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Kroatien im Oktober: Jugo. Kann Wind beständig sein?

Als ich morgens um vier aufwache und an Deck klettere, ist es ungewöhnlich warm. Die Bora brachte Kälte am vergangenen Wochenende, der Jugo, der seit gestern morgen in scharfen Böen die Bucht peitscht, bringt am zweiten Tag ungewöhnliche Wärme.

In den Wetterberichten war der dreitägige Starkwind aus Südosten schon am Wochenende zu erkennen. Da war die Bora noch am Werk, ich nutzte sie um mit Speed schnell nach Süden zu kommen. Am Mittwoch Abend, bevor der Jugo einsetzen sollte, suchte ich nach einem Platz für die windigen Tage. Lief in der Abenddämmerung nach Stari Grad. Der Hafen war erstaunlich voll, fast, als wäre es noch Saison. Aber wahrscheinlich hatten alle genauso wie ich seit Sonntag in die Seekarten geschaut und sich genauso wie ich die Nordseite der Insel Hvar als ruhigste Ecke auserkoren. Ich schaute mir das Treiben an. Funkte kurz den Hafenmeister an, ja, ein Liegeplatz wäre noch frei – ausgerechnet an der Stelle, die Karlheinz Beständig in seinen 888 Häfen und Buchten nur für mich markiert hat mit den Worten „hier nachts oft laute Musik“. Tatsächlich wummerten da schon jetzt aus einem Haus balkanische Weisen.

Plötzlich war mir klar: Drei Tage im Hafen liegen ist nicht mein Ding. Nicht mal eine Nacht. Ich räumte meine Fender wieder weg und nahm Kurs zurück auf die Bucht, die ich mir auf dem Weg in die Stadt eingehend angesehen hatte. 20 Minuten von der Stadt entfernt. Ein Ort unter rauschenden Kiefern. Und das Netz, um mein Webinar am Abend abzuhalten, war sogar deutlich besser als in der Stadt, so sagte es jedenfalls fast.com. Ich ließ den Anker fallen. Schwamm in der Abenddämmerung mit meinen Trossen hinüber zu den Felsen und vertäute mich genau nach Südosten, woher der Jugo blasen sollte. Den Gefallen  tat er mir freilich nicht.

Es war die richtige Entscheidung, jedenfalls für mich. Die Bucht ist herrlich. Fernab von allem. Nach dem Aufstehen Schwimmen im großen Türkis. Nur der Jugo tut nicht, wie er soll. Hier in der Bucht jagt er nicht wie die Wolken über mir aus Südost, sondern er trifft Levje breitseits aus Nordost. Wie heftig er draußen vor der Bucht weht, wie ruhig es hier in der Bucht ist erkenne ich erst, als hinaus auf die Ansteuerung von Stari Grad blicke. Man erkennt das gänzlich andere Wellenbild, durch das sich eine Charteryacht mit killender Fock verzweifelt gegen den Jugo Richtung Hafen Stari Grad kämpft:

Ist der Jugo beständig? Auf seine Art ist er das. Ich höre ihn in den Wipfeln der Kiefern über meinen Landleinen beständig rauschen. Er ist immer da, auch wenn sich an Bord gerade kein Wimpel regt. Das geht so eine oder fünf Minuten. Bis plötzlich eine Fetzen Böe aus Nordost das Boot zur Seite drückt und die Papiere auf meinem Platz im Cockpit flattern lässt, als wollten sie mit der vollen Tasse darauf gleich abheben.

Es ist ein guter Platz, den ich gefunden habe, denke ich jedenfalls. Es soll Gewitter geben heute nacht – also nur nichts berufen und zu früh frohlocken. Auch das ist etwas, was das Meer mir wieder und wieder von neuem über den Sinn des Reisens auf dem Meer vermittelt. Charles Darwin riet in der Rückschau über seine Fahrt mit der Beagle 30 Jahre später jedem,

„… unbedingt sein Glück zu versuchen und auf Reisen zu gehen, wenn möglich über Land, ansonsten: lange zu bleiben. Er kann versichert sein, dass er – allenfalls in seltenen Fällen – keinen derartigen Schwierigkeiten oder Gefahren begegnen wird, wie er sie am Beginn vorraussieht.

Unter einem moralischen Gesichtspunkt sollte eine solche Reise ihn 
– gutwillige Geduld lehren, 
– Freiheit von Selbstsucht, 
– die Gewohnheit, für sich selbst zu handeln, 
– und aus jedem Geschehnis das Beste zu machen, 
kurzum: er sollte die charakteristischen Eigenschaften des Seemanns besitzen. 

Reisen sollte ihn auch Mißtrauen lehren, aber gleichzeitig wird er entdecken: wieviele wahrhaft gutherzige Menschen es gibt, mit denen er nie zuvor Kontakt hatte und auch nie mehr wieder haben wird, und die dennoch bereit sind, ihm die uneigennützigste Hilfe zu gewähren.“

                                                                                                         Charles Darwin, 
                                                                                                         Die Fahrt mit der Beagle, 
                                                                                                         letztes Kapitel. 

Mein Standort:
Die Luka Zalava auf der Insel Hvar

Fiji nach Australien – Tag 9 – Neptuns Scherze

20.Okt.23, Pazifik, Tag 3429, 27.702 sm von HH
Über fünfzig Stunden segeln wir jetzt schon am Wind. Es ist anstrengend. Und unseren Schönheitsschlaf bekommen wir auch nicht, weil uns nachts ständig irgendwelche Störungen zu Segelmanövern zwingen.
In dieser Nacht schläft der Wind wieder ein. Wir nehmen die Segel runter und werfen für fünf Stunden die Maschine an. Im Morgengrauen ist der Wind wieder da. Er kommt jetzt einen Tick südlicher, so dass wir Zielkurs anlegen können. Mit Fock und Großsegel ungerefft müssten eigentlich mit vier Knoten voran kommen. Aber es hält uns etwas an der Stoßstange fest. Müde 2,5 Knoten bekommt der Kahn auf die Schiene. Gegenströmung! Wie gemein ist das denn bitte? Meine Prognose war, dass wir in zwölf Tagen in Australien sind. Zum Glück habe ich nicht gewettet.
Am Vormittag bringt ein Wolkenfeld für ein paar Stunden mehr Wind. Schon sprüht wieder Gischt ins Cockpit. Schräglage und Unbequemlichkeit für mindestens sechs Knoten Speed und wir trödeln mit 4,5 Knoten vorwärts. Ein wenig sinnvoller Einfall von Neptun. Wir sollten ihm mehr Schnaps geben. Oder noch besser, ihn selber saufen. :mrgreen:
Und damit wir uns so richtig schlecht fühlen, holt von hinten ein anderes Segelboot auf. Die Kiwi-Crew kommt auf 250 Meter an uns heran. Ein kurzer Funkkontakt und wir sind wieder allein. Der Kat ist deutlich schneller als wir. Die lange und hohe Dünung rollt noch immer aus Südwesten unter uns durch. Mit dem Katamaran als Reverenz kann man jetzt richtig gut sehen, wie erstaunlich hoch sie ist. Im Wellental bleibt nur noch die Mastspitze sichtbar.

Gesegelte Meilen: 98 (in 13 Stunden – wir haben für eine Stunde sie Uhren zurück gedreht. Eine Stunde müssen wir noch, um auf Bundaberg-Zeit zu kommen) Rest Meilen: 495 (plus Einfahrt nach Bundaberg ca. 40 Meilen) Bereits gesegelte Meilen: 1025 Position: 23°16,8 S — 161° 29,4 E


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Fiji nach Australien – Tag 8 – hoch am Wind

19.Okt.23, Pazifik, Tag 3428, 27.604 sm von HH
Wir sind weiter hoch am Wind unterwegs. In der Nacht ist der Wind auf drei Stärken zurück gegangen. Ohne den nötigen Luv-Druck liegen wir 25 Grad, ja bis zu 30 Grad, neben dem Zielkurs. Dümpeln mit drei Knoten auf ruhiger See. Am Vormittag frischt es deutlich auf. Wir sind wieder im Spiel. Die Windsee hält sich in Grenzen und wir kommen ungerefft ganz gut voran. Die Schapps von Atanga sind leer wie nie. Dort wo sonst Futter für eine Kompanie eingelagert ist oder auch mal Wein-Schmuggel im mittelgroßen Stiel, dort herrscht gähnende Leere. Hungerte Mäuse verlassen das Schiff. Einen Wassertank haben wir ebenfalls nicht gefüllt. So um viel Ballast befreit, tänzelt Atanga gut gelaunt durch die Wellen. Kein tiefes Eintauchen mit dem Bug. Es läuft prima.
Uns kommt jetzt eine coole Dünung entgegen. Lang gezogen. Klar definiert. In langen Abständen. Mindestens drei Meter hoch. So muss Dünung sein. Die merkt man gar nicht. Unbeeindruckt fährt das Schiff seinen Kurs.
Am Abend flattert ein junger Tölpel neben uns. Richtig segeln kann er noch nicht. Aufgeregt flattert er in Küken-Manier mit seinen Flügeln. Vergeblich sucht bei uns einen Landeplatz und landet dann erschöpft im Wasser. Zehn Minuten später ist er wieder da. Jetzt in Begleitung von zwei erwachsenen Tieren. Wieder landet der Kleine auf dem Wasser. Die Großen drehen ein paar Kreise um den Schwimmer.
Dann nimmt er seinen Mut zusammen und zielt genau aufs Achterschiff. Durch seine noch kleine Spannweite schafft er es ohne am Achterstag hängen zu bleiben auf dem seitlichen Solarpanel zu landen. Das ist nach unten geklappt, da die Batterie, die es füttert ja tot ist. Wackelig findet er halt auf der Kante. Er sieht zerzaust und mitgenommen aus. Und dann auch noch 150 Meilen vom nächsten Land entfernt. Er erscheint uns sehr geschwächt. Fünf Minuten putzt er sich und schon steckt sein Kopf zwischen die Flügel und er pennt ein.
Später im Dunkeln ist er dann verschwunden. Auf Wiedersehen, kleiner Tölpel. Hoffentlich wirst du nicht zu Fischfutter.
Gesegelte Meilen: 97 Rest Meilen: 576 (plus Einfahrt nach Bundaberg ca. 40 Meilen) Bereits gesegelte Meilen: 927 Position: 23°14,1 S — 163° 2,1 E

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Kroatien im Oktober: Lonely Paradise?

Es ist kühl geworden jetzt Mitte Oktober. Auch hier im Süden von Solta. Hüpfe ich nach einem langen Segeltag noch schnell ins Meer, ist es im Wasser wärmer als draussen. Wer rauskommt aus den 23 Grad Wassertemperatur an die Luft, der schnattert.

Ich hatte nicht erwartet, in Kroatien irische Verhältnisse anzutreffen. Eine kühle Brise, die erfrischend meinen Wollpullover durchdringt, als trüge ich nichts. Anders als in Irland finden die Küstenbewohner es nicht sportlich, bei 15 Grad Lufttemperatur sich der Freude hinzugeben, dass endlich Hochsommer ist und Stunden im Wasser zu verbringen.

Jeden Morgen fahre ich los und recherchiere ich für meine Neuausgabe des REVIER KOMPASS KROATIEN. Fahre auf meiner Route jede Bucht ab, kreuze auf unter Segeln, betrachte, beurteile konzentriert, was ich da in welcher Bucht vorfinde, und segle weiter. Manchmal fühle ich mich ein bischen wie der Fliegende Holländer. Wahrscheinlich wirkt es so auf die wenigen Segler, die noch in Buchten liegen. Ich kreuze auf, fahre Zickzack, verschwinde wieder. Es ist lustig, ein fliegender Holländer zu sein.

Gestern erreichte ich die Uvala Tatinja, eine Bucht im Süden Soltas, die eigentlich aus drei Armen besteht. Ich liege im östlichsten, vor dem Restaurant mit Namen Lonely Paradise, ein witziges Ding und im Sommer ein Hit. Jetzt hat es geschlossen, die meisten Konoben an der Küste schlossen vor wenigen Tagen. Die Bucht ist verwaist, und dankenswerterweise hat der Wirt seine vier Bojen, um die sich im Sommer die Gäste balgen, im Wasser gelassen. Ich habe mir gestern Abend in der Dämmerung eine geschnappt und ließ mich von ihr in den Schlaf wiegen. Nicht ohne mir zuvor das Motor-Webinar mit Michael Herrmann reinzuziehen, das Susanne gestern bei millemari. allein veranstaltete. Kein Spruch: Ich habe es ich in vollen Zügen genossen, ich mag Michael Herrmann, seit ich ihm zum ersten Mal zuhören durfte und freue mich auf die nächsten zwei weitere Motoren-Webinare mit ihm.

Das Wetter wird sich ändern. Ab morgen werden wir für drei Tage Jugo haben, in Böen bis 40 Knoten. Das schafft eigene Notwendigkeiten: Ich muss bis morgen nicht nur einen guten Schlupfwinkel finden, von wo aus ich mein Webinar MIT APPS BESSER SEGELN morgen Abend abhalten kann. Ausreichendes 5G-Netz muss her, und das ist nicht leicht auf den Inseln, für mein Webinar letzte Woche musste ich 3 Stunden rumkurven, bis ich in Biograd nördlich des Hafens eine Bucht direkt unterm Funkmast fand. Lassen wir uns einfach überraschen. Übrigens werde ich im Webinar auch um meine Grundberührung berichten, die NAVIONICS und ich gemeinsam letzte Woche produzierten. Und mir neue Wetterdienste wie PREDICTWIND etwas genauer ansehen. 

So schön es hier gerade vor dem Lonely Paradise also ist: Der Fliegende Holländer muss rastlos weiterziehen. Aber Kroatien im Oktober? Das ist echt Lonely Paradise!

Fiji nach Australien – Tag 7

18.Okt.23, Pazifik, Tag 3427, 27.507 sm von HH
Windvorhersagen, die gut sind, treffen nicht ein. Aber der versprochene Winddreher um 180 Grad, der steht natürlich vor der Tür. Während der Nacht wird der achterliche Wind kontinuierlich schwächer. Um 1:00 Uhr ist dann Schluss – die Segel stehen nicht mehr. Wir werfen für 6 Stunden die Maschine an. Als der Wind morgens wieder kommt, bläst er uns genau ins Gesicht. Von jetzt auf gleich mit fünf Windstärken (unser Windmesser ist ja immer noch kaputt – aber der Handmessapparat zeigt durchschnitt 17 Knoten an). Wir setzten die Fock und das Groß im Reff und segeln hoch am Wind. Unseren Zielkurs können wir leider nicht anlegen. Wir liegen 15 Grad neben dem Kurs. Mehr Höhe liegt nicht drin.
Die Wetterschmiede Australien schickt ein Hoch nach dem anderen Richtung Osten. Diese Hochs bestimmen über unglaubliche Flächen das Wetter im Westpazifik. Und wir befinden uns an der vorderen Kante so eines Hochs, das uns entgegen kommt. Leider, leider ist die Zuggeschwindigkeit niedrig, so dass die Vorhersage für uns Gegenwind von ungefähr 36 Stunden sieht. Mit-den-Augen-roll. Was aber sicher ist, dass er stetig weiter auf Süd und Süd-Ost drehen wird. Solche Hochs sind da berechenbar. Nur die Stärke ist noch unklar. An der Küste von Australien pfeift es heute ganz ordentlich.
So bolzen wir also ziemlich hart weiter westwärts. Aber! Aber bei absolutem Kaiserwetter. Mit dem Winddreher sind alle Wolken verschwunden. Stahlblauer Himmel von Horizont zu Horizont. Ohne Passat fehlen auch tatsächlich spontan die ollen Passatwolken. Tadellos. So einen Himmel haben wir lange nicht gesehen.
Gesegelte Meilen: 109 Rest Meilen: ungefähr 657 Bereits gesegelte Meilen: 830 Position: 23°21,7 S — 166°34,6 E

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17.Okt.23, Pazifik, Tag 3426, 27.389 sm von HH

Fiji nach Australien – Tag 6
Tag sechs ist Tag der Windstärke vier. Am frühen Vormittag sogar nur noch eine drei. Seit wir den Unterwassersockel wieder verlassen haben, passen die Wellen zum Glück auch wieder zur Windstärke und sind bei moderaten zwei Metern angekommen. Die Holperstrecke liegt hinter uns und Achim konnte erfolgreich den Funk auf die andere Batterie ändern. Guter Mann!
Hinter Neu Kaledonien müssen wir Kurs „West“ segeln – 265 Grad. Der Wind hat inzwischen von Süd-Ost auf 90 Grad gedreht. Er kommt somit genau von hinten. Mit dem Winddreher ist leider die Sonne wieder verschwunden. Es nieselt seit Stunden.
Platt von hinten wollen wir den Wind nicht nehmen – zu viel Rollerei. Wir bleiben bei Genua und gerefftem Groß. Wir kreuzen mit maximaler Höhe vor dem Wind. Seit Neuseeland haben wir einen zweiten Spibaum (von der Seven Seas – liebe Grüße – der Baum ist super für uns) zum Ausbaumen der Vorsegel. Bei einer Halse bleibt der ungenutzte Baum einfach stehen. Sehr praktisch. Wir sehen aus wie ein Krabbenkutter auf der Elbe. Es fehlen nur die Netze. Ein Tölpel fand uns am Abend auch sympathisch und ist auf einem der Bäume einen Augenblick mit uns gesegelt. So richtig Halt, um die Nacht mit uns zu fahren, hat er leider nicht gefunden.
Abgesehen vom Regen sind wir zufrieden wie es läuft. Ab Neu Kaledonien ist windtechnisch alles möglich. Der Wetterbericht verspricht in der nächsten Nacht noch einen Winddreher um 180 Grad.

Gesegelte Meilen: 109 Rest Meilen: ungefähr 779 Bereits gesegelte Meilen: 721 Position: 23°21,7 S — 166°34,6 E

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Fiji nach Australien – Tag 5

16.Okt.23, Pazifik, Tag 3425, 27.289 sm von HH
Eine angenehme Nacht liegt hinter uns. Gutes Tempo und genau auf Sollkurs. Wir haben leichte fünf Windstärken. Die Dünung ist noch gut zwei Meter hoch und kommt schräg von hinten. Die ausgebaumte Genua zieht. Das Großsegel im dritten Reff stützt. Kein Segel fällt ein, nur selten wird Atanga auf die Luvseite geworfen.
So, genau so, hatten wir es eigentlich von Anfang an erwartet. So war das gebucht. Happy Sailing. Meine Frühschicht beginnt um 6:00 Uhr, grade rechtzeitig zum Sonnenaufgang. Das Meer liegt glitzernd und tiefblau um uns herum. Schön. Allerdings ist es verdammt frisch am frühen Morgen. Die Wassertemperatur ist bereits von 26,5 Grad auf 22,3 Grad gesunken. Dabei sind wir erst 550 Kilometer südlicher. Das ist mal ein Temperatursturz.
Inzwischen haben wir fast die Südspitze von Neu Kaledonien erreicht. Achim steht um 8:00 Uhr auf und beim späten Frühstück um 9:00 Uhr geht es los: „Sag mal, werden die Wellen immer höher? Und die Frequenz! Da liegen ja grade noch fünf Sekunden dazwischen.“ Das Wellenbild ist konfus. Passt nicht zur Windstärke,die inzwischen auf vier Windstärken runter gegangen ist. Wir werden hin und her geworfen. Schüttelbecher auf Wackelpudding.
Wir sind zunächst verblüfft und ratlos. Aber dann kommt die Erleuchtung. Vor Neu Kaledonien liegt ein langgezogener Sockel mit einigen Unterwasserbergen (und einigen Riffen, die einen Umweg von 80 Meilen von uns verlangen). Der Meeresspiegel steigt vor hier von 3000 Meter (stellenweise steht sogar 6000 Meter auf der Karte) auf 260 Meter an. Dieser Sockel macht keine Freude. ;-) Mal sehen, wie lange uns das erhalten bleibt.
Und dann noch: Houston wir haben ein Problem. Der spontane Tod einer Batterie ist zu vermelden. Wir haben drei Batteriebänke. Eine dient nur als Starterbatterie für den Motor. Zwei Bänke sind Verbraucherbatterien. Die Kleinere zeigte schon länger Alters-Erscheinungen an. „Die ist noch gut für 80%, gibt eine neue in Australien“, vermeldete der Skipper vor ein paar Wochen. Die ist nun von jetzt auf sofort Geschichte. Das Unglück will es, dass unsere Funkanlage ausgerechnet an dieser Batterie hängt. Und dass die Australische Küstenwache Funkkontakt möchte, wenn man in ihre Hoheitsgewässer einläuft. Achim kann den Funk auf die andere Bank legen (mit etwas Aufwand), allerdings möchte er warten bis er nicht mehr im Schleudergang durch das Boot geworfen wir. Na, hoffentlich gibt es die nächsten 900 Meilen noch diese Gelegenheit.
Gesegelte Meilen: 125 Rest Meilen: ungefähr 888 Position: 22°51,6 S — 168°7,5 E


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Fiji nach Australien – Tag 4

15.Okt.23, Pazifik, Tag 3424, 27.164 sm von HH
Ich würde gerne etwas Schönes schreiben über diesen Törn. Also gut – heute Morgen war der Himmel rosa dank eines schönen Sonnenaufgangs. Jetzt ist es wieder grau. Mehrere kleine Schauer haben wir hinter uns. Der Wind macht mit uns, was er will.
Mal können wir unseren Zielkurs segeln – 242 Grad. Der führt uns zwischen zwei Inseln durch, die an der Südspitze von Neu Kaledonien liegen. Dann wieder können wir nur einen Kurs von 230 Grad segeln. Mal machen wir gute Fahrt von sechs Knoten, mal geht die Geschwindigkeit runter auf drei. Dann fängt das Großsegel an zu schlagen. Durch die nach wie vor hohe Dünung flappt es mit lautem Knall auf die falsche Seite. Das ist nicht erträglich. Wir holen es dicht, wir setzten einen Bullenstander und nehmen den wieder weg. Wir geben alles, was uns einfällt und fragen uns wiederholt, was machen andere Crews in diesem Fall? Wie geht Ihr damit um? Her mit guten Ratschlägen bitte!
Im Augenblick steht es im dritten Reff und alles ist ruhig. Dank konstanter vier Windstärken.
Schön ist, wir kommen voran. Gesegelte Meilen: 118 Rest Meilen: ungefähr 1013 Position: 21°51,6 S — 170°13,9 E

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Fiji nach Australien – Tag 3

14.Okt.23, Pazifik, Tag 3423, 27.046 sm von HH
Wind und Welle sind zurück gegangen. Atanga bewegt sich etwas weniger aufgeregt und nach drei Nächten hat sich dann auch die Gewöhnung eingestellt. Wir sind wieder fähig normal zu leben. Die vorgekochte Hühnersuppe war alle, also gab es gestern Abend einen furchtbaren Rindfleischeintopf (Dosenfutter noch aus Neuseeland). Ein fade zusammengekochtes Stew. Schade. Auf der Banderole sah es ganz lecker aus.
Aber ab heute ist wieder alles möglich. Papaya-Salat, Rührei, frisch gebackenes Brot. Das Wetter ist seit wir das Atoll verlassen haben grau. Grauer Himmel, graues Wasser. Glühende Sonnenuntergänge werden schmerzlich vermisst. Hätte der liebe Gott gewollt, dass Frauen zur See fahren, hätte er das Meer rosa gefärbt. Ich wünsche mir mehr Farbe.
Gesegelte Meilen: 117 Rest Meilen: ungefähr 1131
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15

Fiji nach Australien – Tag 1+2

Freitag, 13.Okt.23, Pazifik, Tag 3422, 26.929 sm von HH
Wir sind schnell. Das ist die gute Nachricht. Tag eins fing ruppig an mit über drei Meter Welle. Während der Nacht war es ruhiger, um dann am zweiten Tag richtig aufzudrehen. Windstärke fünf bis sechs (statt vier – okay, kennen wir ja schon von Fiji). Wind und Welle kommen genau von der Seite. Wir haben das Großsegel im zweiten Reff und die Genua nur ein Stückchen ausgerollt, um nicht ganz so viel Schräglage zu haben. Viel hilft das nicht. Die höchsten Drücker (nach Bord interner Schätzung haben die vier Meter) legen uns hart auf die Seite und knallen lautstark an die Bordwand. Es ist ultra unbequem an Bord. Seebeine sind noch nicht gewachsen. Übelkeit beim Tippen in die Tastatur macht sich bemerkbar.
Die gute Nachricht, wir sind schnell.
Gesegelte Meilen in zwei Tagen: 252 Rest Meilen: ungefähr 1248
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6

Auf geht’s nach Australien

10.Okt.23, Fiji/Viti Levu/Denarau, Tag 3419, 26.677 sm von HH

Es sind für uns knapp 1.500 Meilen nach Australien.  Endlich mal wieder eine echte Kurzstecke. :mrgreen:
Leider liegt Neu-Kaledonien mitten im Weg, so dass wir einen kleinen Umweg fahren müssen. Wir könnten auch nördlich der Hauptinsel Neu-Kaledoniens segeln, dann wäre es kürzer, aber dort lauern viele kleine Inseln, die für gewöhnlich Boote magnetisch anziehen. Außerdem ist der einzige Einklarierungshafen Nouméa im Süden von Neu-Kaledonien. Sollte unterwegs „etwas“ sein, könnten wir dort anhalten. Planmäßig ist aber kein Stopp angedacht. Wir möchten vor dem 1. November in Australien sein. Die Unterbrechung wäre uns zu kurz und verlängert nur das Leiden:  Zweimal hätten wir die ersten drei Tage auf See, die ja bei allen Seglern eher unbeliebt sind.

Erster Abschnitt bis Neu-Kaledonien. Ungefähr 650 Meilen.

 

Zweiter Abschnitt bis Australien. Ungefähr 830 Meilen. Bundaberg wird unser Zielhafen sein.

Der erste Abschnitt ist recht kalkulierbar. Wir befinden uns dann noch im Passatgürtel und der Wind sollte schräg von hinten kommen. Hinter Neu-Kaledonien kann alles möglich sein. Von ‚der Passat bleibt uns erhalten‘ bis ‚Australien schickt eine Front mit Wind von vorne‘ ist mit allem zu rechnen.

Wetterkarte für den 18 November, dann sind wir bereits eine Woche auf See und sollten Neu-Kaledonien erreicht haben. Schön zu sehen, dass sich ab dort die Windverhältnisse komplett ändern können. Was wirklich kommt, ist ungewiss. Wir werden sehen.

Die letzten zwei Wochen haben wir die Braut hübsch gemacht für due Ankunft in Australien. Die Australier haben ultra strenge Bestimmungen, was ins Land gebracht werden darf. Das haben andere Länder auch. Das Schlimme in diesem Fall, Australien hält sich an seine eigenen Gesetze. Scharfe Kontrollen sind üblich. Verboten sind unter anderem Fleisch, Wurst, Eier, Milchprodukte jeder Art. Neuerdings auch Reis. Honig ist verboten, Ahornsirup jedoch erlaubt. Die Liste ist endlos.
Besonderer Fokus wird auf Holz gelegt. Na, da hat Atanga ja was zu bieten. Quasi unser gesamter Innenausbau ist aus Holz. Achim schnackt mit unserem australischen Nachbarn über seine Erfahrungen bei der Einreise. Der hat nichts Erhellendes beizutragen, weil er selber noch nie mit einem Boot eingereist ist. Aber er hält eine schöne Anekdote zum Besten: Vor Jahren gab es ein Boot mit eben so viel Holz im Innenbereich. Die Beamten von der Bio-Sicherheit haben auf die Inspektion durch einen Schnüffel-Hund bestanden. Da aber kein Hund im Umkreis verfügbar war, wurde einer eingeflogen. Wartezeit auf den Köter sechs Wochen und die Flugkosten zu Lasten des Holz-Besitzers.
Lustige Gesellen, diese Australier. ;-)

Wir gehen das Projekt Australien mit Vernunft an. Ein Boot, was super aufgeräumt und super sauber ist, das wird sicherlich anders kontrolliert als ein Messi-Dampfer. Der erste Eindruck zählt. Also räumen wir alles aus den Schränken, um ja keine tote Fliege hinter den Konserven zu übersehen. Oder Wollmäuse unter der Matratze. Insekten jeder Art führen zu einer Ausräucherung des Schiffes. Wer das bezahlt, ist klar.
Wie so häufig, gehen strenge Bestimmungen zu Lasten der Kleinsten und Schwächsten. In diesem Fall sind es unsere Papierläuse. Seit geraumer Zeit sehen wir immer mal wieder ein Exemplar. Grad so groß wie das Loch einer Stopfnadel und dazu sie sind extrem langsam. Sieht man so ein Tier, kann man es problemlos tot wischen. Uns haben sie nicht so sehr gestört. Manchmal sieht man sie auf einem Holz-Schneidebrett.  :evil:  Das wäre es ja gewesen bei der Kontrolle – Holz in Kombi mit Tier.
Sonst wohnen sie in der Nähe der Bücher und ernähren sich von Staub. Eigentlich ja ganz hilfreiche Tiere. Die sind jetzt Geschichte. Mit Hilfe von Insektenspray  (auch auf die Bücher gesprüht) und Essig im Putzwasser habe ich ihnen den Garaus gemacht.

Nun sind wir clean. Wir sind bereit. Noch einmal schlafen, dann geht es am Mittwoch los. Ahoi, wir freuen uns auf einen neuen Kontinent.


8

Steuerfreiheit – wenigstens auf See!

DIE GADGETS UND REDUNDANZEN – EIN KONZENTRAT

Steuerfreiheit