gut. Also gehe ich das nächste Manöver direkt rückwärts an. Langsam über den Sandfleck, auskuppeln und raus mit dem Anker. Der fällt…leider wieder ganz knapp neben den Sandfleck. Wieder gebe ich alle Kette raus, das neue Plätzchen ist etwas windstiller und erneutes Abtauchen gibt auch Entwarnung. Das Eisen leibt drin. Weiter geht es mit Telefonaten mit der Basis. Hier werden Bedienfehler vermutet. Zu schnelles Schalten von Vorwärts nach Rückwärts könnte die Ursache sein. Aber ich bin kein Anfänger und bin auch nicht so gefahren. Nach langem Hin- und Her dreht der Propeller zwar nun wieder vorwärts, aber ich habe so meine Bedenken ob das dauerhaft gut gehen wird. 


 Landgang


Die Jungs beim Schlemmen

Für heute liegen wir aber erst einmal sicher und genießen den ersten Abend vor Anker in einer echten Karibikbucht. Langsam wird uns bewusst, dass wir unterwegs sind und die nächsten neun Tage auf und im Wasser verbringen werden. Mit dem Dinghi geht es dann ans Dinghi Dock zum ersten Landgang. Palmen, relaxte Atmosphäre und Karibikflair erwarten uns hier. Da wir vor der Abfahrt frisch eingekauft haben, wird an Bord gegessen, während die Sonne früh um 1900h im Meer versinkt. Und auch wir klettern nach dem aufregenden ersten Tag relativ früh in unsere Kojen.


 Friedlich schwojt ein Nachbarlieger

Einhand um Sizilien, Teil VI. Unterwegs im Krater.

Auf der Insel Vulcano, einer der liparischen Inseln nördlich von Sizilien, gibt es zwei Ankerbuchten. Die eine – Porto di Levante – geht nach Osten und schützt vor dem Nordwest. Die andere – Porto di Ponente – geht nach Nordwest. Und beide: Liegen genau zu Füßen des Vulkankraters, der sich genau 499 Meter über dem Meer erhebt und den die Einheimischen respektvoll „Il Cratere“, „DEN Krater“ nennen. Als würde es sich bei dem Vulkan, der immer noch zu seinen Füßen Schwefeldämpfe aus dem Meer aufsteigen lässt, um einen etwas wunderlichen alten Onkel handeln, der gelegentlich einen über den Durst trinkt.

500 Höhenmeter also. Zuerst entlang der Partymeile des 360-Seelen-Ortes. Denn Vulcano lebt vom Tourismus – vor allem jetzt im Ferragosto. Aber die Partymeile ist eine kleine einfache Teerstraße, die schnurstracks unter schattigen Bäumen zum Fuß des Vulkans, wo ein allererstes Schild „800 Meter“ bis zum Krater verheißt.

Wer Italien kennt und das Land zu Fuß bereist, der weiß aus Erfahrung, dass italienische Angaben über „Wegstrecken zu Fuß“ immer mehr mit Lottozahlen zu tun haben als mit der tatsächlichen Wegentfernung. Der Hinweis „dieci minuti“ beispielsweise sollte beispielsweise immer mit der Näherungszahl 6,59382 multipliziert werden – das entspricht dann eher dem, was man tatsächlich zu laufen hat. Und auch die Startangabe „800 Meter“sind zwar eine durchaus motivierende Angabe für jeden Fußlahmen, haben aber mit der Wirklichkeit soviel zu tun wie PIRATES OF THE CARIBEAN, Teil III.

Der Weg beginnt zwischen Ginsterbüschen. Und im schwarzen Feinsplitt – fein zermahlenen Basaltsplittern, die schnell die Bootsschuhe füllen. Ich aber bin mit meinen geliebten Flipflops unterwegs. Denn: Sie zwingen mich bei jedem Schritt zum sehr konzentriert darauf achten, wohin ich meinen Fuß setze. Zum achtsamen Gehen. Und Steinchen können auch keine reinfallen  ;-)

Keine 200 Höhenmeter später ist es schlagartig vorbei mit Ginsterbüschen und jeglichem Bewuchs, die „Baumgrenze“ auf Vulcano liegt deutlich tiefer als in den Alpen. Der Fußweg geht über von splitterndem Geröll in harten rötlichen Fels. Wie mit dem Lineal gezogen endet der Schotter. Beginnt das Gestein. Die Landschaft reduziert sich auf drei Farben schwarz, rosa, tiefblau. Stille umfängt den Wanderer. Und feiner rötlicher Staub seine Füße.

Und dann verheißt das Schild die letzten 100 Meter bis zum Krater. Es ist klar, dass das nicht stimmen kann – trotzdem verleiht so was Flügel. Und plötzlich steht man dann hier:

Etwas, das aussieht wie ein gewaltiger Wumms in der Landschaft. Als hätte ein Meteorit eingeschlagen. Oder ein strafender Gott in allgewaltigem Zorn etwas Großes, sehr Großes hierher geschleudert. Ein paar Unentwegte, Mutige sind hinabgeklettert, auf den Grund. Und haben aus Steinen etwas auf den Grund des Kraters geschrieben, der mit Sonden und Fühlern gespickt ist. Der Krater und seine Ruhe: Sie sind fragil.

Auf dem Karter befindet man sich in einer Wüstenei. Kein Baum, kein Strauch schenkt Trost, der Mensch steht verloren in dieser Landschaft, die ihm deutlich sagt: „Du hast hier nichts verloren. Dies ist ein Garten, der einem höheren Wesen gehört.“

Aus hundert Erdlöchern steigt Schwefeldampf auf, der zischend, pfeifend, brodelnd irgendwo aus wer weiß welchen Tiefen der Hexenküche in Mutter Erde seinen Weg durch kilometerlange Spalten nach oben findet. Dort, wo Dampf dem Gestein entweicht und heißen Nebenschwaden gleich vom Wind über das Gestein getrieben wird, lagert sich Schwefel ab. Wer einsam dort oben steht, der steht mitten im Schwefeldampf. Der Weg ist übersät mit großen und kleinen Fumarolen, Hunderte Spalten, Ritzen,

Löcher, Engen, aus denen es zischt und quillt und stiebt. Die Dämpfe, schreibt Wikipedia, sind ein Gebräu verschiedenster Gase und enthalten zu 1% auch „Schwefelwasserstoff. Die Giftigkeit des Gases ist schon im ppm-Bereich erheblich“, auch wenn der Wind dort oben die Gase gleich bei deren Austritt verdünnt und verwirbelt.

Ich aber bin fasziniert von dem gewaltigen Garten, in dem ich mich befinde und der mich meist gleichgültig, manchmal böse aus zwei dampfenden Augen anblickt. Klein fühlt sich der Eindringling in dieser Welt, klein, weil Dich hier die Erdzeitalter anblicken und Du Dich klein fühlst vor der Gewalt dessen, was sich vor dem Auge ausbreitet.

Ob sich die Trumps, die Putins, die Erdogans, die Orbans ändern würden? Wenn man sie hier herauf schaffte? Und drei Tage allein ließe, jeden für sich, mit sich und nichts als sich selbst allein?
Ohne Publikum, ohne jubelnde Entourage, die ihnen beständig ins Ohr flüstert: „Du bist groß“?

Ob sie ihr Denken ändern würden?

Ich weiß es nicht. Ein Ort der Umkehr wie bei Dante ist „Il Cratere“, ein Ort des Staunens und der Selbstvergewisserung für den, der nicht nur ein Spektakel darin sieht.

Die liparischen Inseln: Sie sind mehr als ein touristisches Event. Und mehr als ein Fünf-Minuten-Kitzel.

Wenn Ihnen dieser Post gefiel:
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Ich freue mich, wenn Sie sich oben rechts mit eMail eintragen. Dann bekommen Sie jeden neuen Post bei Erscheinen.
Danke!

 

Mare Più: heißt „mehr Meer“. 
Und wenn Sie mehr Geschichten 
über die Menschen am Meer lesen wollen:


Wie es ist, auf einem kleinen Segelboot
• Italien
• Griechenland
• Türkei
zu bereisen. Und in fünf Monaten: Von München nach Antalya zu reisen.

Jetzt lesen. Als eBook. Als Print. Hier bestellen.
 
Auch als Film:  



Im Download. Als DVD. Hier.

Demnächst auch in den CINEPLEX-Kinos 
in Aichach und Germering bei München.

Das sagt die Presse über Buch und Film:

 
„… ein Sehnsuchtsbuch par excellence.
Und ein echtes sinnliches Erlebnis.“
MÄRKISCHE ZEITUNG im Oktober 2015
 
„… eröffnet dem Weltenbummler ganz wunderbare Traumziele, auf die man 
bei üblicher Herangehensweise schwerlich gekommen wäre.“
YACHT im Mai 2015 
 
„Die Besonderheit des einstündigen Streifens ist seine Ruhe. 
Eine Ruhe, die der Film mit poetisch angehauchter Sprache und sinnlichen Bildern von Szene zu Szene eingehender vermittelt.“
SEGELREPORTER im Dezember 2015
 
„… ein schönes, ein gelungenes Werk, animierend und inspirierend.“
LITERATURBOOT im Juli 2015
 
„Absolut empfehlenswert!
Für Reisebegeisterte ist ‚Einmal München-Antalya, bitte!‘ definitiv zu empfehlen.“


RATGEBER.REISE. im Juni 2015
 


Einhand um Sizilien, Teil VI. Unterwegs im Krater.

In lockerer Reihenfolge erzähle ich in dieser Artikelserie meine Reise 
um Sizilien auf meiner 31-Fuß-Yacht LEVJE im Sommer 2016. 

Alle Artikel dieser Reihe finden Sie auf click HIER.

Auf der Insel Vulcano, einer der liparischen Inseln nördlich von Sizilien, gibt es zwei Ankerbuchten. Die eine – Porto di Levante – geht nach Osten und schützt vor dem Nordwest. Die andere – Porto di Ponente – geht nach Nordwest. Und beide: Liegen genau zu Füßen des Vulkankraters, der sich genau 499 Meter über dem Meer erhebt und den die Einheimischen respektvoll „Il Cratere“, „DEN Krater“ nennen. Als würde es sich bei dem Vulkan, der immer noch zu seinen Füßen Schwefeldämpfe aus dem Meer aufsteigen lässt, um einen etwas wunderlichen alten Onkel handeln, der gelegentlich einen über den Durst trinkt.

500 Höhenmeter also. Zuerst entlang der Partymeile des 360-Seelen-Ortes. Denn Vulcano lebt vom Tourismus – vor allem jetzt im Ferragosto. Aber die Partymeile ist eine kleine einfache Teerstraße, die schnurstracks unter schattigen Bäumen zum Fuß des Vulkans, wo ein allererstes Schild „800 Meter“ bis zum Krater verheißt.

Wer Italien kennt und das Land zu Fuß bereist, der weiß aus Erfahrung, dass italienische Angaben über „Wegstrecken zu Fuß“ immer mehr mit Lottozahlen zu tun haben als mit der tatsächlichen Wegentfernung. Der Hinweis „dieci minuti“ beispielsweise sollte beispielsweise immer mit der Näherungszahl 6,59382 multipliziert werden – das entspricht dann eher dem, was man tatsächlich zu laufen hat. Und auch die Startangabe „800 Meter“sind zwar eine durchaus motivierende Angabe für jeden Fußlahmen, haben aber mit der Wirklichkeit soviel zu tun wie PIRATES OF THE CARIBEAN, Teil III.

Der Weg beginnt zwischen Ginsterbüschen. Und im schwarzen Feinsplitt – fein zermahlenen Basaltsplittern, die schnell die Bootsschuhe füllen. Ich aber bin mit meinen geliebten Flipflops unterwegs. Denn: Sie zwingen mich bei jedem Schritt zum sehr konzentriert darauf achten, wohin ich meinen Fuß setze. Zum achtsamen Gehen. Und Steinchen können auch keine reinfallen  ;-)

Keine 200 Höhenmeter später ist es schlagartig vorbei mit Ginsterbüschen und jeglichem Bewuchs, die „Baumgrenze“ auf Vulcano liegt deutlich tiefer als in den Alpen. Der Fußweg geht über von splitterndem Geröll in harten rötlichen Fels. Wie mit dem Lineal gezogen endet der Schotter. Beginnt das Gestein. Die Landschaft reduziert sich auf drei Farben schwarz, rosa, tiefblau. Stille umfängt den Wanderer. Und feiner rötlicher Staub seine Füße.

Und dann verheißt das Schild die letzten 100 Meter bis zum Krater. Es ist klar, dass das nicht stimmen kann – trotzdem verleiht so was Flügel. Und plötzlich steht man dann hier:

Etwas, das aussieht wie ein gewaltiger Wumms in der Landschaft. Als hätte ein Meteorit eingeschlagen. Oder ein strafender Gott in allgewaltigem Zorn etwas Großes, sehr Großes hierher geschleudert. Ein paar Unentwegte, Mutige sind hinabgeklettert, auf den Grund. Und haben aus Steinen etwas auf den Grund des Kraters geschrieben, der mit Sonden und Fühlern gespickt ist. Der Krater und seine Ruhe: Sie sind fragil.

Auf dem Karter befindet man sich in einer Wüstenei. Kein Baum, kein Strauch schenkt Trost, der Mensch steht verloren in dieser Landschaft, die ihm deutlich sagt: „Du hast hier nichts verloren. Dies ist ein Garten, der einem höheren Wesen gehört.“

Aus hundert Erdlöchern steigt Schwefeldampf auf, der zischend, pfeifend, brodelnd irgendwo aus wer weiß welchen Tiefen der Hexenküche in Mutter Erde seinen Weg durch kilometerlange Spalten nach oben findet. Dort, wo Dampf dem Gestein entweicht und heißen Nebenschwaden gleich vom Wind über das Gestein getrieben wird, lagert sich Schwefel ab. Wer einsam dort oben steht, der steht mitten im Schwefeldampf. Der Weg ist übersät mit großen und kleinen Fumarolen, Hunderte Spalten, Ritzen,

Löcher, Engen, aus denen es zischt und quillt und stiebt. Die Dämpfe, schreibt Wikipedia, sind ein Gebräu verschiedenster Gase und enthalten zu 1% auch „Schwefelwasserstoff. Die Giftigkeit des Gases ist schon im ppm-Bereich erheblich“, auch wenn der Wind dort oben die Gase gleich bei deren Austritt verdünnt und verwirbelt.

Ich aber bin fasziniert von dem gewaltigen Garten, in dem ich mich befinde und der mich meist gleichgültig, manchmal böse aus zwei dampfenden Augen anblickt. Klein fühlt sich der Eindringling in dieser Welt, klein, weil Dich hier die Erdzeitalter anblicken und Du Dich klein fühlst vor der Gewalt dessen, was sich vor dem Auge ausbreitet.

Ob sich die Trumps, die Putins, die Erdogans, die Orbans ändern würden? Wenn man sie hier herauf schaffte? Und drei Tage allein ließe, jeden für sich, mit sich und nichts als sich selbst allein?
Ohne Publikum, ohne jubelnde Entourage, die ihnen beständig ins Ohr flüstert: „Du bist groß“?

Ob sie ihr Denken ändern würden?

Ich weiß es nicht. Ein Ort der Umkehr wie bei Dante ist „Il Cratere“, ein Ort des Staunens und der Selbstvergewisserung für den, der nicht nur ein Spektakel darin sieht.

Die liparischen Inseln: Sie sind mehr als ein touristisches Event. Und mehr als ein Fünf-Minuten-Kitzel.

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Mare Più: heißt „mehr Meer“. 
Und wenn Sie mehr Geschichten 
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Wie es ist, auf einem kleinen Segelboot
• Italien
• Griechenland
• Türkei
zu bereisen. Und in fünf Monaten: Von München nach Antalya zu reisen.

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Auch als Film:  



Im Download. Als DVD. Hier.

Demnächst auch in den CINEPLEX-Kinos 
in Aichach und Germering bei München.

Das sagt die Presse über Buch und Film:

„… ein Sehnsuchtsbuch par excellence.
Und ein echtes sinnliches Erlebnis.“
MÄRKISCHE ZEITUNG im Oktober 2015

„… eröffnet dem Weltenbummler ganz wunderbare Traumziele, auf die man 
bei üblicher Herangehensweise schwerlich gekommen wäre.“
YACHT im Mai 2015 

„Die Besonderheit des einstündigen Streifens ist seine Ruhe. 
Eine Ruhe, die der Film mit poetisch angehauchter Sprache und sinnlichen Bildern von Szene zu Szene eingehender vermittelt.“
SEGELREPORTER im Dezember 2015

„… ein schönes, ein gelungenes Werk, animierend und inspirierend.“
LITERATURBOOT im Juli 2015

„Absolut empfehlenswert!
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RATGEBER.REISE. im Juni 2015


Der Videowettbewerb „ICH GEH‘ SEGELN“

Videotrailer

 Beim VIDEOWETTBEWERB „ICH GEH‘ SEGELN“ ist deine Kreativität gefragt!

Alle Teilnahmebedingungen, Preisbeschreibungen und  Infos unter
www.luvgier.de

Worum geht es?
Es geht darum, ein eigenes Video zum Titel „Ich geh‘ segeln“ von The Sailing Bassman&Friends zu drehen. Ob originell, technisch anspruchsvoll, landschaftlich interessant oder mit seglerischem Inhalt; die Gestaltung ist dir völlig freigestellt. Jeder kann mitmachen. Die Teilnahme ist kostenlos!

Wie kann ich teilnehmen?
Den Song „Ich geh‘ segeln“ kannst du z.B. unter www.luvgier.de auf CD oder als Download erhalten. Du findest ihn auch kostenlos hier bei youtube. Nun produzierst du deine Videoidee (maximal 4 Minuten) zu dem Song. Wichtig ist dabei nur, das der Song „Ich geh‘ segeln“  in deinem Video zu hören ist; ob ganz oder nur in Ausschnitten bleibt dir überlassen. Auch ob ein Handy oder eine Profikamera benutzt werden ist deine Entscheidung. Das fertige Video schickst du dann an die folgende Emailadresse (zwingend erforderlich!)

[email protected]

Bei Videos mit großem Datenvolumen geht das kostenlos z.B. mit WeTransfer oder file2send. Wir melden uns dann sofort bei dir und laden das Video für den Wettbewerb bei YouTube hoch. Du kannst das Video aber auch zusätzlich bereits auf die entsprechenden Plattformen laden, um für dich zu werben.

Wie werden die Gewinner ermittelt?
Die Sieger des Videowettbewerbs werden in zwei Phasen durch eine Jury und ein Online-Voting bestimmt. Das Online-Voting gibt dabei die Beliebtheit des Videos wieder. Die Jury achtet auf weitere Elemente wie Gestaltung, Kreatitivät, Originalität und Umsetzung deiner Idee.

Wie ist der Zeitplan?
Zur Zeit befinden wir uns in der Einreichungsphase. Um deinen Song einzureichen, hast du bis zum  15. September 2016 Zeit – eine frühere Teilnahme erhöht natürlich deine Chancen auf viele Likes. Danach endet die Einreichungsphase und die Jury bestimmt anhand der Beliebtheit und der o.g. Kriterien die Videos für die Wettbewerbsphase.

Alle vorausgewählten Titel werden ab dem 15. September gleichzeitig für 10 Tage online gestellt, wobei am Ende der Wettbewerbsphase wieder die Jury anhand Beliebtheit und o.g. Kriterien die endgültigen Gewinner bestimmt.  Die Wertung der Jury ist endgültig. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Was kann ich gewinnen?
Insgesamt gibt es 11 Preise im Wert von über €1.000,- zu gewinnen. Diese teilen sich wie folgt auf:
1. Preis von Oceans-Eleven
    Ein Wochenende Katamaran-Segeln auf einer Lagoon 400 in den Niederlanden im Wert von €350,-
2. Preis von Yachtcharter Kiel
    Ein sechsstündiger Mitsegeltörn für 2 Personen in der Kieler Förde im Wert von €178,-
3. Preis von Klassisch am Wind
    Ein vierstündiges Skippertraining für maximal 2 Personen auf einem echten Folkeboot im Wert von €125,-
4. Preis: Ein Jahresabonnement des Magazins segeln im Wert von €62,-
5.-7. Preis von luvgier, millemari und woold records
    Drei Medien-Pakete „The Sailing Bassman“ bestehend aus signierter DVD und CD „Zeitmillionär“, dem
    Buch und dem Kalender „SchärenSegeln“, sowie der Sonderedition der Single „Ich geh‘ segeln“
8.-10. Preis: Ein eBook nach Wahl aus dem Programm von millemari

Sonderpreis von luvgier und woold records
Ein Segeltörn für 2 Personen mit dem Sailing Bassman auf einer VINDÖ 40 vor Boltenhagen im Wert von €200,-

Direkt nach Ende des Wettbewerbs werden die Gewinner benachrichtigt und die Preise verschickt. Wir wünschen euch viel Spaß und viel Erfolg bei der Teilnahme!

Alle Teilnahmebedingungen, Preisbeschreibungen und  Infos unter
www.luvgier.de






Einhand um Sizilien, Teil V: Die Insel. Der Gestank. Und das Geblubber.

Zweieinhalb Tagereisen östlich von Palermo stinkt es. Gewaltig.

Der Geruch fällt auf, als wir gegen Abend die Durchfahrt zwischen den Inseln Lipari und der Insel Vulcano hinter uns haben und langsam nach Südwesten in die Ankerbucht der Insel Vulcano eindrehen, in den Porto di Levante.

Viele Boote liegen jetzt im August hier in der Bucht. Aber um ehrlich zu sein: ich hatte jetzt im Ferragosto, dem italienischen Ferienmonat August, viel mehr erwartet. Die meisten von ihnen sind Segelyachten: Große, vornehme. Kleine, unscheinbare. Wie wir. Auch ein großes Tankschiff liegt südlich am Fähranleger, zuerst denke ich: Ein Wassertankschiff, das wie so oft auf den Insel Trinkwasser aus Quellen des Festlands heraus auf die Inseln bringt. Aber damit sollte ich falsch liegen.

Der strenge Geruch nimmt zu, je näher wir an die Bucht herankommen. Ein Geruch nach Gas. Der Kenner würde sagen: In der Nase voll, ein Geruch von fauligen Eiern mit etwas gammeligem Heu darin. Am Gaumen intensiv nach Gas schmeckend mit Noten von blankem Metall, Rost und Buttersäure (vulgo: „Stinkbombe“). Im Abgang etwas Bittermandel, Schwarzpulver und abgebrannte Streichhölzer. So etwa. Die oft zitierte „Waldbeere“ oder „Bitterschokolade“: sie riechen definitiv anders.

Zwischen den Booten suchen wir unseren Ankerplatz. Das ist auf Lipari und den angrenzenden Inseln überhaupt nicht leicht. Die Inseln sind Vulkaninseln, die sich steil aus Meerestiefen um 1.500 Meter vom Grund der See erheben. Wenige Meter vom Ufer ist die Wassertiefe gleich bei 44 Metern. Eigentlich sind die liparischen Inseln allesamt steile Vulkankegel, die sich wie mit Lineal eingezeichnet vom nördlichen Vesuv bei Neapel über den stets aktiven Stromboli, die nördlichste der liparischen Inseln über Panarea, Lipari, Vulcano bis hinunter zum 3.300 Meter hohen Ätna auf Sizilien erstrecken. Die brodelnde Küche im Erdinneren: Auf dieser Linie zwischen Vesuv und Ätna kommt man ihr im Nordosten Siziliens verflixt nah.

Herumkurven zwischen den Ankerliegern im Abenddämmer auf der Suche nach einem geeigneten Ankeplatz: Nach soetwas wie fünf Meter idealer Ankertiefe statt 44 Meter. Nach etwas Sand unter dem Kiel statt erstarrter Lava-Krusten oder diamanthartem schwarzem Basalt. Und das Ganze windgeschützt, bitteschön. Der Geruch – er steigert sich langsam zum Gestank.

Ankern unter großem Krater: Der Fährhafen der Insel Vulcano, der blaue Tanker. Alles freidlich unter „Il Cratere“, dem immer noch aktiven Vulkankegel der Insel Vulcano.

Je weiter wir die Bucht abfahren, je näher wir dem blau-weißen Tanker kommen: Umso intensiver wird das Geruchserlebnis. Er liegt über allem. Er scheint in den Kleidern zu stecken. Er scheint – aus dem Tanker zu kommen. Der Tanker? Ein leckgeschlagener Gastanker? Da wird doch nicht Gas ausströmen… Einen vagen Moment lang neige ich dieser Theorie zu. Aber dafür ist auf den umliegenden Booten alles zu ruhig. Keine Panik zu spüren. Alles ein friedlicher Abend unter fürchterlichem Geruch. Um mich zu vergewissern, dass es nicht der Tanker ist, halte ich Ausschau nach jemandem, der gerade auf dem Boot raucht. Und sich eine Zigarette anzündet, die uns alle, alle samt dem halben Vulkankrater unweigerlich in die Luft jagen würde. „Rauchen ist ungesund“, ja ja. Aber hier raucht gerade niemand.

Auch das Einfahren des Ankers in den Grund ändert am Geruch so gar nichts. Hatte ich auch nicht erwartet. Der Geruch bleibt intensiv. Wer jetzt sein unschuldiges Frühstücksei äße, der käme auf den Gedanken: Das Ei stinkt.

Hier ißt aber niemand sein Ei.

Nur der Tanker pumpt unschuldig irgendwas in Richtung Land.

Ein kurzer Schwimm im abendlichen Meer bringt die Lösung. Keine fünfzig Meter von LEVJE entfernt blubbert das Meer. An fünf bis zehn Stellen, großen wie kleinen, steigt heißes Gas aus dem ein Meter tiefen Fels-Sandboden. Blubbert kochendheiß an die Oberfläche. Der Geruch? Astreiner Schwefel, den Mutter Erde aus ihrem Inneren in großen Blasen an die Meeres-Oberfläche schickt.

Am nächsten Morgen stehe ich ganz früh auf und schwimme zaghaft zum Geblubber. Von heißen Quellen schreibt auch Rod Heikell in seinem Küstenhandbuch Italien, sein launiger Rat lässt mich wieder einmal England und seinen Humor arg vermissen:

„Durch entsprechenden Abstand von den Quellen kann man die Temperatur seines Bades wählen“.

Aha.

Also zuerst mal ein kleines Quellchen getestet. Der Geruch im Wasser nimmt intensiv zu. Schwefel über den Wassern. Und dann: warmes Badewasser. Ich aale mich morgens um sieben allein im Meer zwischen sieben brodelnden Quellen.

Also gut. Die ist erste Quelle. Jetzt steigern. Da vorne ist großes Gebrodel. Also hin. Vorsichtig schwimme ich Beine voraus Richtung Quelle. Die Blasen haben ungefähr Fußballgröße, sie zerplatzen im Schwell, den draußen die ablegende Fähre hereinsendet. Und: Hier ist es richtig heiß! Wer der Quelle zu nahe kommt, der zuckt schnell zurück.

Lange bleibe ich im Wasser, kaum dass ich mich lösen kann. Was muss das an einem kalten Novembermorgen hier Spass machen, wenn draußen schon alles kalt ist. Und drin das Schwefelgeblubber das Wasser auf mehr als Badewassertemperatur erwärmt.

Die Vulkaninseln. Sie haben was für sich. Nur der intensive Geruch aus Mutter Erde’s Küche …

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Wie es ist, auf einem kleinen Segelboot
• Italien
• Griechenland
• Türkei
zu bereisen. Und in fünf Monaten: Von München nach Antalya zu reisen.

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Auch als Film:  



Im Download. Als DVD. Hier.

Demnächst auch in den CINEPLEX-Kinos 
in Aichach und Germering bei München.

Das sagt die Presse über Buch und Film:

 
„… ein Sehnsuchtsbuch par excellence.
Und ein echtes sinnliches Erlebnis.“
MÄRKISCHE ZEITUNG im Oktober 2015
 
„… eröffnet dem Weltenbummler ganz wunderbare Traumziele, auf die man 
bei üblicher Herangehensweise schwerlich gekommen wäre.“
YACHT im Mai 2015 
 
„Die Besonderheit des einstündigen Streifens ist seine Ruhe. 
Eine Ruhe, die der Film mit poetisch angehauchter Sprache und sinnlichen Bildern von Szene zu Szene eingehender vermittelt.“
SEGELREPORTER im Dezember 2015
 
„… ein schönes, ein gelungenes Werk, animierend und inspirierend.“
LITERATURBOOT im Juli 2015
 
„Absolut empfehlenswert!
Für Reisebegeisterte ist ‚Einmal München-Antalya, bitte!‘ definitiv zu empfehlen.“


RATGEBER.REISE. im Juni 2015
 

Einhand um Sizilien, Teil V: Die Insel. Der Gestank. Und das Geblubber.

In lockerer Reihenfolge erzähle ich in dieser Artikelserie meine Reise 
um Sizilien auf meiner 31-Fuß-Yacht LEVJE im Sommer 2016. 

Alle Artikel dieser Reihe finden Sie auf click HIER.

Zweieinhalb Tagereisen östlich von Palermo stinkt es. Gewaltig.

Der Geruch fällt auf, als wir gegen Abend die Durchfahrt zwischen den Inseln Lipari und der Insel Vulcano hinter uns haben und langsam nach Südwesten in die Ankerbucht der Insel Vulcano eindrehen, in den Porto di Levante.

Viele Boote liegen jetzt im August hier in der Bucht. Aber um ehrlich zu sein: ich hatte jetzt im Ferragosto, dem italienischen Ferienmonat August, viel mehr erwartet. Die meisten von ihnen sind Segelyachten: Große, vornehme. Kleine, unscheinbare. Wie wir. Auch ein großes Tankschiff liegt südlich am Fähranleger, zuerst denke ich: Ein Wassertankschiff, das wie so oft auf den Insel Trinkwasser aus Quellen des Festlands heraus auf die Inseln bringt. Aber damit sollte ich falsch liegen.

Der strenge Geruch nimmt zu, je näher wir an die Bucht herankommen. Ein Geruch nach Gas. Der Kenner würde sagen: In der Nase voll, ein Geruch von fauligen Eiern mit etwas gammeligem Heu darin. Am Gaumen intensiv nach Gas schmeckend mit Noten von blankem Metall, Rost und Buttersäure (vulgo: „Stinkbombe“). Im Abgang etwas Bittermandel, Schwarzpulver und abgebrannte Streichhölzer. So etwa. Die oft zitierte „Waldbeere“ oder „Bitterschokolade“: sie riechen definitiv anders.

Zwischen den Booten suchen wir unseren Ankerplatz. Das ist auf Lipari und den angrenzenden Inseln überhaupt nicht leicht. Die Inseln sind Vulkaninseln, die sich steil aus Meerestiefen um 1.500 Meter vom Grund der See erheben. Wenige Meter vom Ufer ist die Wassertiefe gleich bei 44 Metern. Eigentlich sind die liparischen Inseln allesamt steile Vulkankegel, die sich wie mit Lineal eingezeichnet vom nördlichen Vesuv bei Neapel über den stets aktiven Stromboli, die nördlichste der liparischen Inseln über Panarea, Lipari, Vulcano bis hinunter zum 3.300 Meter hohen Ätna auf Sizilien erstrecken. Die brodelnde Küche im Erdinneren: Auf dieser Linie zwischen Vesuv und Ätna kommt man ihr im Nordosten Siziliens verflixt nah.

Herumkurven zwischen den Ankerliegern im Abenddämmer auf der Suche nach einem geeigneten Ankeplatz: Nach soetwas wie fünf Meter idealer Ankertiefe statt 44 Meter. Nach etwas Sand unter dem Kiel statt erstarrter Lava-Krusten oder diamanthartem schwarzem Basalt. Und das Ganze windgeschützt, bitteschön. Der Geruch – er steigert sich langsam zum Gestank.

Ankern unter großem Krater: Der Fährhafen der Insel Vulcano, der blaue Tanker. Alles freidlich unter „Il Cratere“, dem immer noch aktiven Vulkankegel der Insel Vulcano.

Je weiter wir die Bucht abfahren, je näher wir dem blau-weißen Tanker kommen: Umso intensiver wird das Geruchserlebnis. Er liegt über allem. Er scheint in den Kleidern zu stecken. Er scheint – aus dem Tanker zu kommen. Der Tanker? Ein leckgeschlagener Gastanker? Da wird doch nicht Gas ausströmen… Einen vagen Moment lang neige ich dieser Theorie zu. Aber dafür ist auf den umliegenden Booten alles zu ruhig. Keine Panik zu spüren. Alles ein friedlicher Abend unter fürchterlichem Geruch. Um mich zu vergewissern, dass es nicht der Tanker ist, halte ich Ausschau nach jemandem, der gerade auf dem Boot raucht. Und sich eine Zigarette anzündet, die uns alle, alle samt dem halben Vulkankrater unweigerlich in die Luft jagen würde. „Rauchen ist ungesund“, ja ja. Aber hier raucht gerade niemand.

Auch das Einfahren des Ankers in den Grund ändert am Geruch so gar nichts. Hatte ich auch nicht erwartet. Der Geruch bleibt intensiv. Wer jetzt sein unschuldiges Frühstücksei äße, der käme auf den Gedanken: Das Ei stinkt.

Hier ißt aber niemand sein Ei. 

Nur der Tanker pumpt unschuldig irgendwas in Richtung Land. 

Ein kurzer Schwimm im abendlichen Meer bringt die Lösung. Keine fünfzig Meter von LEVJE entfernt blubbert das Meer. An fünf bis zehn Stellen, großen wie kleinen, steigt heißes Gas aus dem ein Meter tiefen Fels-Sandboden. Blubbert kochendheiß an die Oberfläche. Der Geruch? Astreiner Schwefel, den Mutter Erde aus ihrem Inneren in großen Blasen an die Meeres-Oberfläche schickt.

Am nächsten Morgen stehe ich ganz früh auf und schwimme zaghaft zum Geblubber. Von heißen Quellen schreibt auch Rod Heikell in seinem Küstenhandbuch Italien, sein launiger Rat lässt mich wieder einmal England und seinen Humor arg vermissen:

„Durch entsprechenden Abstand von den Quellen kann man die Temperatur seines Bades wählen“.

Aha.

Also zuerst mal ein kleines Quellchen getestet. Der Geruch im Wasser nimmt intensiv zu. Schwefel über den Wassern. Und dann: warmes Badewasser. Ich aale mich morgens um sieben allein im Meer zwischen sieben brodelnden Quellen.

Also gut. Die ist erste Quelle. Jetzt steigern. Da vorne ist großes Gebrodel. Also hin. Vorsichtig schwimme ich Beine voraus Richtung Quelle. Die Blasen haben ungefähr Fußballgröße, sie zerplatzen im Schwell, den draußen die ablegende Fähre hereinsendet. Und: Hier ist es richtig heiß! Wer der Quelle zu nahe kommt, der zuckt schnell zurück.

Lange bleibe ich im Wasser, kaum dass ich mich lösen kann. Was muss das an einem kalten Novembermorgen hier Spass machen, wenn draußen schon alles kalt ist. Und drin das Schwefelgeblubber das Wasser auf mehr als Badewassertemperatur erwärmt. 

Die Vulkaninseln. Sie haben was für sich. Nur der intensive Geruch aus Mutter Erde’s Küche …

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Das sagt die Presse über Buch und Film:

„… ein Sehnsuchtsbuch par excellence.
Und ein echtes sinnliches Erlebnis.“
MÄRKISCHE ZEITUNG im Oktober 2015

„… eröffnet dem Weltenbummler ganz wunderbare Traumziele, auf die man 
bei üblicher Herangehensweise schwerlich gekommen wäre.“
YACHT im Mai 2015 

„Die Besonderheit des einstündigen Streifens ist seine Ruhe. 
Eine Ruhe, die der Film mit poetisch angehauchter Sprache und sinnlichen Bildern von Szene zu Szene eingehender vermittelt.“
SEGELREPORTER im Dezember 2015

„… ein schönes, ein gelungenes Werk, animierend und inspirierend.“
LITERATURBOOT im Juli 2015

„Absolut empfehlenswert!
Für Reisebegeisterte ist ‚Einmal München-Antalya, bitte!‘ definitiv zu empfehlen.“


RATGEBER.REISE. im Juni 2015

So leben die Anderen: In den Straßen von Palermo.






In lockerer Reihenfolge erzähle ich in dieser Artikelserie meine Reise 
um Sizilien auf meiner 31-Fuß-Yacht LEVJE im Sommer 2016. 

Alle Artikel dieser Reihe finden Sie auf Klick HIER.

Heute bin ich nach Palermo gesegelt. Eigentlich wollte ich ja irgendwie drumherum. Zu hart ist die Stadt, zu sehr ist mein Bild geprägt, wie es damals war, in Palermo, an dem Tag, an dem ich zum ersten Mal hier war, im August 1983. An dem Tag, als Staatsanwalt Dalla Chiesa samt seiner hochschwangeren Frau in diesen Straßen von der Mafia erschossen wurden. Ein kleiner FIAT. Zwei blutüberströmte Leichen darin. Menschen in den Straßen, die ohnmächtig die Fäuste ballten.

Es dauerte ein weiteres Jahrzehnt und einige weitere ermordete Richter und Staatsanwälte, bis die Wut der Bevölkerung in Widerstand umschlug. Prominente Verhaftungen und Schauprozesse waren die Folge, die Mafia wurde zurückgedrängt. Verschwunden aber ist ist sie keineswegs.

Palermo heute: Ist immer noch hart drauf. Aber nicht nur. Natürlich gibt es auch die teuren Läden in der Innenstadt. Aber das ist nicht Palermo – jedenfalls nicht nur. Wer nur 100 Meter abbiegt von den touristischen Magneten, dem PALAZZO DEI NORMANNI oder dem Dom, in dem der Staufer Friedrich II. begraben liegt, der bekommt eine Stadt zu sehen, in der Schönheit und Häßlichkeit ganz ganz eng beinander liegen. Und eine faszinierende Verbindung eingehen.


Denn das ist Sizilien: Es ist eine Reise in das alte Italien. In dem Einkaufszentren, Malls zum Shoppen und MacDonalds noch Lichtjahre entfernt sind. Eine Welt, in der Wut, Elend und Schönheit eng, ganz eng beieinander liegen.

Zum Beispiel hier. Nur wenige Schritte entfernt von einer Ansammlung Mülltonnen liegt diese Kirchenfassade aus dem 13. Jahrhundert. Frühgotisches Kirchenportal unter einer Fensterrosette. Und kaum, dass ich durch die enge Holztür das Kircheninnere betreten habe, bietet sich dieser Anblick. Palermo ist auch die Stadt der Innenhöfe. Und das mag mit ihrer maurischen und spanischen Vergangenheit zu tun haben.

Ein mittelalterlicher Kreuzgang. Ein Augustinermönch sitzt auf der Ballustrade, liest – es ist Nachmittag – in seinem Brevier. Der Frieden der Welt. Nur eine Schrittlänge entfernt von Grobheit, Verfall, Mutwille. Auch das ist Palermo. Die Stadt, in der das Mittelalter fortlebt.

Eine Straße weiter: Franco (Bildmitte) baut mit zwei Kumpels in seiner Schlosserei, die nichts ist als eine kleine Höhlung in einer schmutzig-grauen Hauswand Lampen zusammen. „Eine Restaurantkette hat sie bei uns bestellt. Also bauen wir aus Holz, Lampenfassungen, Drähten etwa 100 Lampen zusammen“, sagt Franco.

Seine Schlosserei hat Franco selbst gegründet. Kein Schlosser in dritter Generation. Kein Vater, der den Betrieb an seinen Sohn weitergibt. Nur eine Werkstatt, in der Lampen für eine Restaurantkette zusammengebaut werden. Und drei junge Leute, die hier Arbeit und Auskommen finden. Palermo, die Stadt der kleinen Gewerke.

Und weil das mit „Palermo. Die Stadt, die im Mittelalter verharrt“ so verkehrt nicht ist, stehe ich ein paar Schritte weiter mitten zwischen Marktständen. Palermo ist auch die Stadt der Straßenmärkte. Alles, alles kann man hier kaufen. Seine Hemden, deren Stoff der Händler seinen Kunden begeistert anpreist.

Auch seinen Anzug. „Nuovi Arrivi“ verheißt das Schild, „Neue Ware“, eben eingetroffen. 39 € kostet so ein Anzug auf diesem Markt – was eindrucksvoll vor Augen führt, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, wenn bei uns mal alles den Bach runtergeht. Anzüge gibt es auch dort, wo kein Wachstum möglich ist, wo die Arbeitslosigkeit dauerhaft bei fast 20% liegt und das Bruttosozialprodukt konstant ein Viertel unter europäischem (!) Durchschnitt.

Palermo ist immer noch die Stadt der Märkte, der offenen Auslagen. Egal ob Gemüsehändlerin, ob Fleischer, ob Uhrmacher: Verkauft wird unter freiem Himmel.

Der Uhrmacher hat seine kleine Holzbude mit den Auslagen geöffnet. Er kratzt sich nachdenklich den Bart. Aber nicht, weil ein Kunde ihn mit einem technischen Problem oder einem abstrusen Kundenwunsch konfrontiert hätte. Nein. Der Uhrmacher spielt gerade Dame. Und nutzt die Gelegenheit zum Nachdenken, während sein Spielpartner einen Bekannten begrüßt, typisch sizilianisch mit Männerkuss, versteht sich. „Dama“ heisst das Spiel auf sizilianisch, und wer weiß, wie lange es auf den Straßen Palermos schon gespielt wird. Palermo verharrt. Mittelalter.

Die Dinge, die der Uhrmacher anbietet, sind einfach. Quarzuhren, für 4 €, das Stück. Batterien. Wecker. Ein paar Armbänder. Einfache Dinge. Was die Leute zum Leben halt so brauchen. Und genau das sind diese Straßenmärkte. Sie decken den Bedarf der Bewohner. Orangefarbene Paschminas oder ein Paar hübsche griechische Riemensandalen aus chinesischer Fabrikation wird man hier vergebens suchen. Die Straßenmärkte sind nicht für Touristen da. Sondern für die Menschen, die hier leben. Denn Supermärkte: Fehlen in den Straßen von Palermo.


Was aber nicht bedeutet, dass alle hier in Armut leben. Aufs Essen wird – wie überall in Italien – auch in Palermo größter Wert gelegt. Die Tomaten am Stand der Gemüsehändlerin sind frisch und sehen hervorragend aus. So sehr die Straßenmärkte an prekäres Milieu gemahnen mögen: Beim Essen sind sie uns weit voraus in Italien, auch hier. B-Ware der großen Obst und Gemüseproduzenten, die in den Länder des Nordens exportiert wird, kommt nicht auf den Ladentisch. Das Brot an einem Stand – es kostet keinen Euro – ist frisch aus der Backstube, die hinter dem winzigen Verkaufsraum liegt und in der der Lehrling zusammenfegt.

Es scheint, als hätte die Qualität der Lebensmittel, der Restaurants mit den Ansprüchen der Bewohner zu tun. Denn dies gilt für ganz Italien: Wer Mittelmaß liefert beim Essen, ist schnell weg vom Fenster. Sehr schnell. Woher kommt dieser Anspruch ans Essen?

Ein paar Schritte weiter, nur wenige Meter vom Hafen entfernt. Fischhändler und Restaurantbesitzer haben auf der Piazza einfache Stühle und Tische aufgebaut. Die Piazza ist nun ein Freiluftrestaurant. Holzkohlengrills qualmen zwischen dem, was man gerne als Ruinen bezeichnen kann. Hätte nicht der Bürgermeister einer anderen Stadt weit im Norden, der sich aufs trefflichste auf Marketing verstand; hätte also nicht jeder Bürgermeister, sondern Leoluca Orlando, der Bürgermeister von Palermo, der den Kampf gegen die Mafia aufnahm, den Spruch „Arm, aber Sexy“ für seine Stadt reklamiert: Man würde es ihm sofort abkaufen.

Palermo ist auch die Stadt der Buchhandlungen. Es gibt sie die Hauptstraße entlang, den Corso Vittorio Emanuele, aber auch in den Seitenstraßen. Es sind kleine Buchhandlungen. Und jede hat sich auf etwas anderes spezialisiert. Allesamt bieten sie Bücher an, das ja. Aber es fehlt das Schreiende, das „Musst-Du-unbedingt-lesen“, „Der neue Dingsbums“.

Auch was die Bücher angeht, ist Palermo eine Reise ins alte Italien. Eine Reise in die Vergangenheit, auch die meine. In einer Buchhandlung finde ich die Bücher, die ich 1976 in Florenz kaufte. Ein findiger Verleger hatte sie im Touristenland Italien verlegt: 32 Seiten mit Kunstdrucken. Wenig Text. Man fand sie alle 100 Meter in den Städten von Assisi bis Tortona. Jetzt sind es Restbestände, die die Buchhandlungen in Palermo anbieten. Und verscheuern.

Und während ich meinen Weg zum Hafen zurücklege, zu LEVJE, die friedlich in der überaus ehrlichen, gepflegten SOCIETÀ CANOTTIERE DI PALERMO schaukelt, gehen manche Gedanken über Palermo in meinem Kopf herum. Gäbe es eine Stadt unter all den Orten, die ich näher kennenlernen würde, in der ich spontan eine Woche verbringen wollte: Es wäre Palermo. Denn vielleicht ist das so: Unsere Welt des Nordens, und dazu gehört mittlerweile auch das italienische Festland, ist eine Welt, die von Investoren angetrieben wird. BMW und EDEKA und ROCHE und VOLKSWAGEN: Wir verdanken den Investoren und den von ihnen geschaffenen Gebilden unseren Komfort und unseren Wohlstand. Für Investoren war Palermo, in dem die Mafia wütete und wirkt, nie ein gutes Pflaster. Gift für Geld. Sie haben ihren Weg nur selten nach Palermo gefunden.

Das hat Folgen bis heute. Für Palermo. Aber auch für uns.