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Castets-en-Dorthe – Lagruère

IMG_5137 Schleuse Garonne Seitenkanal19.04.2016

Vignette ist gekauft, es geht los! Ich bin etwas aufgeregt. Heute soll ich also zum ersten Mal, ganz allein durch eine Schleuse. Ohne Schleusenwärter und ohne fremde Hilfe.
Bei der ersten Schleuse bekomme ich allerdings noch Unterstützung. Der Hafenmeister aus Castets-en-Dorthe lässt es sich nicht nehmen, mit dem Fahrrad bis zur Schleuse nebenher zu fahren und in der Kammer meine Leinen anzunehmen, um die Poller zu legen und sich um die Vorleine zu kümmern, während ich die Heckleine nachführe. Klappt wunderbar und geht ziemlich schnell. Eos liegt dabei hinten in der Kammer. Dort ist das Wasser relativ ruhig.
Die ganze Aktion dauert von Einfahrt bis Ausfahrt genau 12 Minuten, inklusive Smalltalk und Verabschiedung. Eos wird dabei um 3,32m angehoben.
Weiter geht es durch den Kanal, der sich jetzt so präsentiert, wie ich ihn von Fotos aus den Büchern kenne. Wunderschön anzusehen ist das. So langsam werden die Bäume immer grüner und die Landschaft zieht im Schneckentempo an mir vorbei. Leider ist der Kanal in manchen Abschnitten mit Algen und Pflanzen zugewuchert. Bis an die Wasseroberfläche reicht das Kraut stellenweise und bremst uns aus. Die Geschwindigkeit sackt ab und Eos wühlt sich durch den grünen Unterwasserwald. Ich mache mir sorgen um die Kühlung und den Propeller. Es funktioniert aber alles ohne Probleme. Nur ab und zu zieht Eos in eine Richtung, wenn wir uns einen Algenbatzen mit einem der Kiele eingefangen haben.
Nach einer Weile bin ich vor der nächsten Schleuse. Man muss vor der Kammer einen Stab, der an einem Seil quer über den Kanal hängt, eine Viertelumdrehung nach rechts drehen. Damit fordert man die Schleuse an. Je nach dem, ob die Kammer leer oder gefüllt ist, muss man mehr oder weniger lange warten.
Ich habe Glück, die Kammer ist leer, die Tore öffnen sich und die Ampel schaltet auf grün. Langsam fahre ich Eos hinein, mache mit der Mittelleine an der Leiter fest, schnappe mir Vor- und Achterleine und klettere damit nach oben. Dort lege ich die Leinen um die Poller, klettere wieder runter, belege dort an den jeweiligen Klampen an Deck, löse die Mittelleine wieder von der Leiter und habe das Glück, dass jemand für mich den Knopf oben drückt und ich nicht nochmal hochklettern muss.
Jetzt schließen sich die Tore hinter Eos und das Wasser schießt vorne in die Kammer. Ich nehme während der Schleusung immer wieder die Achterleine dicht und halte Eos damit schön nah an der Wand. Geht ziemlich gut. Anschließend Leinen lösen und raus fahren.

Weiter geht’s. Weiter durch den Algenwald und der nächsten Schleuse entgegen. Hier bin ich nun wirklich ganz allein. Und auch hier wieder: Aufstoppen, Mittelleine an die Leiter, hochklettern, runterklettern, hochklettern, Eos halten, rausfahren. Geht viel einfacher als gedacht, wie sich heute gezeigt hat. Im Laufe des Tages sehe ich der ganzen Schleuserei recht entspannt entgegen. Ich werde schneller und gelassener. Es läuft wirklich gut und ich bin mit der Zeit über jede Schleuse froh, bringt sie doch Abwechslung in die Kanalfahrt.

Abends mache ich an einem Minianleger mit Restaurant in Lagruère fest. Eigentlich muss man hier für die Nacht bezahlen und bekommt Strom und Wasser. Allerdings liegt noch das Laub vom letzten Herbst und niemand ist da. Ok, dann halt kostenlos und abgeschieden.

Das einzige was Eos heute Probleme bereitet hat, war das Kraut im Kanal und die geringe Wassertiefe vor dem Anleger. Ich komme nicht näher als einen halben Meter heran, dann sitze ich mit einem Kiel auf.

21,9 Seemeilen und 8 Schleusen geschafft.

Hafentage in Castets-en-Dorthe

IMG_5055 Garonne-SeitenkanalSonntag, 17. und Montag, 18.04.2016

An diesen Tagen wollte ich Eos ein wenig auf den Kanal vorbereiten. EPIRB und Funkgerät kommen wieder raus aus der Jacke und über den Mast spanne ich eine Art Bimini, gegen Sonne und Regen. Waschtag ist ebenfalls und das einigermaßen klare Wasser im Kanal wird genutzt, um den Rumpf mit der Kamera zu begutachten. Das Antifouling sieht wirklich spitze aus. Bis auf die Unterseite der Kiele ist kein nennenswerter Bewuchs erkennbar. Nur der Propeller sieht wirklich bescheiden aus. Neben einem Mikroriff macht mir etwas anderes allerdings größere Sorgen. Die Opferanode ist nahezu vollkommen aufgelöst. Viel früher als sonst, ist nur noch ein winziger Rest übrig. Man kann es natürlich auch positiv sehen: Optimale Materialausnutzung, sozusagen.
Es nützt also nichts, ich muss ins Wasser. Darf man hier eigentlich nicht, wegen starker Mikrobenbelastung. Aber mir bleibt keine Wahl. Ohne die Anode geht es nicht. Das Wasser hat 16°C, also ziehe ich mir den Neoprenanzug an. Socken, Handschuhe, Taucherbrille mit Sehstärkenkorrektur und einen Bleigurt habe ich auch. Also eigentlich ein recht komfortabler Tauchgang. Klappt auch alles ohne Probleme. Die Anode ist schnell gewechselt und der Propeller mit einem Spachtel von allem Bewuchs befreit.

Der Ort, an dem ich diesmal gestrandet bin, ist übrigens ziemlich kurios. Fast wie im Schlaraffenland. Ich hab keine Dusche, ich hab ein richtiges kleines Bad im Hafen! Wenn man möchte, dann bringt einem der Hafenmeister morgens um halb 9 frisches Baguette oder Croissants ans Boot, viel früher steht hier keiner auf. Der Liegeplatz und alles drum herum sind echt schön. Aber dreimal am Tag passiert etwas wirklich merkwürdiges. Es kündigt sich bereits lange vorher durch eine Art Klopfen an. Das Klopfen kommt von einem Stock. Dann kommt zunächst ein alter Hund vorbei getrottet. Danach ein alter Mann an einem Stock und zuletzt eine struppige Katze! Eine Prozession ist das…
Achso, wenn man hier einen Fisch angeln möchte, braucht man nur kurz einen Köder ins Wasser halten und schon beißt ein großer Hecht an, oder ein Wels. Dauert nur einen Augenblick und man kann eine ganze Woche davon essen. Hab es gefilmt…

Ansonsten bastel ich weiter an Eos herum. Nur Kleinigkeiten. Viele Kleinigkeiten, die nötig sind, um das Gesamtsystem in gutem Zustand am Laufen zu halten. Ein wenig Törnplanung mache ich ebenfalls, laufe auch mal zur nächsten Schleuse, der ersten automatischen, und schaue mir alles genau an.

Dienstag will ich weiter.

Schwieriger als gedacht

IMG_5010 GaronneSamstag, 16.04.2016

Heute ist der Tag, an dem meine Törnplanung nicht ganz aufgeht. Der Wettergott, oder wer auch immer, macht mir einen Strich durch die Rechnung.
Meine Abfahrtszeit in Begles sollte 12 Uhr sein. Dann müsste der Strom kippen, also von Ebbe auf Flut wechseln und wieder bergauf fließen. Tut er allerdings erst etwa 30 Minuten später. Stillwasser gibt es im Prinzip kein nennenswertes. Das geht hier ziemlich zackig. Ich löse die Leinen um genau 12:28 Uhr, der Bukh läuft da bereits eine Weile und wir können gleich mit hoher Drehzahl starten.
Am Anfang geht es noch ganz entspannt zu. Der Strom schiebt uns ordentlich, aber ich lasse mich nicht davon täuschen. Mir ist bewusst, dass die Flutwelle bei Nipp nicht bis nach Castets-en-Dorthe reichen wird, also fahre ich gleich von Anfang an mit 2.600 U/min. Das mache ich eigentlich nur ungern. Der Propeller läuft da nicht mehr im Optimalbereich. Es ist laut und man verbraucht deutlich mehr Diesel. Aber es geht nicht anders. Um 17:30 sind wir bei der Schleuse zum Kanal angemeldet. Sabrina hat das in die Hand genommen und mit dem Schleusenwärter gesprochen. Er wird die Schleuse so vorbereiten, dass ich direkt aus dem Fahrwasser in die Kammer kann.
Nach einer Weile fängt es an zu regnen. Und wie es regnet. Eigentlich war wieder nur mal ab und zu ein kleiner Schauer gemeldet. Aber es hört nicht mehr auf zu regnen, den ganzen Tag lang nicht mehr. Ich hole mir irgendwann einen Eimer. Den stelle ich vor den Niedergang, setz mich darauf und improvisiere damit einen Innensteuerstand unter der Sprayhood. Eos steuere ich über die Tasten am Autopiloten.

Die Garonne wird derweil immer schmaler und Eos langsamer. Der Zeitpunkt, an dem wir nicht mehr geschoben werden, kommt viel früher als erwartet. Meine Kalkulation fängt an zu kippen und die Ankunftszeit verschiebt sich immer weiter nach hinten.
Während das Flussufer immer näher rückt und die verschlafen wirkenden Dörfer an mir vorbei ziehen, werde ich so langsam etwas nervös. In letzter Zeit ist in weiten Teilen Frankreichs viel Regen gefallen. Sollte der mir jetzt zum Verhängnis werden?
Immer mehr Wasser kommt uns entgegen. Als die Geschwindigkeit auf unter 4 Knoten fällt, erhöhe ich die Drehzahl noch einmal auf 2.800 U/min. Das sind nur noch 200 Umdrehungen unter der maximal möglichen Drehzahl. Und ich fahre jetzt anders. Raus aus dem Fahrwasser und auf die Innenseiten der Kurven, so dicht wie möglich ans Ufer. Beides mache ich nicht gerne, aber eine andere Chance gibt es nicht. Einen Hafen, einen Anleger oder sonst etwas zum festmachen gibt es auch nicht. Der Anker wäre die einzige Chance. In einem schmalen Fluss, den ich nicht kenne, mit starker Strömung und Untiefen, auch keine besonders erstrebenswerte Lösung.
Also ran an die Innenseite und im Wechsel die Augen aufs Wasser, Echolot und Geschwindigkeit. Weit innen sind wir glatt einen Knoten schneller, noch dazu sparen wir Wegstrecke. So könnte es klappen. Zwar spät, aber es könnte gehen. Ich denke dabei an die Zeit im Rhein. Hier habe ich das auch immer so gemacht, um schneller bergauf zu kommen. Aber im Gegensatz zum Rhein zwischen Wesel und Rees, kenne ich diesen Fluss nicht. Ich hab ein bisschen Bammel und irgendwann passiert es auch. Mit dem Backbordkiel bleibe ich irgendwo hängen. Vielleicht ein ins Wasser gekippter Baum, vielleicht Schlamm. Es fühlt sich so an, als wenn jemand den linken Kiel festhält und Eos zieht sofort in Richtung Ufer. Ich kuppel schnell den Autopiloten aus und ziehe die Pinne zu mir. Gerade noch rechtzeitig! Nach diesem Zwischenfall bin ich etwas vorsichtiger. Wage mich nicht mehr ganz so nah ans Ufer heran.

Mittlerweile fahren wir stellenweise nur noch 3 Knoten über Grund. Sabrina halte ich immer wieder auf dem Laufenden. Irgendwann schätze ich die neue Ankunftszeit auf 18:30 Uhr. Das ist eigentlich zu spät für Sportboote. Normalerweise ist das Zeitfenster zwischen 18 und 19 Uhr für die Berufsschiffe reserviert. Sabrina ruft nochmal beim Schleusenwärter an und gibt ihm die Infos durch. Er meint: Kein Problem. Bis 19 Uhr wartet er auf jeden Fall auf mich und wenn ich noch später ankommen sollte, lässt er die Schleuse offen. Dann soll ich ihn anrufen, wenn ich da bin. Er käme zur Schleuse und würde mir einen Platz zeigen, wo ich über Nacht bleiben kann.

Der Zeitdruck ist damit erst mal weg. Ich bin mal wieder begeistert, wie problemlos das in Frankreich geht.

Also weiter den Fluss hochquälen. Eos und der Bukh tun mir dabei Leid. Es ist ein Krampf. An den Engstellen geht die Geschwindigkeit noch weiter runter. Absoluter Tiefpunkt ist die Gegend um Langon. Nur noch 2 Knoten über Grund, bei etwa 6 Knoten Fahrt durchs Wasser.
4 Seemeilen bis zum Ziel stehen noch auf dem GPS Navigator. Eigentlich ein Katzensprung. Hier und heute nicht. Aber irgendwann haben wir es fast geschafft. Die Schleuse, ich kann sie im Fernglas bereits sehen. Herrlich. Wie ich mich freue. Dazu hört es endlich auf zu regnen. Wie bestellt.
Nur noch eine Brücke, dann vorsichtig raus aus dem starken Strom und rechtzeitig Gas wegnehmen. Die Schleusenanfahrt liegt im Prinzip direkt neben dem Fahrwasser. Als Eos in der Kammer und die Mittelleine fest ist, bin ich überglücklich. Endlich vorbei, die Quälerei auf der Garonne.

Schade, dass es so schwierig war, denn dabei ist die Schönheit der Garonne ein wenig untergegangen. Der Fluss ist noch sehr natürlich und wenig ausgebaut. Fällt ein Baum ins Wasser, dann bleibt er dort liegen. Bis auf ganz wenige Stellen gibt es auch keine Tonnen im Fluss. Und immer wieder treffe ich auf Fischer, die zu ihren Reusen fahren oder mit Netzen fischen.

Als ich in der Schleuse bin, geht alles schnell und einfach. In kürzester Zeit ist Eos oben, im Garonne-Seitenkanal. Endlich!
Die zweite Schleuse liegt nur ein paar hundert Meter hinter der ersten und der Schleusenwärter erklärt mir, dass er auch diese Schleuse noch für mich bedienen wird, damit ich bis zum ersten Hafen kann. Also schnell weiter, aber kurz bevor ich aus der Kammer bin, winkt er mit seinem Handy. „Telefon für dich!“
Ich bin verdutzt, halte Eos so schnell es geht an und er gibt mir sein Handy rüber. Es ist der Hafenmeister. Er will mir erklären, wo ich festmachen kann und meint, dass er nach dem Abendessen, so gegen 20 Uhr, noch zu mir kommt, um mir alles zu erklären und den Schlüssel für die Dusche zu geben.

Nach dem Gespräch geht’s weiter. Auch die Kinder vom Schleusenwärter kommen mit, der Hund ist auch dabei. Eos ist die Attraktion des Tages. Kommt offenbar nicht so oft vor, dass hier ein Segelboot aus Deutschland ankommt und wie sich später zeigen sollte, dass im April überhaupt Boote die Garonne hoch kommen.

Nach der zweiten Schleuse verabschiede ich mich von allen und mache die Leinen klar. Als ich den Platz von weitem sehe, bin ich etwas erschrocken. Nicht weil irgendwas schlecht aussieht, im Gegenteil, der erste Eindruck dieses Hafens ist Top. Nein, hier liegen die Boote mit dem Heck zum Steg und sind vorne an einer Mooringboje fest. Gesehen habe ich das schon oft, in Büchern und Blogs von Fahrtenseglern, aber bisher noch nie selber so festgemacht. Also bin ich zunächst erstmal ganz langsam vorbei gefahren und hab mir in Ruhe überlegt, wie ich in diese Lücke reinkomme und Eos fest kriege.
War dann eigentlich gar nicht so schwierig und hat gut geklappt. Habe sie rückwärts so rein gefahren, dass ich gut mit dem Radeffekt arbeiten konnte und als die Boje am Bug war, schnell eine Leine festgemacht und weiter zurück gesetzt. Das schwierigste war, die Heckleinen am Steg zu befestigen. Klampen gab es nicht, sondern nur so kleine Augbolzen. Übers Heck konnte ich auch nicht so leicht raus, da ist ja gerade alles verbastelt und die Windfahnensteuerung war auch im Weg. Nach ein paar Versuchen hab ich dann doch mit einem Wurf die Leine hinter dem Augbolzen verheddert bekommen.
Danach in Ruhe alles ausgerichtet, essen gekocht, müde geworden.

IMG_20160416_195721 Eos in Castets

Eos in Bordeaux

IMG_4957 Eos in BordeauxAm 15.04. mache ich vormittags, kurz nach Niedrigwasser, in Pauillac die Leinen los. Diesmal geht nichts kaputt und wir kommen ohne Probleme aus dem Hafen.
Auf der Gironde ist heute ausnahmsweise mal richtig viel Verkehr, jedenfalls für die Verhältnisse dort. Kurz nachdem ich am Rand des Fahrwassers bin, werde ich von einem größeren Schiff überholt und hinter mir bewegen sich gleich zwei der großen A380 Frachter, die zwischen Hamburg und Pauillac Flugzeugteile für den Riesenvogel transportieren. Auch im weiteren Verlauf des Tages begegnen mir immer wieder andere Schiffe. Fähren, Kreuzfahrtschiffe und ein Containerfrachter.
Nach knapp zwei Stunden bin ich in der Garonne. Das Wasser wird klarer, der Fluss ist etwa so breit wie der Rhein. Allerdings ist er nicht so stark kanalisiert. Die Ufer wirken auf mich sehr natürlich. Ins Wasser gekippte Bäume, ein paar Anglerhütten und viele Wasservögel. Auch Flussfischer gibt es hier noch. So etwas habe ich bisher noch nie gesehen. Mitten im Fahrwasser vor mir rudert ein alter Mann ein langes Netz durch den Fluss.
Gegen Mittag sind wir in Bordeaux und es fängt an zu regnen. Ich mache ein paar Fotos, versuche in der kurzen Zeit so viel wie möglich zu sehen. Erst in dem Moment, als ein paar Meter neben mir an Steuerbord langsam diese Stadt vorbei zieht, realisiere ich es so richtig. Eos ist in Bordeaux!

Weiter geht’s. Wir müssen noch durch einen der schmalen Bögen an der „Pont de pierre“, der ältesten Brücke der Stadt. Napoleon Bonaparte war es, der den Bau dieser Steinbrücke angeordnet hat. Sie wirkt beeindruckend, sehr massiv, mit ihren wuchtigen Fundamenten. In wenigen Sekunden sind wir durch, vom starken Gezeitenstrom durchgespült worden. Danach mache ich Leinen und Fender klar und lege kurze Zeit später in Begles an. Den ersten Versuch mit dem Bug flussaufwärts breche ich ab, dafür strömt es noch zu stark bergauf. Also kurz eine Runde gedreht und entspannt gegen den Strom angelegt.
Ein freundlicher Hafenmeister erklärt mir alles und gibt Tipps für die nächste Etappe. Hafenanlagen und Dusche sehr gut, mehr ist hier nicht. Ich bin der einzige Gast im Hafen und auch sonst ist an diesem Abend kein anderer Mensch hier. Nur eine Ente setzt sich spät abends zum schlafen auf den Steg neben Eos.

Gute Nacht

Saisonanfang – Wenn das Normale zum Besonderen wird.

Für jeden Segler, ganz gleich ob Auf einer kleinen Alsterjolle oder der 14m Hochseeyacht,  ist der Saisonanfang die eigentlich glücklichste Zeit im Jahr. Und der Tag des Einkranens so als ob Weihnachten, Ostern und  Geburtstag auf eine Tag fallen. Einen Samstag. Mit Sonnenschein und Sportschau noch dazu.  Auch wenn das Wetter im Frühjahr eigentlich so überhaupt nicht mitspielt. Vor allem aber können in den ersten Wochen im Wasser die banalsten Dinge zu echten Glücksmomenten werden. Aber eins nach dem anderen.

Bei mir und Nonsuch war das auch dieses Jahr kein Stück anders. Der Winter war mal wieder viel zu lang. 5 Monate Sauregurkenzeit in der meine Beziehung zu meinem Boot auf die wochenendlichen Kurzbesuche in der Halle begrenzt waren. Kühlschrankkalt ist es dort meistens, und die Winterstürme an der Nordsee lassen das dünne Blechdach beben. Und doch zieht es mich meistens schon Mitte März an den ersten schönen Tagen des Jahres ins Wasser. Völlig egal ob sich noch kein einziges Blatt an den Bäumen zeigt, aber sobald das Thermometer das erste Mal tagsüber zweistellig wird, ist der Winter per ordre de Mufti beendet. Selbst bei kalten Spätwinterwetter zieht es mich raus aus dem Wasser. So bin ich oft noch fast allein wenn ich in der Hallt das Schiff für die kommende Saison fertig mache.

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Wie wird beim Saisonanfang nun aber das Normale zum Besonderen? Nun, bei mir kam dieses mal dazu, dass meine Werft Wort gehalten hat das Schiff bis zu einem gewissen Freitag im März ins Wasser zu setzen. Das hiess in diesem Fall: Freitagabend im Stockdunklen spät in der Nacht. Früher gings halt nicht… Die letzten Pinselstriche an den Pallstellen wurden so zur Nacht-und-Nebel-Aktion. Doch irgendwann spät Abends glitt meine treue Sirius dann in das mittlerweile pechschwarze Wasser. Der Moment als der Kiel die Oberfläche durchstoß, war wegen der Dunkelheit nicht mal mehr zu erkennen. Aber mal im Ernst, welcher Winterlagerbetreiber zeigt solch einen Einsatz für seine Kunden?

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Und dann der magische Moment: Monatelang hat sich das Schiff keinen Millimeter bewegt wenn man zum Arbeiten oder zum In-Erinnerungen-Schwelgen (meist eher Zweiteres) an Bord rumgehampelt ist. Doch nun gibt das Deck unter meinem Gewicht wieder nach, als ich raufklettere. Ungewohnt unsicher sind so die ersten Schritte an Bord. Was in wenigen Wochen schon wieder zu den normalsten Bewegungen gehört, wird am Saisonanfang immer was ganz Besonderes und ist mit dem Reiz des Neuen belegt. Und das jedes Frühjahr aufs Neue. Völlig egal, dass es schon weit nach 21:00 und saukalt ist. Endlich wieder im Wasser! Doch wie man sich einfach nur über ein schaukelndes Boot freuen kann, wird schon mir selbst wohl bald wieder unverständlich sein.

Und in den nächsten Tagen geht es so weiter. Nonsuch ist ohne ihren Mast noch nicht mal ein richtiges Schiff. Aber einfach nur wieder über die Stege eines Yachthafens zu bummeln oder an Bord zu sitzen und den plätschernden Wellen am Heck zu lauschen löst kleine Glücksgefühle aus. Man stelle sich nur mal vor, man würde so Mitte Juli mal eben ne Stunde ablegen, nur um unter Motor ohne Mast (und ohne Bier an Bord) eine kleine Hafenrundfahrt zu drehen. Komische Blicke wären einem sicher, und selbst man selbst würde das im Zweifel ohne Ziel und Mast auch für ein ziemlich sinnloses Unterfangen halten. Aber jetzt ist mir das egal. Endlich wieder auf dem Wasser! Endlich wieder Bewegung im Schiff, Wind  und das Grinsen so breit wie eine Kreissäge im Gesicht. Das Normale wird für einige wenige Wochen zum Besonderen.

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Mein Winterlager an der Nordsee verlasse ich seit Jahren meist gleich im Frühjahr in RIchtung Ostsee. Das heisst, der erste Törn des Jahres führt häufig direkt durch den Nord-Ostsee-Kanal. Das heisst schnurgerade Strecke und 10 lange Stunden und Motor. Für viele mehr Arbeit als Vergnügen. Ich glaube aber das meine bereits mal erwähnte Vorliebe für den Kanal aber eben auch daher kommt, dass ich ihn immer zum Beginn der Sommersaison durchfahre. Das eben beschriebene Gefühl setzt sich fort. Endlich wieder eine Nacht an Bord in einem fremden Hafen, endlich wieder viele Stunden am Tag “Auf See”, endlich wieder Leben. Wenn man Mitte Juli nur endlich an der Ostsee für seinen Urlaub ankommen möchte, kann einem der NOK schon eher wie 10 Stunden auf der A7 vorkommen…

Die Bewegungen an Bord werden schon wieder sicherer. Überhaupt fühlt man sich schon nach wenigen Tagen an Bord wieder wie zuhause. Für den letzten Teil des ersten Törns von Kiel an die Schlei wird es dann auch das erste Mal ein wenig unnormal. Bestes Sommerwetter und eine leichte raume Brise bescheren mir einen Traumsegeltag wie er im Juli besser nicht sein könnte. Nur eine Sache ist anders. Treiben lassen bekommt eine ganz nee Bedeutung. Den ganzen Tag geht es nur mit 1-2kn vorwärts. Wenn es dann mal 3 werden bricht an Bord schon hektische Betriebsamkeit aus. Ich geniesse jede einzelne Minute noch mehr als ohnehin schon. Endlich wieder auf dem Wasser!

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Auch die Fahrt von Schleimünde nach Kappeln habe ich schon x mal hinter mich gebracht. Meistens ist es voll, der Wind kommt von vorne, kurzum: es nervt und ist einfach nur Weg. Heute ist der Weg das Ziel. Endlich wieder hier! Endlich wieder im Sommerrevier! Die langweiligste Strecke des Jahres wird zum Highlight.

Auch die nächsten Wochenenden schlurfe ich meistens nur ziellos durch den Hafen und habe es nicht eilig woanders hinzukommen. Zu sehen wie der Heimathafen aus dem Winterschlaf erwacht ist doch auch schön. Ungewöhnlich nur für jemanden, der normalerweise so schnell so weit weg wie möglich möchte. Nur irgendwie reicht mir dieser Saisonanfang, der die normalsten Abläufe und Eindrucke zu ganz Besonderen macht, für den Moment aus. Schon bald wird es mich wieder wegziehen, der Gang aus Boot wird wie selbstverständlich aus dem Instinkt kommen, oder wahrscheinlich ärgere mich über irgendein nicht funktionierendes Teil. Aber in diesen Tagen ist mir das völlig. egal. Weihnachten + Ostern + Geburtstag = Saisonanfang auf dem Wasser.

Ein schöner Tag in Pauillac

IMG_4864 Pinne gebrochen(Das Folgende hat sich am 13.04. abgespielt.)

Eigentlich war alles vorbereitet für einen Törn nach Begles. Aber es sollte mal wieder anders laufen als geplant.
Der wohl kürzeste Törn mit Eos liegt hinter mir. Leinen fest nach… vielleicht 100 Metern.
Es lief zunächst ab wie im Bilderbuch, trotz ordentlich Strömung aufs Heck. Hab die Ruderpinne fixiert und so ausgetrimmt, dass Eos mit nur einer Leine schön gerade in ihrer Box geblieben ist. Wetter perfekt, Nico hellwach, Bukh auf Betriebstemperatur. Letzte Leine gelöst, Rückwärtsgang rein und die Pinne ausgeklinkt. Der Strom hat heftig geschoben, aber Eos ließ sich wunderbar in die richtige Richtung steuern. Als genug Fahrt im Schiff war und ich weit genug aus der Box raus war, hab ich ausgekuppelt und noch etwas nachgesteuert, dann gab es einen Knall!
Ich hatte die Pinne in der Hand und das ausgerechnet in diesem Hafen! Viel Zeit blieb nicht, sie hat sich sofort weggedreht. Binnen Sekunden ging es wieder vorwärts, oder besser gesagt, seitwärts und Eos hatte Kollisionskurs mit einer Dehler 39 CWS. Der Supergau nahm im Hirn bereits Gestalt an. Ich hab mich nach Abwägung aller Möglichkeiten in dieser einen Sekunde dann spontan für Vollgas entschieden. Eigentlich bin ich sonst der Meinung: Wenn ein Hafenmanöver schief geht, am besten nicht mit dem Gashebel versuchen das Boot doch noch in die richtige Richtung zu zwingen. Meistens gehen solche Manöver dann mit hoher Geschwindigkeit schief. Also besser irgendwo langsam herantreiben, in Ruhe überlegen und eventuell mit Leinen arbeiten.
Heute habe ich es anders gemacht. Volle Fahrt voraus, bloß weg von der Dehler. Unglaublich, wie schwer sich so eine Eos plötzlich steuern lässt, wenn der Hebelarm am Ruder nur noch 20 Zentimeter beträgt. Aber es ging und bevor ich jetzt hier noch ausführlich werde, ich hab sie ohne Kratzer in die Box gebracht. Hab sie sogar noch aufstoppen und sauber ausrichten können. Eos mit den Leinen danach auf die richtige Seite zu bringen und wieder festzumachen hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert.
Obwohl so ein Schaden natürlich übel ist, war der Törn trotzdem einer der besten. Es hätte nämlich alles weitaus schlimmer kommen können!
Die Actioncam lief  übrigens am Geräteträger und hat alles gefilmt!

Warum die Pinne gebrochen ist? Sie war innen morsch.
Merde!

Nach einem Kaffee hab ich mich an den Rechner gesetzt und gegoogelt. Welches Holz brauche ich, was kann ich hier bekommen. Dann noch schnell eine Zeichnung gemacht und oben drauf auf Französisch „Eschenholz“ geschrieben.
Ich wollte mit meiner Zeichnung eigentlich nur kurz bei meinen Nachbarn vorbei schauen und danach in der Capitainerie fragen.
Gerade so vom Ponton runter gekommen bin ich, da grüßt mich ein älterer Herr und fragt, wie es mir geht (ich hatte ihn ein paar Tage zuvor kurz gegrüßt). Ich sage, dass alles gut ist, ich aber ein Stück Eschenholz für eine neue Pinne suche. Keine 5 Minuten später saß ich mit in seinem Auto und wir waren auf dem Weg zum Schreiner Guillet, am anderen Ende von Pauillac. Der Schreiner war leider nicht da und er konnte ihn auch per Telefon nicht erreichen. Also sind wir weiter zum Baumarkt gefahren und haben zusammen nach einem Stück Holz gesucht und gefragt. Es gab aber leider nur Bauholz, mit zu vielen Ästen. Also wieder zurück zum Hafen. Allein die Fahrt war schon ein Erlebnis. Mit Autos kannst du mich ja eigentlich seit Jahren überhaupt nicht mehr locken, aber dieses Schätzchen hatte was. Ein 1970er Rover 3500 V8 in fast perfektem Zustand und mit einem Sound…
So, jetzt aber weiter mit dem Holz. Ich war kurze Zeit später in der Capitainerie. Die nette Mitarbeiterin hat gleich jemanden losgeschickt, um so ein Stück Holz im Lager des Hafens zu besorgen. Leider stellte sich nach einer Weile heraus, dass kein Eschenholz dabei war, aber ich könne gerne mal selber mit im Schuppen schauen, ob vielleicht ein anderes Stück Holz dabei ist, was für eine neue Ruderpinne geeignet ist. Also auf zum Schuppen, kurz gesucht und ein gutes Stück Nadelholz gefunden. Keine Äste, recht schwer und nicht gerissen.

Was das ganze am Ende gekostet hat? Ein Merci Beaucoup, oder zwei, oder Drei!

Anschließend habe ich mir von der S/Y IZAR noch zwei Hobel geliehen und es ging los. Schneiden, Hobeln, Bohren, Schleifen, Versiegeln, Essen, Schlafen, Lackieren, Einbauen…

Freitag will ich hier weg!

Wobei… So langsam gefällt es mir richtig gut in Pauillac.

IMG_4869 neue Ruderpinne
IMG_4873 neue Ruderpinne
IMG_4877 neue Ruderpinne
IMG_4884 Ruderpinne

Ein Weinmann in Pauillac

IMG_20160412_191534 Weingüter PauillacAm 12.04. wird Pauillac von mir erkundet. Die Ländereien hinter dem Ort beherbergen einige der berühmtesten Weingüter der Welt. Der Boden ist so wertvoll, dass kaum ein Quadratmeter ungenutzt bleibt.
Den Ausflug genieße ich. Wunderbares Wetter, endlich mal wieder ein wenig die Gegend zu Fuß erkunden und vorbei an Châteaus, die Familien wie Rothschild oder Latour gehören.

Ich schreibe diesmal mal nicht viel, denn ich muss noch ein paar Dinge erledigen. Am nächsten Tag will ich weiter.

Eigentlich…

In Pauillac

IMG_4628 Eos SchlickrutscherAls ich letzte Woche Dienstag hier in Pauillac angekommen bin, da hätte ich die Möglichkeit gehabt gleich am nächsten Tag weiter nach Begles zu fahren. Es wäre allerdings sehr knapp geworden. Zum einen, weil mehr Schlamm im Hafen liegt als erwartet und damit das Zeitfenster zum Auslaufen so kurz vor Springtide verkleinert wird, zum anderen, weil ich erst kurz vorm Dunkelwerden in Begles angekommen wäre, vorausgesetzt, alles wäre nach Plan verlaufen.

Gebracht hätte es mir jedoch wenig, denn spätestens in Begles wäre für eine Woche Schluss gewesen, da die Gezeiten nicht zu den Betriebszeiten der ersten Schleuse gepasst hätten. Einen Anleger gibt es vor dieser Schleuse nicht. Man muss sich dort eine halbe Stunde vor der geplanten Ankunft melden, dann wird die Anlage für einen vorbereitet und man fährt direkt aus dem Fahrwasser in die Schleusenkammer.
Da muss also auch wieder alles passen. Hätte es aber eben nicht, denn die Garonne, wie auch die Gironde, ist bis weit ins Land durch Gezeiten beeinflusst. Da geht es nur mit dem Strom und nicht dagegen. Theoretisch wäre eine Nachfahrt auf der Garonne um Springtide herum noch möglich gewesen, oder andere „Experimente“. Theoretisch! Denn Nachtfahrten auf dem Fluß sind nicht ganz ohne. Das kann man auf Flüssen in seinem Heimatrevier machen, wenn man es kennt wie seine Westentasche. Wobei einem hier auch noch eine Menge Treibholz, in Form von ganzen Baumstämmen, entgegen kommt. Die sieht man Nachts schlecht.

IMG_4709 Treibholz

Der Tidenhub beträgt in Pauillac bei Springtide über 6 Meter. In Bordeaux ebenfalls und auch in Castets-en-Dorthe, an der Schleuse zum Kanal, etwa 150 Kilometer hinter der Mündung, hat der Atlantik noch nicht ganz an Einfluss verloren.
Es werden enorme Wasser- und Schlickmengen bewegt und in den Häfen kommt man mit dem Ausbaggern kaum hinterher.
Was hier, am größten Mündungstrichter Europas, an Wasser ins Meer fließt ist nicht wenig. Allerdings wird die Menge des abfließenden Süßwassers, vom einströmenden Meerwasser bei Flut, um das bis zu 30-fache übertroffen. Das ganze Seegebiet hat daher wenig Eigenschaften eines Flusses. Zumindest hier in Pauillac ist das in Bezug auf die Seefahrt noch Meer, auch wenn das Wasser eine andere Farbe hat, als direkt am Atlantik.

Also bin ich vorerst in Pauillac geblieben, habe Barbara und Michael kennengelernt und schöne Stunden bei den beiden an Bord ihrer S/Y IZAR verbracht. Mal war ich zum Tee an Bord, mal zum Abendessen eingeladen.
Die IZAR ist eine Bruce Roberts 53 und die beiden haben schon viel mit ihr gesehen. Sie sind von der Türkei aus durchs Mittelmeer gesegelt, dann über Gibraltar um die iberische Halbinsel herum.
Biskayaüberquerung, Irland, Schottland, Norwegen und wieder zurück in die große Bucht hier am Atlantik.
Es sind interessante Geschichten, die erzählt werden. Geschichten ohne Seemannsgarn und Geschichten, die inspirieren und Mut machen.
Irgendwann muss ich mich losreißen, es wird spät. Und wenn ich als Nachteule spät sage, dann ist es wirklich spät.

Ansonsten ist hier an meinem Ponton wenig los. Ich liege am anderen Ende des Hafens. Nachdem Eos in der ersten Nacht ziemlich früh trocken gefallen ist, habe ich sie in diese Ecke verholt. Hier wurde gerade erst ausgebaggert und Eos hat selbst bei Springniedrigwasser noch genügend davon unter den Kielen.
Ein wenig Aufmerksamkeit hat sie auch von mir bekommen. Ich habe den Ölwechsel und die Inspektion ein paar Motorstunden vorgezogen und eine neue Trinkwasserpumpe eingebaut. Bei der Alten hatte sich der Druckschalter verabschiedet. Vor dem Einbau habe ich der neuen Pumpe allerdings ein Relais spendiert, ein Tipp von einem Bootsnachbarn aus dem Mahnensee. Im Originalzustand muss der Druckschalter die gesamte Last der Pumpe schalten und geht dabei relativ schnell hopps. In der umgebauten Version schaltet der Druckschalter nur noch mit minimalem Strom ein Relais, welches dann die Pumpe ein- und ausschaltet. Das sollte nun ein wenig länger halten.

Mit Englisch hatte ich übrigens auch hier wieder überhaupt keine Probleme. Fast jeder, dem ich begegnet bin kann Englisch. Zweimal wurde ich sogar mit meiner Muttersprache überrascht. Mein Französisch ist leider nach wie vor eingerostet. Mehr als ein paar Brocken sind da nicht drin. Aber immerhin habe ich es hin bekommen in Begles anzurufen und mich auf Französisch nach dem Hafen und den Liegeplätzen zu erkundigen. Es war ein langes, holpriges Telefonat aber ich weiß nun wo ich dort festmachen kann.

Videoupdate #23

EINMAL MÜNCHEN-ANTALYA – heute live bei GEOBUCH München. Oder: Vom langsamen Reisen.

Reste des antiken Theaters im südtürkischen Myra:
Die Mienen der Schauspieler.

Es gibt vielfältige Gründe, warum wir reisen. Und warum wir hinterher darüber den Mund aufreißen über das, was wir erlebt haben, noch mehr. Egal, wie immer man reist, ob pauschal oder „all inclusive“ oder „individual“: Irgendetwas verändert sich. Der Alltag ist, zumindest am ersten Tag danach, ein anderer. Wir sehen unsere Welt danach mit anderen, weit aufgerissenen Augen – auch wenn der Effekt im Büro oder sonstiger Alltagsroutine nach einem Tag meist verschwunden ist. „Unsere“ Welt hat uns dann wieder.
„Urloub“: Im Deutsch des Mittelalters ist das Wort eng verwandt mit „sich Erlaubnis nehmen“. Der Urlaub war …

also noch nie die Regel, wollte man ihn, musste man sich „Erlaub“-nis holen – von wem auch immer. Mir hat das eigentlich nie eingeleuchtet, schon als Kind nicht, am Ende der großen Sommerferien. Ich habe mich lange gefragt und tue das bis heute: „Wie stellt man es an, eigentlich immer Urlaub, ja: „Erlaubnis“ zu haben?“

Genug der Wort- und Gedankenspiele, der Bekenntnisse. Heute Abend werde ich über meine Reise von München nach Antalya erzählen:

Bei GEOBUCH am Viktualienmarkt, ab 19.30 Uhr am heutigen Donnerstag, 7.4.2016.

Und das ist für mich schon ein besonderes Highlight. Denn schließlich ist GEOBUCH immer ein traditioneller Ort des Aufbruchs, ein Ort, an den ich ging bei x Reisevorbereitungen. Wenn Sie also,
wie das Pärchen, das ich vergangene Woche bei meinem Vortrag in der Berliner URANIA kennenlernte und das von Berlin nach Antalya mit dem Motorrad möchte, wenn Sie also das Fernweh plagt und zwickt: Dann freue ich mich, wenn Sie heute Abend im Publikum sitzen.

Denn ums Fernweh, um Nisomanie (die Inselsucht) und Leben am Meer wird’s gehen.
Und darum, dass wir unserem Fernweh öfter mal „Erlaubnis“ geben sollten.

Und für alle, die Fernweh & Meeres-Sehnsucht jetzt gleich befeuern wollen:


Ein Mann verliert seinen Job.

Aber statt zu resignieren, begibt er sich einfach auf sein kleines Segelboot.

Und reist in fünf Monaten: Von München nach Antalya.
Was passiert, wenn wir unser angestammtes Leben ändern?

Jetzt lesen. Als eBook. Als Print. Hier bestellen.

Demnächst Vorträge in:
            Donnerstag, 31.3.2016, 19:30 Uhr: URANIA, Berlin                                                                                     
     An der Urania 17, 10787 Berlin, Tel. 030 218 90 91
Donnerstag 7.4.2016, 19:30 Uhr: GEOBUCH, München
Rosental 6, 80331 München, Tel. 089 265030
Kommenden Sonntag der Film im Kino in:
Sonntag 10.4.2016, 11:00 Uhr: Kino im ANDREASSTADEL, Regensburg  

Im Download. Als DVD. Hier.

                        

Auf Sizilien. Im späten Winter.

Und irgendwie hatte ich es wieder nicht hingekriegt. Hatte es einfach nicht gemacht. Hatte das, was wichtig ist, einfach aus den Augen verloren. Ich hatte mir vorgenommen: „Im Winter mindestens einmal pro Monat am Meer.“ Auf LEVJE, die jetzt im Süden Siziliens im Hafen von Marina di Ragusa liegt. Nicht weniger als eine Woche. Mindestens. 

Aber wie das Leben so läuft: Ein netter Winter in Oberbayern. Eine spannende Aufgabe in Berlin.  Und weg ist der gute Vorsatz… 

Aus „Mindestens einmal monatlich“ wurde flugs „kein einziges Mal in vier Monaten.“ Mein Leben war spannend. Doch ich scharrte mit den Hufen, endlich, endlich in diesem Winter wieder auf mein Schiff zu kommen. Ich spürte, wie mein Schiff an den Leinen ruckte, ein Lebewesen erwacht in den Winterstürmen Siziliens. Nachts lag ich wach: „Schwimmt sie noch?“

Heute war es soweit. Früh aufgestanden, die letzten Dinge im Seesack verstaut, proppenvoll mit Werkzeug, Schrauben, Bolzen, Plastikflaschen voll „Harz & Härter“. Zwei Beutel mit Ostereiern, meine Lieblingssorte, die mir Katrin neben den Seesack legt. Minuten später stehe ich allein am Bahnhof, en Seesack geschultert, mein Schritt ist federleicht, obwohl der Seesack zusammen mit dem kleinen Rucksack für meine elektronische Ausrüstung mehr als 20 Kilo wiegt. Rollkoffer? Nein. Ich spüre es nicht, das Gewicht, weil andere Gewichte heute morgen von mir abfallen, während ich im lichtlosen Grau auf dem Bahnsteig stehe, beim Umsteigen nehme ich zwei Stufen auf einmal. Das Herz: es hüpft.

Der kleine Militärflughafen weit weit im Westen, von dem die Maschinen mit der aufgemalten gelben Harfe abheben. Noch nie bin ich mit RYANAIR geflogen, es ist eine verflixte Gängelei, vorher und während wir abgefertigt werden. Gedrängel und Gegängel im Wechsel, eingepfercht sein – da hilft auch kein noch so flotter Marketing-Refrain. Ein Massenprodukt, das mit Massen gefüllt sein will, sonst funktioniert es nicht, ich überlege, wie man – eingepfercht und nicht nur der Beinfreiheit beraubt, dieser Art von Massentransport, es ist ja nichts anderes, Positives abgewinnen könnte. Ich schließe die Augen. Schlafen ist gut. Der Blick aus dem Fenster auf die Weite der Berge – ja der entschädigt.

Anflug auf Palermo. Als die Wolken aufreissen, sagt jemand hinter mir: „Merkwürdig. Ich sehe Schnee. Und Berge.“ Doch was aus der Luft wie Schnee aussieht, ist Gischt. Wind, der tief unter uns auf dem Meer Wellen aufwirft, Gischt, die von hoch oben weiß aussieht, wenn Kämme brechen.

Und tatsächlich. In Palermo weht es. Wie fast immer, liegt der Flughafen einer Insel am Meer, beim Aussteigen warnt der Purser, dass man aufpassen solle, „heavy gusts outside“. Als ich aussteige, galoppieren graue Wolkenfetzen über den Berg, der archaisch hinter dem Rollfeld aufragt. Pfützen, die flirren, als lägen sie unter einem Triebwerk. Der Autoverleiher, ein netter Rothaariger, der versucht, mir noch für 170 € eine Extra-Versicherung anzudrehen. Nettes Palaver. Italien.

Ich rolle durch die Dämmerung. In Palermo Stau, es ist sechs, dann auf der Autobahn Richtung Süden. Windboen treiben meinen Kleinwagen immer wieder aus der Spur, aber sie lassen etwas nach. Regenschauer, kein Mittelmeer-Regen, eher feines Gesprühe. Meerwetter. Atlantikwetter. Zwischen den Bergen kurz der Vollmond, der zwischen jagenden Wolken sich zeigt. Als ich ihn sehe, weiß ich wieder, wie richtig es ist, immer wieder aufzubrechen, genau das und dies hier zu suchen, und wenn es nur für Tage, Stunden ist. Freude, die beim Anblick des Mondes wie ein Blitz durch mich zieht. Die letzten Kilometer, ein Gekurve durch düstere Wälder von Schilf, lange Halme, die sich im Wind biegen, wenn der Scheinwerfer des Wagens sie fasst.
Als ich endlich den Hafen erreiche, ist es mondlos, wolkenverhangen, Finsternis. Eigentlich wollte ich noch etwas essen gehen, aber die Sorge um mein Boot treibt mich gleich zum Hafen, jetzt um neun ist eh fast alles zu. Marina di Ragusa, Ferienort. Winterschlaf. Fetzen von Planen, die von Zäunen wehen.

Dann stehe ich endlich vor LEVJE. Sieht alles gut aus, von der Pier. Die Persenning bläht sich und bauscht im heftigen Nordwest, ein Brausen in den Masten. Ein paar ausgerissene Zeisinge, es muss heftig geweht haben hier die letzten Monate, die Trikolore, die ich neu im Herbst aufzog, sie ist in der Dunkelheit reduziert auf „Uno Colore“. Der Rest: verweht, vom Wind zerzaust, zerfasert, zerstoben.

Ich klettere an Bord. Fühlt sich so gut an, der gewohnte Tritt am Bug in den Bügelanker, in einem Schwung hinauf mit dem Seesack auf den Rücken in den Bugkorb, LEVJE schwingt freundlich in einer Böe nach Steuerbord. „Guten Tag.“ Mein Gesicht ein dümmliches Grinsen, ich freue mich einfach nur, als wäre es Weihnachten, wieder hier zu sein. Schnell das Steckschot geöffnet. Ich tappe im Dunkel nach unten, jedes Mal erwarte ich, im Dunkel mit den Füßen in eisiges Schwappen zu tauchen, weil ein Bordverschluss leise aufgab, im Winter. Aber alles ist trocken. Ich taste im Dunkel nach dem Hauptschalter, drehe kurz den Knochen. Licht springt an, ich habe beim Weggehen vorbereitet, dass alle Lichter gleichzeitig angehen. Mein erster Blick: Alles gut, alles trocken. Batterien so la-la. Nur die Kartoffeln in der Bilge habe Triebe bekommen, ich dachte ja im späten Dezember, gleich wär’ ich wieder da. Alles trocken. Alles gut. Freude packt mich, wieder auf meinen Boot zu sein, Freude, tief kindlich und kindisch zugleich, ich streichle LEVJEs Mastfuß, wie immer, wenn ich komme, wenn ich gehe. 

Die Beziehung eines Menschen zu seinem Gefährt: Sie ist bemerkenswert immer dann, wenn es nicht um „ es Haben“, sondern um „damit etwas Machen“ geht. Natürlich handelt es sich ja alles nur um ein paar industriell gefertigter und montierter Teile, Glas, Harz, Härter, Alu und Holz, im Wesentlichen. Aber zu jedem wichtigen Gefährt hatte ich auch immer eine besondere Beziehung. Mein erstes Fahrrad, auf dem ich nach der Schule, wenn das Wetter es zuließ, jeden Nachmittag aufbrach, um irgendwo im Dorf herumzustreunen, nach Erfahrungen, Abenteuern zu suchen, hieß „Emma“. So wie die Lokomotive von Lukas in dem Buch, das ich Nachmittags auf den heißen Pflastersteinen liegend wieder und wieder verschlang. Das erste Motorrad, das den Radius deutlich vergrößerte, die „wilde Wutz“. Der kleine rote Golf. Vielleicht ist das so: Ein Gefährt wird zum Gefährten, wenn man mit ihm ganz neue Schritte ins Leben geht. Neue Wege beschreitet. Wenn man ihm neue Erfahrungen verdankt, Weite im Kopf. Und Stunden des Glücks.

Ich schaue mich unter Deck um. Die Fenster blieben im prasselnden Winterregen alle dicht. Draussen macht der Wind Geräusche wie ein dahinbrausender Zug, der sich in die Kurve neigt. Ein schrilles Pfeiffen zwischen den Wanten. Ein dumpfes Wummern vom Meer hinter der Mole. Hundertfaches Sirren und Schwirren in der Luft. Ein Rauschen und Branden, Levje, die in den Böen hin und herschwingt, dazwischen der brummende Ton einer Orgel. Levjes Mastfuß, der vibriert. Die Tausenderlei Töne, die schwächer werden, nur um gleich wieder anzuschwellen, das Sirren und Schwirren und Brummen und Pfeiffen, das über allem liegt im Dunkel. Und ich mittendrin, geborgen, behütet in der Unwirtlichkeit, in der mein kleines Schiff schwingt, während ich Wasser für einen Topf mit Penne aufsetze und mir eine der letzten griechischen Bierdosen öffne: Bin glücklich während ich im Cockpit sitze, und hinausschaue in die brausende Finsternis. 

„Das Leben eines Menschen ist, was seine Gedanken daraus machen.“ Der alte Kaiser, der das schrieb, hatte recht – im Guten wie im Schlechten. Ich stelle mir vor: Wie er diese Zeile im matten Licht einer Öllampe seinem Sekretär diktierte – der alte Kaiser lebte meist im Militärlager, ein Kaiser zwar, aber im Zelt, die zwanzig Jahre seiner Regierung fast nur in widrige Grenzkriege im Norden verwickelt. „Das Leben eines Menschen ist, was seine Gedanken daraus machen.“

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Mehr Geschichten vom Autor von MARE PIU: 

Ein Mann verliert seinen Job.

Aber statt zu resignieren, begibt er sich einfach auf sein kleines Segelboot.

Und reist in fünf Monaten: Von München nach Antalya.
Was passiert, wenn wir unser angestammtes Leben ändern?

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Demnächst Vorträge in:
            Donnerstag, 31.3.2016, 19:30 Uhr: URANIA, Berlin                                                                                     
     An der Urania 17, 10787 Berlin, Tel. 030 218 90 91
Donnerstag 7.4.2016, 19:30 Uhr: GEOBUCH, München
Rosental 6, 80331 München, Tel. 089 265030

Demnächst der Film in:
Sonntag 10.4.2016, 11:00 Uhr: Kino im ANDREASSTADEL, Regensburg                           

MEIN BOOT IST MEIN ZUHAUSE: Die SWR 2-Sendung jetzt als Podcast hören.


MEIN BOOT IST MEIN ZUHAUSE ist der Titel des bei millemari. kürzlich erschienenen Buches darüber, wie man seinen Wohnsitz in Deutschland auf ein Boot verlegt. Und mit welchen Tricks und Kniffen man sich das Wohnen und Leben auf einem Boot erleichtern kann.

Mal kritische, mal hintergründige Fragen stellte der Journalist Burkhard Müller-Ullrich vom SÜDWESTFUNK seinen drei Gästen, die er zu seiner Sendung KAJÜTE STATT KAMIN. WIE WOHNT MAN AUF DEM WASSER? eingeladen hatte. Jeder der drei Gäste hatte im vergangenen Jahr mindestens neun Monate auf seinem Boot verbracht, hatte – der eine mit mehr, der andere mit weniger Kompromisslosigkeit – seinen Traum vom Leben auf dem Wasser erfüllt. Nicht aus Not, nicht aus Verzweiflung. Denn jeder der drei Gäste ist steht mitten im Leben, geht einer geregelten Tätigkeit „an Land“ nach. Das Boot also nicht als Sehnsuchtsort, sondern als bewusst gewählte Lebensform.

Wie die Diskussion lief, welche Aspekte beim Leben auf dem Boot zu beachten sind, können Sie jetzt selbst hören. Einfach reinklicken. Hier.

Und wer danach nicht glaubt, wie schön das Leben im Winter auf dem Boot sein kann, dem empfehle ich den einen oder anderen Post auf MARE PIU:

Weiterlesen bei: Im Winter am Meer. Sizilien und Mallorca.
Weiterlesen bei: Warum manche Menschen gern im Winter auf dem Boot leben.
Weiterlesen bei: Wie ist es eigentlich, den Winter auf dem Boot zu verbringen?
Weiterlesen bei: Was es kostet, den Winter auf dem Boot zu verbringen?
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Soeben bei millemari. erschienen:


Sehenswerte Bilder und Texte aus diesem Buch haben wir 
auf unserer millemari.-Bestellseite für Sie zusammengestellt. 
Klicken Sie rein.

… nicht vergessen: Wenn Ihnen dieser Post gefiel, klicken Sie bitte unten auf „Tolle Geschichte.“