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Bewohner des Meeres: Was aus dem Zackenbarsch und einem verhinderten Dinner auf LEVJE entstand.

Im vorigen Post erzählte ich die Geschichte dreier Menschen. Und eines Zackenbarsches, der eigentlich unser Abendmenü werden sollte. Aber weil abrupt das Gas aus war, kaum dass der Zackenbarsch das Licht des Herdes von innen erblickt hatte, fiel das fulminante Menü ins Wasser.

Was also tun mit einem Zackenbarsch, der den Bauch voller Knoblauch und feiner Kräuter hat und kaum erwärmt auf einem Karoffelbett und Wurzelgemüse herumlieg? Ihn aufgeben? Kam gar nicht infrage. Dafür ist der „orfoz“, wie ihn die Türken nennen, zu sehr echte Delikatesse in der Türkei. Aber: wir hatten schnell einen Plan, wie wir doch noch zu unserem Zackenbarsch kommen würden: morgen, und ganz ohne Gas.

                                                                   Weiterlesen bei: Unterwegs im Golf von Fethiye. Hier.
                                                                   Weiterlesen bei: Wie sieht eigentlich ein Zackenbarsch aus?

Also packten wir den prächtigen Kerl erstmal weg. „Sott’olio“, wie die Italiener sagen, unter eine Menge Olivenöl, und mit den Kräutern, wie er war. Und während wir ihn so betrachteten, den herrlichen Fisch, und in den Kühlschrank schoben: erzählte er uns etwas über sein Leben. 

Man erkennt ihn an seinem großen vorstehenden Unterkiefer und dem langen Kamm an Rückenstacheln. Auffällig ist auch seine braunrote Farbe. Und die Flecken. Irgendwie erinnert er an einen Karpfen. Groß wird er, über einen Meter lang. In den Meeren um Florida wird er sogar über zwei Meter. Und alt. Sein Leben lebt er als Einzelgänger, sucht sich irgendwo am Riff eine Höhle. Da lebt er dann, mit anderen Zackenbarschen, wie ein zurückgezogener Rentner in seiner Wohnanlage. Für sich. Aber in Blickweite der anderen. Und da, in seiner Riffhöhle wartet auf Beute: Meist kleinere Fische oder Krebschen, die er mit blitzschnellem Vorstoß aus seiner Höhle packt und mit rascher Öffnung des riesigen Mauls in sich saugt. Zackenbarsche sind, obwohl sie mehr Ähnlichkeit mit Karpfen haben, erstaunlich gute Jäger. Sie sind, wie manche Menschen, die ich kenne, echt „faule Socken“: das lange Verfolgen der Beute ist ihre Sache nicht. Das blitzschnelle Zustoßen und dann wieder träge in der Behausung verharren: dies schon.

Der Zackenbarsch sieht immer etwas übellaunig, wo nicht gar beleidigt aus. Das liegt an seinem langen, markanten Unterkiefer. Aber warum und worüber er schlechter Laune oder gar beleidigt ist: darüber schweigt er sich aus, der Zackenbarsch. Vielleicht liegt es daran, dass er in der Türkei wie auch anderswo im vergangenen Jahrzehnt zuviel gejagt wurde. Mit dem Netz kommt man ihm nicht bei. Nur mit der Angel oder schlimmer: mit der Harpune. Und so beschloß der Zackenbarsch, der eigentlich sehr standorttreu ist und immer in seiner Wohnanlage lebt: dass es Zeit sei für Veränderung. Und deshalb hat er sich in den letzten Jahren einfach – zurückgezogen. In viel größere Tiefen. Feisal, der Fischausnehmer auf dem Fischmarkt von Fethiye – über ihn werde ich in meinem nächsten Beitrag schreiben – erzählt mir, dass die Fischer jetzt an den Zackenbarsch in Tiefen von 200, 300 Metern und mehr herankommen. An den Steilküsten der Türkei keine Seltenheit.

Und dies macht ihn dann auch so teuer: Die Jagd auf ihn ist aufwändigste Angelegenheit, ihm einfach mit dem Netz beikommen zu wollen, lässt den Zackenbarsch kalt. Und so ist der Zackenbarsch eine teure Delikatesse. Ibrahim, der Restaurantbesitzer, über den ich im vorigen Beitrag schrieb und der mir einen verkaufte, hatte ungefähr zehn, fünfzehn frische in seiner Kältetruhe.

Allein schon deshalb dürfen wir unseren Zackenbarsch nicht verkommen lassen. Die Lösung: ist der Fischmarkt von Fethiye. Am Abend motoren wir die zweieinhalb Stunden über den Golf und tragen unseren Zackenbarsch zum Fischmarkt von Fethiye. Und weil der mit der Besonderheit aufwartet, dass man dort seinen Fisch nicht nur bei den laut schreienden Fischverkäufern in der MItte des Marktes kaufen, sondern ein paar Meter weiter in jedem der umliegenden Restaurants abgeben und zubereiten lassen kann: kommt unser Zackenbarsch am Abend auf den Grill. Und erweist sich, sobald er auf unserem Teller lag, aller Mühen wert. Mit frischem Salat und einfachem türkischen Weißwein ein echtes Gedicht. Fast wie ein Seeteufel.

Seien wir also einen Moment dankbar: Dafür, dass der Zackenbarsch auf unserem Teller landete. Und dafür: dass zur rechten Zeit auf LEVJE das Gas ausging.

Klappe Die Erste

Ich hatte gerade ein Meeting mit dem Experten und Kameramann für mein Filmprojekt und….mein erstes jemals geschriebenes Drehbuch scheint machbar und sogar ganz gut zu sein. Yes. Denn das ist nicth selbstverständlich.  Ich bin ja nicht um die Welt oder in die Antarktis gesegelt, sondern „nur“ für ein halbes Jahr nach Schweden. Trotzdem war es eine der schönsten Zeiten meines Lebens. Und genau davon möchte ich berichten. Von der Umsetzung von den Träumen, die realisierbar sind; von der Idee und von den Entscheidungen bis zum Ablegen. Und natürlich von den Emotionen während der Reise, die von Euphorie bis Einsamkeit gingen. Und davon, wie wichtig es ist, sich so etwas einmal im Leben zu gönnen. Denn am Ende war es eigentlich relativ egal, wohin genau die Reise ging, denn sie führte mich zurück zu mir…und veränderte mein Leben nachhaltig. Und so möchte ich mit diesem Film auch keinen klassischen Reisebericht produzieren, sondern einfach motivieren. Und zwar nicht nur Segler, sondern jeden reiseaffinen Menschen. Als mir vor ein paar Jahren klar wurde, das ich die gesuchte Freiheit beim Reisen nur auf einem Segelboot finden kann, war mir bereits bewusst, das ich diese Erkenntnis teilen möchte. Und so wie ich von anderen Büchern motiviert wurde, möchte ich diese Motivation nun selbst weitergeben. Segeln zu lernen, die nötigen Scheine zu machen, sich ein Boot zu kaufen und herzurichten. Und alles ausgedrückt mit meinen eigenen Worten, selbstgedrehten Bildern und einem selbstkomponierten Soundtrack, da nur dieser meine Emotionen perfekt widerspiegelt. Ein Riesenprojekt, aber auch sehr befriedigendes. Wieder muss ich viele Dinge lernen, mich durchbeissen und an das Endergebnis glauben. Aber man wächst in der Tat mit seinen Aufgaben. Ab Juni heisst es also nun: „Klappe Die Erste“! Und das Schönste daran: Die nächsten Tage muss ich das gesamte Videomaterial der Reise sichten und sortieren, und wo geht das besser als an Bord? Also geht es morgen für ein paar Tage in die dänische Südsee zum „Arbeiten“. Ich freue mich sehr darauf wieder einen Blick in die alten Videos werfen zu können, wie man sich an dem Beispiel unten sicher gut vorstellen kann.

Neues aus dem Tonstudio oder "Wann wird auch Spaß zu Arbeit?"

Eine gute Freundin hat mich gerade folgendes gefragt: Warum tun wir soviel von dem, was uns eigentlich Spaß macht, dass es derart in Arbeit ausartet? Leider habe ich darauf auch keine passende Antwort. Wahrscheinlich weil es irgendjemand tun muss. Damit neue Dinge entstehen. Um der eigenen Kreativität ein Ventil zu geben. Um die Nachfrage der Menschen zu bedienen, die nichts Eigenes auf die Beine stellen wollen oer können. Und so sehr man es sich auch manchmal wünscht, ein Buch schreibt sich nicht mal eben nebenbei. Ein Film dreht sich nicht von selbst. Ein Soundtrack wird nicht über Nacht komponiert und aufgenommen. Hinter all diesen Dingen steckt sehr viel Arbeit, und auch wenn die Fernseh-„Realität“ das oft ganz anders wiedergibt, es passiert nichts über Nacht. Aber trotz dieses Wissens bin ich selbst überrascht wie viel Arbeit ich mir nun wirklich aufgehalst habe, als ich entschied den Soundtrack zu meinem Film über das Ablegen selbst zu produzieren. Ich kann mich kaum erinnern jemals so viel und lange gearbeitet zu haben, obwohl Musikmachen mir ja eigentlich Spaß macht. Es gibt wohl in der Tat eine Grenze an der auch Spaß zu Arbeit wird. Doch dann schaue ich in die Videoaufnahmen der Gesangssessions hinein und finde dort die Antwort.

Der geteilte Spaß, das gemeinsame Arbeiten und das Erschaffen neuer Musik, die sonst nie den Weg aus meinem Kopf finden würde. Ob es sich lohnt oder gar auszahlt? Ob sich jemals andere Menschen darauf einlassen und zuhören? Ich werde es erfahren. Aber noch schlimmer wäre es damit zu leben, es nicht getan zu haben. Den Traum nicht realisiert zu haben. Sich mit diesem „Ich wollte eigentlich immer dieses und jenes tun, habs aber nicht geschafft“ zu arrangieren. Und dafür bin ich gerne bereit die Grenze zwischen Spaß und Arbeit zu überschreiten. Zumindestens ab und zu…und wenn ich mir danach ein paar Segeltage als Belohnung gönnen kann. Und ab Montag die Häfen wieder leer sind.

Menschen am Meer: Unterwegs im Golf von Fethiye. Oder: Süleyman, Ferde und Ismail: Eine Geschichte über das wahre Leben.

Glaubt man einschlägigen Reiseführern, dann gehört der Golf von Fethiye zu den schönsten Segelgebieten in der südlichen Türkei. Auf seiner Westseite lockt der Golf mit einer Unzahl traumhafter Kiefern-gesäumter Buchten, vor die sich schützend eine Inselkette gelegt hat. Im Osten der lange Sandstrand von Cagis, noch ein Stück weiter im Osten der weiße Strand von Ölü Deniz, dem „toten Meer“, dessen Foto in praktisch jedem Reiseprospekt über die Türkei prangt. Ein Bilderbuch. Das wahre Leben.

Beginnen wir unsere Recherche über das, was das wahre Leben ist, in Fethiye, neben Göcek der „Hauptstadt“ des Golfes. Begeben wir uns auf einen kleinen Spaziergang von der etwas außerhalb des Zentrums gelegenen ECE-Marina durch den eigentlich ganz geschmackvollen Bazar der Stadt zum Fischmarkt, der eine Attraktion ist. Denn: an den überreich mit Fisch, Langusten, Hummern beladenen Ständen im Zentrum des Marktes sucht man sich den Fisch seiner Wahl nicht nur selbst aus. Sondern trägt ihn dann drei Meter weiter in eines der drum herum liegenden Restaurants, wo kundige Köche ihn nach Wunsch zubereiten – für kleines Geld, wie die Tafeln informieren. Ich entscheide mich für Süleyman’s Restaurant, der Fischhändler, mitten im Gewühl seiner Kunden empfiehlt mir das, indem er lautstark Süleyman, den Besitzer, selbst herbeiwinkt. Also drücke ich Süleyman, der mir einen Tisch herbeiwedelt, mein Tütchen mit dem „Deniz Levrek“, dem wilden Wolfsbarsch, in die Hand. Obwohl auf dem Markt großes Treiben ist, ist wenig los in den Restaurants. Am Tisch neben mir eine Bande junger Männer aus der Türkei, nette Gesichter. Und eine Crew deutscher Segler, drei Frauen, drei Männer, ebenfalls fröhlich tafelnd wie die Türken, die Männergesichter neben Brille mit je zwei prächtigen Ohrringen geschmückt. Als ich meine Bestellung aufgegeben habe, wuselt Süleyman zurück Richtung Fischstände. Und spricht einfach Kunden an: „Come, visit my Restaurant.“ Gottseidank vermeidet er das „Hello, my friend“, dem Türkei-Reisenden untrügliches Passwort und Signal, dass er doch hier, bitteschön, und jetzt in der glücklichen Lage ist, Geld auszugeben für Dinge, die er weder je brauchte noch vermisste im Leben. „Es läuft noch nicht so, wie es soll“, sagt Süleyman, der Restaurantbesitzer, ohne sein Lächeln zu verlieren. Sein Blick geht unstet hinüber zu den Fischverkäufern, kreist über die leeren Tische. Er rückt ein Gedeck gerade, winkt seinen Kellner mit den Augen herbei. „Zu wenig los für die Jahreszeit“, sagt er, „letztes Jahr war viel mehr los.“ Ob er denn Gründe kenne? Süleyman zuckt mit den Schultern, verschwindet und bringt mir lächelnd mein Brot, ein dampfend heißer Fladen von der Größe eines platten LKW-Reifens, zusammen mit den Vorspeisen: säuerlich eingelegter Oktopus in Öl und etwas Algen in Öl und Sesam. Und ein Glas Wein. Teurer Luxus in der Türkei, oft teurer als bei uns, weil von der Regierung höher besteuert als von Angela das Benzin. Ein netter Abend, aufs angenehmste unterbrochen, als der Fisch kommt. 
Kaum steht der vor mir, halten mir nacheinander 1 Zigarettenverkäufer, 1 Kettchen-Händlerin, 1 Produzent selbst hergestellter Woll-Blümchen Ihre Waren über meinen Teller, genau über den Fisch, so dass ich Schwierigkeiten habe, mich des wilden Wolfsbarschs anzunehmen. Die Türkei, das beeindruckt mich immer wieder, ist ein Land der Händler. Jeder hat irgendetwas zu verkaufen – und nicht erst dank eBay, Dawanda und www.regalfrei.de.

Verlassen wir nun das schöne Städtchen Fethiye und segeln wir hinüber auf die Westseite: da wo einsame Buchten locken, hinein in das Inselparadies. Wir erreichen es am frühen Nachmittag, schon die erste Bucht ist ein Traum, wir steuern langsam ein, möglichst weit, weit hinein, soweit es LEVJE’s 1,60 Tiefgang erlauben. Schwoikreis drehen, Anker fallen und Kette ausrauschen lassen.

                                                        Weiterlesen bei: Wie man richtig ankert. Hier.
                                                        Weiterlesen bei: Wie man ein undichtes Gület dicht bekommt. Hier.

Aber kaum habe ich meine Landleine bereitgelegt, kommt auch schon ein Gület angeschossen, das sich wie ein dicker Käfer neben uns legt, gleich noch eins, und noch eins, es war zu lange leer in dieser Bucht. Vom dicken Käfer herab blicken mich aus üppigen Polstern Sonnenanbeter gähnend an, wie ein merkwürdiges Insekt. „Nein, Josef, hier mag ich nicht bleiben“, hat sich Maria, die Frau meines Freundes Josef einmal unlöschbar in mein Gedächtnis eingebrannt, und so holen auch wir unseren Anker wieder hoch und irren in der Bucht herum, auf der Suche nach einem schönen Platz für die Nacht. Noch zwei, drei Mal spielen wir das Spiel „Dicker Käfer kommt in Bucht und beäugt merkwürdiges kleines Insekt“, bis ich genug habe und mich einer Bucht entsinne, eine der schönsten, in der wir auf meinem allerersten Törn 1997 unverhofft eine Mondfinsternis erlebten. Sie liegt außerhalb der Inseln, eigentlich ungeschützt, ich finde sie gleich wieder, und sie ist schön und einsam: wie eine Bucht nur sein kann. 

Am Abend an Land und nach oben auf den Hügelkamm gewandert. Ein kleines Dorf liegt da, mehr ein Weiler. Ein Olivenhain, in dem weiße Biennekästen stehen. Nur ein paar Häuser. Das Geläut einer Ziegenherde, die uns begleitet. Eine Schar junger Hühner, die begeistert auf mich zugestürzt kommt, um in meine orangen Croqs zu picken. Plötzlich stehe ich in dem Gewusel der Hühner, ein Hund, der neugierig mit seinen Schlappohren wedelt, Perlhühner, die neben einer kleinen, selbsterbauten Moschee über das Gold der Wiese laufen. Fast ist es so, wie nach der großen Sintflut: Die Tiere leben, als wäre die Arche Noah hier gestrandet und hätte ihre Klappe geöffnet: so dass Mensch und Tier endlich Frieden fanden nach unendlich langer Reise.

Ein paar Einwohner des Dorfes winken uns herbei. Ein einfaches unverputztes Haus, Wohnfläche 15 Quadratmeter, frisch gewaschene Wäsche davor, hierher gehört auch die Hühnerschar, die meine orangen Croqs so toll findet. Der Mann winkt uns herein in den Garten, seine Frau sitzt daneben, sie kann etwas mehr englisch als ich türkisch, wir stellen uns vor. Ferde heißt sie, und das sei ihr Mann Ramasan und hier ihre Mutter Senep. Ferde bringt heißen Tee, stellt Tassen auf den Tisch. Sie sei hier geboren, und Schule: habe sie keine besucht. Ferde ist großgewachsen, sie wandert und treibt die Ziegenherde über die Halbinsel, die hier wild grast, eine drahtige Frau, Naturkind. Ramasan grinst aus seinem ölverschmierten T-Shirt. Der Motor seines Bootes sei kaputt, er sei Bauer und Fischer und ohne Motor keine Fische. Drum habe er bis eben am Motor herumgeschraubt. Sie seien alle hier geboren, in dem Weiler, auch Senep, die Mutter Ferde’s, die vielleicht um die 65 ist und stumm am Tisch sitzt und lächeln aus schwarz-getuschten Augen schaut. Eigentlich hätten sie hier alles. Ziegenmilch, um daraus Käse zu machen. Fisch. Etwas Brot. Auch ein Fernseher ist da und eine Wasserpumpe, die das Wasser aus der Tiefe herauf fördert. Aber einmal in der Woche: da fahren Sie ins 50 Kilometer entfernte Dalaman, zum Einkaufen. Ferde lacht breit und zeigt ihre weißen Zähne, die Haare hochgesteckt: Wir haben hier alles, was wir brauchen. Und was wir produzieren: nein, das bringen wir nicht zum Markt. Es reicht für uns.

Draußen vor dem Haus hat Ramasan eine Terrasse gebaut, mit weitem Blick über die Bucht: Tief unter uns schaukelt LEVJE in der Dünung. Ein Tisch ist aufgebaut: Mit 1 Glas Honig. 3selbstgeschnitzte Holzlöffel. 2 Wollblumen. 1 Plastikflasche mit Olivenöl. Dinge, die die Dörfler selbst produzierten. Wir kaufen ein Glas Honig, als Geste. Katrin sagt: Man muss hier etwas zurückgeben, für den Frieden, den man hier fand. Den Menschen, die hier leben. Aber auch der Natur. Dass man in ihr sein durfte.

Am Ende frage ich nach Ismail. Den hatten wir hier kennengelernt, damals vor 18 Jahren, als wir in der Bucht ankerten und sie nach ihm, der uns damals am Strand einfachen Fisch gekocht hatte, benannt hatten: Die Ismail-Bucht. „Ja“, sagt Ferde, „den gibt es noch. Er hat ein Restaurant unten auf der anderen Seite der Bucht.“

Und so machen wir uns auf den Weg, um ein drittes Leben an diesem Tag zu erkunden, das von Ismail, und wie es verlaufen ist, in den letzten 18 Jahren. Wir streifen durch goldene Olivenhaine, hinunter auf die andere Bucht. Auf unserem Weg sitzt schwer schnaufend eine große Schildkröte und erinnert daran, wie mühselig es ist mit der Last des Besitzes, der vermeintlich Schutz bietet vor der Unbill der Welt. Hinunter steigen wir über einsame Ziegenpfade, am Hang mit den Oliven ein paar einsame Hütten: da ist sie, die Bucht.

Und gleich hat sie uns wieder, die Zivilisation: Etwa 25 Yachten liegen an langen Holzpontons, ein großes Restaurant mit über 100 Plätzen, alles weiß dekoriert, eine Bierzapfanlage mitten in der Wildnis. Fünf riesige Gefriertruhen, rappelvoll mit brauen Zackenbarschen, Doraden, Wolfsbarschen. 10 Helfer, die herumwuseln, Geschirr tragen, Yachten schreiend beim Anlegen helfen, sich zurufen, in der Küche den glühenden Grill weiter anfachen. Ich frage nach Ismail. Er kommt herbei: ein gut genährter Mann Ende Dreißg, in dem ich den ranken Mann von damals, der uns mit einem fröhlichen „Borussia Dortmund“ vor 18 Jahren in der einsamen Bucht begrüßte und damit das Herz unseres Skippers Lutz erobert hatte, nicht wiedererkannt hätte. Ismail freut sich sichtlich, auch wenn er mich nicht wieder erkennt, über die Geschichte, die ich ihm von sich erzähle, und wie es anfing, damals, sein Geschäft in der Bucht. „Ich betreibe das Restaurant jetzt mit meiner Familie, meinen Cousins“, sagt Ismail, der uns gleich auf ein Bier einlädt. „Ich lebe oben im Haus, neben Ferde, mit meiner Mutter. Sie ist 80, und ich kümmere mich um sie.“ Ich bewundere ihn für das, was er hier in der Bucht von Kapi geschaffen hat. Wo außer ein paar byzantinischen Ruinen an einem idyllischen Ufer nichts, aber auch gar nichts war. „Letztes Jahr war es sehr gut“, sagt Ismail, und auch sein Blick wandert unstet hin und her, über Teller, Tische Gedecke, hin zu einem seiner Helfer. „Aber dieses Jahr ist zu wenig los.“ Ich deute auf die 25 Yachten in der Bucht. Er schüttelt den Kopf. „Ich weiß nicht, woran es liegt: aber dieses Jahr ist einfach weniger los“. Was ihm fehlen würde hier, frage ich? Er sieht mich lange an: „Ich glaube, ich hätte gerne eine deutsche Frau.“ Was denn mit der wäre, mit der ich damals hier gewesen wäre, meine Freundin? Als ich ihm sage, dass Katja glücklich ist mit ihrem Freund, ist er einen Moment traurig. „Doch, das hätte ich gerne. Eine deutsche Frau.“

Und dann verabschieden wir uns wieder, von Ismail. Nicht ohne zu versprechen, ihm bei der Suche nach seinem Glück zu helfen. Aus seinem Restaurant nehmen wir einen großen Zackenbarsch mit, die Krönung. In der Dämmerung stolpern wir den Hang wieder hinauf, auf dem die Schildkröte lebt. Vorbei an Ferde’s Haus, in dem sie mit Ramasan und Senep lebt. Und den Hang wieder hinunter, zu LEVJE. Wir freuen uns auf ein Festessen: Zackenbarsch auf Kartoffel-Wurzelgemüse in LEVJE’s Ofen gegrillt. Ein Gedicht. Wir freuen uns mächtig. Wie die Kinder. Doch kaum ist der große Zackenbarsch im Rohr, geht mit einem lustlosen „Plöpp“ der Herd aus. Die Gasflasche ist leer. Und wird es für diese Nacht bleiben.

Es ist nicht so einfach, das mit dem wahren Leben.

Menschen am Meer: Unterwegs im Golf von Fethiye. Oder: Süleyman, Ferdeund Ismail: Eine Geschichte über das wahre Leben.

Glaubt man einschlägigen Reiseführern, dann gehört der Golf von Fethiye zu den schönsten Segelgebieten in der südlichen Türkei. Auf seiner Westseite lockt der Golf mit einer Unzahl traumhafter Kiefern-gesäumter Buchten, vor die sich schützend eine Inselkette gelegt hat. Im Osten der lange Sandstrand von Calis, noch ein Stück weiter im Osten der weiße Strand von Ölü Deniz, dem „toten Meer“, dessen Foto in praktisch jedem Reiseprospekt über die Türkei prangt. Ein Bilderbuch. Das wahre Leben.

Beginnen wir unsere Recherche über das, was das wahre Leben ist, in Fethiye, neben Göcek der „Hauptstadt“ des Golfes. Begeben wir uns auf einen kleinen Spaziergang von der etwas außerhalb des Zentrums gelegenen ECE-Marina durch den eigentlich ganz geschmackvollen Bazar der Stadt zum Fischmarkt, der eine Attraktion ist. Denn: an den überreich mit Fisch, Langusten, Hummern beladenen Ständen im Zentrum des Marktes sucht man sich den Fisch seiner Wahl nicht nur selbst aus. Sondern trägt ihn dann drei Meter weiter in eines der drum herum liegenden Restaurants, wo kundige Köche ihn nach Wunsch zubereiten – für kleines Geld, wie die Tafeln informieren. Ich entscheide mich für Süleyman’s Restaurant, der Fischhändler, mitten im Gewühl seiner Kunden empfiehlt mir das, indem er lautstark Süleyman, den Besitzer, herbeiwinkt. Also drücke ich Süleyman, der mir einen Tisch herbeiwedelt, mein Tütchen mit dem „Deniz Levrek“, dem wilden Wolfsbarsch, in die Hand. Obwohl auf dem Markt großes Treiben ist, ist wenig los in den Restaurants. Am Tisch neben mir eine Bande junger Männer aus der Türkei, nette Gesichter. Und eine Crew deutscher Segler, drei Frauen, drei Männer, ebenfalls fröhlich tafelnd wie die Türken, die Männergesichter neben Brille mit je zwei prächtigen Ohrringen geschmückt. Als ich meine Bestellung aufgegeben habe, wuselt Süleyman zurück Richtung Fischstände. Und spricht einfach Kunden an: „Come, visit my Restaurant.“ Gottseidank vermeidet er das „Hello, my friend“, dem Türkei-Reisenden untrügliches Passwort und Signal, dass er doch hier, bitteschön, und jetzt in der glücklichen Lage ist, Geld auszugeben für Dinge, die er weder je brauchte noch vermisste im Leben. „Es läuft noch nicht so, wie es soll“, sagt Süleyman, der Restaurantbesitzer, ohne sein Lächeln zu verlieren. Sein Blick geht unstet hinüber zu den Fischverkäufern, kreist über die leeren Tische. Er rückt ein Gedeck gerade, winkt seinen Kellner mit den Augen herbei. „Zu wenig los für die Jahreszeit“, sagt er, „letztes Jahr war viel mehr los.“ Ob er denn Gründe kenne? Süleyman zuckt mit den Schultern, verschwindet und bringt mir lächelnd mein Brot, ein dampfend heißer Fladen von der Größe eines platten LKW-Reifens, zusammen mit den Vorspeisen: säuerlich eingelegter Oktopus in Öl und etwas Algen in Öl und Sesam. Und ein Glas Wein. Teurer Luxus in der Türkei, oft teurer als bei uns, weil von der Regierung höher besteuert als von Angela das Benzin. Ein netter Abend, aufs angenehmste unterbrochen, als der Fisch kommt. 
Kaum steht der vor mir, halten mir nacheinander 1 Zigarettenverkäufer, 1 Kettchen-Händlerin, 1 Produzent selbst hergestellter Woll-Blümchen Ihre Waren über meinen Teller, genau über den Fisch, so dass ich Schwierigkeiten habe, mich des wilden Wolfsbarschs anzunehmen. Die Türkei, das beeindruckt mich immer wieder, ist ein Land der Händler. Jeder hat irgendetwas zu verkaufen – und nicht erst dank eBay, Dawanda und www.regalfrei.de.

Verlassen wir nun das schöne Städtchen Fethiye und segeln wir hinüber auf die Westseite: da wo einsame Buchten locken, hinein in das Inselparadies. Wir erreichen es am frühen Nachmittag, schon die erste Bucht ist ein Traum, wir steuern langsam ein, möglichst weit, weit hinein, soweit es LEVJE’s 1,60 Tiefgang erlauben. Schwoikreis drehen, Anker fallen und Kette ausrauschen lassen.

                                                   Weiterlesen bei: Wie man richtig ankert. Hier.
                                                   Weiterlesen bei: Wie man ein undichtes Gület dicht bekommt. Hier.

Aber kaum habe ich meine Landleine bereitgelegt, kommt auch schon ein Gület angeschossen, das sich wie ein dicker Käfer neben uns legt, gleich noch eins, und noch eins, es war zu lange leer in dieser Bucht. Vom dicken Käfer herab blicken mich aus üppigen Polstern Sonnenanbeter gähnend an, wie ein merkwürdiges Insekt. „Nein, Josef, hier mag ich nicht bleiben“, hat sich Maria, die Frau meines Freundes Josef einmal unlöschbar in mein Gedächtnis eingebrannt, und so holen auch wir unseren Anker wieder hoch und irren in der Bucht herum, auf der Suche nach einem schönen Platz für die Nacht. Noch zwei, drei Mal spielen wir das Spiel „Dicker Käfer kommt in Bucht und beäugt merkwürdiges kleines Insekt“, bis ich genug habe und mich einer Bucht entsinne, eine der schönsten, in der wir auf meinem allerersten Törn 1997 unverhofft eine Mondfinsternis erlebten. Sie liegt außerhalb der Inseln, eigentlich ungeschützt, ich finde sie gleich wieder, und sie ist schön und einsam: wie eine Bucht nur sein kann. 

Am Abend an Land und nach oben auf den Hügelkamm gewandert. Ein kleines Dorf liegt da, mehr ein Weiler. Ein Olivenhain, in dem weiße Bienenkästen stehen. Nur ein paar Häuser. Das Geläut einer Ziegenherde, die uns begleitet. Eine Schar junger Hühner, die begeistert auf mich zugestürzt kommt, um in meine orangen Croqs zu picken. Plötzlich stehe ich in dem Gewusel der Hühner, ein Hund, der neugierig mit seinen Schlappohren wedelt, Perlhühner, die neben einer kleinen, selbsterbauten Moschee über das Gold der Wiese laufen. Fast ist es so, wie nach der großen Sintflut: Die Tiere leben, als wäre die Arche Noah hier gestrandet und hätte ihre Klappe geöffnet: so dass Mensch und Tier endlich Frieden fanden nach unendlich langer Reise.



Ein paar Einwohner des Dorfes winken uns herbei. Ein einfaches unverputztes Haus, Wohnfläche 15 Quadratmeter, frisch gewaschene Wäsche davor, hierher gehört auch die Hühnerschar, die meine orangen Croqs so toll findet. Der Mann winkt uns herein in den Garten, seine Frau sitzt daneben, sie kann etwas mehr englisch als ich türkisch, wir stellen uns vor. Ferde heißt sie, und das sei ihr Mann Ramasan und hier ihre Mutter Senep. Ferde bringt heißen Tee, stellt Tassen auf den Tisch. Sie sei hier geboren, und Schule: habe sie keine besucht. Ferde ist großgewachsen, die dunklen Augen Cayal-umrandet, die Fingernägel Henna-gefärbt.  Sie wandert und treibt die Ziegenherde über die Halbinsel, die hier wild grast, eine drahtige Frau, Naturkind. Ein breites Lachen strahlender Zähne, ein kleines hellblaues Handy, das aus dem zu einem Rucksack umfunktionierten einfachen Beutel der wandernden Ziegenhirtin kullert. Ramasan grinst aus seinem ölverschmierten T-Shirt. Der Motor seines Bootes sei kaputt, er sei Bauer und Fischer und ohne Motor keine Fische. Drum habe er bis eben am Motor herumgeschraubt. Sie seien alle hier geboren, in dem Weiler, auch Senep, die Mutter Ferde’s, die vielleicht um die 65 ist und stumm am Tisch sitzt und lächeln aus schwarz-getuschten Augen schaut. Eigentlich hätten sie hier alles. Ziegenmilch, um daraus Käse zu machen. Fisch. Etwas Brot. Auch ein Fernseher ist da und eine Wasserpumpe, die das Wasser aus der Tiefe herauf fördert. Aber einmal in der Woche: da fahren Sie ins 50 Kilometer entfernte Dalaman, zum Einkaufen. Ferde lacht breit und zeigt ihre weißen Zähne, die Haare hochgesteckt: Wir haben hier alles, was wir brauchen. Und was wir produzieren: nein, das bringen wir nicht zum Markt. Es reicht für uns.

Draußen vor dem Haus hat Ramasan eine Terrasse gebaut, mit weitem Blick über die Bucht: Tief unter uns schaukelt LEVJE in der Dünung. Ein Tisch ist aufgebaut: Mit 1 Glas Honig. 3selbstgeschnitzte Holzlöffel. 2 Wollblumen. 1 Plastikflasche mit Olivenöl. Dinge, die die Dörfler selbst produzierten. Wir kaufen ein Glas Honig, als Geste. Katrin sagt: Man muss hier etwas zurückgeben, für den Frieden, den man hier fand. Den Menschen, die hier leben. Aber auch der Natur. Dass man in ihr sein durfte.

Am Ende frage ich nach Ismail. Den hatten wir hier kennengelernt, damals vor 18 Jahren, als wir in der Bucht ankerten und sie nach ihm, der uns damals am Strand einfachen Fisch gekocht hatte, benannt hatten: Die Ismail-Bucht. „Ja“, sagt Ferde, „den gibt es noch. Er hat ein Restaurant unten auf der anderen Seite der Bucht.“



Und so machen wir uns auf den Weg, um ein drittes Leben an diesem Tag zu erkunden, das von Ismail, und wie es verlaufen ist, in den letzten 18 Jahren. Wir streifen durch goldene Olivenhaine, hinunter auf die andere Bucht. Auf unserem Weg sitzt schwer schnaufend eine große Schildkröte und erinnert daran, wie mühselig es ist mit der Last des Besitzes, der vermeintlich Schutz bietet vor der Unbill der Welt. Hinunter steigen wir über einsame Ziegenpfade, am Hang mit den Oliven ein paar einsame Hütten: da ist sie, die Bucht.

Und gleich hat sie uns wieder, die Zivilisation: Etwa 25 Yachten liegen an langen Holzpontons, ein großes Restaurant mit über 100 Plätzen, alles weiß dekoriert, eine Bierzapfanlage mitten in der Wildnis. Fünf riesige Gefriertruhen, rappelvoll mit brauen Zackenbarschen, Doraden, Wolfsbarschen. 10 Helfer, die herumwuseln, Geschirr tragen, Yachten schreiend beim Anlegen helfen, sich zurufen, in der Küche den glühenden Grill weiter anfachen. Ich frage nach Ismail. Er kommt herbei: ein gut genährter Mann Ende Dreißg, in dem ich den ranken Mann von damals, der uns mit einem fröhlichen „Borussia Dortmund“ vor 18 Jahren in der einsamen Bucht begrüßte und damit das Herz unseres Skippers Lutz erobert hatte, nicht wiedererkannt hätte. Ismail freut sich sichtlich, auch wenn er mich nicht wieder erkennt, über die Geschichte, die ich ihm von sich erzähle, und wie es anfing, damals, sein Geschäft in der Bucht. „Ich betreibe das Restaurant jetzt mit meiner Familie, meinen Cousins“, sagt Ismail, der uns gleich auf ein Bier einlädt. „Ich lebe oben im Haus, neben Ferde, mit meiner Mutter. Sie ist 80, und ich kümmere mich um sie.“ Ich bewundere ihn für das, was er hier in der Bucht von Kapi geschaffen hat. Wo außer ein paar byzantinischen Ruinen an einem idyllischen Ufer nichts, aber auch gar nichts war. „Letztes Jahr war es sehr gut“, sagt Ismail, und auch sein Blick wandert unstet hin und her, über Teller, Tische Gedecke, hin zu einem seiner Helfer. „Aber dieses Jahr ist zu wenig los.“ Ich deute auf die 25 Yachten in der Bucht. Er schüttelt den Kopf. „Ich weiß nicht, woran es liegt: aber dieses Jahr ist einfach weniger los“. Was ihm fehlen würde hier, frage ich? Er sieht mich lange an: „Ich glaube, ich hätte gerne eine deutsche Frau.“ Was denn mit der wäre, mit der ich damals hier gewesen wäre, meine Freundin? Als ich ihm sage, dass Katja glücklich ist mit ihrem Freund, ist er einen Moment traurig. „Doch, das hätte ich gerne. Eine deutsche Frau.“

Und dann verabschieden wir uns wieder, von Ismail. Nicht ohne zu versprechen, ihm bei der Suche nach seinem Glück zu helfen. Aus seinem Restaurant nehmen wir einen großen Zackenbarsch mit, die Krönung. In der Dämmerung stolpern wir den Hang wieder hinauf, auf dem die Schildkröte lebt. Vorbei an Ferde’s Haus, in dem sie mit Ramasan und Senep lebt. Und den Hang wieder hinunter, zu LEVJE. Wir freuen uns auf ein Festessen: Zackenbarsch auf Kartoffel-Wurzelgemüse in LEVJE’s Ofen gegrillt. Ein Gedicht. Wir freuen uns mächtig. Wie die Kinder. Doch kaum ist der große Zackenbarsch im Rohr, geht mit einem lustlosen „Plöpp“ der Herd aus. Die Gasflasche ist leer. Und wird es für diese Nacht bleiben.

Es ist nicht so einfach, das mit dem wahren Leben.

Unter Segeln: Gewitter über Ölü Deniz. Oder: Was es bringt, das Buch GEWITTERSEGELN zu lesen.

Bis dahin war eigentlich alles ganz normal: Das Wetter seit Anfang Mai über der Südtürkei war stabil und warm. Sehr wenig Wind, kaum lohnt’s, die Segel hochzuziehen. Aber dafür lockt die Küste mit leeren Ankerbuchten, und Reviere, in denen sich im Juli und August die Boote in Buchten drängeln wie im Golf von Fethiye: die gehören dem einsam Segelnden jetzt ganz allein.

Ab Samstag Mittag aber das Wetter instabil. Aufquellende Wolkentürme im Osten, die langsam über den Baba Dagi und über den Sandstrand von Ölu Deniz nach Westen zogen. Am Sonntag bereits am Vormittag tiefschwarze Wolken über dem Baba Dagi, dem großen Berg auf dem Bild im Hintergrund, von dem mutig immer noch Paraglider herunterschwebten. Plötzlich Blitze am Mittag, das Unwetter zieht aus Osten heran, über den weißen Sandstrand von Ölü Deniz und dann zur Ankerbucht vor der Insel Gemiler, der Insel auf der Heilige Nikolaus wohl tatsächlich einmal gelebt hatte. Heftige Gewitter über Ölü Deniz und Gemiler: das hatte ich schon häufiger.

Zuerst Schwärze. Dann Blitze. Und dann brechen schlagartig von Westen her, vom Sandstrand her, dort, wo die großen Gülets ankern, starke Böen herein. Der Wind wirft Schaumkronen auf dem Wasser auf, pfeift im Rigg der beiden ankernden Gülets. Deren Kapitäne fühlen sich offensichtlich nicht mehr wohl in der Gemiler Reede. Sie wollen ablegen, starten ihre PS-starken Motoren, senden ihre Dinghis zum Ufer, um die Festmacher von den Felsen zu lösen. Die Böen nehmen zu auf 35 Knoten, LEVJEs Festmacher zum Ufer sind zum Zerreissen gespannt, die ungeheure Dehnung wringt Tropfen Meerwasser aus den Tauen.

Da beide Gülets 100 Meter Kette quer durch die Bucht gesteckt haben, dauert es lange, quälend lange, bis die Schiffe frei sind. Dicken, unbeweglichen Käfern gleich kriechen sie an ihren Ankerketten entlang quer durch die Bucht, plötzlich trifft eine harte Böe das weiße Gület im Bild oben, das Schiff beginnt, mit dem Heck auf den Nachbarn zuzutreiben. Aufheulende Motoren.

Segelyachten, die sich von draußen in die Bucht zwängen und halbgare Ankermanöver starten. Andere Yachten, die ihren Ankerplatz aufgeben, wohl, weil ihr Anker im tiefen Wasser nicht hält. Wie die Kanadier genau gegenüber, die langsam nach draußen ziehen. Erneute Böen. Plötzlich setzt prasselnder Regen ein. Bei einem der beiden Gülets hat sich mitten in der Bucht der Anker verklemmt, der dicke Käfer liegt in Böen und Starkregen mitten in der Bucht und die Crew versucht, den Anker auszubrechen. Das zweite Gület fährt in der Bucht auf und ab. Und zwischen allen, laut rufend, wild gestikulierend, der türkische Marinero vom Restaurant in der Bucht, der versucht, den drei, vier Charteryachten und dem Kat im pfeiffenden Starkwind beim Bojenanleger zu helfen. Er kämpft, nur im Pullover im prasselnden Regen auf seinem schnellen kleinen Boot, um den Besatzungen zu helfen.

Tohuwabohu. Und ein guter Moment, um mich einmal zu fragen: Hat sich für mich – als User, als Segler – die Lektüre des Buches GEWITTERSEGELN gelohnt? Ein guter Moment, um mich zu fragen: Hat mich die Lektüre dieses Buches weitergebracht? Hat es sich gelohnt, dieses Buch überhaupt in die Welt zu setzen? Würde ich es meinem besten Freund in die Hand drücken, vor einem Juni-Törn im gewitterreichen Kroatien?

Ja, würde ich. Denn ich gehe mit der Situation anders um. Passieren kann zwar immer noch alles mögliche, davor ist niemand gefeit. Durch die Beschäftigung mit dem Thema und das Lesen der über 40 Berichte kam einfach mehr Know-How in die Sache.
Wir haben jetzt einfach fast 50 Meter Kette draußen und der Anker hält.
Ich habe eine überprüfbare Antwort auf Katrin’s besorgte Frage: ob LEVJE sinken würde, wenn im Mast der Blitz einschlägt.
Ich überlege jetzt nicht mehr wie früher, ob’s wohl doch besser wäre, jetzt rauszugehen. Oder vielleicht doch besser gewesen wäre, dies, das jenes zusätzlich gemacht, unterlassen, getan zu haben.

Es ist schon so, wie Axel zu Puttlitz-Lührmann, der Schadenexperte des Yachtversicherers PANTAENIUS, sagte, als wir ihn für GEWITTERSEGELN in Hamburg interviewten: „Man kann schon viel machen, im Gewitter.“

Nein: zu unserem Projekt kann ich stehen. Und es auch mitten im Unbeherrschbaren jedem Segler guten Gewissens empfehlen.

Mehr erfahren über GewitterSegeln? Hier.

 

Unter Segeln: Gewitter über Ölü Deniz. Oder: Was es bringt, das Buch GEWITTERSEGELN zu lesen.

Bis dahin war eigentlich alles ganz normal: Das Wetter seit Anfang Mai über der Südtürkei war stabil und warm. Sehr wenig Wind, kaum lohnt’s, die Segel hochzuziehen. Aber dafür lockt die Küste mit leeren Ankerbuchten, und Reviere, in denen sich im Juli und August die Boote in Buchten drängeln wie im Golf von Fethiye: die gehören dem einsam Segelnden jetzt ganz allein.

Ab Samstag Mittag aber das Wetter instabil. Aufquellende Wolkentürme im Osten, die langsam über den Baba Dagi und über den Sandstrand von Ölu Deniz nach Westen zogen. Am Sonntag bereits am Vormittag tiefschwarze Wolken über dem Baba Dagi, dem großen Berg auf dem Bild im Hintergrund, von dem mutig immer noch Paraglider herunterschwebten. Plötzlich Blitze am Mittag, das Unwetter zieht aus Osten heran, über den weißen Sandstrand von Ölü Deniz und dann zur Ankerbucht vor der Insel Gemiler, der Insel auf der Heilige Nikolaus wohl tatsächlich einmal gelebt hatte. Heftige Gewitter über Ölü Deniz und Gemiler: das hatte ich schon häufiger.

                                  Weiterlesen bei: Ankermanöver im Gewitter. Oder: Warum mach‘ ich das bloß?
                                  Weiterlesen bei: Von schnellen Gewittern und von langsamen.
                                  Weiterlesen bei: Gemiler. Oder: Wer war der Mann, der Sankt Nikolaus hieß.

Zuerst Schwärze. Dann Blitze. Und dann brechen schlagartig von Westen her, vom Sandstrand her, dort, wo die großen Gülets ankern, starke Böen herein. Der Wind wirft Schaumkronen auf dem Wasser auf, pfeift im Rigg der beiden ankernden Gülets. Deren Kapitäne fühlen sich offensichtlich nicht mehr wohl in der Gemiler Reede. Sie wollen ablegen, starten ihre PS-starken Motoren, senden ihre Dinghis zum Ufer, um die Festmacher von den Felsen zu lösen. Die Böen nehmen zu auf 35 Knoten, LEVJEs Festmacher zum Ufer sind zum Zerreissen gespannt, die ungeheure Dehnung wringt Tropfen Meerwasser aus den Tauen. 

Da beide Gülets 100 Meter Kette quer durch die Bucht gesteckt haben, dauert es lange, quälend lange, bis die Schiffe frei sind. Dicken, unbeweglichen Käfern gleich kriechen sie an ihren Ankerketten entlang quer durch die Bucht, plötzlich trifft eine harte Böe das weiße Gület im Bild oben, das Schiff beginnt, mit dem Heck auf den Nachbarn zuzutreiben. Aufheulende Motoren.

Segelyachten, die sich von draußen in die Bucht zwängen und halbgare Ankermanöver starten. Andere Yachten, die ihren Ankerplatz aufgeben, wohl, weil ihr Anker im tiefen Wasser nicht hält. Wie die Kanadier genau gegenüber, die langsam nach draußen ziehen. Erneute Böen. Plötzlich setzt prasselnder Regen ein. Bei einem der beiden Gülets hat sich mitten in der Bucht der Anker verklemmt, der dicke Käfer liegt in Böen und Starkregen mitten in der Bucht und die Crew versucht, den Anker auszubrechen. Das zweite Gület fährt in der Bucht auf und ab. Und zwischen allen, laut rufend, wild gestikulierend, der türkische Marinero vom Restaurant in der Bucht, der versucht, den drei, vier Charteryachten und dem Kat im pfeiffenden Starkwind beim Bojenanleger zu helfen. Er kämpft, nur im Pullover im prasselnden Regen auf seinem schnellen kleinen Boot, um den Besatzungen zu helfen.

Tohuwabohu. Und ein guter Moment, um mich einmal zu fragen: Hat sich für mich – als User, als Segler – die Lektüre des Buches GEWITTERSEGELN gelohnt? Ein guter Moment, um mich zu fragen: Hat mich die Lektüre dieses Buches weitergebracht? Hat es sich gelohnt, dieses Buch überhaupt in die Welt zu setzen? Würde ich es meinem besten Freund in die Hand drücken, vor einem Juni-Törn im gewitterreichen Kroatien?

Ja, würde ich. Denn ich gehe mit der Situation anders um. Passieren kann zwar immer noch alles mögliche, davor ist niemand gefeit. Durch die Beschäftigung mit dem Thema und das Lesen der über 40 Berichte kam einfach mehr Know-How in die Sache. 
Wir haben jetzt einfach fast 50 Meter Kette draußen und der Anker hält. 
Ich habe eine überprüfbare Antwort auf Katrin’s besorgte Frage: ob LEVJE sinken würde, wenn im Mast der Blitz einschlägt. 
Ich überlege jetzt nicht mehr wie früher, ob’s wohl doch besser wäre, jetzt rauszugehen. Oder vielleicht doch besser gewesen wäre, dies, das jenes zusätzlich gemacht, unterlassen, getan zu haben.

Es ist schon so, wie Axel zu Puttlitz-Lührmann, der Schadenexperte des Yachtversicherers PANTAENIUS, sagte, als wir ihn für GEWITTERSEGELN in Hamburg interviewten: „Man kann schon viel machen, im Gewitter.“

Nein: zu unserem Projekt kann ich stehen. Und es auch mitten im Unbeherrschbaren jedem Segler guten Gewissens empfehlen.

                                                                                         Mehr erfahren über GewitterSegeln? Hier.

Mare Più hat ein neues Buch herausgebracht. Unter dem Titel EINMALMÜNCHEN – ANTALYA, BITTE.

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In ihrer neuesten Ausgabe, die am kommenden Mittwoch am Kiosk liegt, kündigt die YACHT auf ihrer Titelseite einen Bericht über „MITTELMEER – Italien, Griechenland, Türkei – Törn auf der alten Handelsroute“ an. Es ist der Bericht über meine fünfmonatige Reise auf LEVJE im vergangenen Jahr von München nach Antalya.

An dieser Reise war nichts spektakulär. Im Gegenteil. Eigentlich ging es darum, endlich einmal Zeit zu haben. Und die fast 2.500 Kilometer lange Distanz, die man üblicherweise ferienfroh im Jet in 3 Stunden durcheilt, möglichst langsam, möglichst lustvoll zurückzulegen. Die Augen irgendwie offen zu haben für die kleinen Geschichten und die große Geschichte, die unbeachtet am Wegrand liegen. Für die Menschen, die am Meer leben und arbeiten. Und genau diese kleinen Geschichten,die ich im Mittelmeer fand, zu erzählen.

Ich habe gelernt, dass richtig Segeln Zeit braucht. Zeit, die dem normalen Segler nicht gegönnt ist, der sich für zwei, für drei Wochen auf sein Schiff oder eine gecharterte Yacht begibt. Und ich habe gelernt, dass alles, was wir zum Glücklichsein brauchen, eigentlich schon in un steckt und nirgendwo anders. Nur auf dem Meer: da finden wir es leichter als im Getöse eines vollgepfropften Alltags mit Dreifachbelastung.

Nein, es waren leise Ergebnisse. Und nichts Spektakuläres. Um so mehr hat mich gefreut, dass sich die YACHT im vergangenen Herbst für meine Segelreise auf der 3.000 Jahre alten Händler-Route  zu interessieren begann. Und mich einlud, doch ein paar Seiten darüber zu schreiben.

Aus den paar Seiten, die ich im Februar auf LEVJE für die YACHT schrieb, ist dann doch etwas mehr geworden – ein Projekt: mein erstes Buch. Es heißt EINMAL MÜNCHEN – ANTALYA, BITTE. Und es ist heute erschienen, als eBook. Und DASS dieses Buch überhaupt entstanden ist, verdanke ich Susanne Guidera, der Mitgründerin unseres Verlags millemari.

Und weil man – was die eigenen Kinder angeht – meist blind ist und oft nicht mehr so ganz genau sagen kann: Was man denn da nun in die Welt gesetzt hat: Darum überlasse ich Susanne, in diesem Fall meiner wundertätigen Lektorin, die Beantwortung der Frage, was denn in diesem Buch drinsteht. Hören wir ihr also zu, was sie mir auf die Frage antwortete, was sie um Mitternacht ihrer besten Freundin über dieses Buch sagen würde:

„EINMAL MÜNCHEN – ANTALYA, BITTE beschreibt die Reise mit einem kleinen Boot entlang der Küsten des Mittelmeeres. Mit Geschichten vom und über das Meer. Und über die Menschen, die dort leben.

Ein Buch, das in der Lage ist, die Sehnsucht nach dem Meer für einen Moment zu stillen, voll intensiver und leiser Beschreibungen, die geprägt sind von der Liebe zu weiten Horizonten.

Ein Buch über Abschied und Neuanfang und über die Kunst, langsam zu reisen, um zu sich selbst zu finden.“

Hoffen wir, dass nicht nur meine Lektroin um Mitternacht die richtigen Worte fand.

Wer reinschnuppern will: Das Buch ist seit heute bei AMAZON und anderen erhältlich. Es kostet € 9,99. Und wer mehr darüber erfahren will: Hier sind alle Links: auf www.millemari.de.
Oder direkt zu AMAZON: Hier.

Mare Più hat ein neues Buch herausgebracht. Unter dem Titel EINMALMÜNCHEN – ANTALYA, BITTE.

In ihrer neuesten Ausgabe, die kommenden Mittwoch, am 13. Mai am Kiosk ausliegt, kündigt die YACHT auf ihrer Titelseite einen Bericht über „MITTELMEER – Italien, Griechenland, Türkei – Törn auf der alten Handelsroute“ an. Es ist der Bericht über meine fünfmonatige Reise auf LEVJE im vergangenen Jahr von München nach Antalya.

Die Erwähnung auf der Titelseite hat dieser Bericht sicher nicht verdient. Denn: An dieser Reise war eigentlich nichts spektakulär. Im Gegenteil. Eigentlich ging es darum, endlich einmal Zeit zu haben. Und die fast 2.500 Kilometer lange Distanz, die man üblicherweise ferienfroh im Jet in 3 Stunden durcheilt, möglichst langsam, möglichst lustvoll zurückzulegen. Die Augen irgendwie offen zu haben für kleine Geschichten und große Geschichte, die unbeachtet am Wegrand liegen. Für die Menschen, die am Meer leben und arbeiten. Und genau diese Geschichten, die ich im Mittelmeer auf Schritt und Tritt und jeder Seemeile fand, zu erzählen. 

Ich habe gelernt, dass richtig Segeln Zeit braucht. Zeit, die dem normalen Segler nicht gegönnt ist, der sich für zwei, für drei Wochen aus seinem Beruf, seinen Verpflichtungen herausschält und auf sein Schiff oder eine gecharterte Yacht begibt. Und ich habe gelernt, dass alles, was wir zum Glücklichsein brauchen, eigentlich schon in uns steckt und nirgendwo anders. Nur auf dem Meer: da finden wir es leichter als im Getöse eines vollgepfropften Alltags mit drei- bis siebenfach-Belastung.

                                                      Weiterlesen bei: 5 Monate Segeln. Was hat mir das gebracht? Hier.
                                                      Weiterlesen bei: Segeln. Was ist das? Hier.

Nein, es waren leise Ergebnisse. Umso mehr hat mich gefreut, dass sich die YACHT im vergangenen Herbst für meine Segelreise auf der 3.500 Jahre alten Händler-Route zu interessieren begann. Und mich einlud, doch ein paar Seiten darüber zu schreiben. 

Aus den paar Seiten, die ich im Februar auf LEVJE für die YACHT schrieb, ist dann doch etwas mehr geworden – ein Projekt: mein erstes Buch. Es heißt EINMAL MÜNCHEN – ANTALYA, BITTE. Und es ist heute erschienen, als eBook. Und DASS dieses Buch überhaupt entstanden ist, verdanke ich Susanne Guidera, der Mitgründerin unseres Verlags millemari. Sie hat mir Mut und Dampf gemacht. Und zusammen mit ihrem Team in der Bücherschmiede von concepts4u, vor allem mit Wolfgang Appun von bora-dtp und Mediengestaltung, in liebevollster Kleinarbeit und Nachtschichten ein eBook mit vielen Fotos und etwa 100 Links auf Videos und Websites daraus gemacht hat. Und Gabi Becker von becker-pr schon mal Danke für die Presse-Kampagne, die ab Montag für das Buch startet.

Und weil man – was die eigenen Kinder angeht – meist blind ist und oft nicht mehr so ganz genau sagen kann: Was man denn da nun in die Welt gesetzt hat: Darum überlasse ich Susanne, in diesem Fall meiner wundertätigen Lektorin, die Beantwortung der Frage, was denn in diesem Buch drinsteht. Hören wir ihr also zu, was sie mir auf die Frage antwortete, was sie um Mitternacht ihrer besten Freundin über dieses Buch sagen würde:

„EINMAL MÜNCHEN – ANTALYA, BITTE beschreibt die Reise mit einem kleinen Boot entlang der Küsten des Mittelmeeres. Mit Geschichten vom und über das Meer. Und über die Menschen, die dort leben.

Ein Buch, das in der Lage ist, die Sehnsucht nach dem Meer für einen Moment zu stillen, voll intensiver und leiser Beschreibungen, die geprägt sind von der Liebe zu weiten Horizonten.  

Ein Buch über Abschied und Neuanfang und über die Kunst, langsam zu reisen, um zu sich selbst zu finden.“

Hoffen wir also. Dass nicht nur meine hervorragende Lektorin um Mitternacht die richtigen Worte fand.

Wer reinschnuppern will: 
Das Buch ist seit heute als eBook bei AMAZON und anderen erhältlich. 
Es hat 320 Seiten und etwa 100 Fotos und noch mehr Links. 
Es kostet € 9,99. 
Und wer mehr darüber erfahren will: Hier sind alle Links: auf www.millemari.de.
Oder direkt zu AMAZON: Hier.
Als .pdf bei www.segel-filme.de. Hier.
Oder ab kommender Woche in den eBook-Shops von Weltbild, Hugendubel, Thalia und und und…

So. Und jetzt freue ich mich – so wie immer – auf möglichst zahlreiche Kommentare, Mails, Meinungen, Urteile, Kritiken von Ihnen. Oder einfach auf ihren leisen Klick unten am Ende des Artikels auf „Tolle Geschichte…“  

Die vergessenen Inseln: Asirli Adasi. Wo der Pfau am Morgen schreit.Oder: Wem gehören eigentlich die vergessenen Inseln?

Es ist still an diesem Morgen im Mai. Die Wasseroberfläche nur eine Verlängerung der Millionen Farbtöne des großen Blau darüber. Asirli Adasi, die unbewohnte kleine Insel links, liegt in tiefem Frieden und bewacht wie seit Jahrhunderten die östliche Einfahrt in die Lagune von Kekova im Süden der Türkei. Nur der Schrei eines Pfaus dringt durch die morgendliche Stille herüber.

Moment mal: Ein Pfau?
Pfauen gibt es doch nicht in freier Wildbahn?? Auf einer unbewohnten Insel???

Über Asirli Adasi, die vergessene Insel, ist nur wenig bekannt. Aufgrund der unzähligen antiken Mauerreste, die überall über und unter Wasser herumstehen und des genialen Ankerplatzes ist es sicher ein Landstrich, der bewohnt ist, seit Menschen überhaupt siedelten oder zur See fuhren. Ruinen einer christlichen Kirche stehen am Ufer, Tonscherben am Boden, Hellinge und Werftanlagen aus byzantinischer Zeit, sind in die sperrigen Felsen am Ufer gemeisselt.

Und danach? Glaubt man dem Internet, war Ahmet Emin Silahyüreki der letzte Besitzer Asirli Adasi. Er war Einwohner des nahegelegenen Dorfes Ücagiz. Wer immer Ahmet Emin Silahyüreki, über den sich das Internet ansonsten ausschweigt, war: Seine Insel wurde vom türkischen Finanzministerium übernommen, als der gesamte Golf von Kekova vor ein paar Jahrzehnten unter strikten Landschafts- und Naturschutz gestellt wurde, zum Schutz der antiken archäologischen Stätten und der Naturdenkmäler. Freiwillig ging das alles wohl nicht zu: Die Einwohner des Dorfes scheinen sich bis hin zum obersten türkischen Gerichtshof gewehrt zu haben, bis die Sache 2004 dort endgültig entschieden wurde. Zu Ahmet Emins Ungunsten. Auch wenn dies alles also weniger freiwillig vor sich ging: 2004 entlud Ahmet Emin Silahyüreki zusammen mit einigen Helfern an die 50 seltene Tierarten auf der Insel, die einmal die seine gewesen war: Antilopen, Hirsche, Steinböcke, Gemsen. Und vielleicht war auch ein Pfauenpärchen dabei. Und siehe: allesamt vermehrten sich ganz wunderbar. Und ganz ohne weiteres Zutun. Die Insel war von Besuchern verschont, nur einige Touristen kamen, Reisende, um die Tiere tagsüber in freier Wildbahn zu beobachten, die dort friedlich und ohne Feinde lebten.

Aber wie das so ist mit den Menschen und dem Paradies: Es währt nicht lange. Als sich die Zahl der Tiere auf etwa 150 vermehrt hatte, begannen Wilderer sich für die vergessene Insel zu interessieren. Der Bestand der Wildtiere sank auf knapp 60 Tiere, immer wieder fanden Besucher angeschossene oder verendete Tiere. Es ging, bis Aktivisten bei den Behörden Alarm schlugen.

Jetzt? Scheint sich das Leben auf Asirli Adasi normalisiert zu haben. Kein Büchsenknallen ist von Asirli Adasi am Morgen zu hören. Nichts.

Nur der Schrei des Pfaus, der durch die morgendliche Stille herüber dringt.

Menschen am Meer: Urdu Kaptan. Oder: Wie man ein leckendes Gület wiederdicht bekommt.

Das ist Urdu Kaptan. Sein Name bedeutet auf Deutsch soviel wie „Kapitän Urdu“, und ich vermute, dass Urdu in seinem früheren Leben ein Gület-Kapitän war. Jetzt sitzt Urdu Kaptan unter dem 25 Meter langen Gület von Mehmet. Und dichtet es ab.

Gülets sind Traditionsschiffe, große Holz-Zweimaster, die man überall auf den Meeren der Türkei sieht. Angeblich kamen sie in Mode, als um 1920 ein nach Bodrum verbannter Journalist die Arbeitsboote der Einheimischen für die „Mavi Yolculuk“, die „Blaue Reise“, durch den Gökova Golf anmietete. Viel weiter durfte er nicht. Die „Blaue Reise“ auf dem Gület aber wurde Mode bei seinen Istanbuler Freunden, und so kam es, dass aus den einstigen Arbeitsbooten heute die Ausflugsschiffe geworden sind, die man in jeder Bucht trifft. Meist ist eine Familie drauf, oder fünf bis zehn Leute, die sich für eine Woche einmieten und die Welt aus angenehmstem Blickwinkel auf den dicken roten Polstern im Heck eines Gülets betrachten. Hier sieht man Gülets im Herbst vor der Insel Gemiler liegen:

Mehmehts Gület ist nun 15 Jahre alt. Es ist jetzt im Frühjahr an Land: bei dem riesigen, schweren Schiff, wurden Planken ausgetauscht, unten, genau über dem Kiel:

Dies scheint bei allen Gülets eine Schwachstelle zu sein: Unten, genau über dem Kiel eines solchen Schiffes, steht innen ständig Wasser im Schiff. Weil ein Schiff nie dicht ist, sammelt es sich dort an der tiefsten Stelle. Schwappt tagein, tagaus hin und her. Das Schiff: es rottet an dieser Stelle wegen des Wassers, aber von innen heraus, nicht von außen. Die Bootsbauer nehmen einfach die morschen Planken heraus. Und ersetzen sie durch dicke neue. Unten kann man dort, wo das Holz verrottet ist, durch das Gület hindurch auf die andere Seite sehen.

Und dann kommt Urdu ins Spiel: Er ist Spezialist für das Abdichten des Gülets. Sobald das neue Teak-Brett eingesetzt ist, klopft Urdu mit einem langstieligen Hammer feine Baumwolle in die Ritzen, immer wieder, während Mehmet – im Bild vorne, neben den Stützen – mit den anderen Bootsbauern ein Schwätzchen hält.

Immer wieder treibt Urdu mit dem Meissel, den er feinfühlig zwischen den Fingern, den dicken Baumwollfaden in die Rotzen. Der Kopf des hölzernen Hammers, den er benutzt, ist fast so lang wie sein Unterarm.

Urdu ist Spezialist für das Abdichten der Boote, das man „kalfatern“ nennt. Er macht nur diese Arbeit. Und das seit Jahren. Dazu ist er an der Küste unterwegs. Mal in Bodrum, mal in Bozburun, wo viele und große Gülets gebaut werden. Derzeit eine mit über 140 Metern Länge, das größte Holzschiff, das es gibt, für einen russischen Oligarchen, und der Name des gewaltigen Schiffes, DREAM SYMPHONY, läßt wer weiß was erahnen.

Urdu aber klopft weiterhin Baumwoll-Fäden zwischen die Teak-Planken von Mehmets Gület, in alter Technik. Danach kommen ein, zwei Anstriche mit roter Mennige darauf, um das Holz zu imprägnieren und zuletzt noch zwei Lagen Antifouling, damit das Schiff nicht zu schnell zuwächst.

Und kommende Woche: geht Mehmets Schiff wieder hinaus. Und nimmt Gäste mit, auf die „Mavi Yolculuk“, auf die „Blaue Reise“, wie die Türken sie nennen.

Aus Fehlern lernen (Teil 4) – Einhand in die Box

Auf meinen letzten Blogbeitrag kamen einige Reaktionen bzgl. des Abtreibens beim Anlegen. Das passt gut in meine Kapitel zum Lernen aus Fehlern. Gerade einhand kann es schnell vorkommen, das der Bug beim Anlegen in eine Box bei Seiten- oder Gegenwind vertreibt, bevor man eine Vorleine  zum Steg bekommt. Wie das passiert und was man dann noch tun kann, möchte ich hier beschreiben. Im letzten Jahr bin ich ja einhand bestimmt 150 Anlegemanöver gefahren, und konnte  mir so einige Strategien zurechtlegen, die ich hier gerne teile und die natürlich auch für Crews passen. 

Erfolgreich ist das Manöver bereits dann, wenn man je ein Achterleine und eine Vorleine in Luv belegt hat, doch ich versuche eigentlich immer beideAchterleinen über die Pfähle zu bekommen, bevor ich mich dann darum kümmere das Boot neu auszurichten. Und danach so dicht an den Steg zu bewegen, das ich mit einer Vorleine hinübersteigen kann. Das übliche Manöver (bei normalen Windverhältnissen) läuft bei mir wie folgt ab: Ich ziele auf die Box und lasse das Boot dann mit möglichst wenig Fahrt ausgekuppelt durch die Pfähle treiben. Je nach Wind beginne ich dabei etwas luvseitig der Box, denn der hintere Luvpfahl muss auf jeden Fall erwischt werden, sonst wird ein neuer Anlauf nötig. Die mit großem Palstek versehenen Achterleinen liegen dabei bereit. Sie sind belegt und richtig durch den Seezaun geführt auf Höhe der Sprayhood. Sie sind dabei so zu belegen, dass sie auf jeden Fall lang genug sind um mit dem Bug den Steg zu erreichen, jedoch kurz genug, um das Boot achtern nicht zu extrem vertreiben lassen zu können. Hier spielt natürlich die Erfahrung und der Blick für die richtige Boxenlänge mit hinein. Auch ein Bootshaken liegt bei mir immer griffbereit in der Plicht. 


 Achterleine über Luvpfahl

Beim Hineingleiten in die Box probiere ich sehr früh die luvseitige Achterleine über den Pfahl zu bekommen und zwar schon möglichst bevor dieser mittschiffs vorbeigeht. Das lässt mit dann genug Zeit durch die Plicht auf die Leeseite zu gelangen um dort die zweite Leine über den Leepfahl zu bekommen. Nun wird der Bug meist etwas von der richtigen Richtung abgekommen sein. Ein kurzer Gasstoß voraus mit entsprechend gelegtem Ruder korrigiert dieses und gibt dem Boot dabei noch einmal etwas Fahrt um auch bis an den Steg zu kommen. Bei Annäherung werfe ich beherzt beide Vorleinen hinüber damit ich beide Hände frei habe um über den Bugkorb auf den Steg zu jumpen. Nun wird schnell die Luvleine fixiert. Je  nachdem ob ich Ringe, Klampen oder Poller vorfinde gehe ich hierbei unterschiedlich vor, doch das erkläre ich aber einmal an anderer Stelle. Nun wieder auf das Boot und die Achterleinen korrigieren, dann wieder auf den Steg und die Leeleine belegen. Damit liegt das Boot dann sicher. 


  Achterleine über Leepfahl

Soweit die Theorie und auch die Praxis bei wenig Wind. Bei starkem Seiten- oder Gegenwind gibt es nun, durch das oft unvermeidliche Vertreiben des Bugs, folgende potentiellen Probleme:

1.    Bei viel Wind und wenig Fahrt vertreibt der Bug mit jeder Sekunde mehr. Ein Hineingleiten in die Box mit möglichst wenig  Fahrt wird  also nicht funktionieren.
2.  Dadurch hat man dann automatisch oft nicht mehr genug Zeit um auch den Leepfahl zu erwischen. Das ist an sich kein Problem, da es hinterher ja immer noch möglich ist. Bei sehr viel Wind wird man das auch immer so machen, aber es gibt natürlich Zwischenbereiche. Manchmal passt es dann und manchmal eben auch nicht. Die Probleme beginnen eigentlich stets, wenn man zu viel Zeit damit verbringt, auch die Achterleine in Lee über den Pfahl zu bekommen. Man kann in dieser Zeit die Geschwindigkeit und die Position des Bugs schlecht korrigieren. Verliert das Boot zu viel Fahrt vertreibt der Bug unweigerlich und aus meiner Erfahrung ist ein Abkommen aus der Fahrtrichtung von mehr als 25°, bei starkem Wind nicht mehr mit einem kurzen Gasstoß zu korrigieren.
3.     Nun wird also keine Annäherung an den Steg mehr erreicht und ich komme mit der Vorleine nicht mehr hinüber. Wenn auf dem Steg nun niemand hilft wird es unangenehm. (Eine meiner Vorleinen ist übrigens sehr lang, so dass ich in dieser Situation bei Hilfe vom Steg diese immer noch hinüberwerfen kann).
4.   Sind längs zur Box Führungsleinen gespannt ist es einfach. Ich ziehe mich dann mit deren Hilfe einfach an den Steg. So ausgestattete Boxen sind bei viel Wind daher auch zu bevorzugen. Auch neben der Box in Luv liegende Boote können hilfreich sein. Daher bringe ich bei viel Wind vorne am Bug in Luv stets einen dicken Kugelfender aus. Trotzdem kann man dabei aber auch den Nachbarlieger beschädigen, da man ja selber vor Einfahrt in die Box seine Fender mittschiffs noch nicht draussen hat um nicht an den Pfählen hängen zu bleiben.
5.  Sind die Optionen aus Punkt 4 jedoch nicht gegeben, bleibt mir nichts anderes übrig als mich an die Heckpfähle treiben zu lassen um erst einmal Ruhe in das Schiff zu bekommen. Da die Heckleinen ja belegt sind kann ich (zumindestens bei Gegenwind) auch nicht einfach Gas geben um aus den Boxen fliehen. Wie gesagt, längs an den Heckpfählen zu liegen empfinde ich auch nicht als bedrohlich, sondern nur als doof.


Auf dem Weg zum Steg

Denn es gibt ja nun immer noch Möglichkeiten sich zu befreien: Die Heckleinen lösen, das Boot passend ausrichten, achtern abstossen und mit dem Bug durch die Pfähle zurück in die Boxengasse fahren.  Oder aber eine Leine an den Steg bekommen. Das kann über ein Nachbarboot geschehen, schwimmend, mit dem Schlauchboot oder über jemanden der doch noch irgendwann helfend an den Steg kommt. Als weitere Option wurde mir via facebook übrigens geschildert einfach an den Pfählen über Nacht liegenzubleiben und dann morgens wieder auszulaufen. Das geht natürlich auch :-)

Jetzt bleibt natürlich noch die Frage, warum mir der Fehler trotz eines zweiten Mannes am Bug passiert ist. Wie auf facebook richtig kommentiert natürlich durch mangelnde Konzentration. Merkwürdigerweise mache ich einhand weniger Fehler, als mit einem Mann/Frau auf dem Vorschiff. Wohl auch weil ich meist alleine unterwegs bin. Während ich dann denke, vorne ist ja alles im grünen Bereich kümmere ich mich um die Heckleinen ohne genau aufzupassen. Und wenn dann noch eine Ansage von vorne ausbleibt oder im Winde verweht, ist es ganz schnell passiert das der entscheidende Meter fehlt. Also immer Augen auf, bis sich die Vorleine auf dem Steg befindet! Und ach ja,leider habe ich keine Mittelklampen…