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Ring frei für die ganz großen Pläne

Alles auf Rot. Nach langem Überlegen und Zögern nehme ich die Herausforderung an. Blog, Fotos, Vorträge und GoPro Filmen reichen mir nicht mehr. Meine Liebeserklärung an das Segeln generell und an die Ostsee im Speziellen muss größer ausfallen. Und auch noch mehr Nichtsegler erreichen. Und sehr viel mehr Arbeit kosten :-( Die Treffen mit einem Filmemacher und einem Tonstudiobetreiber sind beide so positiv und motivierend ausgefallen, das ich heute in meinem Kopf den Schalter auf GO gelegt habe. Mit allen, vor allem zeitlichen und finanziellen, Konsequenzen. Denn das Ganze wird ein Haufen Arbeit. Und ist am Ende hoffentlich alle Mühen wert. Ich möchte eine der aufregendsten und schönsten Zeiten meines Lebens nicht einfach ad acta legen und weitermachen wie vorher. 




Es sind auf der Reise so viele Bilder und Songs entstanden und ich habe so viele Geschichten erlebt. Die Ostsee ist ein so wundervolles und einzigartiges Revier. All das kann man nicht mit Worten teilen, es braucht meiner Meinung nach mehr. Ob es gelingt kann ich nicht sagen, da mir hierzu schlicht die Erfahrung fehlt. Alleine die Idee kommt mir schier unbezwingbar vor, was der Grund für mein langes Zögern ist. Doch die Resonanz auf meinen Votrag mit Live-Band, die Musik und die vielen youtube Videos geben mir die nötige Energie. Ich muss und werde mir also Leute ins Boot holen, die sich damit auskennen. 

 Der Film soll eine Mischung aus Reisedoku und Studiodoku werden. Die Emotionen, Bilder und Geschichten meiner langen Reise 2014 plus neue Bilder aus den westschwedischen Schären, die ich in diesem Frühjahr drehen werde, bilden die Basis. Dazu kommen dann die auf der Reise entstandenen Songs. Und zwar von der Idee bis zur finalen Umsetzung mit der Band. Hier bin ich selbst auf das Endergebnis gespannt, wachsen Songs doch wie Kinder heran. Zunächst behütet und bewacht, werden sie dann später erwachsen und entwickeln ein oft unvorhersehbares Eigenleben. Einige der Songs habe ich schon meiner Show vorgestellt; es sind aber noch ganz neue Sachen dabei. Dazu der Input der vielen beteiligten Musiker.  

2015 wird also mit Sicherheit ein sehr anstrengendes Jahr, aber ich hoffe das Gefühl etwas ganz neues zu schaffen und am Ende ein fertiges Produkt in der Hand zu halten, welches im Idealfalle auch andere Menschen motiviert auf Reisen zu gehen ist die Sache wert. Und dann ist da ja immer noch mein Traum einmal unerwartet einen von mir geschriebenen Song entweder im Radio oder von einem fremden Balkon, Boot oder aus einem vorbeifahrenden Auto heraus zu hören. 

Und wer keine Träume mehr hat, hat sein Leben bereits aufgegeben!

Mein augenöffnendes Erlebnis auf der BOOT 2015

www.segelrebellen.com

Es waren nicht die neuen Yachten oder aktuelle elektronische Geräte. Keine noch wasserdichteren Klamotten oder aufblasbare Plattformen. Während meines monatelangen Segelsommers 2014 hatte ich an Bord eigentlich nichts vermisst. Zwei Segel und ein Motor waren alles was ich brauchte um von einem Ort zum Nächsten zu kommen. Der Reiz lag nicht in der Technik, sondern in der Reise. Nicht in der Geschwindigkeit, sondern in  der Vielfalt der Eindrücke. Eine Weltreise mit dem Auto lebt ja auch nicht vom Modell des Fahrzeugs, sondern vom unterwegs  Erlebten. Hauptsache die Kiste läuft. Oder, wie in meinem Fall: Hauptsache die Kiste segelt. Vieles an mitgeschlepptem Zubehör habe ich sowieso nie benötigt, denn es braucht wirklich nicht viel um von Bucht zu Bucht zu gelangen. Die Freiheit zu genießen. Mit anderen Seglern zu plaudern. Und nicht nur einhand Technik spazierenzufahren. Anders gesagt, ich hatte wirklich alles was ich brauchte. Vor allem Gesundheit…

Bei den größeren auf der Messe ausgestellten Booten denke ich nun mittlerweile sofort an die Kosten von Liegeplatz und Winterlager, Technikausfälle oder an die Schwierigkeiten überhaupt einen Liegeplatz zu bekommen. Bei neuer Elektronik daran, dass ich sie wie vieles andere auch nie wirklich brauchen werde. Und durchgefroren und durchnässt war ich auch nie. Was also wollte ich dann überhaupt auf der Messe und was sollte mich dort so wahnsinnig beeindrucken? Denn einfach ohne Plan auf eine Messe zu fahren führt, wie man auch in einigen Postings lesen kann, eher zu Frust…

Zunächst einmal wollten wir uns einfach locker mit den Gründern und einigen Autoren des Verlages millemari. treffen. Auch dazu braucht man nur einen Tisch, einen Kaffee und gleich hört die spannendsten Geschichten unterschiedlichster Segler. Allemal spannender als die Verkaufsveranstaltungen an den Bühnen. Und man trifft auf Menschen, die einen mehr beeindrucken als es jede Superyacht jemals könnte. In meinem Fall hieß dieser Mensch Marc Naumann. Wir hatten nur wenig Zeit ein paar Sätze zu wechseln, aber diese haben mich so nachhaltig beeindruckt, das ich nach unserem Gespräch nichts mehr auf der Messe verloren hatte, und mich spontan entschied statt Geld in weiteres unnötiges Zubehör zu investieren, lieber an die von Marc gegründete Organisation „Segelrebellen“ zu spenden. 


 Marc / Foto: Segelrebellen

Marc erkrankte in den Jahren 2010 und 2012 an einem Hirntumor. Das Segeln wurde während der langen Therapie sein Anker und seine Perspektive für die Zukunft. So war er alleine in 2014 gute 15 Wochen Segeln. Damit wurde sein Traum zum Mittelpunkt seines Lebens. Mit den von ihm im Sommer/Herbst 2014 gegründeten „Segelrebellen“ will er nun seine Erfahrungen aus der positiven Wirkung des Segelns weitergeben und dabei auf die speziellen Bedürfnisse und Erwartungen von jungen an Krebs erkrankten Erwachsenen eingehen. Lest dazu einfach einmal seine Geschichte auf der Website der „Segelrebellen“:
http://www.segelrebellen.com/geschichte_der_segelrebellen/  
Marc schreibt, dass es eigentlich keine traurige sondern eine motivierende Geschichte wäre. Vor allem für andere vom Krebs betroffene Menschen. Die gegen die Krankheit rebellieren. Die die krankmachende Umgebung an Land gegen ein Leben auf See und in der Natur tauschen. Sich zurückbesinnen auf sich selbst und die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Auf einem Boot mit anderen Betroffenen, die nicht wissen was die Zukunft bringen wird und ob und wann man diese Mitsegler wiedersieht. Beim Schreiben dieser Zeilen bekomme ich Gänsehaut; kenne ich doch selbst genug Betroffene und die damit einhergehende, meist brutale Veränderung des Lebens und der Sichtweise darauf. Und überdenke dabei auch wieder einmal meine Prioritäten neu. Und verzichte auf ein neues Zubehör um lieber einem an Krebs erkrankten Menschen eine Segelreise zu ermöglichen. 


 Foto: Segelrebellen

Ich zitiere dazu von der Website der „Segelrebellen“:
Als gemeinnützige Organisation wollen wir die Situation von Krebsbetroffenen während und nach der Therapie nachhaltig verbessern. Die Segelreisen verbessern die psychosoziale Situation nachhaltig, und unsere Teilnehmer kommen mit neuem Selbstbewusstsein und einer positiven Perspektive wieder zurück. Um unser Ziel zu erreichen, sind wir auch auf Deine Unterstützung durch Spenden angewiesen. Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer könnte ohne finanzielle Unterstützung nicht mitsegeln.
Marc hatte dabei nicht viel über sich und seine Situation erzählt. Unser Gespräch drehte sich um den Yachtmaster Offshore und dessen Zweck. Erst darüber kamen wir dann zu den „Segelrebellen“. Seine ruhige und gelassene Art mit der Krankheit umzugehen und daraus etwas Neues und so Nützliches entstehen zu lassen haben mich extrem beeindruckt. Nebenbei erwähnte er dann noch, dass er erst in den nächsten Tagen die Ergebnisse eines Nachtests erhalten würde, der zeigen wird, ob er die Krankheit wirklich besiegt hat. Ich drücke dir fest beide Daumen, Marc! 

www.segelrebellen.com

Der große Traum vom neuen Boot. Oder: Auf der BOOT in Düsseldorf.

Schön, aber nicht unbedingt jedermanns Traum: Die BOOT wartet mit allerhand Superlativen auf. Im Folgenden ein Artikel über einige dort sichtbaren Superlative.

„Das erste baut man für seinen Feind.

Das zweite baut man für seinen Freund.

Das dritte baut man für sich selber.“

Jeder, der einmal ein Haus gebaut oder eine Wohnung selber renoviert hat, kennt diese kluge Weisheit. Oft denke ich: Vielleicht gilt für das eigene Boot das gleiche? Denn auch wenn ich LEVJE, mein derzeitiges Schiff, sehr liebe, heißt „ein eigenes Boot besitzen“ immer: Im Kopf schon am nächsten Boot arbeiten. Ob man glücklich ist mit seinem Boot oder nicht: Es gibt immer ein „Danach.“ Ein „Das-wird-dann-aber…“, das noch perfekter ist. Größer, natürlich. Und schneller. Nicht so schuckelig durch die Hacksee geht. Und… und … und.

Das Behältnis der Wünsche, die wir mit dem nächsten Boot verbinden, es ist unendlich groß. Was mich umtreibt, ist: ein Boot, um drauf zu leben. Sechs, sieben Monate im Jahr. Im Sommer, um behaglich draußen zu sein. Mit langen Cockpit-Bänken, um die Zeit gemütlich in Buchten zu verbringen, einfach arbeiten, gemütlich lesen, schreiben zu können. Und auf langen Segelschlägen komfortabel zu reisen. Im Winter gemütlich zum Drauf-Sein und trotzdem Erleben, was Draußen vor sich geht. Auch während dreier Tage türkischen Küstenregens mit 40mm Niederschlag pro 3h, wie die vergangene Woche. Oder in der Adria an Weihnachtstagen, an denen man sich bis Punkt vier im T-Shirt in der Sonne räkelt. Und sich dann, wenn die Sonne sinkt, ebenso schlagartig ins Innere seines Gehäuses zurückzieht, auf einen Tee oder was immer. Ein Boot, das zuverlässig und sicher draußen auf dem Meer ist. Und im Winter komfortabel.

Der Zaubertrank heißt: Vom nächsten Boot träumen. Das tut der Segler im Winter. Wenn er abends durch den Hafen schlendert. Und andere Boote ankuckt. Durchs Winterlager streift und schätzend Kielformen, Faltpropeller, Skeg-Konstruktionen betrachtet. Über Bootsmessen schlendert und zumindest einmal, einmal: auf jedem Wunschkandidaten drauf steht. Drin steht. Einmal drinnen durch geht, von vorn nach hinten. Und sich einmal den Kopf anhaut.

Der Traum vom nächsten Boot. Das ist auch der Stoff, aus dem man erfolgreiche Messen schneidert.

Also: mache auch ich mich auf den Weg zur BOOT nach Düsseldorf. Und die empfängt mich mit allerhand Superlativen. „Die weltgröße…“. „Die meisten…“. „Die weltweit größte…“, klären Moderator und Moderateuse erst einmal minutenlang beim erhofften Vortrag über „Navigation per Tablett“ auf, um dann nach Minuten die erste Frage zum Thema abzufeuern: „Segeln Sie denn mit Ipad oder Android?“ Hmpf.

Tatsächlich bietet die BOOT eine Menge Superlative: In den Hallen stehen unglaublich viele Boote herum. An Superlativen findet man:

Die schönsten Kurven.
 

 

Und die vor allem in der Klasse zwischen 22 und 30 Fuß. Hübsch anzusehen sind sie ja, fast alle. Das Segment der Binnensegler hat wahrhaft aufgerüstet: Optisch. Leistungsmäßig. Und auch verbal: „Daysailer“ heißen sie heute: Wunderschöne Teile, die hier herumstehen. 35-Fuß lange Unvernunft in ihrer bezauberndsten Form, um den Tag auf dem See abzuhängen. In diesem Segment hat sich schon wahrhaft viel getan, denkt man an die einstigen „Kartoffelsuppen-Kreuzer“ und „Brotzeit-Schifferl“ der Siebziger Jahre. Damals, als nicht nur Autos, sondern auch Boote noch „die Familie“ als Zielgruppe anvisierten, als Autos und Boote noch für Familien konzipiert und gebaut wurden und nicht als „Dienstwagen“ fürs morgendliche „Dienstwagen-Race“ auf dem Büro-Zubringer. „Daysailer“: ein schmuckes Segment. Aber wer kauft das? Oder ist „Daysailer“ die Antwort auf einen von schönen Gebrauchtbooten blockierten Markt? In dem nur mit ästhetischen Stimuli, mit „Ferrari-Effekten“ neue Käufer zu finden sind?

 

Der zäheste vom „Eigenen-Boot-Träumer“.

Mit einem Superlativ ganz anderer Art in der Klasse 22-30 Fuß wartet Digger mit seinem BENTE-Projekt auf: Ihn trieb die Suche nach dem, was „danach“ kommt beim Thema „Mein-ideales-Schiff-zum-drauf-Leben-ist-ein-kleines-Schiff“, sein Boot selbst zu konstruieren. Was auf der HANSEBOOT an Digger’s Messestand noch in Sperrholz im Entwurfstadium herumstand, hat jetzt Form angenommen. Der Wunsch, das ideale Boot zu finden, steht jetzt in GFK vor uns. Sieht verdammt schnell aus. Chapeau, Digger, für den Superlativ „der Zäheste“, was Durchhalte-Vermögen beim Traum vom eigenen Boot angeht.

 

Die allerneuesten Lärmendsten.

Superlative ganz anderer Art sind auch in Düsseldorf versammelt: die allerneuesten und lärmendsten Gizmos sind zu besichtigen, bevor sie uns im kommenden Sommer in den Buchten erfreuen werden. Ich habe mich im Sommer immer gefragt, welche Erdspalte sie wohl ausspuckt, all die Parasailer-Gizmo’s und lärmenden „Banana-Boats“. Jetzt weiß ichs. Die Erdspalte ist in Düsseldorf. An neuen lärmenden Superlativ-Gizmo’s hätten wir anzubieten:

Ein „Alien-Dings“, mit dem man – nebst Partnerin – fünf Meter am Gartenschlauch überm Meer schweben kann. Eine Art auf-den-Rücken-geschnallter Laubbläser, der den Nutzer der Schwerkraft entbindet. Man kann damit wie ein Ungeheuer von unter Wasser auftauchen. Und sich wie ein Käfer an langem Schlauch in die Luft erheben. Schaurig. Laut.

 

„Le dernier cri“ auf dem Banana-Boat-Sektor ist dieses „Dingsda“, das aussieht wie der stählerne Wurfstern eines Samurai. Ab nächstem Sommer zieht es gelangweilt Kreischende durch die Bucht. Er wird schön, der nächste Sommer.

Und mein Traum?

Und wie sieht es mit dem aus, was mich hierher trieb, auf die Messe? Ein Boot zum Drauf-Leben zwischen 31 und 37 Fuß? Mit meinen einfach 4 Regeln, die ich in einem früheren Beitrag zur HANSEBOOT formulierte? Stehhöhe? Lange Salonbänke? Lange Cockpitbänke? In den Wellen stabil? Im Hafen gemütlich wie eine Wohnung?

Zwischen 31 und 37 Fuß ist nicht soooo viel zu sehen in Düsseldorf. Die Hersteller frönen hier der Superlative, einem „The bigger the better.“ 58 Fuß-Yachten sind zu sehen, von Serien-Herstellern. Und die zeigen auch gleich 64-Fuß-Yachten und 82-Fuß-Yachten. Ist denn der Markt dafür so groß? Am Stand eines italienischen Segelyacht-Herstellers, den wir alle kennen und lieben für seine schönen und schnellen Schiffe in der über 40-Fuß-Klasse, und der tatsächlich mit Superlativ-guten Ideen beim Innendesign seiner Yachten aufwartet, komme ich der Wahrheit näher: „We had a very good show here in Dusseldorf“, sagt der Verkäufer, „we had so many interested sailors from Spain and Israel here, but unfortunately not from Germany.“

Aha.

„The Bigger, the better“ gilt also nur „for the happy Few“. Und die kommen derzeit nicht aus Germany.

Auf der Suche nach meinem Schiff zum „Drauf-Leben“, idealerweise zwischen 33 und 37 Fuß, gerate ich Düsseldorf auch an interessante Konzepte. An die eine oder andere Center-Cockpit-Yacht, auf der ich dann zum x-ten mal stehe. Auf einer HALLBERG-RASSY 40, zum Beispiel, der man aber unter Deck anmerkt, dass sie „von Außen nach Innen“ konstruiert ist – mit entsprechenden Schwachstellen im Innenraum.
Den konstruktiv genau anderen Weg – „von Innen nach Außen“ – ging SIRIUS, Werftbauer aus Plön. Leider auch nur mit größtmöglicher YACHT auf der Messe, einer 40er mit sechs Kojen und (!) eigenem (!!) Werkstatt-Raum (!!!). Das ist natürlich zu groß. Ich will allein drauf Leben. Und zu zweit. Gelegentlich zu Dritt. Aber als Konzept: Klasse.

Interessant natürlich auch das SENSE-Konzept von BENETEAU, das ich seit einigen Jahren verfolge. Aber in Düsseldorf liefert BENETEAU einen Superlativ der anderen Art ab, der mit der „Marketing-Zitrone der Messe“ für Kunden-größtmöglich-vor-den-Kopf-stoßendes Marketing prämiert werden sollte. Auf die BENETEAUs am Stand darf jeder, wie er will. Auf die ausgestellte SENSE darf nur, wen die Hostessen nach Vorlage seiner Visitenkarte & Registrierung & Gesichtsprüfung auch drauflassen. Lead-Generierung a-la Hau-drauf. Die SENSE, ein Boot zum „Drauf-Leben“? Verkauft mit KEMPINSKI- und HYATT-„For-the-happy-Few“-Effekt? Autsch.

Und so läßt mich denn die „Messe der Superlative“ etwas ratlos zurück, was meinen Traum angeht vom idealen Boot, um drauf zu leben. Aber vielleicht gehört ja auch das zum Spiel. Und macht die Schönheit des Lebens aus: Einen Traum zu haben ist das Wichtige. DAS ist das Elexier. Und vor allem: das MACHEN.

Die Beeindruckendsten.

Einen Superlativ aber liefert mir die Messe dann doch. Zum „Boot-Kucken“ komme ich ja nur in den Gesprächspausen. Denn die Messe ist angefüllt mit Gesprächen. Mit Vertriebspartnern. Mit Autoren unseres ersten Buchprojektes GEWITTERSEGELN, denen wir Konzept und Layout unseres Buches, das im März erscheinen wird, vorstellen. Und ein ums andere Mal, bin ich beeindruckt von den Leuten, die ich zum ersten Mal kennenlerne und die uns ihre Beiträge, ihre Geschichten für das Buch zur Verfügung stellen. Keiner von den „Happy-Few“. Aber alles SeglerInnen mit großer Leidenschaft für Boot und Segeln. Was mich an diesen Leuten beeindruckt, ist ihre Offenheit, der Schalk, der aus den Augen von Conny und Kim blitzt. Die Entschlossenheit von Marc, der nach überstandener schwerer Tumor-Erkrankung seine nächsten Jahre anderen an Krebs Erkrankten schenken und mit Ihnen segeln gehen wird. Die Abgeklärtheit von Reinhardt oder die Leidenschaft von Ursula. Der Humor von Dirk. Claus, der das Meer irgendwie als Musik betrachtet – und er eine Note darin. Oder Peter mit seiner Geschichte, dass er nie aufs Wasser durfte im „anderen“ Deutschland, aus politischen Gründen. Und Last but not least Christopher, der bei aller Racing-Euphorie so ruhig und zurückhaltend war.

Ihnen – nicht den Düsseldorfer Superlativen – sei dieser Post gewidmet.

Mare Più macht ein zweites Buch. Nach GewitterSegeln. Mit der Community. Diesmal über: SturmSegeln.

Unser derzeitiger Favorit unter den Cover-Entwürfen für das neue Projekt. Das beste Foto zum Thema Segeln im Sturm, das wir unter allen Einsendungen für dieses Projekt erhalten, wird von einer fünfköpfigen Jury ausgewählt. Und kommt aufs Cover. Haben Sie ein gutes Sturmfoto? Oder eine gute Geschichte?

Drei Beaufort: Ist purer Spaß.
Vier Beaufort: Ist Freude.
Fünf Beaufort: Ist Freude. Mit Bangen gemischt.
Sechs Beaufort: Ist Bangen. Mit Freude gemischt.
Sieben Beaufort: Ist Bangen.
Acht Beaufort: Ist Angst.
Neun Beaufort: „Where is my Mommy?“

Vor vielen, vielen Jahren, auf meinem allerersten Törn lernte ich diese Regel von Lutz. Er war hohes Tier in einem großen, großen Konzern. Er liebte das Segeln. Sein Stolz war es, den „Marchaj“ ganz gelesen zu haben, ein typisches Siebziger Jahre Hardcore-Fachbuch darüber, wie ein Segel optimal zu trimmen ist. Theoretische Physik. Aerodynamik. Von Vorne bis Hinten.
„Ich hab‘ den Marchaj gelesen“, sagte Lutz, wenn mal wieder was schief ging auf dem Törn. Wenn beim Bojenmanöver der Festmacher nicht auf der Klampe, sondern in der Schraube hing. Und wir irgendwie anders als die 25 Anderen im Bojenfeld hingen. Wenn wir wieder mal ausgelaufen waren, die Frauen unten noch mit Abwasch beschäftigt waren, und hinter der Huck ein handfester Sechser über uns herfiel. Unter Segeln war Lutz unschlagbar.

Die Beaufort-Einteilung von Lutz ist zeitlos gültig. Sie beschreibt, was in uns vorgeht, wenn es bläst. Wenn der Wind weht, mehr als uns lieb ist. Wenn wir die Zerbrechlichkeit unseres kleinen Gefährts ganz besonders empfinden. Und wir gleichzeitig schweigen ob der Schönheit der entfesselten Elemente, in deren Mitte wir uns auf unserem zarten Fahrzeug bewegen. Wenn wir sorgenvoll unseren Mast hinaufschauen. Dem Verklicker zusehen, wie er tanzt.

Mare Più macht ein Buch darüber. Ein zweites Buch, das nur aus den Geschichten und Erfahrungen der Community besteht. Von Seglern. Für Segler. Es wird nach unserem ersten Titel GewitterSegeln, an dem derzeit das millemari.-Team letzte Hand anlegt, im Mai erscheinen. Wieder wird dieses Buch von millemari. verlegt, dem Buchverlag von Mare Più.

Diesmal wird es auch um Erlebnisse gehen, beim Segeln im Sturm. Vor allem aber um Ihr Know-How. Um Ihre Reviererfahrung in europäischen Revieren mit den typischen Starkwind- und auch Sturm-Phänomenen, die wir Segler da draußen antreffen. Es geht um Ihr Know-How zu Atlantik-Tief, Bora, Mistral, Meltemi, Südwest und Co. Es geht um Ostsee, Nordsee, Atlantik, Mittelmeer.

Wenn Sie etwas Typisches für Revier und Starkwind-Phänomene erlebt haben, wenn Sie Ihre Wetterbeobachtungen, ihre beste Sturmtaktik in diesen Revieren, Ihr schönstes SturmFoto anderen Seglern weitergeben wollen: melden Sie sich per Mail an. Stichwort: SturmSegeln. Mit korrekter Mail- und auch Postanschrift. Oder direkt in der in diesen Augenblicken gegründeten FACEBOOK-Gruppe Sturmsegeln.

Wir schicken Ihnen das Skipperbriefing für unser neues Buch SturmSegeln nach der BOOT, wo Sie uns jetzt gerade treffen können.
Nach der BOOT geht’s los.
Mit Segeln im Sturm.
Mit SturmSegeln.
Ihre
millemari.’s

Unter Segeln: Wie der Segler auf Langfahrt seine Wäsche wäscht. Oder: Waschen in vier Ländern. Wie die Wirtschaft funktioniert.

Es gehört in unseren Breiten zu den einfachen Dingen des Alltags, seine Wäsche zu waschen. Man sammelt einfach, was man nicht mehr tragen mag. Und wirft die Waschmaschine an. Oder „es“ sammelt „sich von selber“. Vor der gähnenden Öffnung der Waschmaschine. Wirken Mann und Frau, so sie zusammen leben, daran gemeinsam mit: so tun sie das – dank genetischer Prägung und Rollen-Einübung seit der frühen Steinzeit – ganz wunderbar: Der Mann als steinzeitlicher „Jäger und Sammler“, der er immer noch ist, sammelt Schmutzwäsche: indem er seine dreckigen Sachen überall in der Wohnung liegen läßt. Seine Socken etwa. Den Pullover. Die Frau, seit der frühen Steinzeit für’s „Horten“ des Gesammelten zuständig, „hortet“ das dann alles am liebsten an einem Ort. Täglich. Manchmal auch mehrmals täglich. Nämlich in der fröhlich-schäumend mampfenden Waschmaschine.

Auf See ist das alles nicht ganz so einfach. Natürlich funktionieren die seit frühester Steinzeit eintrainierten Verhaltensweisen immer noch zuverlässig. Aber der Dritte im Bunde, der Ort femininen Wäsche-Hortens: der ist auf einer langen Reise manchmal verflixt schwer zu finden: Die in unschuldigem Weiß dreinblickende Waschmaschine. 

Traumhaft schön, doch ohne Waschmaschine: Venedig für den Segler.

Auf meiner langen Reise die italienische Ostküste hinunter hat sie sich gekonnt vor mir versteckt: in italienischen Marinas, gleich ob von CIRCOLO NAUTICO oder LEGA NAVALE, den beiden großen italienischen „Segel-ADACs“ betrieben, hat man noch nie eine gesehen. Man kennt sie dort nur aus dem Fernsehen, denn Marinas in Italien sind eher echte Männer-Clubs. Man trifft sich dort. Kuckt im Fernsehen gemeinsam AC Mailand. Hebt ein Gläschen. Trifft sich im Club-Restaurant. „Ciao Gianni.“ Aber Waschen: das tut man dort nicht. Es war natürlich ein weibliches Wesen, das mir dann endlich, endlich im schönen Ancona nach wochenlangen Handwäschen den rechten Weg wies. Nämlich den zum einzigen Waschsalon der mittelitalienischen Adriaküste. Leider am anderen Ende der Stadt. Leider oben aufm Berg. 

Der Hafen von Ancona: endlich eine Waschmaschine.

Eine mühselige Angelegenheit. In Italien richtig gemütlich mit dem Waschen war es nur in der brandneuen, ansonsten von Gott verlassenen Marina von Rodi Garganico. Aber nur, weil ich da 25 brandneue Waschbecken hatte. Ganz für mich allein.

Levkada auf der Insel Levkas. Waschmaschine inklusive.

In Griechenland war’s nicht besser. Im vielbesuchten Korfu wäscht auch keiner. Jedenfalls nicht öffentlich. Was vielleicht von den Engländern herrührt, die über die Insel herrschen seit Jahrhunderten, früher dank Navy, heute dank RYAN-AIR. Man muß schon deutlich südlicher Segeln, etwa 70 Seemeilen. Nach Lefkas. Und da wird man dann aufs Feinste fündig. Dort, in einem abgelegenen Winkel der Marina Levkada, standen sie dann: gestandene Seebären. Segelnde Pärchen. Die schwieligen Hände voll. Säckeweise Schmutzwäsche. Mit bittendem Blick. Vor der etwa 1,65 großen Athanasia, reich an Jahren und Erfahrung, mächtig nur des Griechischen, Herrscherin über ihr dampfendes Königreich von der Größe einer Speisekammer. Und doch: war Athanasia’s Reich etwas, wo die Segler – Erlösung fanden: Jeder, der den Ort verlies, mit glücklichem Lächeln. Was vorher als Handtuch salzstrotzend über den Seezaun starrte, duftete nach noch nie gerochenen Blumenwiesen. Das Lieblingshemd verdiente seinen Namen wieder. Und das Beste: Alles feinsäuberlich zusammengelegt. Gestappelt. Und in einen großen Sack durchscheinenden bakterizid-fungiziden Plastiks verpackt. Was für ein schöner Tag!

Wäsche aufhängen auf LEVJE. Im Hafen von Kalamata.

Ich mußte dann erst den langen, langen Weg Kurs Südsüdost um den Peloponnes nehmen, bis ins schöne, von Böen umwehte Kalamata, wo ich nach langen Irrfahrten wieder in den Genuss zweier Waschmaschinen kam. Sie waren undurchsichtiger Herkunft, die beiden. Standen schweigend in der Ecke des verlassenen Waschraums, erhaben über Raum und Zeit. Und die beiden hatten es auf mich abgesehen. Genau auf mich. Sie hatten auf mich gewartet.

Gebrauchsanweisung griechisch. Die ich, des Griechischen bis auf „Gut‘ Nacht“ vollends unkund, für mich so übersetzte: 

Du Wäsche einfüllen. 
Flüssiges Waschmittel Du über Wäsche kippst. 
Du Deckel schließen.
Das Geldstück Du einwerfen mußt:
Umhauen wird Dich Blütenduft!

Das tat ich. Genau nach Vorschrift. Einmal. Nichts geschah. Die griechische Maschine will meinen deutschen Euro nicht. Den vom herbeigeholten Marinero, Grieche, aber auch nicht. Auch den vom Hafenmeister nicht. Also lud ich die mit Flüssigwaschmittel getränkte Wäsche in die andere Maschine um. Aber auch die war bockig. Und schwieg. Sagte. Einfach. Keinen. Mux.
 
Wir schritten den Kabelkanal ab. Beäugten die Kabel. Schraubten den Sicherungskasten am anderen Ende des Raumes auseinander. Ich probierte es mit geflüsterten Koseworten. Dann mit Zauberworten. Dann mit Bitten, Fluchen, Dagegentreten, den Stecker final ziehen. Ich schäumte. Die blöden Waschmaschinen nicht.

Es war Nacht, als ich bei einem alten Marinero noch einmal den „Geldwechsel-Trick“ versuchen wollte. Nikolaos sah mich milde an. Ohne ein Wort verstand er mein Leid. Kam mit mir. Es war nur ein einfacher Trick. Und die beiden Waschmaschinen liefen.

Vielleicht ist das ja eine Marktlücke? Ein Segelreiseführer, wie man auf dem 2.000 Seemeilen langen Weg von Izola nach Antalya seine Wäsche waschen kann? Eine App programmieren, mit dem schönen Namen „iWash“? 

Im Norden von Paros.

Auf Paros wars dann wieder einfach. Mit den Waschmaschinen jedenfalls. Meistert man die mit Felsen bewehrte Hafeneinfahrt nach Paroiki, Paros‘ Hauptort, an denen vor Jahren eine Fähre zerschellte, weil die Männer Fußball kuckten: dann hat man sie auch bald vor sich, die Waschmaschinen des örtlichen Waschsalons. Nur Liegeplatz im Hafen gabs keinen. Also in der großen Hafenbucht geankert. PEANUTS, mein Dinghi klar gemacht. Und die eineinhalb Kilometer rübergerudert. Und die Wäsche hingebracht. Und wieder zurückgerudert. Und weil die Wäsche noch nicht fertig war, als ich wieder hinüberruderte, wieder zurückgerudert. Und nochmal hingerudert. 
Ich rudere gern.

Ich weiß nicht, woran es liegt: erst in der prosperierenden Türkei klappte das mit dem Waschen. Wie am Schnürchen. Vielleicht ist auch mein Bild dieses ehrgeizigen, funktionierenden Landes geprägt von meinen Erfahrungen beim Wäschewaschen? In der Marina von Turgutreis erledigte ich das in der dortigen Wäscherei in der Marina. Es war der bienenfleissige, langgewachsene, einäugige Jussuf, dem ich während des Einklarierens, sozusagen zwischen Amtsarzt, Zollbeamten und Hafenkapitän, mein Wäschebündel in der Augusthitze in die Hände drückte. Es klappte. Das mit dem Amtsarzt, der in Badehose vor mir erschien. Und das mit Jussuf, dem Einäugigen. Wäschewaschen 130sm weiter östlich in Marmaris? Ein Vergnügen. Mittags gebracht, abends gemacht. Weil das ja so Spaß machte, ging ich gleich drei Mal zu der schelmenhaften Wäscherin Ayse. „Ein Oberhemd, gepflegt wie nie. Wir danken sehr. Und grüßen Sie.“ Wär ich noch in Marmaris, ging ich, glaub ich, immer noch hin. Jeden Tag.


In Marmaris im kleinen Hafen der OFFSHORE-SAILING-Marina. Wer das Glück hat, hier einen Ankerplatz zu ergattern, ist weg vom lärmenden Marmaris. Und braucht doch nur 10 Minuten mit dem Dolmus bis in die Altstadt, zur Wäscherei.

Und morgen: ja morgen: da schreib ich über Medine, im Hafen des südtürkischen Finike. Sie ist meine Favoritin unter allen Wäscherinnen und Wäschern. Medine, „Camasirhane“. Das steht auf dem großen Organigramm am Eingang in die Waschräume der Marina. Mit Foto. Die Griechen hatten kein Organigramm. Die Italiener auch nicht. „Camasirhane“: das heißt, glaub ich, Wäscherin auf Türkisch. Über Medine werde ich also schreiben. Stellvertretend für alle. Und dankbar für die Begegnungen. Die ich einzig meiner schmutzigen Wäsche verdanke. 
Legen wir also mal eine Schweigeminute ein. Aus Dankbarkeit. Für das, was unsere alten Klamotten uns täglich bescheren. An guten Begegnungen.

Weihnachten. Im Hafen von Finike.

Der Zauber des Segelns als Paar & Der Song „My Everything“

Neben mir erwacht langsam meine Frau. Ich bin schon etwas länger wach, jedoch schlicht zu faul und glücklich um mich zu bewegen. Die Sonne hat das Vorschiff nun schon seit Stunden angewärmt und es wird langsam stickig. Es scheint wieder einer dieser  heißen Tage zu werden, die meinem Segelsommer 2014 in Schweden zuverlässig, wie Perlen an einer Schnur, prägten. Ich beschliesse mich weiterhin schlafend zu stellen, während sie sich vorsichtig aus den Decken der Koje schält. Das Schiff liegt sicher vertäut an einer Schäre und die Sonne scheint direkt durch das nur mit einem Mückennetz verschlossene Einstiegsluk. Schattenspiele. Während ich dem nun sehr reizvollen Schatten mit einem Auge beim selbstverliebten Bürsten der Haare zusehe, spüre ich es. Dieses einzigartige Gefühl nicht mehr alleine zu sein.Wie all die Wochen vorher, die mich bis hier in die Stockholmer Schären gebracht haben.


 
Fällt es mir alleine häufig schwer mich aufzuraffen, kann ich es jetzt eigentlich kaum abwarten. Ein neuer Tag voller Sonne, Wasser, Segeln und Glück liegt vor uns. Die Strecken und Ziele sind bewusst kurz und nah gewählt; nichts soll uns antreiben. Nur der Wind und unsere Laune soll entscheiden was der Tag bringen wird. Aber langsam; ich möchte den Zauber dieses ersten Morgens, der nun folgenden dreiwöchigen Zweisamkeit, so lange wie möglich auskosten und schaue dem schönen Schatten beim Aufsetzen der Kaffeekanne zu. Etwas ruppiger als sonst, der Spirituskocher ist eben kein Elektroherd, bringt sie das Wasser zum Kochen und schüttet den Kaffee in die Cafetière. Langsam verbreitet sich dessen Duft im Schiff. Wenn Glück riechen würde, wäre es die Kombination ihres Duftes in der Bettwäsche und dem Kaffee. 

Hatte ich mich bisher immer auf die ruhigen Vormittage gefreut da ich morgens recht maulfaul bin, freue ich mich nun darauf ihr gegenüber zu sitzen und den Worten zu lauschen. Noch erholter als ich bereits bin werde ich eh nie wieder sein können. Es wird nun jedoch Zeit Geschirr und Besteck herauszusuchen und an die Kühlbox unter dem Salontisch zu gehen. Das sollte ich doch lieber selber tun, bevor die schöne Stimmung kippt. „Guten Morgen, mein Schatz! Soll ich dir helfen?“ „Ja, das wäre lieb!“ Perfekt. Und dazu wärmt die Sonne uns immer weiter auf. Ein Cockpittisch in der Sonne wäre jetzt schön, hatte für mich als Alleinsegler aber unterste Priorität. So trinken wir einfach den ersten Kaffee draussen im Cockpit samt relaxter Musik aus den Aussenlautsprechern. Die waren mir wiederum sehr wichtig. Das Tagesziel liegt satte 8 Seemeilen entfernt und es weht eine ganz leichte Brise. Ideal. „Wann müssen wir denn los?“, fragt sie. „Egal. Wir haben den ganzen Tag Zeit. Erst einmal in Ruhe frühstücken, dann vielleicht noch etwas Schwimmen und in der Sonne trocknen lassen…und dann mal langsam weitersehen. Es ist heute nicht weit und der Wind wird uns gemütlich dorthin bringen. Was möchtest du…Bucht oder Marina?“ Die Antwort war wohl gut formuliert, denn ich sehe ein sehr zufriedenes Lächeln auf ihrem Gesicht. 

 Meine Frau entspricht eher dem Klischee einer Schönwetterseglerin und steht auch konsequent dazu. In anderen Partnerschaften würde vielleicht ein Satz wie „Heute bläst es gewaltig und wir müssen 65 Meilen schaffen. Hau beim Frühstück ordentlich rein, zieh die wasserdichten Klamotten an und binde das dritte Reff ein, denn wir müssen kräftig gegenan bolzen!!“ das Lächeln auf das Gesicht der dann sportlich orientierten  Gattin zaubern. Heute bin ich jedoch selber froh, das dem nicht so ist. Beim Frühstück reden wir über jede Menge Sinn und Unsinn, und ich ertappe mich dabei das ich manchmal eher zusehe als zuhöre. Morgens kann ich halt nicht anders. Als es nach dem Schwimmen und Trockenwerden dann endlich losgehen soll, bin ich eigentlich zu faul und denke laut darüber nach einfach liegenzubleiben. „Aber du hast mir doch für heute eine Marina mit warmen Duschen versprochen!“. Ja, das habe ich wohl; also trödeln wir los. Ist mein Schatz glücklich, bin ich es auch. 


 
Kaum stehen die Segel bin ich auch schon froh darüber losgekommen zu sein, und das Klarmachen des Bootes geht zu Zweit auch deutlich schneller. Fast überall wo ich hinfasse, ist die Arbeit schon erledigt. Das gefällt mir, werden diese monotonen Handgriffe alleine doch irgendwann lästig!! Das Boot fährt langsam unter Segeln und Autopilot, ich lümmel mich im Cockpit. „Wollen wir heute Abend Lachs grillen?“ „Möchtest du eine kalte Cola?“ „Soll ich hier mal aufpassen, damit du etwas die Augen schliessen kannst?“ „Sind wir bald da?“ Ja, Ja, Ja und Ja! …und ich glaube ich möchte nie wieder alleine segeln!

Drei wunderbare Wochen später ist es dann jedoch wieder soweit und ich fühle nach dem Abschied wirklich sehr, sehr einsam. Aus diesem Gefühl heraus entsteht dann spontan der Song „My Everything“. Eine Liebeserklärung an meine Frau und an unsere gemeinsame Zeit auf dem Boot. Inspiriert von den Vocal Jazz Tracks, die ich in letzter Zeit beim Segeln so liebgewonnen habe. Live mitgeschnitten bei meiner Show „Segeln in den Schären“ in Hamburg und gesungen von Dara McNamara.

VIDEO
Hier der Text des Songs:

I’m all alone and thinking of you dear

Got nothing to do, cause I’m on my own here

My mind is filled with memories of you

And all the times, when I felt so blue

I am all smiles, just when I remember

Our day we met, ‚t’was late in september

Now I’m so glad, I made you my wife

Cause you are the love of my life

My everything, I’ll love you forever

I wear our ring, my greatest treasure

Your happiness is top of my list

Cause when my girls happy, there’s nothing I miss

Once in a while, please let us remember

That special day, so late in September

When your trembling hand

Found its way in mine

And we had found love’s devine

 

Gleicher Schnitt – Neuer Look


Ich, so ca.1985

Kennt jemand noch diese schöne Kinowerbung aus den 80ern? Die war neben Langneses „Like Ice in the Sunshine“ und „Bacardi Feeling“ eigentlich Standard im Kino. Dann ging das Licht an und es wurde Eis verkauft. Später ging dann nur noch das Licht An und Aus, was ich nie ganz begriffen habe. War wohl gesetzlich so vorgeschrieben um die Werbung vom Film zu trennen? Heute hat sich nun auch das erledigt. Aber meine Erinnerung an das Motto: Gleicher Schnitt- Neuer Look und das dann folgende Saxophonsolo aus der Papierwand stimmte jedenfalls noch, wie das Video beweist :-)

Zum Jahresende hatte ich bereits meinem Blog ein neues Design verpasst. Zum Jahresbeginn folgen jetzt noch ein paar neue Labels und Sortierungen, um auch für zukünftige Blogposts und Reisen vorbereitet zu sein. Die wichtigste Änderung betrifft jedoch das Entfernen sämtlicher Werbung aus meinem Blog. Ich könnte es sicher gut als Geschenk an meine Leser zu den 40.000 Zugriffen auf meinen Blog und 20.000 auf meine youtube Videos verkaufen, über die ich mich wirklich sehr, sehr freue!! Doch das würde nicht der Wahrheit entsprechen und Unehrlichkeit ist ja nicht so mein Ding. 

Man mag sich drüber streiten, aber ich bin selbst durchaus bereit mir etwas Werbung anzusehen (oder meist durch Wegklicken eher nicht anzusehen) wenn jemand damit entsprechend für seine Arbeit und Zeit entlohnt wird. Im Falle Google und youtube lohnt sich das aber nur für den Werbenden bzw. für Google. Es sind mit diesen Zugriffszahlen nur minimale Centbeträge zu erzielen, die eigentlich immer unter der festgesetzten Mindestauszahlungsumme bleiben. Damit erhält der Blogger am Ende nichts und der Lesende muss dafür die Anzeigen entweder ansehen oder wegklicken. Also Quatsch. Der Aufwand der Anmeldung als Werbeschaltender bei Google war dabei übrigens relativ hoch. Man sollte also wohl überhaupt erst damit beginnen wenn man monatliche Zugriffszahlen von über 100.000 Klicks erreicht. Oder es besser auch dann konsequenterweise lassen…wenn man andererseits die vielen Millionen Klicks auf so manche Katzenvideos bedenkt, bleibt Google wohl auch kaum etwas anderes übrig, als so zu verrechnen. 

An meiner Motivation wird sich daher auch nichts verändern, im Gegenteil. Beweisen doch die Anzahl der Zugriffe, die Aufrufe meiner Videos und die Kommentare das Interesse der Leser weitaus besser. Und noch einmal ein großes Dankeschön an meine Leser, denen ich hoffe auch in 2015 weiterhin interessante Beiträge liefern zu können.

Unterwegs auf dem Meer. Ein Resümee in 11 Punkten.

Vor Methoni, der Südwest-Spitze des Peloponnes.

Anfang August waren es zehn Wochen, die ich auf dem Meer segelnd unterwegs war. In Slowenien Mitte Mai aufgebrochen, die italienische Ostküste hinuntergesegelt, hatte ich Brindisi hinter mir gelassen und in einem langen Schlag mit günstigem achterlichem Wind die Straße von Otranto durchsegelt. Was hat mich damals beschäftigt, 10 Wochen, nachdem ich aufgebrochen war? In meinem Zettelkasten fand ich folgenden Beitrag. Und weil vieles davon nicht nur nach 10 Wochen richtig war, sondern heute noch richtiger ist: Für das, was man Segeln, für das, was man die „Kunst zu Leben“ nennt: deshalb dieser Beitrag heute.

Ich weiß sehr wohl, dass ich gerade etwas lebe, wovon viele Menschen träumen, denn ich habe selbst lange Jahre davon geträumt, einmal längere Zeit auf dem Meer unterwegs zu sein, und sei es auch nur für sechs, sieben Wochen. Kurz alles hinter sich lassen.

Aber: Kann man das? Darf man das? Und wie ist das jetzt? 
Hier mein Resümee nach zehn Wochen Segelreise:

 
 
1. Der beste Satz über die Kunst zu leben?
 
„It’s difficult to keep things in balance.“
Stammt von Brian, 68, seit 12 Jahren die Sommer segelnd in Griechenland verbringend. Eigentlich auf die Frage, wie er es schaffe, seit ebenso langer Zeit mit drei Partnerinnen in regelmäßigen Wechsel zusammenzuleben. Und die kennen sich alle.

2. Das überflüssigste Verhalten an Bord?
 
Das Haar in der Suppe suchen. Und finden.
Kleinigkeiten zum Wichtigen erheben: Will sagen: die Bucht ist herrlich. Das Wasser so blau, blauer gehts nicht. Aber: Im Kaffee ist leider zu viel Milch. Es ist zu heiß. Es schaukelt zu sehr.

Ist das Glas halbvoll? Oder ist es halbleer? 

Es ist so einfach, das zu sehen, was fehlt. Statt dem, was man bereits HAT. Was bereits da ist.
So viel einfacher, das Negative zu sehen. Und sich genau auf dies Negative zu fokussieren. Genau dies Negative im Alltag überhand nehmen zu lassen. 
Es ist eine unendlich schwierigere Übung: trotz negativer Dinge, Ängsten und realen Sorgen zum Trotz einen glücklichen Moment zu leben.
 
 
3. Drei Dinge, ohne die es plötzlich gar nicht mehr geht?
Es sind plötzlich sehr, sehr einfache Dinge:


 


 


Auflösung: Wasser, mein Hut und das Ipad.

 
 
 
4. Drei Dinge, die so überflüssig sind, dass ich 10 Wochen nicht daran gedacht habe?
Fernsehen.
Shopping-Center.
Der spezielle Bojen-Bootshaken von AWN.
 
 
4. Der meistgehörte Satz an Bord?
 
„Ooooch neeee.“
 
Immer dann, wenn:
– ein Knoten nicht aufgeht.
– das Lebensmittelschapp klemmt und ich nicht an die Spaghetti komme, während das Wasser kocht.
– eine Schraube, die aufgehen soll, frisst.
– eine Schot partout nicht durch die Öse will.
– Aceto und Öl von den Tomaten mit Mozzarella im Seegang über die beige Hose kleckern.
– der Kühlschrank vergessen wurde anzuschalten und Käse, Butter Laufen lernen.
– der Wind einschläft eine Minute, nachdem ich fünf Minuten mit Segelsetzen und -trimmen beschäftigt war.
– die Tunfischdose mit Öl ganz unten im Lebensmittelschapp ausgelaufen ist.
– ich über den dunklen Fleck auf dem Salonpolster grüble – und dann die nässend-gärenden Überreste der Tomate in meinem Rucksack finde, die ich vom Einkauf vor fünf Wochen dort vergaß.
– der 13. Angelhacken plötzlich futsch ist, weil ich auf 10 Meter Wassertiefe vor der Wende vergaß, die 30 Meter lange Schleppangel einzuholen.
– der Schäkel jetzt dringend zugehen muss, der sich aber unter Zug natürlich nicht schließen lässt.
– die Fockschot sich in der Wende zum 23. Mal unter dem Bootshaken verklemmt.
– sich alle meine Gläser quer durchs Boot auf den Boden ergießen und in Trümmer gehen, weil ich nach 8 Stunden „raumschots“ plötzlich auf „hoch am Wind“ gehen musste und das Gläserschapp nicht schloss.
– die Ankerwinsch plötzlich ächzend nicht mehr will.
– die Bugfenster-Dichtung sich eigentümlicherweise statt mit dem Boot mit der Fensterscheibe dauerhaft verklebt.
– die Milch, die auf dem Gasherd viel zu schnell heiß wird und überkocht.
– ich beim Übergeben der Festmacher im Hafen einen weiteren Festmacher in der braunen Hafenbrühe versenke.
Die Liste der „Och-Nee’s“ ist ohne Ende. Sie wird täglich weitergeführt.
 
 5. Das empörendste Verhalten bei Anderen?

Rücksichtslos, ahnungslos und unseemännisch ankern.
Schwätzer, die einen in die Irre schicken.

6. Das empörendste Verhalten bei mir?
Mich zuviel über solche Leute ärgern.
 
 
7. Drei Dinge, denen ich am meisten dankbar sind und auf die ich vertraue?
 

 

 

 
 

8. Die beste Begegnung? Mit wem würde ich gerne mal ein, zwei lange Abende verbringen?
 

             In den Straßen von Levkada, dem Hauptort auf Lefkas.

 
Mit Dieter von METRONIX Yachtelektronik in Lefkas.
 
Die Suche nach einem defekten kleinen Messinglager, das meinen Autopiloten lahmlegte, stiftete in Lefkas folgende Begegnungen, und ich möchte in meinem Leben keine davon missen:
 
– mit Roula vom NAUTILUS-Shop: hat mir rappszapps neue Kugellager für die ebenfalls defekte Ankerwinsch aus Athen organisiert.
– mit Robert vom Marina-Shop in Lefkas. Selber Segler, Niederländer, vor vielen Jahren in Lefkas hängengeblieben, Griechin geheiratet, heute der größte Laden im Hafen. Acht Angestellte, die rund um die Uhr Boote reparieren. Von ihm lerne die kluge Einsicht, dass Hersteller wie RAYMARINE oder JABSCO zwar keineswegs die besten Produkte bauen; aber deswegen unverzichtbar sind, weil man deren Ersatzteile auch noch im letzten Erdenwinkel bekommt.
– Andreas vom Sailland. Ein stiller, kluger Mann, der mir drei Mal weitergeholfen hat. Organisiert mir zuletzt eine neue Isolierung für meine Kühlschrank-Zuleitung und nimmt dann 2 € von mir. Und schickt mich wegen der Messingbuchse zu Dieter.
– Dieter: Österreicher. Elektronik-Ingenieur und Tüftler. War mit 43 verantwortlich für ca. 80 Service-Techniker einer deutschen Firma. Gefeuert. Dann 12 Jahre Segeln gegangen. Wo er überall war: das sagt er nicht. In Lefkas hängengeblieben. Vor drei Jahren einen Yacht-Elektronik-Laden in Lefkas übernommen. Heute glücklich. Aber mit Wehmut in der Stimme, wenn er über seine Jahre auf dem Meer erzählt. Dieter HAT die Messingbuchse rumliegen. Aber die dreiviertel Stunde vorher: die wir über das Leben quatschten: die war das Wertvolle.

9. Was habe ich beim Segeln fürs Leben gelernt?
 
Schauen. Erst mal schauen.
Damit ich nie vergesse:
Egal, ob man in eine Bucht einläuft.
Über die defekte Ankerwinsch nachdenkt.
Oder den kaputten Autopiloten.
Einen Ankerplatz sucht.
Oder einen Menschen zum ersten Mal sieht: Auf den eigenen Blick vertrauen. Erst dann: machen.
 

10. Die stärkste Erfahrung, die ich nach 10 Wochen an Andere unbedingt weitergeben will?
 
Lebe Deinen Traum.
Unbedingt. Unbedingt. Unbedingt.
Was immer es ist.
Finde den richtigen Zeitpunkt dafür.
 
Noch Tage vor meiner Abreise habe ich mich gefragt: Darf ich das? Kann ich das? Einfach losziehen? Ich habe Jahre damit verbracht, darüber nachzudenken, ob es richtig ist, meiner Neigung zum Segeln, meinem Segeltraum zu folgen. Und auf eine längere Fahrt zu gehen. Um jede Huk, die auf meinem Weg liegt und um die ich herumschauen wollte, einmal herumschauen. Und entdecken: was dahinter ist liegt.
 
Vertrauen Sie Ihren Traum. Ihn zu verwirklichen, gibt ungeheuer viel Kraft. Ich hätte es nicht gedacht.
 

11. Und was lernt man auf einer längeren Reise fürs Leben?
Wer lossegelt und sich auf eine längere Reise, zumal auf dem Meer, einlässt: der weiß nicht, was ihn erwartet.
Was wiederfährt einem?
Was ist da draußen zu lernen?
Wird man ein anderer? Ein besserer? Was ändert sich?

In den langen Jahren, in denen ich meinen Segeltraum träumte, habe ich mich das gefragt. In diesen Jahren habe ich immer wieder Charles Darwin’s REISE MIT DER BEAGLE gelesen und als Hörbuch gehört, es begleitete mich als Urahn eines Buches von einer Seereise, als staunenswertes Abenteuerbuch voller Naturbeobachtungen. Und dies nicht nur deshalb, weil Darwin es Jahre nach seiner legendären Reise als jugendlicher Seekadett und Wissenschafts-Novize veröffentliche. Von dieser fünfjährigen Reise um Südamerika herum und zu den Galapagos-Inseln brachte Darwin seine Evolutionstheorie mit. Daneben 368 Seiten zoologische und 1.383 Seiten geologische Beobachtungen. 1.529 in Spiritus konservierte Arten. 3.907 Häute, Felle, Knochen, Pflanzen. Und 770 Seiten Reisetagebuch. Und schöner und treffender, wie diese Seiten enden, kann man es nicht sagen, was eine solche Reise bringt:

 
„… unbedingt sein Glück zu versuchen und auf Reisen zu gehen, wenn möglich über Land, ansonsten: lange zu bleiben. Er kann versichert sein, dass er – allenfalls in seltenen Fällen – keinen derartigen Schwierigkeiten oder Gefahren begegnen wird, wie er sie am Beginn vorraussieht.

Unter einem moralischen Gesichtspunkt sollte eine solche Reise ihn 
– gutwillige Geduld lehren, 
– Freiheit von Selbstsucht, 
– die Gewohnheit, für sich selbst zu handeln, 
– und aus jedem Geschehnis das Beste zu machen, 
kurzum: er sollte die charakteristischen Eigenschaften des Seemanns besitzen. 
 
Reisen sollte ihn auch Mißtrauen lehren, aber gleichzeitig wird er entdecken: wieviele wahrhaft gutherzige Menschen es gibt, mit denen er nie zuvor Kontakt hatte und auch nie mehr wieder haben wird, und die dennoch bereit sind, ihm die uneigennützigste Hilfe zu gewähren.“
 
                                                                                                         Charles Darwin, 
                                                                                                         Die Fahrt mit der Beagle, 
                                                                                                         letztes Kapitel.
                                                                                                         

 

 

Trailer zur Show The Sailing Bassman – "Segeln in den Schären" –

Und hier ist er nun. Der Videotrailer zur Show…

Der Reiz des Einhandsegelns

War dir denn nie langweilig? Das wäre mir zu einsam! Die nach der Reise üblichen Fragen und Kommentare. Merkwürdig, aber während meines Törns habe ich darüber eigentlich nie viel nachgedacht. Gut, der Rückweg zog sich und als ich mehrere Tage in kaltem und nassem Wetter festlag, wurde mir schon manchmal einsam ums Herz. Aber sonst? Ständig neue Ziele und Eindrücke, täglich neue Pläne und immer alle Hände voll zu tun. Da hat man andere Dinge im Kopf als Langeweile und Einsamkeit. 

Im Gegenteil, jetzt mit einigen Wochen Abstand werden mir die Reize des Einhandsegelns erst richtig bewusst.

1) Tagesablauf nach Lust und Laune. Früh aufstehen, früh ins Bett oder andersherum. Wie es mir gerade passt. Keiner wartet auf mich oder mault wenn der Segeltag zu lang wird.
2) Zwölf Stunden auf dem Wasser oder einfach faul im Hafen bleiben. Spontane Entscheidung ohne Abstimmung mit der Crew.
3) Man ist nicht verantwortlich für das Wohlbefinden der sich einem als Skipper anvertrauenden Crew.
4) Einkaufen und Kochen ohne Diskussionen.
5) Wenn etwas kaputtgeht ist man selber Schuld und verfolgt nicht ständig andere mit Augen und Ohren.
6) Seekrankheit ist (bei mir zum Glück) kein Thema.

Durch diese Punkte gerät man in einen fast meditativen Zustand. Jeder Gedanke wird zu Ende gedacht, jeder Tagtraum ausgeträumt, wenn nicht gerade Wind und Welle die volle Aufmerksamkeit erfordern. Es ist als würde ein Teil des Gehirns ausgeschaltet bleiben. Es müssen keine Antworten formuliert werden auf  Fragen wie: Dauert es noch lange? Wo wollen wir denn heute noch hin?

Ja, Kommunikation kann durchaus auch sehr anstrengend sein.

Dazu einmal diese beiden Punkte: 
– Kommunikation findet immer in der inneren Erwartungshaltung statt, dass all das, was das Gesprächsgegenüber spricht, mit dem übereinstimmt, was wir nonverbal, also über den sprachlichen Inhalt hinaus, wahrnehmen. Soll heissen: Wenn der Segelpartner zitternd sagt: „Mir ist nicht kalt, segel gerne noch 3 Stunden weiter“ werden wir misstrauisch :-)
– Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch das: http://www.vier-ohren-modell.de/
Hier wird sehr schön deutlich wie die Frage: „Wie lange segeln wir heute noch?“ zu mehreren Interpretationen  führen kann (Habe ich selbst so erlebt).

Aber es gibt da eine Sache am Einhandsegeln, die mir wohl am Wertvollsten war. Und zwar die langen Abende nach einem Segeltag. Man hat gegessen, sich etwas ausgeruht. Es ist gegen sechs oder sieben Uhr. Hier im Norden dehnen sich die Tage,denn es wird kaum und sehr spät dunkel. Lesen, Schwimmen, Paddeln, Musikhören, durch die Natur laufen oder einfach nur träumend herumsitzen. Nie habe ich meine viele Zeit so deutlich gespürt, wie in diesen Augenblicken. Endlos dehnten sich die Stunden, und ich genoss jede Sekunde davon; ohne eine Spur von Langeweile! Zeit, Zeit, Zeit! Wie habe ich diese vor der Reise  vermisst…irgendwann krabbelt man dann, eher träge als müde, in die Koje um sofort wegzudämmern. In Vorfreude auf den nächsten Tag. 

Ich denke diese Momente kann man wohl nur alleine so intensiv erleben.

10 Roadmovies einer Reise mit dem Auto durch die Südstaaten der USA

#1 Atlanta

#2 Savannah

#3 Albany

#4 Pensacola & Houma

#5 New Orleans

#6 Mississippi Delta

#7 Memphis Part One

#8 Memphis Part Two

#9 Nashville

#10 Lynchburg

Schweden – Reisetipps für Segler

Basierend auf den Erfahrungen meines langen Segelsommers in 2014 habe ich hier einmal ein paar Tipps zum Segeln in Schweden in alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt. Ich könnte und werde diese wohl noch ständig erweiteren, doch auf meiner Festplatte nützen sie niemanden etwas…also erst einmal ab ins Netz damit. Ich hoffe es hilft dem einen oder anderen bei der Reisevorbereitung. Anregungen und Fragen sind stets willkommen!

Dinghi: In den Ankerbuchten beinahe ein Muss, sollte man es in Schweden auf jeden Fall dabei haben. Den Außenborder habe ich nicht gebraucht, die Distanzen sind dann doch meistens eher gering.



Duschen: Meist wurden hier vom Automaten 5 Kronen Stücke verlangt, teils gab es aber auch keine Automaten und das Duschen waren frei. Bis auf ganz wenige Ausnahmen (meist die teuren Großstadthäfen) immer sauber. 


 
Einkaufen: Es gibt fast überall gut sortierte Supermärkte die oft bis 22:00h geöffnet sind. In größeren Städten gibt es in Schweden auch Lidl-Filialen, in denen der Großeinkauf sehr viel günstiger ist als in den schwedischen Geschäften. Es gibt viele gut sortierte Filialen der ICA Kette. Das Preisniveau entspricht unserem EDEKA, die Qualität aber auch.



Fahrradverleih: Von sehr günstig bis sehr teuer; von privat bis professionell ist alles vorhanden.

Hafengebühr: Im Gegensatz zu Dänemark gibt es fast überall noch Hafenmeister. Hier muss man bei späterer Ankunft dann andere Lieger nach dem Code für die Sanitäranlagen fragen, oder die oft angegebene Telefonnummer des Hafenmeisters anrufen. Die Hafengebühren bewegen sich im Rahmen von €15-30.- und sind in der Hochsaison oft  höher als davor oder danach. In der Vor- und Nachsaison ist mancher Hafen zwar geöffnet, aber es ist oft alles verschlossen und niemand ist zu sehen. Dort war es dann auch nicht möglich eine Gebühr zu bezahlen. 



Hafenführer: Neben den teils  auf dem Markt vorhandenen recht guten Hafenführern (für Buchten und Schärenplätze unverzichtbar) in Deutsch und Englisch gibt es noch die Website/App
http://www.gasthamnsguiden.se/
Die gedruckte Version liegt in vielen Häfen aus. Sehr informativ und vor allem mit aktuellen Kontaktdaten.


Internet: Es gibt vor Ort in den Supermärkten sehr günstige PrePaid Internetkarten mit großem Datenvolumen. Beispiel: 10GB für €19,90.- Ich würde diese immer vor Ort kaufen. Nach Freischaltung der mitgekauften SIM Card, kann man diese dann überall nach Bedarf wieder aufladen lassen. Es gibt fast überall einen guten Empfang mit schnellem Internet, selbst auf den kleinsten Inseln.

Kreditkarten: Auch bei Kreditkartenzahlungen wird an Automaten (z.B.: Tankstelle) und oft auch an Kassen die PIN Nummer verlangt. Da das in Deutschland unüblich ist, sollte man sich vor Abreise noch einmal die PIN ins Gedächtnis rufen.


 
Liegeplätze: Meistens findet man Heckbojen. In Kombination mit einem Bojenhaken sind diese enorm praktisch und es können sich auch zwei Boote eine Boje teilen. Häufig sind auch Boxen mit schwimmenden Auslegern, die Fender tief genug hängen! Nur in den Großstadthäfen findet man Mooringleinen und hin und wieder legt man auch längsseits an. In den ganz kleinen Schärenhäfen legt man mit Heckanker am Steg an. Diese Methode wird auch oft benutzt um sich noch in feie Lücken, vorwiegend am Stegkopf zu legen. Nicht gesehen habe ich die im Mittelmeer übliche Art  mit vor Buganker mit dem Heck an den Steg zu gehen. Das ist auch nicht zu empfehlen, da der felsige Grund oft schnell ansteigt und man sich so das Ruder beschädigen würde. Auch Päckchenbildung ist eher selten, da man statt längsseits zu liegen, eben mit Heckanker den Platz besser ausnutzt.



Mücken: Mit Einbruch der Dunkelheit tauchen sie überall auf. Selten in großen Schwärmen, aber doch immer reichlich. Die Stiche der recht kleinen Mücken jucken recht stark. Empfehlung: Mückennetze für alle Luken plus Mückensprays.



Sauna: In vielen Häfen vorhanden, aber selten inklusive. Meistens recht teuer bei Einzelnutzung, da oft die ganze Sauna stundenweise vermietet wird. Ich konnte aber teils spät, wenn alle Gäste verschwunden waren, noch gut mit der Restwärme saunieren. 



Seekarten: Die benötigten Kartensätze sind vor Ort häufig ausverkauft. Daher besser vorher besorgen um nicht teure Einzelblätter erwerben zu müssen. Für die Schärengebiete hatte ich mir die aktuellsten Karten besorgt, für nur schnell durchsegelte Gebiete kam ich mit gebrauchten Karten ebenfalls sehr gut zurecht. In Verbindung mit meinem Tablet samt Software von Navionics hatte ich stets alles im Griff. 



Sonnenschutz: In den Sommermonaten scheint die Sonne oft rund um die Uhr. Ich habe mich konsequent mit Faktor 30 eingecremt und bin damit gut zurechtgekommen. Auch Kopfbedeckungen sind sehr wichtig. Selten habe ich mir ein Bimini gewünscht, da hat die Sonne am Mittelmeer dann doch mehr Kraft. Wichtig ist auch eine gute polarisierte Sonnenbrille.



Sprache: Lassen Sie den Sprachführer im Regal. Fast jeder spricht in Schweden sehr gutes Englisch. Einzige Ausnahme: Der auf Englisch vorgelesene Wetterbericht…

Strom: Die Spannung ist mit 220V wie in Deutschland und für die Steckdosen benötigt man keinen Adapter. In den Häfen findet man fast immer den bekannten blauen 3-poligen Anschluss, seltener auch einfach Schukosteckdosen. Manchmal können die Wege jedoch weit sein, also genügend Kabelmeter einpacken. In der Hochsaison hilft ein Y-Adapter um Anschluss zu finden.



Tankstellen: Aufgrund der großen Motorbootdichte in Schweden gibt es recht viele Bootstankstellen. Es lohnt aber der Weg zu den wesentlich günstigeren Straßentankstellen. Siehe Hafenführer.

Tiden: Auch in den Gewässern der Ostsee sind die Gezeiten zu bemerken. Wasserstände und Strömungen werden davon beeinflusst. Dazu kommen dann noch Wasserstandsveränderungen durch Windsituationen. Fazit: Die Angaben in der Seekarte sollten gerade in flachen Gewässern mit denen des Echolots verglichen werden um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Toiletten: Nur in den kleineren Schärenhäfen häufig Plumpsklos mit Deckel, die aber nicht so schlimm waren wie befürchtet. Auf jeden Fall besser als die bekannten Dixi-Klos.  



Waschen: In den Hafengebühren ist recht oft die Benutzung von Waschmaschine und Trockner enthalten. Teilweise gibt es jedoch auch Bezahlautomaten. 

Wasser: Eigentlich überall gut zu bekommen. In den Schärengebieten wurde es aber manchmal schwierig und eine regelrechte Jagd nach dem Wasser setzte ein. Es gibt dann auch teils hohe Literpreise, die zu entrichten sind. Faustregel: Den Tank immer randvoll auffüllen, wenn es irgendwo geht und faltbare Kanister für Trinkwasser einpacken.



Wetterbericht: Über Internet. Bewährt hat sich für mich
http://www.smhi.se/en/weather/sweden-weather/sea-weather/sjovader_tabell_en.htm
dieser Bericht wird auch zweimal am Tag über UKW ausgestrahlt, nach Ankündigung auf Kanal 16.



WLAN: Ist in allen größeren Häfen Standard, jedoch nicht immer sehr schnell.

Zecken: Südschweden gilt als Zeckenwarngebiet. Ich habe mir in der Apotheke eine Zange zur Entfernung besorgt. Dort wurde mir aber gesagt, das die Apothekerin plus ihre Bekannten noch nie einen Zeckenbiss hatten und die Situation wohl nicht so dramatisch wäre. Mich hat dort auch nichts gebissen, aber barfuss durchs hohe Gras würde ich auch nicht laufen wollen. Bedingt durch den meist felsigen Untergrund passiert das auch eher selten. Ich denke, es geht mehr um die echten Wälder in Südschweden.