SV Pickled Herring – Sam Holmes US
SAM DER ALLESFIXER IM SENEGAL
SAM DER ALLESFIXER IM SENEGAL
STUNDEN DER WAHRHEIT – ENTSCHEIDUNGSHILFEN
17.11.24, Australien/VIC/Horsham, Tag 353 Roadtrip, 26.637 km total, Tages-km 0
Uns geht es wieder gut, die Erkältung ist abgezogen. Etwas Schnoddernase ist noch übrig, aber nichts Ernstes mehr. Das Auto fühlt sich ebenfalls pudelwohl und ist aus der Werkstatt zurück. Nur unserem Portemonnaie geht es nicht so gut: ausgenommen und gefleddert.
Nachdem die Basketball-Kinder abgereist sind, sind wir im Erdzelt geblieben. Mal eingerichtet und aufgebaut, hatten wir keine Lust auf einen Umzug und unser Hab und Gut quer über den Campingplatz zu tragen. Die Ameisenstraße, die direkt zu der Ölflasche führt, entdecken wir auch erst am vorletzten Tag. Jetzt sind wir wieder ins Dachzelt umgezogen. Gegen das Rumgekrabbel auf der Erde ist das eine Wohltat.
Schon länger – genau genommen seit 5.000 Kilometern – hat der Bundy Wasser verloren. Wir sind die gesamt Outback-Tour mit dem Wasserverlust gefahren. Unterm Auto war das Wasser nicht zu finden, sondern ging irgendwo im eigenen System verloren. Leistungsabfall oder ungute Abgase gab es nicht. Achim hat nach jeder Fahrt nachkippen müssen. Aber wo reparieren? Die kleinen Orte im Zentrum mit irgendeiner wilden Schrauberbude schienen uns nicht geeignet.
Auf unseren eigenen Komfort musste auch geachtet werden. Ein Campingplatz am Ende der Stadt, so wie es häufig der Fall ist, kam nicht in Frage. Wir wollten die Werkstatt und Supermärkte noch gut zu Fuß erreichen können. Also fiel die Wahl auf Horseham. Zwanzig Tausend Einwohner, gute Infrastruktur und der Zeltplatz nur 1,5 Kilometer vom Zentrum entfernt. Perfekt.
Nachdem beim ersten Besuch das Kühlwassersystem als Fehler ausgeschlossen werden konnte, blieb nur noch die Zylinderkopfdichtung oder ein Riss im Zylinderkopf als Ursache übrig. Die Arbeit ist bei beiden Schäden die gleiche, nur die Ersatzteile machen den Unterschied. Natürlich ist es der teuerste Schaden gewesen, der in Frage kam. Ein feiner, mikrokleiner Riss im Zylinderkopf.
Ein neuer Kopf wurde bestellt – ein Hoch auf die Australischen Lieferketten. Dass innerhalb von zwei Tagen ein Teil für unseren alten Bundy aus dem Jahr 2001 verfügbar ist: Bewunderung.
3.200 Euro hat uns das Vergnügen gekostet. Rechnet man das auf die zu erwartenden 30.000 Kilometer runter, die wir unterwegs sein werden, sind es keine 10 Cent pro Kilometer. Klingt doch schon gar nicht mehr so schlimm.
Nicht viel zu erkennen für das viele Geld
Uns ging es gut auf dem Campingplatz. Genau genommen, konnte uns nichts besseres passieren als die Erkältung zu haben und nicht weiter fahren zu können. Der Zeltplatz liegt zwischen Botanischem Garten und Fluss. Beides sorgt für Vogel-Vielfalt. Jede Nacht hatten wir Besuch von mindestens einem Possum. Erst war es etwas unheimlich (als Dachzelt-Weicheier sind wir ja immer schön weg vom Geschehen auf der Erde). Die niedlichen Tiere grunzen sich lauthals Kommandos zu während sie am Überzelt herum rascheln.
Wir haben entdeckt – wo dass Possum tagsüber schläft: in diesem hohlen Stamm.
Den Schwanz über die Augen gezogen, damit ja kein Lichtstrahl durch die Lider scheint. Auf deutsch heißen diese Beuteltiere ‚Fuchskusu‘. In Neuseeland eingeschleppt gelten sie als Pest, die versucht wird wieder auszurotten. In der Heimat Australien gibt es sogar Warnschilder, damit man nachts die possierlichen Tiere nicht überfährt. Die Bäume um unser Zelt herum sehen deutlich befressen aus, aber in der Art, dass sie stärker austreiben als Schaden zu nehmen. Das Abfressen passiert in Neuseeland auch mit den Baumfarnen, die das nicht überleben.
Unser letztes Hab und Gut – dhinter dem Zelt liegt ein Naherholungsgebiet mit Spielplätzen und Fahrradwegen.
Der Campingplatz in Horsham direkt am Fluss.
Morgen fahren wir weiter. Erst an die Küste und dann weiter nach Sydney. Wir haben über zwei Wochen verloren. Waren wir sonst frei in der Zeitgestaltung, so ist Sydney jetzt der zeitbestimmende Faktor. Dort wollen wir unbedingt vor Weihnachten wieder weg sein. Sydney gilt dann als überfüllt und bereits jetzt ist auf Campingplätzen kein Platz mehr buchbar. Bis dahin sind es noch etliche Kilometer und viele Attraktionen liegen auf der Strecke.
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ALUMINIUM WERFTBAU UNTER LIZENZ VON LAURENT GILES UK
Ein Schiff als Einzelbau zu realisieren, dazu bedarf es eines starken Willens und eines Traumes, der über viele Jahre einen Menschen in Trance versetzen kann, bis er ihn am Ende realisiert. Natürlich bedarf es auch der notwendigen Mittel, denn das Loch im Konto wird meist größer als gedacht.
Laurent Giles wurde zur Design Legende für besonders seetüchtige Schiffe. Die VERTUE class wurde vor in 1936 entworfen als kleiner Pocketcruiser, der durch die Jahrzehnte immer wieder seine exorbitante Seetüchtigkeit unter Beweis gestellt hat. Mit Vertue´s wurden spektakuläre Seereisen unter unglaublichsten Bedingungen erfolgreich absolviert. So sind sie zu Legenden geworden, Legenden, von denen bis heute ca 230 Einheiten gebaut worden sind, die meisten in Holz ( einige in Teak bei Cheoy Lee in Hongkong ) sodann die Vertue II in GFK in England … und eine einzige Vertue auf der deutschen Werft Künemund, die viele Asante Yachten gebaut hat.
Es begab sich im Jahre 1995, dass ein Berliner Segler mit ganz großen Träumen sein Lebensschiff bei Otto Künemund in Schleswig Holstein in Auftrag gegeben hat. Die Vertue wurde unter Lizenz von Laurent Giles in Aluminium als Kasko fertiggestellt und sodann nach Berlin transportiert, wo sie vom stolzen Eigner in Eigenarbeit fertiggestellt wurde. Das Loch in seinem Konto geriet kolossal, bereits für das Kasko wurden DM 132.000 bezahlt, ohne Rigg, Segel und Möbel. Es darf angenommen werden, dass dieser Traum in toto mehr als DM 200.000 gekostet haben wird.
Leider hat der Eigner seinen Traum dann nur 1 Jahr geniessen können, er verstarb im Folgejahr, das Schiff wurde in einer Industriehalle in Berlin eingemottet. Nach einem Dornröschenschlaf von 20 Jahren, wurde das Schiff von einem Makler, der offensichtlich den historischen Hintergrund dieser segelnden Präziose nicht erkannte, verkauft. Das war Im Jahre 2016, der Sole Mini 17 Diesel hatte erst 100 Betriebsstunden gelaufen, die Segel im Originalzustand, teils noch mit Knick im Tuch, Doppelsaling Rigg mit Rollfock im Neuzustand.
Im Sommer 2024 ergab sich aus einer Reihe von Zufällen, fast wir im Trance, dass ich die LUANA an der Schlei kaufen konnte. Obgleich in ich meinem Leben bereits viele Schiffe besessen hatte, wurde ich willenlos und habe zugeschlagen. Es wurde mein Schiff Nummer 47.
Mein Plan war einfach: ich wollte dies wundervolle Schiff in einen makellosen Zustand versetzen … die Ausrüstung ( KISS ) ein wenig komplettieren und mich dann freuen und segeln. Allein, ich komme mir selbst dazwischen, ich werde diesen meinen Traum begraben müssen aus Gründen, die in meinem Alter begründet sind. Das muss ich schlucken!
Darum sucht die Luana nun einen Segler, der sich dieser Präziose annimmt. Es sind kleinere Arbeiten erforderlich ( Lack und Pflege ), ein paar neue Polster im Salon, um dann neuen Träumen hinterher zu segeln. Ein Schiff, wie es weltweit vermutlich kein Zweites gibt.
Die Details
Vertue # 219 Aluminium One Off Lizenzbau von Jack Laurent Giles
Baujahr 1996, Bauwerft: Otto Künemund, Fellhorst,
7,62 x 2.18 x 135 cm 4.350 kg
Sole Mini 17 Diesel ( 18 PS ) 106 Betriebsstd
EU Taxes paid
The forerunner of the VERTUE class was the ANDRILLOT, designed in 1936 (specs above). Ten ANDRILLOT sister ships were produced prior to the outbreak of war in 1939. It was the fifth boat, EPENETA, that would ultimately give the class it’s name but not until 1945.
Over the years, various alterations were made to the deck and rigging but the hulls remained relatively unchanged from the ANDRILLOT. Sail area for later boats were reported as 395 sqft (36.74 sqm)
The ANDRILLOT was a gaff cutter with a sail area of 366 sqft. (34.04 sqm). Changes to the rig and sail plan began immediately following ANDRILLOT from a gaff to a Bermudan rig to a „stutter“ rig, a modified sloop and cutter. Other VERTUES were given a fractional rig. The most popular, however, was the masthead.
Most VERTUES were built by different firms in England. Cheoy Lee built a few in the late 50“s and early 60“s. Some were built later in FG.
It is thought that approximately 100 have been built to this design.
Beginning in the mid 1970’s, VERTUES were produced using GRP and continue being built today by Bossom Boat Yard. See VERTUE II.
Liegeplatz in Kappeln
Kaufpreis € 24.500
Für weitere Informationen
[email protected]
+49 40 652 52 44
Peter Förthmann
MARKETING MIT DER BRECHSTANGE – NICHT UNBEDINGT ZUM VORTEIL FÜR SEGLER
01.-10.11.24, Australien/VIC/Dunkelt+Horsham, Tag 337-347 Roadtrip, 26.637 km total, Tages-km 77+135
Nach dem ‚Rauswurf‘ vom Camp in den Bergen fällt unsere Wahl auf ‚Dunkelt‘, nur gute 70 Kilometer weiter. Ein Durchgangsort zum Eingang in den Grampian Nationalpark.
Für uns die perfekte Wahl, um Zeit zu schinden. Wir müssen zurück nach Horsham, wir haben in fünf Tagen einen Werkstatt-Termin. Der Bundy verliert Kühlwasser, ohne dass eine Pfütze unter dem Auto zu sehen ist. Alle Zeichen stehen auf ‚Zylinderkopf‘ .
Dunkelt wirkt frisch wie aus der Reinigung. Alles ist sauber, grün und getrimmt. Die Rasenflächen der Häuser gehen nahtlos in gemähte Gemeindewiesen über. Ganz Dunkelt ist eine einzige gemähte Wiese. Es schließen sich Schafweiden an, die perfekt in grüne Auen des Dorfbaches wechseln. Kulturlandschaft vom Feinsten. Wir ziehen große Kreise um das kleine Dunkelt.
Bilderbuch-Landschaftsidylle – im Hintergrund die südlichsten Berge der Grampian Kette.
Die Umgebung von Dunkelt – alles grün.
Viele alte Bäume in den Auen.
Alles gemäht in Dunkelt – 600 Einwohner. Kommt die Sonne raus, wird es sommerlich warm.
Sogar die Wanderwege sind gemäht.
Zur Abwechslung mal ein Wallaby.
Ein Grasbaum in voller Blüte. Diese Pflanzen erreichen eine Höhe von 2 bis 6 Metern, wachsen extrem langsam und werden bis 450 Jahre alt.
Aber es ist kalt. Der ungebremste Wind aus der Antarktis sorgt für gefühlte Minustemperaturen in der Nacht. Wir rüsten auf.
Auf unsere Dachzelt-Matratze legen wir die selbstaufblasenden Luftmatratzen vom Erdzelt. Das bringt richtig viel Wärme. Eine ungenutzte Fleecejacke, die ich wegen Ärmelenge unmöglich noch zusätzlich über alle Oberteile anziehen kann, wickel ich mir um die Beine.
Die Abende sind ebenfalls gerettet. Der Campingplatz in Dunkelt hat Feuerschalen und einen Holzverkauf gleich dazu. Wir kaufen eine Schubkarre voll für 15 Dollar. Das wärmt, hat aber auch den Nebeneffekt, dass unsere dauer-getragenen Klamotten jetzt auch noch nach Qualm riechen. Nichts im Leben ist umsonst.
In Victoria ist ganzjährig Feuer machen erlaubt, es sei denn es ist ausdrücklich verboten. Andere States haben ein striktes Verbot ab 1.November. Erst sind wir etwas schüchtern auf dem Campingplatz zu kokeln, aber als zwei Nachbarn uns einqualmen, sind wir auch dabei.
Feuerstellen auf dem Campingplatz. Die Kälte führt dazu, dass jeder zweit Platz am Kokeln ist. Man stelle sich das in Deutschland vor …
Das Schlaf-Shirt mal eben schön vollqualmen.
Nach vier Nächten fahren wir zurück nach Horseham. Hier war das Auto bereits vor zwölf Tagen zur Kontrolle vom Kühlwassersystem. Das System wurde abgedrückt und kein Leck entdeckt. Also haben wir einen Termin vereinbart für eine größere Operation.
Aus dem Chaos ruft eine Stimme: „Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen.“ Wir lächelten und waren froh, und es kam schlimmer.
Während wir nach dem Aufbau des Dachzeltes noch diskutieren, ob wir uns ab Morgen – dann des Autos beraubt – besser eine Hütte mieten oder das Erdzelt aufbauen, kommt ein Typ über den Platz gelaufen, der mit Farbe die Stellplätze neu nummeriert. Wir kommen ins Gespräch: „Ab Freitag ist hier die Hölle los. In Horsham findet ein Basketball-Tournier statt. Alles ausgebucht. An eine Hütte braucht ihr gar nicht zu denken. Sprecht mit der Chefin, wo ihr bleiben könnt.“
Wir haben Glück und dürfen den Platz behalten, wo wir bereits stehen. Wir bauen das Erdzelt auf. Räumen alles (wirklich alles ?? – hast du eine Schere? Haben wir das Feuerzeug vergessen?), was wir brauchen ins Zelt. Wir setzten wieder auf dreilagig: Matratze Dachzelt, Luftmatratzen und eine Wolldecke. Voila.
… aber es kam schlimmer. Tag 1
Am nächsten Tag fahren wir in die Werkstatt. „Als erstes testen wir, ob Abgase im Kühler landen.“ Nachmittags dann ein Anruf: „Wir konnten nichts messen. Das Kühlsystem ist nicht die Ursache. Bleibt nur der Zylinderkopf. Größere Sache, so ein Zylinderkopf. Und wir haben gut zu tun. Wollt ihr das Auto erstmal wieder abholen?“.
Unsere Alarmglocken schrillen. Blockiert der Wagen keinen Arbeitsplatz mehr, drängelt sich bestimmt ein anderer dazwischen. Der Bundy soll schön da stehen bleiben – zum Druck aufbauen.
Achim, die flinke Socke, ist sofort auf den Beinen und läuft zur Werkstatt. Telefonisch wird das nichts. Er drückt erfolgreich die Tränendrüse, dass wir kein Zuhause haben.
Achim kommt mit der Zusage zurück, dass spätestens Ende nächster Woche (Ersatzteile-Beschaffung, viel zu tun bla bla bla) der Wagen fertig sein soll.
Also ungefähr 10 Tage Erdzelt.
… und es kam schlimmer. Tag 2
Seit drei Wochen kein Regen. Der erste Morgen im Erdzelt und es pladdert auf uns nieder. Haben wir sonst die Markise, bleibt uns jetzt, liegen bleiben oder in die ungemütliche Küche flüchten.
Etwas nüchtern, aber windgeschützt und einen Fernseher gibt es auch.
Und es braut sich etwas zusammen: Ich hatte schon ein leichtes Kratzen im Hals in Dunkelt. Achim klagt jetzt ebenfalls über Halsschmerzen.
… und es kam schlimmer. Tag 3 und 4 und 5
Wir sind jetzt beide erkältet. Es hat uns schon schlimmer erwischt – es nervt trotzdem. Ob die kalten Nächte mit Schuld haben, steht nicht im Schnodder-Taschentuch geschrieben. Im Zelt ist es kuschelig warm. Zu unserer Überraschung ist das Erdzelt nachts wärmer als das Dachzelt. Hmm.
Der Campingplatz ist jetzt gut gefüllt. Die Basketball-Kinder sind eingetroffen. Die Bälle sind immer dabei. Dup, dup, dup macht es auf dem Asphalt. Dup.
Erschwerte Bedingungen für ein Genesungs-Nickerchen. Dazu scheint jetzt die Sonne aufs Zelt. 35 Grad, jede Wette. Die Nase verstopft zwangsläufig. Zum Glück gibt es in Australien Nasentropfen ohne Rezept zu kaufen. Es sind die kleinen Dinge, die glücklich machen.
Heute ist Sonntag. Mal sehen, ob wir Morgen am Abend etwas über einen Werkstatt-Fortschritt hören.
Bis dahin liegen wir im Zelt und lächeln, und sind froh. Schlimmer kann es ja nicht werden.
Unser Dreimannzelt. Der dritte Mann besteht aus Klamottenkisten, Dreckwäschesack und Waschmittel. Gleich neben Öl, Gewürzen, Kaffee, Tee und Zwiebeln. Und Bier natürlich.
Alles, was wir für zehn Tage auch zum Kochen brauchen. Die Küche ist mit Tellern und Töpfen ganz gut ausgerüstet, diese Sachen konnten wir im Auto lassen.
Aber wer hat die Schere vergessen?
4
23.-31.10.24, Australien/VIC/Horsham+Halls Gap, Tag 328-336 Roadtrip, 26.425 km total, Tages-km 161+75
Horsham ist eine Ortschaft unweit vom bergigen Nationalpark ‚Grampian‘ entfernt. Unser Campingplatz liegt in Laufnähe zum Einkaufparadies auf Kleinstadtniveau. Perfekt, das Zelt kann aufgebaut bleiben. Aus geplanten zwei Nächten in Horsham werden fünf. Wolken und Regenwahrscheinlichkeiten halten uns zurück weiter in die Grampian-Berge zu fahren.
In Horsham ist das Wetter gut, hätten wir nicht schon wieder Schafskälte. Die Campküche wird unser abendlicher Freund und rettet uns, dass wir nicht schon um 19:00 Uhr in den Schlafsack kriechen müssen.
Etwas nüchtern, aber windgeschützt und einen Fernseher gibt es auch.
Nachts geht es runter auf Null Grad. Und selbst tagsüber erreichen wir keine zwanzig Grad mehr. Wir haben beide einen Satz warmer Klamotten dabei. Die tragen wir inzwischen Tag und Nacht. Beim Stadtbummel, beim Kochen und Schlafen. Pfui. An Waschen ist gar nicht zu denken, wir brauchen die Plünnen ja auch am Tag.
Auf dem Campingplatz ist gut was los: Ein Schönsittich.
Er dürfte eine zehn auf der Skala sein.
Seine Frau schafft eine vier.
Zwei Possums toben in den Bäumen neben unserem Zelt.
Dann sagt der Wetterbericht, im Grampian scheint die Sonne. Wir ziehen weiter. Als Standort wählen wir ‚Halls Gap‘ – dreihundert Einwohner, aber sechstausend Gäste-Betten. Es herrscht noch Vor-Vor-Saison. Der Campingplatz ist gigantisch groß, aber fast leer. Viel Wildlive um uns herum: Kakadus, Papageien, Emus. Ein Mob von zwei Dutzend Kängurus hält den Rasen vom Camp kurz. Die Tiere sind Menschen gewohnt und lassen uns nahe heran. Direkt vom Zelt können wir die Gruppe beobachten.
Es gibt neben den Weibchen und Teenagern zwei rauflustige Männchen, die eindeutig geschlechtsreif sind. Sie graben – im wahrsten Wortsinn – an den Weibchen herum. Hüpfen hinter ihnen her und grabbeln an ihren Schwänzen herum. Der Alpha-Boss hat seinen Laden aber im Griff. Sobald er die Anmache der Jungs mitbekommt, zeigt er seinen Bizeps. Ein grunzendes Husten reicht und seine Konkurrenz lässt von den Mädels ab. Die beiden messen dann ihre Kräfte untereinander. Uns wird ein Boxkampf vom Feinsten geboten. Einschließlich Tritte in den Magen des Sparring-Partners.
Der Chef zeigt, wer der Chef ist.
Sparring unter vollem Körpereinsatz.
Mit diesen Krallen soll ein Känguru einen Menschen aufschlitzen können, wenn es mal richtig sauer ist.
Östliches Graues Riesenkänguru.
Das Kängurubaby – halb im Beutel- halb draußen.
Die Joeys – der australische Begriff für Känguru-Baby – springen kopfüber in ihren Beutel.
Auch die Lage vom Zeltplatz ist perfekt. Direkt vor der Tür liegt der attraktivste Wanderweg der Grampian-Berge. Allerdings ist er 9,5 Kilometer lang und 550 Höhenmeter sind zu überwinden. Medium schwer, mit ein paar Kletterpartien – so heißt es.
Ich mach es kurz, wir sind total im Eimer als wir nach fünf Stunden wieder am Zelt ankommen. Verweichlicht durchs flache Outback, wo man zehn Kilometer in drei Stunden abarbeitet. Der Aufstieg besteht nur aus Stufen. Wunderschön, aber diese Stufen! Und wo keine Stufen sind, muss man über Felsen klettern.
Es fängt gleich garstig an. Das frische Shirt unter den drei Lagen Universal-Klamotten ist schnell durchgeschwitzt. Die dicken Klamotten landen im Rucksack. Wir schwitzen weiter und arbeiten uns vorwärts. Am Gipfel weht ein eisiger Wind. Jetzt wird es schmuddelig. Über das durchgeschwitzte T-Shirt ziehen wir unsere Schlafklamotten. Lecker! Ein Leben am Limit.
Hunderte Stufen – mal Metallgitter – mal aus Stein gehauen.
An der Ostseite fallen die Berge der Grimpians steil ab.
Total abwechslungsreiche Landschaft.
Blick auf Halls Gap – links unten kann man unser Auto sehen.
Die Pinnacles – scharfe Abbruchkante.
Das letzte Foto der Influenzerin vor dem Abgrund.
Viele Engstellen auf dem Weg nach unten.
Total abwechslungsreiche Landschaft.
Der nächste Morgen beginnt schmerzhaft. Muskelkater vom Übelsten. Die nächsten zwei Tage sind wir nur noch in der Lage auf ebenen Strecken zu laufen. Eine weitere Gipfel-Wanderung fällt aus. Wir streunen nur am Dorfbach entlang. Auch schön mit unglaublich hoher Tierdichte an allen Ecken.
Muskelkater zwingt uns auf ebene Wege.
Nasen-Kakadu – diese Art galt mal mit einem Restbestand von 1000 Vögeln als stark gefährdet. Konnte aber durch die Reduzierung von eingeschleppten Kaninchen erholen.
Uns gefällt es in Halls Gap, wir wollen um zwei Tage verlängern. Aber ein Feiertag in Victoria schenkt der arbeitenden Bevölkerung ein langes Wochenende. Und dem Campingplatz einen Bomben-Umsatz. Angeblich ist alles ausgebucht die nächsten drei Tage. Wir müssen leider die schönen Grampians verlassen.
Und dann kommen uns Wanderer mit diesen Koffern auf dem Rücken entgegen. Wer weiß, was das ist. Wir mussten fragen – hatten keine Idee…
Das ist die Lösung – Matratzen für Free Climber, falls man abstürzt …
Nun doch noch einmal ein Fliegen Talk
Dieses ‚Gewehr‘ haben wir im Hardware Shop entdeckt. Ein Nation, die ein Spielzeuggewehr erfindet in das man Speisesalz als Munition lädt, jemanden findet, der das Gerät herstellt, einen Vertriebspartner findet, um damit auf Fliegen zu schießen – diese Nation muss sehr verzweifelt sein.
Ein Salzgewehr gegen Fliegen.
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16.-22.10.24, Australien/SA/Port Pirie+Clare+Tanunda+Bordertown, Tag 320-327 Roadtrip, 26.189 km total, Tages-km 125+120+221+289
Extremer kann der Wechsel vom Outback ins gezähmte Australien nicht sein. Wir brauchen nur 125 Kilometer zu fahren, erreichen die Küste und finden uns in einer anderen Welt. Auf den Landkarten wimmelt es plötzlich vor Straßen. Auf den Straßen wimmelt es vor Autos. Im Outback grüßt man lässig mit zwei Fingern jedes entgegenkommende Fahrzeug. Hier kann das nur zu Grußkrämpfen führen.
Statt alle dreihundert, kommen wir nun alle zwanzig Kilometer durch ein Dorf. Und die Preise! Eben kostet der Liter Diesel noch 2,70 Dollar, um nun für 1,70 Dollar (1,05 Euro) verschleudert zu werden. Alles ist günstiger – das Outback hat seinen Preis.
Es gibt wieder Supermärkte, die den Namen wirklich verdienen. Wie viele Sorten Brie dürfen es sein? Yoghurt! Nüsse! Anderes Obst als Äpfel oder Bananen.
Zwei Monate haben wir mit dem Angebot der Land-Dorf-Läden ganz gut, aber eintönig überlebt (wie viele Hackpfannen mit wechselndem Gemüse sind in unsere Mägen gewandert?) Auf einmal stellt sich nur die Frage, in welcher der Mega-Ketten wir einkaufen: Aldi? Coles? Oder Woolworth – dem Edeka Australiens?
In vier Etappen schaufeln wir uns an Adelaide vorbei. Auf Großstadt haben wir keine Lust, konzentrieren uns auf den ländlichen Bereich.
Der erste Stopp, noch vor Adelaide, heißt Port Pirie. Die großen Silos im Hafen verraten, dass der Süden von South Australia Weizen-Country ist. Pirie ist ganz nett, verfügt über die besagten Supermärkte und beschert uns innerhalb von dreißig Stunden drei Gewitter. Etwas viel Wetter für den Anfang.
Unser Campingplatz liegt direkt am Meer – hier zieht das erste von drei Gewittern auf.
Die Anzahl der Korn-Silos ist beeindruckend. Es könnte sein, dass der Weizen von hier aus nach Fiji transportiert und dort gemahlen und verpackt wird. Von da geht das Mehl dann weiter nach Französisch Polynesien. Genau so ein Mehl haben wird dort gekauft.
Wir drehen wieder von der Küste weg. Weizenfelder wechseln sich mit Schaftweiden in anmutiger Hügellandschaft ab. Der Weizen steht weizengelb ( ) auf den Feldern. Bereits im Vorfrühling ist Erntezeit. Uns wundern die zum Teil mickrigen Halme. Seit wann wird Weizen nur 30 Zentimeter hoch? In Clare, unserem zweiten Stopp lernen wir von einem gesprächigen Herrn des örtlichen Bowling-Clubs, die Ernte sei verloren. Es gab zu wenig Regen.
Dieser Regen wird während unseres Aufenthalts nachgeholt. Der zweite Tag in Clare gehört dem Dachzelt mit Lesen und dem Vertilgen der Süßigkeiten vom Aldi.
Je weiter wir nach Osten kommen, desto grüner steht der Weizen noch auf den Feldern.
Auf dem Land gibt es überall einen Rasen-Bowling-Platz. Australien hat auch eine umgekehrte Alterspyramide. Die Rentner lieben Bowling. Wer nicht mehr in die Knie gehen kann, für den gibt es eine Kugel-Aufhebevorrichtung.
Eine Schwierigkeit beim Rasen-Bowling: die unrunden Kugeln.
Bald hinter Clare verschwinden Weizen und Schafe. Wir erreichen das Barossa Valley. Eine der exklusivsten Weingegenden Australiens. Und eine der ältesten. Sei 1847 wird in diesem Tal Wein angebaut.
Die kleinen Dörfer sind entzückend. Mit mediterranem Flair – Lavendel steht vor hellen Steinhäusern in voller Blüte. Und es muss ein Gesetz in diesen Dörfern geben, dass man Rosen in seinen Garten pflanzen muss. In jedem Garten, vor Restaurants und Kirchen und im öffentlichen Grün stehen Rosen in voller Blüte. Knospen ohne Ende. Gesund. Kein Lochfraß von Blattläusen zu sehen, kein Mehltau, kein Sternrußtau. Wie die das hier machen, ich weiß es nicht. Es ist jedenfalls eine Augenweide.
Weingüter – Weinproben – Weinkeller
Wein – überwiegend Shiraz – bis in den letzten Winkel vom Dorf angebaut.
Stadtbild von Tanunda.
Die gesündesten Rosen, die ich je gesehen habe. Hier hat doch auch nicht jeder Haushalt einen grünen Daumen? Das Klima muss es sein. Mediterran – milde Winter, heiße Sommer.
Wir bleiben bei feinstem Wetter zwei Tage in Tanunda. Ein Lehrpfad führt durch den Ort mit sieben Kirchen. Unter den ersten Siedlern befanden sich viele Deutsche. Um 1840 kam ein Deutscher Pastor mit seiner Kirchengemeinde von 250 Personen nach Tanunda, was in den Gründerjahren noch Langmeil hieß. Deutsche Winzer folgten. Eine Sonntagsschule wurde gegründet in der Deutsch unterrichtet wurde. Es folgte eine deutsche Zeitung.
Mit dem ersten Weltkrieg wurde der Deutsch-Unterricht verboten, deutsche Straßennamen geändert. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde auch die deutsche Beschriftung der Grabsteine untersagt. Aber bis heute tragen viele Weinkeller noch ihren ursprünglich deutschen Namen.
Außergewöhnliches Spalier aus Zypressen.
Der Friedhof ist wie immer eine Quell der Information.
Nur deutsche Namen auf den Grabsteinen.
Sogar eine Deutsche Kegelbahn hat es bis Tanunda geschafft – die einzige ihrer Art auf der Südhalbkugel. Abfotografiert vom Heritage-Trail.
Nach dem Barossa Valley wird die Landschaft langweilig. Flach. Nur Landwirtschaft. Weizen in erster Linie. Manchmal Schafweiden. Viel ändern können wir nicht und müssen da durch. Erst weiter im Osten liegen die großen Nationalparks.
Wir teilen die 450 Kilometer mit einem Halt in Bordertown. Der Campingplatz liegt verkehrsgünstig mitten auf dem Highway – zumindest klingt es so. Augen auf bei der Beschreibung der Plätze in der Camping-App.
Bordertown ist so langweilig wie die Landschaft. Der Ort lebt von einem Schlachthof – nur Schafe und Lämmer – was bis zu 8.000 Tiere täglich schlachten kann. Die Laster, die diese Tiere herankarren, fahren die ganze Nacht durch unser Zelt.
Ein letzter Fliegen-Talk
Mit dem Outback sind wir auch die Fliegen los. Schlagartig. Das ist gut.
Diese Fliegen sind schwierig zu verstehen. Sie mögen keine Orte. Selbst das kleine Quorn, umzingelt von Berglandschaft mit Fliegen, ist absolut Fliegen frei.
Fährt man mit dem Auto nur ein paar Kilometer raus, so sind sie wieder da. Aber wo genau sind sie, diese Fliegen? Steigt man aus dem Auto ist noch für zwei, drei Minuten himmlische Ruhe. Man wähnt sich schon in Sicherheit. Aber dann wird man von den Viechern gefunden und fortan kleben an sie an einem wie Hundedreck am Schuh.
Schüttelt man einen Busch oder läuft durch Gras, ist es nicht so, dass tausende Fliegen aufwirbeln. Man fängt sie auch nicht mit der Windschutzscheibe ein. Egal wohin man schaut und nach ihnen sucht, sie bleiben unsichtbar.
Schatten hilft. Selbst eine nach zwei Seiten offene Überdachung lindert die Invasion. Kälte hilft auch. Die letzten Tage im Outback war es morgens noch so frisch, dass wir fliegenfrei frühstücken konnten. Erst mit 15 Grad plus kommen sie aus ihren Löchern, Nestern, Sammelplätzen. Jetzt sind wir in Farmers-Schafland. Und keine Fliege zu sehen. Die verrückte Welt der Outback-Fliegen.
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STEHPLÄTZE SIND MANCHMAL BESSER ALS LIEGEPLÄTZE
INTERESSENLAGEN UND MISSLICHKEITEN
10.-15.10.24, Australien/SA/Quorn, Tag 315-319 Roadtrip, 25.534 km total, Tages-km 145+43
Wir bleiben nach den Feierlichkeiten noch weitere fünf Tage in Quorn. Der Ort ist nett zurechtgemacht und ein (wieder) aktiver Ghan-Bahnhof. 1973 entschlossen sich Freiwillige, die alte Bahnlinie zwischen Quorn und Port Augusta zu reaktivieren. Das Resultat ist ein echtes Dampfmaschinen-Erlebnis. Aus Port Augusta werden Freunde der Eisenbahn knapp fünfzig Kilometer durch die hübsche südliche Flinders-Kette kutschiert. Zwei Stunden Aufenthalt, dann geht es zurück.
Hübsches Quorn
Viele Gebäude der ‚Goldenen Zeit‘ sind noch erhalten.
Nostalgie in Quorn. Das ist die letzte Bahn für die Saison. Der Zugverkehr wird bis einschließlich April eingestellt. Nicht etwa, weil keiner mehr fahren möchte, sondern weil ab 1.November absolutes Feuerverbot in South Australia herrscht. Da darf dann auch die Dampflok nicht mehr fahren.
Da stelle ma uns mal janz dumm – Watt is’n Dampfmaschin?
Für die Gäste, die in Quorn übernachten wird jeden Abend nach Sonnenuntergang eine Lightshow an das Silo am Bahnhof projiziert. Die Show fängt gut an mit einem Drohnenflug über Flinders Ranges, um dann stark nachzulassen. Unser Aussie-Nachbar entschuldigt sich bereits nach wenigen Minuten: „Bizzare, weird!“
Wir harren aus. In belehrendem Ton, untermalt mit weinerlicher Stimme und nichtkomischen Komikfiguren (Känguru mit umgebundener Schürze, was sich mit Aliens unterhält [???]) werden die Lebensmittel der Aborigines vorgestellt. Wir gehen dann auch. Eine nette Idee schlecht umgesetzt. Schade.
Das Silo und ein paar alte Waggons dominieren den winzigen Bahnhof.
Ein alter Waggon für die Schafverladung
Licht-Show auf dem Silo – coole Idee.
Die Bahn ist nicht der Grund für unsere zögerliche Weiterreise in den Süden. Der Campingplatz hat eine geschützte Camp-Küche in die wir uns verkriechen können. Wir haben Kälte-Alarm. Im Wetterbericht werden die Schafs-Farmer mit ‚sheep grazie‘ gewarnt: „Bauern, holt die Schafe rein“! Eiskalt erwischt uns zwei Tage lang so eine Schafskälte.
Kontinuierlich haben wir Rinderfarmland verlassen und sind bei den Schafen angekommen. Im kühleren Süden fühlen sich die Schafe wohler. Die meisten sind bereits geschoren nach dem Winter. Folgt nun eine Kaltfront auf Regenwetter wird es den nassen, nackten Schafen schlicht zu kalt. Farmer treiben geschorene Schafe zu den Ungeschorenen. Diese sollen sich gegenseitig wärmen. Ungeschützte Muttertiere und Lämmer stehen bei Schafskälte unter Lebensgefahr.
Wir frieren ebenfalls. Lebensgefahr besteht nicht, aber unser Zelt wird zur Jurte. Immer mehr Klamotten tragen wir nach oben. Im Windschatten ist es auszuhalten, im eisigen Wind kann man nicht draußen sitzen. Nicht mal tagsüber. Wir verziehen uns in die besagte Küche. Nach zwei Tagen ist der Spuk vorbei.
Aber weiterhin heißt es: „Für die Jahreszeit zu kalt.“
Obenrum: Skiunterwäsche langarm + langärmeliges T-Shirt + dünnes Sweat-Shirt + Kapuzenpulli. Schal! Klar.
Untenrum: Ski Longjonny plus dicke Socken. Eingerollt in den Schlafsack. Den über den Kopf gezogen, damit ich in meine eigene Wärme atme.
Achim hat das gleiche Programm plus (!) Eine dünne Jogginghose und zwei Wolldecken.
Wir bevorzugen kein Wetter.
Nach der Kälte können wir Quorn verlassen. Unser letzter Outback-Ort. Wir wollen runter an die Küste und den Süd-Osten von Australien erkunden. Von nun an werden wir wieder Wetter haben. Die Zeiten des verlässlichen Sonnenscheins sind vorbei. Es wird wichtig werden, ob wir auf Meeresniveau oder in den Bergen campen. Bislang war das völlig wurscht.
Outback. Dieser nebulöse Begriff. „Sind wir jetzt in Outback?“ Seit Monaten ein familieneigener Running-Gag im Auto. Über siebzig Prozent von Australien werden das Outback genannt. Erstmals wurde der Begriff 1869 verwendet. Je nach eigenem Wohnort, fängt das Outback für Australier woanders an. Alice Springs, für Touristen der Inbegriff von Outback, wird von den Bewohnern nicht als Outback angesehen. Dagegen kann für einen Sydneyaner Outback bereits hinter dem Garten vom Nachbarn beginnen.
Wir sind hoffnungslos verliebt ins Outback. In Quorn kreiste mehrmals die Idee, dass wir einfach wieder umdrehen. Ein paar Straßen sind wir noch nicht gefahren – in Outback. Dann siegt die Vernunft. Es wird heiß werden in absehbarer Zeit. 47 Grad kennen wir schon vom Januar. Es geht also nach Süden. Ab jetzt wieder mit Wetter.
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06.10-09.10.24, Australien/SA/Flinders Ranges, Tag 310-314 Roadtrip, 25.346 km total, Tages-km 114+12
Von Parachilna in den Ikara-Flinders-Ranges Nationalpark ist es nicht weit. Hier waren wir schon, haben im Januar jedoch längst nicht alles gesehen. Der Vorteil einer Wiederkehr, man weiß, wo es am schönsten ist. Wir buchen drei Nächte auf zwei verschiedenen Campingplätzen und treffen eine feine Wahl.
Was für ein Gegensatz zum Sommer. Damals waren wir fast alleine im Park, da die Temperaturen gerne die vierzig Grad gekratzt haben. Jetzt sind es zwanzig Grad weniger. Es fahren reichlich Tagesgäste durch den Park, aber die Campingplätze sind – trotz Ferien – nur halb belegt. Das liegt an dem etwas dämlichen Buchungssystem vom Nationalpark. Buchbar sind Stellplätze für ein, zwei oder drei Autos. Die Dreier kosten natürlich auch das Dreifache, so dass Einzelfahrer wie wir diese Stellplätze nicht buchen. Diese stehen alle leer.
Brachina East Campground – der nächste Nachbar ist fünfzig Meter entfernt. Hinter dem Bundy ein Bächlein.
Kochen mit Aussicht.
Gelbfuss Wallaby neben dem Zelt – entgegen ihrer Art hier gar nicht scheu.
Gegenüber vom Zelt über den Hügel hinweg dann diese Aussicht.
Einem edlen Spender sei Dank, können wir sogar ein Feuer machen. Gesägtes Holz liegt neben der Feuerstelle. Sammeln im Park verboten.
Wenn man keinen tiefen Schattet findet, um den Fliegen zu entkommen, hilft Wind (die Trottels können nicht landen bei viel Wind – zu schwache Beinchen zum Festhalten) und/oder in Bewegung bleiben. Okay, Wanderwege gibt es reichlich. Wir schaffen an drei Tagen 27 Kilometer. Das fällt nicht schwer. Die Landschaft ist abwechslungsreich und an den noch Wasser führenden Bächen grünt und blüht es.
Rot blühender Eukalyptus.
Die Hänge der Flinders-Kette sind weiß vor Blüten.
Die Farbe der Steine wechselt ständig.
Die Bäche gut gefüllt.
Der Tierwelt gefällt auch die gemäßigten Temperaturen. Dutzende Emus kreuzen unsere Wege. Fast genauso viele Tannenzapfenechsen und reichlich Kängurus. Sogar eines der seltenen Gelbfuß Wallabys hüpft abends am Zelt vorbei.
Zehn Kilometer Wanderung durch diese Landschaft, das macht einfach nur Spaß.
Flinders im Frühling.
Dutzende Emus begegnen uns auf den Wanderungen.
Känguru-Schädel.
Der zweite Camingplatz liegt zwischen Nadelhölzern (Callitris glaucophylla, eine Scheinzypresse). Malerisch zwischen Berge gequetscht. Eine perfekte Bergidylle. Die Flinders begeistern uns ein zweites Mal. Wobei die menschlichen Temperaturen alle Aktivitäten leichter machen.
Acraman Campground – statt Eukalypten jetzt Scheinzypressen.
Wir nehmen vom ersten Campingplatz das restliche Holz mit. Im Fussraum vom Auto ist bei mir für ein paar Kilometer Platz dafür.
Bald ist die Feuersaison wieder zu Ende und das zündeln wird überall verboten sein.
Am dritten Morgen in den Flinders darf ich in dieser wundervollen Landschaft an meinem 60ten Geburtstag aufwachen. Schöner wird ein Runder wahrscheinlich nicht mehr in meinem Leben.
Geschenke auf einem Roadtrip müssen vor allem klein sein.
Acraman Campground – der perfekte Platz für eine kleine Feier.
Und dann wurde ich gezwungen, den ganzen Tag eine Plakette mit ’60 Jahre jung‘ zu tragen. Das kann man sich mit Vodka-Watermelon schön trinken.
Am Mittag fahren wir ins nahe gelegene Quorn. Ein touristischer Ort mit gut tausend Einwohnern. Dort sollte es doch eine Gelegenheit geben, abends essen zu gehen. Die Ernüchterung erfolgt bei der Ortsbesichtigung: nur Imbissbuden, Cafés und ein Hotel. Im Hotel kann man essen, klar, aber es gibt die von den Australieren geliebten Braten. Mit Kartoffelbrei und gravy sauce. Diese Sauce wird im Supermarkt in großen Tetrapacks verkauft. In riesigen Mengen, von verschiedenen Herstellern. In den Camp-Küchen kommt sie häufig zum Einsatz. Ihr Geruch zieht gründlich durch die Zelte. Wer Maggi mag, wird gravy lieben. Ich sage nur, bitte nicht! Ist doch das Essen an meinem fünfzigsten Geburtstag das Schlechteste aller Zeiten gewesen. Das soll so bleiben.
Plan B muss her. Der Supermarkt in Quorn fällt unter Kategorie ‚geht so‘. Etwas ratlos schaue ich in die Regale. Dann wünsche mir einfach Scampi in Knoblauch-Chili-Öl. Das kann auch Achim. Besser als ich, wie er behauptet. Und er hat Recht – ein wundervoller Tag geht perfekt zu Ende.
Scampi Aglio Oilo
50 in Lissabon – gleich zu Beginn unserer Reise.
60 in Quorn. Quorn wo? Passend zu Lissabon war Sydney angedacht. Das ging sich aber zeitlich gar nicht aus.
Das schönste Jahrzehnt in meinem Leben. Ich bin glücklich, dass ich so überreich beschenkt werde, dies Alles erleben zu dürfen. Danke an die Mächte, die ihre Hand schützend auf mich – auf uns – legen. Ihr macht einen guten Job!
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