Die Bootssaison 2021 neigt sich dem Ende zu. Wie sieht die aktuelle Lage im Bootsmarkt aus?
Sehr zufrieden zeigte sich die Messeleitung über den Verlauf der diesjährigen Inwater Ausgabe der Berliner Boot&Fun in Werder/Havel. So wurden im Vergleich zum Vorjahr fast 30% mehr Boote ausgestellt. Auch von Händlerseite gab es viele positive Aussagen. Die Interboot in Friedrichshafen verzeichnet – laut eigener Aussage – 40% mehr Aussteller, allerdings bezieht sich diese Angabe auf die Zahl zum Vorjahr, als die Messe wegen der Corona-Situation als abgespeckte Version durchgeführt wurde. Dennoch passt das Aussteller-Plus in der derzeitige Stimmung der Branche, die so gut ist wie seit langer Zeit nicht mehr.
Gebrauchtmarkt ist leergefegt, Neuboote mit langen Lieferzeiten
Nahezu alle Händler und Werften verzeichnen seit dem vergangenen Jahr einen Run auf Boote. Sowohl neue Boote als auch der Gebrauchtmarkt boomen. Viele Menschen haben sich wegen der seit 2019 durch die Pandemie sehr unsichere Lage in Sachen Reisen und Urlaub ein Boot angeschafft, um unabhängig zu sein. An den Küsten und in den Binnenrevieren sind Liegeplätze Mangelware, weil die meisten im Land bleiben. Manche Händler sprechen sogar davon, dass sie noch mehr gebrauchte Boote verkaufen könnten, wenn es Liegeplätze geben würde.
Die Lieferzeiten von Neubooten sind teilweise sehr lang – und das nicht nur wegen der vollen Auftragsbücher, auch weil Baumaterialien und Zubehör stellenweise ausverkauft oder schwer zu bekommen sind. Das haben im Frühjahr und Sommer auch viele Eigner zu spüren gekommen, die teilweise wochenlang auf Zubehör oder Ersatzteile warten mussten. Dieser Umstand hat jedoch auch einen gravierenden Einfluss auf die Preise. Da wegen des Rohstoffmangels die Preise massiv steigen, müssen auch die Händler und Werften ihre Verkaufspreise entsprechend erhöhen. So kommt es wegen der teilweise langen Lieferzeiten dazu, dass Boote, die bereits verkauft und noch nicht geliefert wurden, nachträglich höher bepreist werden müssen. Einige Werften berücksichtigen diesen Umstand bereits in den Kaufverträgen und halten sich die Möglichkeit einer Preiserhöhung offen.
Auch der ADAC verzeichnete in diesem Jahr erneut eine überaus hohe Nachfrage bei Bootsregistrierungen / Internationalen Bootscheinen (IBS), die der Gesamtstimmung des Marktes entspricht.
Chartermarkt durcheinandergewirbelt
Auch der Chartermarkt blickt auf turbulente Zeiten zurück. Die – je nach Land – gelockerten Reisebestimmungen im Sommer 2021 führten mancherorts zu einer überdurchschnittlich hohen Nachfrage. Andernorts waren noch viele Charterschiffe zu bekommen, wurde jedoch nicht gebucht, wenn es sich um Risiko- oder Hochinzidenzgebiete handelte. Viele Chartergäste. bzw. -interessierte wollten offenbar vermeiden, nach der Rückkehr aus unsicheren Gebieten mit Maßnahmen konfrontiert zu werden, wie z.B, in Quarantäne zu müssen. Deshalb wurde der Markt durch immer wieder neue Einschätzungen und Situationen rund um die Pandemie kräftig durcheinandergewirbelt. In Deutschland indes waren stellenweise auch langfristiger kaum noch Charterboote zu bekommen. Die Knappheit des Angebotes und die hohe Nachfrage wurden sogar in einem Fall kriminell ausgenutzt, in dem eine Fake-Anbieterseite Boote vermietete, die es gar nicht gab.
Gleichzeitig haben in diesem Jahr viele Charterer, die im vergangenen Jahr ihre Reise nicht antreten konnten und stattdessen Gutscheine bekamen, ihre bereits in 2019 oder gar 2020 bezahlte Buchung eingelöst. Der Markt wird offensichtlich noch eine ganze Weile brauchen, um wieder auf einem normalen Kurs zu fahren. Aus der Branche hört man von einer bereits jetzt teilweise sehr guten Buchungslage für das restliche 2021 sowie das kommende Jahr. Kroatien liegt laut Bundesverband Wassersportwirtschaft bereits wieder auf Vorkrisenniveau, auf Mallorca bremst nur der eingeschränkte Flugbetrieb die Buchungslage noch leicht aus. Fernere Ziele erholen sich indes langsamer, weil die Anreisesituation oft problematisch ist.
Wie nachhaltig ist der Trend?
Nicht wenige Stimmen in der Branche befürchten, dass es zu einem starken Einbruch bei der Nachfrage kommen wird, sobald die Corona-Pandemie europa- und weltweit unter Kontrolle ist. Sicher wird die Marktentwicklung nicht so weiter gehen können wie seit dem Sommer 2020. Als positives Signal, dass der Boom jedoch auch nachhaltig wirken kann, ist die hohe Zahl an Sportbootführerscheinen, die während der Corona-Krise ausgestellt wurden. Viele Neubesitzer von Booten werden auch großen Gefallen daran gefunden haben und dem Bootsport sicherlich erhalten werden, ebenso die vielen Menschen, die in diesem Jahr wegen der Corona-Reiseeinschränkungen ein Hausboot oder -floß gemietet haben und auch dadurch neue Einsteiger in den Wassersport gefunden wurden. Auch wenn also eine Delle zu erwarten ist, die manche auch als Marktbereinigung oder -normalisierung bezeichnen, ist kaum davon auszugehen, dass sich in der Bootsbranche ein Umsatzeinbruch wie bei der Finanzkrise 2007 abzeichnen wird.
Fazit
Nach einer großen Unsicherheit im Markt, als 2020 die ersten Lockdowns und Maßnahmen in Kraft getreten sind, boomte anschließend die gesamte Branche. 2021 wird als eines der besten und umsatzstärksten Jahre in Erinnerung bleiben. Aber auch wenn in naher Zukunft sich der gesamte Markt wieder etwas beruhigen wird, kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Bootsbranche gestärkt aus der Krise gehen dürfte.