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Musik an Bord: The Glitch Mob

Wie bereits erwähnt trug die richtige Musik letztens extrem viel zu dem Prädikat “perfekter Segeltag” bei. Bei von hintem einfallendem Starkwind gibt es für mich 2 verschiedene Arten von passender Musik, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Heute möchte ich euch die erste davon vorstellen.

Zeit fürs Bremspedal...

So ein Segeln wie im letzten Artikel beschrieben ist für mich  immer mit nur einem Wort zu beschreiben: Action. Die Musik sollte dann wenn möglich dazu passen, also kraftvoll und laut sein, sowie einen in eine ähnlich energiereiche Stimmung versetzen. Sanfte Loungeklänge oder Balladen wären da echt fehl am Platz.  Meistens passt dann Rock ebenso gut wie schnelle Dance/Electro Nummern. Und wer sich nicht entscheiden kann? – Für den gibt es die Musik des kalifornischen Trios “The Glitch Mob”.Deren  Deren Stil ist irgendwo im Grenzbereich zwischen Rock und Electro mit einer Spur Dubstep einzuordnen.Vielleicht  nicht jedermanns Sache, passt aber perfekt zu diesem Actionsegeln. Selbst wenn sie euch nicht am heimischen Computer gleich gefällt, probierts mal bei den richtigen Bedingungen. Für mich gibt es jedenfalls nichts besseres als die Trägheit, welche manchmal beim gemütlichen Segeln entsteht, abzuschütteln und auf Actionsegeln umzustellen.

Hope you like it!

 

 

Ein Segeltag wie Einer von Hundert

Irgendwann muss selbst so traumhafte Stadt wie Tallinn verlassen werden. Gut, dass mir das Wetter den Abschied heute leicht macht. Es geht Richtung Finnland. Nachdem St. Petersburg ja erstmal gestorben ist, macht die Vorhersage nun auch ein weiteren Aufenthalt an der exponierten Nordküste Estlands zunichte. Schade, hätte mir hier gerne noch das ein oder andere Kleinod angeschaut, aber vielleicht ein andernmal!

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Die Vorhersage für heute verspricht aber noch einmal bestes Wetter: Sonne, 15 Grad, West- bis Südwestwind, zunehmend bis auf 6. Perfektes Wetter für den Schlag über den finnischen Meerbusen bis nach Helsinki. An Anfang war ich noch eher skeptisch: Der Wind kam anfangs noch sehr unstet in Richtung und Stärke. Ich hoffte inständig, dass das nicht so weitergehen würde, und meine Bitten wurden erhört. Langsam steigerte sich der Wind auf bis zu 22kn. Raumschotkurs – den Wind also von schräg hinten einfallend, besser gehts nicht – nach Helsinki. Ich segelte mich wie in einem Rausch. Es ist schwer diese Empfindungen niederzuschreiben, ich versuche es dennoch mal. Die Windzunahme bemerkte ich aufgrund der Windrichtung nur sehr langsam, eher schon wie der Druck am Ruder und die Geschwindigkeit zunahmen. Überhaupt habe ich an diesem Tag alle Geschwindigkeitsrekorde der Nonsuch gebrochen: Bis hoch zu 7,6kn, konstant über 6kn, das schafft man nicht zu oft mit der dicken alten Dame. Mein Grinsen wurde mit jeder Minute breiter und ich habe das Schiff mal so richtig geprügelt. Gute Musik voll aufgedreht (Dazu später mehr), einen Schrick in die Schot, ein  Grinsen so breit wie eine Kreissäge, Wasser an Lee vorbeirauschend, und das Vibrieren des Ruders. Besser geht es nicht. Alles fliegt kreuz und quer durch die Kajüte, doch heute stört mich das nicht mal. Wer bremst verliert – Das Segeln ist anstrengend aber nach den letzten motorlastigen Tagen extrem befriedigend. Meine Laune stieg in ungeahnte Höhen. Ich habe das Schiff so richtig bis nach Finnland geprügelt. Erst beim Auftauchen der ersten Schärenfelsen dieser Reise nahm ich den Fuß vom Gas, nahm das Vorsegel weg, und tauchte langsam in den Vorgarten von Helsinki ein. So etwas kann man nur unter sehr ausgewählten Bedingungen alleine machen. Und heute war so ein Tag. Erst als ich dabei langsamer wurde, merkte ich, dass der Wind mittlerweile schon auf 25kn im Mittel zugenommen hatte… Bin ich unvorsichtig geworden? Ich hoffe nicht, war doch heute so ein Tag mit ausgewählten Bedingungen, und eine andere Yacht war (obwohl 4m länger ;-) – immer in Sichtweite.

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Unterwegs war auch richtig was los. Insbesondere die Schnellfähren zwischen Helsinki und Tallinn sind eindrucksvoll: Trotz ihres normalen Aussehens sind sie doppelt so schnell wie ihre normalen Artgenossen unterwegs, was für surreale Bilder sorgt. Ich bin ja seglerisch an der Elbe aufgewachsen. Dort ist man den Umgang mit Berufsschifffahrt ja gewohnt, und so habe ich mich oft gewundert was für ein Aufriss um die “Schnellfähren” in diesem Sektor gemacht wird. Man kann die Kurse der Berufsschifffahrt doch eigentlich immer ganz gut kalkulieren. Doch die Dinger hier haben es ob ihrer Geschwindigkeit echt in sich… Wohl ein Dutzend Mal sind die Kollegen auf dem Weg an mir hin und her vorbeigeprescht. Die muss ich ganz schön genervt haben, aber dank AIS halten sich alle Berufsschiffe an ihre Ausweichpflicht und ich kann ungestört nach Finnland knattern.

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5sm vor Helsinki erreicht mich eine SMS von Timo: Er schlägt vor, dass wir uns auf der Festungsinsel Suomenlinna, unmittelbar vor Helsinki treffen. Ein bisschen Ruhe vor der nächsten Großstadt macht natürlich Sinn, und so folge ich ihm dorthin. Wir erleben einen entspannten Abend mit frischgekochtem Essen bei sich langsam verschlechterndem Wetter. St. Petersburg fallenzulassen war wohl leider richtig… Aber egal, ein perfekter Segeltag neigt sich dem Ende zu. Bitte mehr davon!

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Am nächsten Morgen legen wir dann sodann auch nicht gleich ab, sondern erkunden erstmal die alte Festungsinsel. Es erinnert mich ein wenig an Christiansø, nur größer und weniger abgeschieden. Besonders beeindruckend sind aber nicht die alten Festungsanlagen, sondern wie dicht die Fähren und Frachter zwischen den Helsinki vorgelagerten Schäreninseln hindurchpreschen. Da muss ich glaub ich nicht zwischen her kreuzen…

Irgendwann lässt der Wind dann aber kurzzeitig nach und wir verlassen Suomenlinna für den kurzen Weg nach Helsinki. Praktisch: Laut Timo habe ich das absolute must-see des hiesigen Sightseeingprogramms schon abgearbeitet. ;-)

 

Abschied von Tallinn...
Der Wind nahm langsam....
...immer weiter zu.
Herrliches Segeln...
Eine Schnellfähre kreuzt meinen Weg. Und Schnell sind die Dinger wirklich...
Die ersten Finnischen Landbrocken erscheinen...
Zeit fürs Bremspedal...
Das "Traumschiff" verlässt gerade Helsinki.
Die Lotsenstation von Helsinki.
Fest im Innenhafen der Festungsinsel Suomenlinna.
Suomenlinna.
Es könnte einem schlechter gehen!
Suomenlinna.
Ein altes Trockendock, immer noch in Betrieb, auf der Insel.
Schärenfahrwasser für die Großschifffahrt.
Am Horizont wartet schon Helsinki.
Suomenlinna.
Suomenlinna.
Heute kann man hier auch friedlich wohnen..
Suomenlinna.
Die "Vesikko", Prototyp der deutsche Typ II U Boote ist hier ausgestellt.
Das muss ich mir natürlich gleich ganz genau anschauen...
...Aber auch weitere friedliche Ecken...
...Gibt es hier häufig...

The city that never sleeps

Nein, ich bin nicht in New York. Und nein, ich bin auch immer noch in der Ostsee unterwegs. Genauer gesagt in Tallinn. Und wenn es tatsächlich eine Stadt gibt die niemals schläft, dann ist es wohl Tallinn im Sommer. Die Stadt hat mich absolut fasziniert.

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Nachdem ich beschloss St. Petersburg auf eigenem Kiel wahrscheinlich aufzugeben und dafür Tallinn ganz in Ruhe zu genießen verholte ich mich am Samstag zunächst einmal in die Old City Marina von Tallinn, also quasi der Innenstadthafen. Äußerlich geht es hier sehr formal zu: Einlaufen nur bei grünem Licht und nach Funkanmeldung, Bootsdokumente beim Check-in vorzeigen, dafür aber auch erstklassige Einrichtungen. Auf den Stegen hingegen herrscht das Leben. Es geht zu wie auf dem Aldiparkplatz einen Tag vor Heiligabend. Ich muss erstmal 1 Stunde herumkreisen um, nachdem eine finnische Herrencrew wie sie im Buche steht abgelegt hat, einen Platz zu ergattern. Im Sommer ist dieser Hafen wohl fest in finnischer Hand, und die Finnen haben dieses tropisch heiße Wochenende wohl zu zahlreichen Testausflügen genutzt. In allen Cockpits herrscht bierselig-sommerliche Fröhlichkeit und auf den Stegen stapeln sich die Einkaufswagen. Noch eine Paralelle zum Aldiparkplatz. Moment mal, Einkaufswagen? Ja! Die bereits beschriebenen Hamsterkäufe sind hier noch wesentlich zahlreicher. Der Hafen liegt in unmittelbarer Nähe zu den Fährterminals (welche aber nicht wirklich stören) und den dazugehörigen Duty-Free-shops. Nicht nur Bier und Wein, sondern auch gleich das Hochprozentige wird hier gleich in Kisten verkauft. Massenweise verschwinden Wagen- und Schulterladungen in allen Schiffen. Jedes zweite alkoholische in Finnnland verhaftete Getränkt stammt angeblich aus Estland. Nachdem ich St. Petersburg nun aufgegeben habe mische ich mich auch diesbezüglich unters Volk und stocke meine – bisher dem Zoll zuliebe kleingehaltene – Getränkevorräte auf. Danach geht es dann auf zum Kulturprogramm.

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Es ist bereits 18:00 als ich mich auf in die Stadt mache, und doch tobt dort immer noch das Leben. Ich lasse mich durch die Altstadt treiben und lasse mich aud einer der zahlreichen Restaurantterassen nieder um das Treiben erst mal zu beobachten und mich für den Ausflug ins Tallinner Nachtleben zu stärken. Irgendwann mache ich mich auf zu einer kleinen Kneipentour und bemerke erst mit der Zeit was mich hier so fasziniert: Es ist mittlerweile fast halb 12 Mitternacht, und doch sind die Straßen voll von Menschen. Und nicht nur das um diese Tageszeit normalerweise anzutreffende Feiervolk, sondern ein ganz bunter Mix: Touristen, Einheimische, friedlich feiernde Jugendliche, Alte, Junge, von allem ist was dabei. Es herrscht ein Betrieb wie anderorts um 4 Uhr Nachmittags. Ich erinnere mich, wie mir jemand mal vom Lebensgefühl der Südeuropäer im Sommer vorschwärmte, wo das richtige Leben abends erst beginnt. Doch das ist hier noch besser, denn in Tallinn kommt noch das Dämmerlicht der weißen Sommernacht dazu. Es ist noch immer nicht richtig dunkel. All das sorgt für eine ganz besondere Stimmung und sorgt dafür, dass die Stadt im Sommer wohl wirklich nie schläft. Irgendwo ist immer etwas los. Die Tallinnerinnen gehören ja allen Erzählungen nach zu den hübschesten in Europa. Das kann man wohl bestätigen. Aber auch ansonsten ist die Bevölkerung unheimlich jung, freundlich und aufgeschlossen.

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Das Tallinner Nachtleben selbst überzeugt dann auch voll und ganz. Die Vielzahl der verschiedenen Möglichkeiten – hier ist wirklich für jeden Geschmack etwas dabei – , die laue Sommernacht, die freundlichen und aufgeschlossenen Esten, der bunte Mix aus Einheimischen Touristen, all das trägt zu einem wirklich netten Abend bei. Ich komme erst spät wieder zurück aufs Schiff. Auch hier fällt mir wieder auf, wie friedlich im Vergleich zu Deutschland gefeiert wird. Irgendwie hat in ganz Osteuropa meine Altersklasse – allen Vorurteilen zum Trotz – ihren Alkoholkonsum wesentlich besser im Griff. Es wird auch viel mehr gelacht und gelächelt als in heimischen Clubs und Kneipen.  Davon auszunehmen sind lediglich die zahlreichen britischen und finnischen Junggesell(innen)abschiede. Die gehören laut Aussage der Einheimischen hier zum Stadtbild ähnlich dazu wie der japanische Kameratourist in eine mittelalterliche Burg. ;-)

In den nächsten beiden Tagen setze ich dann meine Erkundung der Stadt fort. Ich bewege mich auch mal aus dem Altstadtbereich heraus und bin gleich positiv überrascht. Die Altstadt wird zu allen Seiten von zahlreichen modernen Neubauten flankiert, die Tallinn auch den äußerlichen Anstrich einer modernen Großstadt gibt. Man fühlt sich fast wie in der City of London, Frankfurt, oder ähnlichen Stahl- und Glasmetropolen. Die Bausünden des sozialistischen Wohnungsbaus hat man hier übrigens konsequent von Anfang an an den Stadtrand gedrängt. Tallinn ist die erste Stadt auf meiner Reise, welche im Stadtbild wirklich gar nicht mehr nach Sowjetunion ausschaut.

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Auch sonst gefällt mir das Stadtbild außerordentlich gut. Auf meinen Streifzügen durch die Altstadt fällt mir auch nach langem Nachdenken auf, was mich ein klein wenig an Danzig oder Riga gestört hat. Im Gegensatz zu Danzig ist Tallinn nicht so “überrenoviert”. Danzig ist zwar sehr sehr schön, manchmal aber fast ein wenig zu sehr restauriert. Es schaut fast ein wenig unwirklich aus. Tallinn im Gegensatz dazu ist in Würde gealtert und schaut wesentlich authentischer aus. Riga hingegen ist ähnlich schön im Stadtbild, ist aber schon zu einer richtigen EasyJet-Metropole geworden. Die Anzahl an Bernsteinschmuckständen, Wechselstuben, und geführten Touristengruppen ist in Tallinn (noch) deutlich kleiner. Auch das sorgt für mehr Authenzität.

Auch nach 3 Tagen Stadtrundgang habe ich noch nicht alles gesehen. Immer neue schöne Plätze fallen mir auf. Ich werde sogar zum illegalen Einwanderer. Ohne Reisepass in der Tasche stratze ich durch die Parkanlagen am Südende des Domberges. Diese gehören teilweise zum Gelände der japanischen Botschaft. Das hat die Tallinner Jugend in den 90ern für wilde Parties ausgenutzt, denn die estnische Polizei hatte ja hier keinen Zutritt. Für kurze Zeit befinde ich mich also auf japanischen Boden. Konichiwa! Aber wie läuft das jetzt eigentlich Gastlandflaggentechnisch?

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Tallinn zusammenzufassen ist wirklich schwer. Die Stadt ist voll von Geschichte und doch so modern wie keine andere die mir spontan in den Sinn kommt. Moderner Konsum und ein traditionelles Stadtbild sind hier perfekt vereint. Es gibt ein perfektes aber unaufdringliches Nachtleben und unglaublich freundliche Menschen. Tallinn ist mindestens genau so schön wie Paris oder Venedig, ohne aber die teils arrogante Einstellung dieser Städte zu vermitteln.  Es wäre wirklich ein Jammer gewesen, wenn mich der Wind hier gleich wieder rausgetrieben hätte… Ich hoffe, dass ich im Winter nochmal zurückkehren werde. Denn die deutschen Weihnachtsmärkte von denen mir berichtet wurde, bekommen in dieser beispiellos schönen Altstadt bestimmt ein ganz besonderes Flair.

 

Zur Old City Marine geht es - Oh Wunder! - direkt Richtung Altstadt.
Direkt durch den Manäversektor der zahlreichen Fähren. Da macht die sehr formelle Verehrslenkung doch Sinn...
Die Silja Europa. Das letzte Schiff welches Kontakt zur gesunkenen Estonia hatte...
Hoher Besuch in der Old City Marina. Die Swan 60 des Nord Stream Races sind da!
Nachdem Nonsuch den Schengenraum wohl erstmal nicht verlassen wird, bunkere auch ich gutes estnisches Dosenbier...
... und auch ein paar gesunde Sachen (man beachte das Grünzeug in der Tüte!)
Passt wie angegossen. Ob die Schmidt´s diese Maße wohl bei der Konstruierung schon im Sinn hatten?
Nonsuch in Tallinn.
Moderne Bürobauten...
...Lassen oft den Gedanken an NYC aufkommen....
...Die Stadt wirkt oft sehr modern.
Der Sommer ist da!
Shops.
Hinein in die Tallinner Altstadt.
Estnisches Nationaldenkmal.
Altstadt von Tallinn.
Willkommen in Japan!
Diese Grunanlage gehört zum Gelände der japanischen Botschaft.
Überall finden sich nette Cafes...
...Alte Gemäuer...
...und wichtige Schaltzentralen. Hier das estnische Parlament auf dem Domberg...
...Von hier wurde auch schon vor 600 Jahren die Stadt regiert.
Gleich daneben: Die deutsche Boschaft.
Die Alexander Nevski Kathedrale.
Auf dem Domberg.
Die Tallinner Jugend genießt das Wochenende.
Altstadt von Tallinn.
Altstadt von Tallinn.
Blick vom Domberg.
Altstadt von Tallinn.
Ein bisschen fühlt man sich wie in Aerosköbing.
Zahlreiche Restaurants locken die Touristen..
...nobody can take from us...
Die sowjetischen Wohnsilos hat man hier gekonnt an den Stadtrand verbannt.
Blick über die Stadt...
...Und die Tallinner Bucht.
Abstieg in die Unterstadt. Die eigentliche Hanse- und Kaufmannsstadt.
Tallinn steht Venedig oder Wien in Schönheit nicht nach..
Geschäftiges Treiben auf dem Rathausplatz.
Das gotische Rathaus von Tallinn.
Respektable Bierkarte.
Die Straßenbahn...
Abschied von Tallinn...

 

 

 

Tallinn – oder doch nicht?

Nach dem Erholungstag in Lohusalu ging es nun weiter nach Tallinn.  Endlich konnte über weite Strecken gesegelt werden. Die Fahrt in die Tallinner Bucht war echt spannend, auch echte Frachter waren hier wieder unterwegs, und ich bekam einen ersten Eindruck von den Helsinki-Tallinn Schnellfähren. Für die erste Nacht ging es auf Empfehlung von Timo in den Kalev Yachtclub im hinteren Teil des alten Olympiahafens. Der Hafenmeister hier, genannt “Tigerhead”, ist unter finnischen und estnischen Seglern eine ähnliche Legende wie Oskar in Kuressaare, ein Hafenmeister der nur für sein kleines Reich zu leben scheint.

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Die finnischen Segler scheinen in Tallinn überhaupt den Ton anzugeben. Was für die Nordsee- und Elbsegler Helgoland, und für die Ostseesegler der Grenzhandel von Flleegaard oder Prätorius ist, ist Tallinn für die Finnen . Nur noch wesentlich extremer. Der Alkohol kostet hier nur etwa 1/3 des finnischen Preises, und dan des Schengenraums kann praktisch ohne Limit aufgeladen werden. Bei manchen Schiffen habe ich mir ernsthafte Sorgen um die Stabilität gemacht. Hier wird mit dem Einkaufswagen gleich bis auf den Steg vorgefahren. Und dann noch einer. Und noch einer. Entlang jedes Yachthafens gibt es zahlreiche Getränkemärkte mit gigantischen Lagermengen. Laut Timos Aussage geht das in der Saison an einem Wochenende weg. Und irgendwie glaube ich ihm das. Den Vogel abgeschossen hat allerdings ein kleines 3-4m Schlauchboot, als es in den Hafen kam. Wir wunderten uns noch, dass der Kollege mit Trockenanzug, Kopfkamera, Handfunkgerät, und allem PiPaPo in den Hafen einlief. Eher ungewöhnlich für ein kleines Schlauchboot. 20 min und 2 Einkaufswagen später wussten wir dann aber wofür das ganze Equipment da war: Timo bemerkte die Helsinkier Registrierungsnummer des Bootes…. Der war doch tatsächlich mit dem kleinen Ding 45sm über den finnischen Meerbusen geknallt, um sich hier vollzuladen. Respekt.

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Den gesamten Tag über wurde es immer heisser, am Ende standen gar 29 Grad auf dem Thermometer. Das ist zwar Balsam für den immer noch von den eiskalten Nächten in der südlichen Ostsee geschundenen Seglerleib, aber an große Stadterkundungsrundgänge war dabei nicht wirklich zu denken. Und so machte ich mal den kurzen Wettercheck für die nächsten Tage. Und das hätte ich mal lieber bleiben gelassen…. Petrus feiert das absehbare Ende dieser tropischen Tage mit Ostwind und lässt es dabei  ganz ordentlich krachen. Die östlichen Orte Estlands, wo ich eigentlich noch eine verlassene Militärbasis besuchen wollte, so wie vor allem das große Traumziel St. Petersburg kann ich bei dieser Vorhersage wohl komplett vergessen. Spätestens nach dem Besuch in Kaliningrad habe ich mir den Besuch von St. Petersburg in den Kopf gesetzt, aber bei Ost-Nordostwinden um 5-6 Bft. ist der 160sm Nonstopschlag von Vergi in Estland mit der kleinen Nonsuch alleine so gut wie unmöglich. Und diese Ostwindlage soll auch noch bis zum Ende sämtlicher Vorhersagen anhalten.  “If Eastwinds appear here at this time of the year, it will stay until midsummer”, ist die Aussage von Timo zu diesem Debakel. Na klasse, das kann ich mir also höchstwahrscheinlich abschminken. So schön es hier ist, um einen Monat in hier herumzudümpeln ist mir meine Zeit zu schade, und die 160sm von Vergi werden bei Ostwind eher zu 300-350sm, das ist nur gegenan bei den Bedingungen im finnischen Meerbusen einfach nicht drin.

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Für einige Stunden vergesse ich, was für ein Glück ich habe so eine Reise überhaupt machen zu können und ärgere mich lautstark darüber, dass das Wetter mir so ein dickes Schnippchen schlägt. Doch halt: Könnte man nicht vielleicht noch vor dem Eintreffen des Ostwindes versuchen nach St. Petersburg zu kommen? Die Wetterprognosen geben das im Moment noch her, doch dann müsste ich Tallinn schon am nächsten Morgen verlassen… Lange überlege ich, ob dieser Plan machbar und sinnvoll ist, und komme zu keinem richtigen Ergebnis. Am Ende entscheide ich mich knapp dazu dieses Traumziel, unter Beachtung der nächsten Wetterprognosen, anzugehen und fahre noch in die Stadt um zumindest einen kleinen Einblick in Tallinn zu bekommen.

Auf den ersten Blick erscheint Tallinn nett und historisch, wie schon viele andere Städte auf meiner Reise. Doch am Ende kommt alles anders: Als ich am nächsten Morgen früh aufstehe um mich auf den Weg zum Grenzhafen Vergi zu machen haben sich die neuesten Vorhersagen bereits um 12 Std. nach vorne verschoben. Das Risiko am Ende doch mitten auf dem langen Weg durch den finnischen Meerbusen ohne erlaubte Nothäfen in die Ostlage zu geraten ist zu groß. Die Berichte von Freunden die diesen Schlag bereits unternommen haben bestärken mich darin, dass ich das mit der Nonsuch lieber bleiben lassen sollte…. Die Enttäuschung ist groß, aber mal abwarten was anstattdessen auf mich wartet.

Ich beschliesse also, noch einige Tage in Tallinn zu bleiben.

 

Morgen geht es in Begleitung meines "Lotsen" Timo in Lohusalu los.
Mächtig was los in der Bucht von Tallinn...
Auf dem Weg.
Olympiahafen Tallinn-Pirita.
Außergewöhnliche Symbolik.
Mit dem Schlauchboot über den finnischen Meerbusen um Sprit zu kaufen. Kann man mal machen.
Nicht gerade die passende Wettervorhersage um nach St. Petersburg aufzubrechen. Und das soll auch noch so bleiben... :(
...Also erstmal ein erster Rundgang durch Tallinn.

Zurück ans Festland

Zunächst mal muss ich mich für die Funkstille in den letzten Tagen entschuldigen. Entgegen den üblichen Verlautbarungen war die WLAN Verfügbarkeit in Estland nämlich zum großen Teil bisher nicht besser als in den bisherigen Häfen. Vielleicht ist das aber auch nur der Vorsaison geschuldet….

In den letzten Tagen ging es nach den Tagen auf Sareemaa und Muhu zurück aufs estnische Festland. Los ging es von Lounaranna nach Haapsalu. Endlich mal wieder segeln! Die Freude darüber so langsam zwischen den Insel daher zu dümpeln währte allerdings nur kurz. Gegen Mittag schlief der Wind mal wieder völlig ein – ein Ereignis das in den nächsten Tagen noch Deja Vu Charakter bekommen sollte. Dazu zogen dann auch noch Regenwolken auf. Komisch, eigentlich sollte dann doch auch Wind sein… Nach der Sintflut folgte dann auch noch die Heuschreckenplage: Binnen Minuten war das gesamte Schiff von Insekten aller Art eingedeckt. Ein Biologe hätte wohl seine helle Freude daran gehabt, doch ich mochte mich nicht mal mehr hinsetzen, nachdem erste tote Insekten bereits Holzdeck und Hosenboden verzierten. Unter Motor ging es Richtung Haapsalu, die Hände in die Hosentaschen gestopft und den Gesichtsausdruck vom HB-Männchen geklaut. Kurz vor Haapsalu verzog sich das Getier dann, die Sonne kam wieder heraus und auch der Wind kam wieder. eine halbe Meile vorm Hafen – war eigentlich klar oder? Anyway, ich genoss einen entspannten sonnigen Abend im Hafen von Haapsalu. Der nächste Tag brachte dann nicht nur tropische Temperaturen, sondern auch Starkwind und vereinzelte Gewitter. Vor allem letzteres bewegte mich dann noch recht schnell dazu einen Hafentag einzulegen. Ich lerne den finnischen Einhänder Timo kennen, und wir erkunden den alten Kurort Haapsalu gemeinsam. Was gehört zu einem mittelalterlichen Gemäuer übrigens genau so wie bröckelnde Steine? – Genau! Japanische Touristen. Glücklicherweise wurden gerade 2 Busladungen davon abgeladen und wir konnten endlich auch diese Spezies mal auf der Reise bewundern. Videokamera in der einen, Fotokamera in der anderen. WIe aus dem Bilderbuch.

Timo beeinruckt mich mit seiner skandinavischen Gelassenheit sehr. Auf die Frage wie lange er schon in Haapsalu sei, antwortet er: “3 days now, and if the weather will really be bad tomorrow, i stay another one”. So gelassen möchte ich auch mal sein. Eigentlich möchte ich mich auf dieser Reise ja entspannen, aber ich ertappe mich noch oft genug dabei ein Getriebener des Wetters, des nächsten schönen Hafens, oder des Meilenfressers in mir zu sein.

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Nach einem erzwungenen Erholungstag (Zu Hafentagen werde ich demnächst noch mal mehr schreiben), ging es weiter nach Dirhami. Dirhami ist, ähnlich wie Möntu, wieder nur ein kleiner Außenposten der estnischen Fischer an der Nordwestecke Estlands. Hier ist nicht wirklich etwas los, und doch sorgt die Lage inmitten der Natur für Erholung. Und der Sonnenuntergang in Dirhami soll der schönste Estlands sein. Also los! Die ersten Meilen wurden wieder unter Segeln zurückgelegt. Die Freude über das stille Vorankommen währte allerdings auch heute wieder kurz. Mit voller Fahrt schoss ein Motoboot von hinten heran: Estonian Border Guard – “What is your Port of Destination?”. Mit der Antwort Dirhami sind die Jungs dann auch schnell wieder abgezogen, aber doch wunderte mich etwas: Grenzschutz an einem klar erkennbar deutschen Boot? Mitten zwischen den Inseln? Die Binnengrenzen, und erst recht die Schengener Außengrenzen ewig weit weg? Die leiden wohl unter Langeweile… Keine 5 Minuten danach schläft, zusätzlich zu den aufziehenden Wolken, wieder der Wind ein. Langsam wird das echt öde, kann sich das Wetter nicht mal was neues einfallen lassen? Kurz später zieht dann auch noch Nebel auf. Danke, kenne ich auch schon. Im Gegensatz zu den ersten Erscheinungen schockt er mich aber irgendwie nicht mehr richtig. Ob es an der Routine oder den hier oben weniger zahlreichen kleinen Fischerbooten als in der Kieler Bucht liegt, weiß ich nicht… Dirhami hat hingegen nicht zu viel versprochen. Ich mag diese abgeschiedenen kleinen Häfen, selbst wenn sie nicht auf den traumhaftesten Inseln liegen, verkörpern sie doch die Ruhe und das temporäre Abhauen von der Zivilisation beim Segeln so gut. Auch der Sonnenuntergang hat tatsächlich Hollywoodformat.

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Obwohl es nach Tallinn von hier aus “nur” noch 50sm sind, folge ich Timo in den kleinen Hafen von Lohusalu, ungefähr auf der Hälfte der Strecke. Das scheint ein kleiner Ausflugshafen im Tallinner Dunstkreis. Timo, der sich als sehr kundiger Estland Führer entpuppt, erzählt, dass der Hafen einem reichen Tallinner, der hier in der Nähe sein Wochenendhaus hat, gehört. Klar, bau ich mir einfach mal einen kompletten Hafen… Die Umgebung und die Ausstattung des Hafens sind dafür echt schön geraten. Zu unserer Runde von Einhandseglern stößt noch Kalevi aus Finnland dazu. Ein alter finnischer Seebär, der eine ganze Menge spannender Geschichten zu erzählen hat, und so wird der Abend extrem lang und fröhlich. Ich merke mir für die Zukunft, dass Trinken mit Finnen recht gefährlich sein kann… ;-) So tragen nicht nur die 25 Grad und Windstille am nächsten Tag dazu bei, dass ich einen Hafentag zur Erholung einlege… Die beiden Finnen weisen mich nun auch noch in die finnische Saunakultur ein. Anschliessend gibt es ein Festmahl in Form des zweiten Grillens dieses Jahr. Es könnte einem wirklich schlechter gehen, die Stimmung ist gut.

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Zwischen den westestnischen Inseln hindurch geht es nach Haapsalu.
Das Wetter ist leider ziemlich unangenehm.
In Haapsalu scheint es sogar Tschaikowsky ausgehalten zu haben.
Das Kurhaus von Haapsalu.
Wie kommt der Kollege denn dort hin??
Haapsalu.
Die Bischofsburg von Haapsalu...
...Voll mit japanischen Touristen.
Haapsalu.
Der Bahnhof von Haapsalu. Heute ein Museum.
Bahnhof Haapsalu.
Bahnhof Haapsalu.
Bahnhof mit Meerblick.
Nonsuch in Haapsalu.
Grau in Grau geht es weiter...
Anfahrt auf Dirhami.
Diese Tonne sollte man wohl ernst nehmen...
Dirhami.
Dirhami.
Sonnenuntergang in Dirhami.
Dirhami.
Dirhami.
Nonsuch in DIrhami.
Lohusalu.
Die haben ernsthaft ein ordinäres P-Schild zur Bezeichnung der Gästeplätze?!
Lohusalu.
Lohusalu.
Hafen Lohusalu.
Experten unter sich.
Grillabend in Lohusalu.
Brutzel....
Der Abend wurde lang...

Musik an Bord: Sea Ya´s Summer Playlist

Heute habe ich mal eine lose, und irgendwie untereinander zusammenhangslose Zusammenstellung an Empfehlungen für euch: Die Sommerplaylist der Segelyacht Sea Ya. Der Skipper der Sea Ya ist ein guter Segelfreund von mir, und hat sich in grauer Vorzeit als DJ verdingt. Aus diesen Zeiten stammt wohl auch ein Großteil der Musik in dieser Playlist. Warum gehört nun aber ein wilder 80er, 90er, neue Deutsche Welle mit vereinzelten Schlagern, garnierter Mix auf das kleine Segelboot eines Mittzwanzigers? Nun, seit dem wir uns kennen, läuft diese Playlist mit eigentlich 50 Titeln auf der Sea Ya. Anfangs hab ich mich noch manchmal gewundert, dass der Chef auf unseren gemeinsamen Törns nie andere Musik als diesen einen USB Stick abspielt. Mittlerweile  gehört diese Playlist gerade deswegen aber zum Segeln dazu. Wann immer so richtiges Summerfeeling auftritt, gehört diese Musik nun einfach dazu. Getreu dem alten Juristenmotto: Das haben wir schon immer so gemacht. Und erst in den ersten Sommertagen dieses Jahres, alleine – ohne die Stammsegelkumpels in der Nähe, ist mir das so richtig aufgefallen: Auf einmal fehlte etwas.

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Und so habe ich schnell die Playlist rausgeholt, die Sonnenbrille auf, und habe an viele schöne gemeinsame Sommertörns mit der Sea Ya und der Ibty in der dänischen Südsee zurückgedacht. Sofort kommt das wohlbekannte geniale Sommergefühl heraus. Hier habe ich mal eine kleine Auswahl von 15 Titeln für euch herausgesucht. Probierts mal aus, diese Musik macht Sommer beim Segeln!

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Stayin´ Alive – Bee Gees

Killer on the Rampage – Mystic Rhythm

Is This Love – Whitesnake

Kristallnach – BAP

Land of Hunger – Earons

So ein Regenwurm hat´s gut – Heinz Rühmann

Darlin´ (I think about you) – Delegation

Pulstar – Hypnosis

Summerbreeze – Baiser

Chinese Eyes – Fancy

Verdamp lang her – Bap

Another Life – Kano

Ich liebe das Leben – Vicky Leandros

Jein – Fettes Brot

Crockett´s Theme – Jan Hammer

 

Oh happy day!

17.05. Geburtstag, Sonne und 20 Grad schon am frühen Morgen – Da kann ja eigentlich gar nix schief gehen. Nun soll es also in den von Oskar empfohlenen Hafen Lounaranna im Süden der Insel Muhu gehen. Leider sagt dann ein Gast noch kurzfristig zu meiner Party ab: der Wind. Ich bin wirklich traurig darüber und hatte mich auf ein Wiedersehen gefreut, haben wir uns doch nach den letzten Tagen schon wieder eine Menge zu erzählen.

Heute stört mich aber auch selbst das nicht wirklich. Die Amira schlägt kurzerhand vor mich zu schleppen. Ohne den dröhnenden Einzylinder lässt sich ein Motortag bei strahlendem Sonnenschein echt aushalten. Dazu noch passende Sommermusik und kühle, per Kescher hin- und hergewechselte Getränke, uns könnte es nicht besser gehen. Auch die in in den west-estnischen Gewässern offenbar heimischen Seehunde scheint unser Gespann zu interessieren. Immer wieder, so oft wie ich sie zwischen den Sandbänken der Nordsee noch nie gesehen habe, kommen sie vorbei, glotzen, und verschwinden wieder. Echt ein tolles Schauspiel.

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Später kommen wir dann im Hafen von Lounaranna an. Leider ist hier noch ziemlich tote Hose, nicht mal ein Hafenmeister lässt sich blicken. Aber egal, für einen idyllischen Grillabend gibt es deutlich schlechtere Vorzeichen. Doch es naht der einzige Dämpfer des Tages: Es braucht schon besonderes Geschick, um sich bei Anschneiden des improvisierten Geburtstagskuchens mit seinem Glückstaschenmesser in den Finger zu säbeln. Ich frage mich bis heute, ob das jetzt Pech bringt, oder die Pechration fürs neue Lebensjahr gleich aufgebraucht ist. Naja, wenigstens komme ich jetzt sicher in diese schöne Inselwelt zurück, da ich jetzt Blutsbruder mit der Insel Muhu bin.

Der Grillabend selbst wird dafür zu einem echten Highlight. Die Einsamkeit, das wahnwitzig laute Geschrei der startenden Zugvogelschwärme auf ihrem Weg nach Süden, Cuba Libre, estnische Steaks und ein 1A Sonnenuntergang, lassen diesen Tag einen wunderbaren Abschluss finden. Bis spät in die Nacht sitzen wir auf der Pier und beobachten den von Nordwesten nach Nordosten ziehenden Lichtschimmer hinter dem Horizont. Lieber Sommer, bleib doch gerne noch ne Weile!

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Am Morgen wurde das Boot erstmal festlich geschmückt.
Nonsuch in Koiguste.
Koiguste.
Schlepperbande.
Noch ein Geburtstagsgast!
Lounaranna.
Lounaranna.
Angrillen 2014.
Ich bin jetzt Blutsbruder mit Muhu!
Magischer Sonnenuntergang.

Auf nach Saaremaa!

15.05
In Estland darf ein Ziel nicht fehlen. Kuressaare, im Süden der Insel Saaremaa, und so stand das nächste Ziel von Abruka aus fest. Man erreicht Kuressaare durch eine ganz interessante Baggerrinne, an deren Seite sich kleine Dämme befinden. Voll mit brütenden Vögeln. Im Hafen selbst wurde ich dann noch während des Anlegens von Oskar begrüßt: „Welcome to the Capital of Saaremaa“. Oskar gehört ganz sicher zu den nettesten Hafenmeistern der Ostsee. Auch die Amira treffe ich hier wieder. Wir beschließen, meinen Geburtstag am Samstag zusammen mit dem ersten Grillen der Saison zu feiern und suchen uns nette Plätze in Westland dafür raus. Oskar ist dabei ebenfalls behilflich und empfiehlt uns einen neuen Hafen im Osten der Insel – Lounaranna.

Oskars Reich.

Oskars Reich.

Erstmal wird aber Kuressaare ausgekundschaftet. Kuressaare (dt. Arensburg) ist bereits seit mehreren hundert Jahren ein Kurort, und man merkt schnell warum. Der Strand ist traumhaft und es gibt viel zu entdecken. Überall befinden sich tolle alte Gebäude aus den Kurzeiten, und die ganze Stadt wirkt wie ein interaktives Museum. Die Stadt selber wird überragt wird von der alten Bischofsburg, gebaut anno dunnemals als Residenz für den selben Kollegen aus Riga. Kuressaare ist also irgendwie Privatkurresidenz für Cuxhavener :-P . In der Burg, der besterhaltensten mittelalterlichen Burg in ganz Europa, ist über die ganze Burg verstreut das Regionalmuseum der Insel Saaremaa mit seinen verschiedenen Ausstellungen eingerichtet. Ich habe es tatsächlich mehr als einmal geschafft mich darin zu verlaufen. Die gesamte Geschichte der Insel von prähistorischer Zeit bis zur Besatzung durch die Sowjets wird sehr anschaulich präsentiert. Auch ungewöhnliche Eindrücke gab es zum Mitnehmen: Dass der deutsche Einmarsch 1941 als Befreiung angesehen wurde mag aus estnischer Sicht vielleicht Sinn machen, ist aus deutscher Sicht aber dennoch ungewöhnlich.

Die Bischofsburg.
Die Bischofsburg.

Das Sightseeing verbinde ich dann gleich mit dem Einkaufen für die Geburtstaggrillparty. Nicht nur das Lebensgefühl und die Freundlichkeit der Menschen hier in Estland, sondern auch die Preise muten schon eher skandinavisch als baltisch an. Interessant war übrigens auch die Erkenntnis, dass ein Rentnerklappbike besser als jeder Hackenporsche funktioniert. Was durchaus zu amüsierten Blicken in der Stadt geführt hat.

Besser als jeder Hackenporsche!
Besser als jeder Hackenporsche!

16.05.
Eingentlich war heute noch ein Hafentag zur Besichtigung der Stadt angesagt, aber irgendwie animiert der Wind zum Weiterfahren. Man könnte dann auf dem Weg nach Lounaranna noch eine andere Bucht anlaufen, welche auf der Karte sehr idyllisch aussieht. Eigentlich wollte ich doch aber noch Bastian heute in Kuressaare treffen, da er ganz zufällig hier unterwegs ist… So legt die Amira um 13 Uhr bereits ab, und ich warte noch auf meinen Besuch. Bastian schafft es nicht nur sich aus seinem engen Programm zu stehlen, sondern hat gleich seine gesamte Gruppe im Gepäck. Ich habe mich über den Besuch sehr gefreut, zumal man ja nun nicht alltäglich Freunde in irgendeinem kleinen Flecken in Osteuropa trifft.
Der Wind hat leider mittlerweile stark nachgelassen, trotzdem lege ich noch ab und fahre der Amira nach Koiguste hinterher. Am Anfang noch unter Segeln, später, wie so häufig bisher, unter Motor. Egal, heute macht mir das nichts aus. Der die Flaute begleitende strahlende Sonnenschein, der spontane Kurzbesuch eines Freundes, ein kaltes estnisches Bier und die Aussicht auf die erste Nacht der Reise vor Anker, lassen meine Laune in ungeahnte Höhen schnellen.
Das Einlaufen in Koiguste schließlich ist spannend. Die eigentlich so detaillierte estnische Papierkarte beschreibt das Umfeld der Bucht überhaupt nicht. Die elektronische Karte weisst eine Barre (Sandbank) in der Einfahrt von 0,6m Tiefe aus. Nur der eigentlich schon überholte Heinrich-Revierführer von 2005 enthält eine detaillierte Karte für die Ansteuerung. Und die stimmt dann auch noch exakt, obwohl der sich dort ehemals befindliche Hafen leider gar nicht mehr existiert. Da frage ich mich, warum man einen Haufen Geld für detaillierte Seekarten ausgibt, die dann entweder keine Informationen enthalten oder sogar schlicht falsch sind, wenn ein 9 Jahre alter Törnführer die richtigen Informationen parat hat…

Die erste weiße Nacht.
Die erste weiße Nacht.

Anyway, die Bucht von Koiguste ist ein Traum. Ich mache neben der Amira an den Resten der Steganlage vor Heckanker fest, und wir genießen gemeinsam einen traumhaften Abend in dieser menschenleeren Idylle. Keiner hat eine Uhr um und so fällt uns erst spät das erste Mal auf dieser Reise gegen halb 12 auf, dass es gar nicht mehr richtig dunkel wird. Der nordische Sommer ist also angekommen. Es geht mir prächtig.

Die Ansteuerung nach Kuressaare führt durch einen spannenden Kanal. Auf beiden finden sich Baggergutinseln mit brütenden Möwen...
...Und im Hintergrund ist bereits die alles überragende Bischofsburg zu sehen.
Der Kanal vom Hafen aus.
Oskars Reich.
Jachthafen Kuressaare.
Das Konversationshaus von Kuressaare.
Kuressaare.
Der Burgeingang. Nur das Datum stimmt nicht ganz.
Die Bischofsburg.
Die Bischofsburg.
Mittelalterlicher Lokus mit Aussicht.
Da werden Päckchenverweigerer geparkt.
Stundenlang kann man durch die wahnsinnig guterhaltenen Gemäuern streunern.
In der Burg.
Im Inselmuseum. Die Herrschaften kenne ich doch bereits aus Königsberg.
Im Inselmuseum.
Eine weitaus größere Ausstellung beschäftigt sich mit der deutschen Rolle auf Saaremaa.
Die Einstellung verwundert dann schon....
Deutsche Name von Kuressaare: Arensburg.
Ausstellung über die Schifffahrt um Saremaa.
In der Burg.
Noch eine Austellung: Diesmal über Fischerei.
Habe ich endlich den Ausgang gefunden...?
Nein, eine Austellung über Flora und Fauna der Insel!
Irgendwann finde ich dann aber doch raus und den Weg in die Innenstadt...
Kuressaare Zentrum.
Besser als jeder Hackenporsche!
Vollmond in Kuressaare.
Abendstimmung im Hafen.
Was ist hier wohl das Highlight?
G-181
Leider am nächsten Tag nix mit segeln.
Tonnen der Ostsee.
Ansteuerung auf die Bucht von Koiguste. Wo ist die EInfahrt? Und gibts die Überhaupt noch?
Die erste weiße Nacht.

Kochen an Bord: Schnelle Fleisch-Gemüsepfanne

So, jetzt gehts in dieser Kategorie auch mal endlich weiter. Heute möchte ich kein besonders anspruchsvolles, aber sehr schnelles und einfaches Gericht für den Bordgebrauch vorstellen. Eine ganz schnell zubereitete Fleisch-Gemüspfanne. Ich hab oft das Problem, das an Bord noch so einige Reste an Gemüse und/oder Fleisch rumliegen, meine Fantasie nach einem langen Schlag aber nicht mehr ausreicht um mir ein passendes Rezept dafür vor Augen zu führen. Und hier kommt eben jene Pfanne ins Spiel. Der Clou darin liegt eben auch darin, dass bis auf wenige Grundzutaten alles austauschbar ist und man nur 1 Pfanne braucht. Ich habe mich hier für eine Kombination aus Schweinefleisch mit Sellerie, Tomaten, Paprika und Möhren entschieden. Ich hab auch noch einige andere Kombinationen schon mal ausgetestet, eurer Fantasie sind aber keine Grenzen gesetzt, Schmeisst einfach alles rein was die Schapps so hergeben. Vielleicht trägt dieses Rezept ja auf dem ein oder anderen Männertörn zur Resteverwertung bei. ;-)

Zubereitung: Ca. 30 min. an Bord, inklusive alles

Zutaten, für 2 Personen:

Grundrezept:

1/2 Gemüsezwiebel
etwas Butter
2 Knoblauchzehen
300g Gewürfeltes Fleisch
Salz/Pfeffer
Gewürzmischung (z.B. Grillfleischwürze)
1 Dose Knorr Boullion Pur

Knorr Boullion Pur sind Brühwürfel in Gelatine Form. Diese in Bord vor allem auch deswegen gut geeignet weil sie im Gegensatz zu normalen Brühwürfeln keine Feuchtigkeit ziehen. Sie können aber auch perfekt zur Würzung eines Gerichts ohne viel zugegebene Flüssigkeit dienen. Ohne also einen halben Liter Brühe dazuzukippen. Das macht sie so variabel und gut geeignet für den Bordgebrauch.

Die Zutaten

Die Zutaten

Zutaten für meine Variation:

1 Möhre
2 Paprikas
2 Tomaten
3 Stangen Staudensellerie
Mariniertes Schweinefleisch – War ein Rest… (Siehe oben)

Andere Mögliche Kombinationen:

Möhren, Kartoffelwürfel, Poree, Sellerie, Senf, mit Schwein, Kalb oder Rind
Tomaten, Auberginen, Paprika, Pilze, mit Hack
Spitzkohl, Möhren, Frühlingszwiebeln mit Pute oder Huhn, ggf. leicht chinesisch gewürzt
Tomaten, Rote Bohnen (z.B. Restdose), Paprika, Mais, mit Huhn

Zubereitung:

1. Die Zwiebel mit Gewürzen und Fleisch in etwas Butter anbraten, das Fleisch danach schmoren lassen.

Fleisch und Zwiebel mit Gewürzen anbraten.

Fleisch und Zwiebel mit Gewürzen anbraten.

2. Die Brühpaste mit etwas Wasser (nur 2-3 EL) und das Gemüse zugeben. Alles bis zum Garpunkt (ca. 10-15 min) schmoren lassen.

Brühpaste und Gemüse dazugeben und schmoren lassen.

Brühpaste und Gemüse dazugeben und schmoren lassen.

Fertige Gemüse-Fleisch Pfanne

Fertige Gemüse-Fleisch Pfanne

Das wars dann auch schon. Perfekt nach einem langen Tag auf See!

Die Zutaten
Gemüse schneiden.
Fleisch und Zwiebel mit Gewürzen anbraten.
Brühpaste und Gemüse dazugeben und schmoren lassen.
Fertige Gemüse-Fleisch Pfanne

 

Abruka

Obwohl Möntu ja bereits relativ verlassen war, war mir nach den letzten Wochen erst mal nach einer kleinen einsamen Insel, bevor ich mir das geschäftige Kuressaare zu Gemüte führen will. Wie praktisch, dass das kleine Eiland Abruka quasi auf dem Weg liegt.

Abruka ist eine einzig kleine Insel vor Saarema. Nur wenige Menschen leben hier. Von der Anmutung her erinnert vieles an die kleinen Inseln der dänischen Südsee – genau das was ich jetzt brauche. Die Ankunft gerät spannend. Zunächst mal fehlte die Ansteuerungstonne, was bei der relativ flachen, steinigen Küste nicht ganz unkompliziert war. Sie sonnte in auf dem Kai in der Maisonne. Ich fühle mich ein wenig an Davies aus “Das Rätsel der Sandbank” bei der Ansteuerung von Bensersiel erinnert… Der Hafen ist dann maximal so groß wie ein 50m Schwimmbecken. Ich nehme mir vor, die Maßstäbe der Hafenpläne demnächst genauer zu studieren. Im hinteren Teil des Hafens selbst ist dann auch noch ein Bagger beschäftigt, dessen Absaugung einmal quer über die Mitte des Hafens gelegt. ist. Gerade noch rechtzeitig gesehen…

P1020209

An Land mache ich dann eine kleine Radtour. Oder eher Mountainbiketour, denn die “Straßen” sind eher Trampfelpfade. Das in Klaipeda reparierte Rentnerbike meistert alles trotzdem. Es geht durch fast urwaldartige Wälder bis zur Südstpitze der Insel. Die pure Einsamkeit. Und noch etwas anderes fällt mir auf: Kennt ihr den Effekt, dass ihr umso mehr Sterne ihr nachts seht, je länger ihr in die Dunkelheit schaut – eure Augen sich also an das neue Licht gewöhnt haben? Genau so ging es mir mit den Geräuschen im Wald. Am Anfang noch vereinzeltes Vogelgezwitscher wird mit der Zeit zu einer fast dschungelähnlichen Tier-Kakophonie in ohrenbetäubender Lautstärke. Echt ein interessanter Kontrast zu der Geräuschkulisse auf See…

P1020234

Zurück im Hafen wird dann das erste Mal seit Liepaja das WLAN ordentlich ausgenutzt. Ich genieße einen entspannten Abend an Bord auf dieser fast menschenleeren Insel.

Der Hafen von Abruka. Man beachte die Absaugung des Baggers mitten im Hafen...
Verkehrsknotenpunkt Abruka. Es sind der Einfachkeit halber keine Straßennamen, sondern einfach gleich die Klarnamen der Bewohner ausgeschildert.
Inselkaufmann, - museum-,  und -bar in einem.
Der Norden Abrukas.
Abruka-West
Hier sollte ich wohl besser nicht vor Anker gehen...
Abruka-West
Der Urwald von Abruka.
Welcher Kollege hier wohl vorbeigekommen ist? Es soll angeblich Elche auf der Insel geben....
Abruka Friedhof.
Abruka.
"Die Tonne ist hier. Sie wird überholt" Der Schiffer Grimm - Das Rätsel der Sandbank
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ISAF WM Perth – Tagesberichterstattung 18.12.11

Simon Grotelüschen (Laser) hat in Perth den angestrebtem Medaillenrang knapp verpasst. Durch eine Kollision mit dem Österreicher Andreas Geritzer wurde er auf den undankbaren 4. Platz zurück geworfen. In der letzten Tagesberichterstattung aus Perth kommt außerdem resümierend zu Wort Torsten Haverland (Präsident Deutscher Segler Verband).

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ISAF WM Perth – Tagesberichterstattung 17.12.11

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