Kategorie: News & Blogs

SV Inspiration II – Vladimir Marataev RU

INFLATION ABER RÜCKWÄRTS

Das Marktgeschehen treibt seltsame Blüten. In Bezug auf die Preisentwicklung im Bereich von eisernen Steuermännern habe ich mir vor Jahren Bleigewichte auf die Füsse gelegt, weil ansonsten die Dinge ausser Balance geraten würden, was den Wert einer Sache betrifft:

z.B. den Wert eines gebrauchtes Schiffes im Vergleich zum Preis einer Heckverzierung. Insbesondere für Segler mit moderat grossen Schiffen, und zeitgleich enormen Träumen, entsteht eine große Schere des Ungleichgewichts, weil seefähige Schiffe schon für wenige tausend Euronen am Markt zu kaufen sind, derweil gebrauchte oder neue Heckverzierungen enorm Preis stabil geblieben sind. Kaum zu glauben, aber es hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Seglern gegeben, bei denen die Preise für ihr Schiff sich mit dem wertvollen Ende die Waage gehalten haben.

Horst Scholz, mehrfacher Weltumsegler hat den schönen Spruch geprägt: „Solange er kann, kann er nicht anders, als Segeln“. Am Ende seiner Grossen Reise im Jahre 2014 hatte er seine INSPIRATION II für kleines Geld – sehr kleines Geld! – an einen Russen verkauft, allerdings vor der Übergabe die Heckverzierung abgebaut, um sie an seine GiB Sea 33 zu montieren, um wieder los zu segeln.

Und so erhielt ich im Jahre 2015 einen Hilferuf aus Kaliningrad, Vladimir Marataev wollte sich mit mir auf der Durchreise von Russland in Holtenau treffen, um an der INSPIRATION II wieder eine Windpilot Pacific zu montieren … was dank vorhandener Löcher in wenigen Minuten erledigt war.


Vor wenigen Tagen erreicht mich diese Nachricht:

Dear Peter. On my INSPIRATION II is windpilot Pacific from Holtenau 2015. Today she is in Langkawi, Malaysia,  after Atlantic, Panama canal and Pacific Ocean. Thank You for good windpilot. 
Regards
Vladimir Marataev, Kaliningrad

Wie es scheint, ist diese unscheinbare alte Yacht nun zum Dritten Mal um den Spielball unterwegs … sie ist, obgleich ca 50 Jahre alt, immer noch solide und seetüchtig … und wird Vladimir sicher wieder heil nach Hause bringen.

SV Inspiration II – Vladimir Marataev RU

INFLATION ABER RÜCKWÄRTS

Das Marktgeschehen treibt seltsame Blüten. In Bezug auf die Preisentwicklung im Bereich von eisernen Steuermännern habe ich mir vor Jahren Bleigewichte auf die Füsse gelegt, weil ansonsten die Dinge ausser Balance geraten würden, was den Wert einer Sache betrifft:

z.B. den Wert eines gebrauchtes Schiffes im Vergleich zum Preis einer Heckverzierung. Insbesondere für Segler mit moderat grossen Schiffen, und zeitgleich enormen Träumen, entsteht eine große Schere des Ungleichgewichts, weil seefähige Schiffe schon für wenige tausend Euronen am Markt zu kaufen sind, derweil gebrauchte oder neue Heckverzierungen enorm Preis stabil geblieben sind. Kaum zu glauben, aber es hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Seglern gegeben, bei denen die Preise für ihr Schiff sich mit dem wertvollen Ende die Waage gehalten haben.

Horst Scholz, mehrfacher Weltumsegler hat den schönen Spruch geprägt: „Solange er kann, kann er nicht anders, als Segeln“. Am Ende seiner Grossen Reise im Jahre 2014 hatte er seine INSPIRATION II für kleines Geld – sehr kleines Geld! – an einen Russen verkauft, allerdings vor der Übergabe die Heckverzierung abgebaut, um sie an seine GiB Sea 33 zu montieren, um wieder los zu segeln.

Und so erhielt ich im Jahre 2015 einen Hilferuf aus Kaliningrad, Vladimir Marataev wollte sich mit mir auf der Durchreise von Russland in Holtenau treffen, um an der INSPIRATION II wieder eine Windpilot Pacific zu montieren … was dank vorhandener Löcher in wenigen Minuten erledigt war.


Vor wenigen Tagen erreicht mich diese Nachricht:

Dear Peter. On my INSPIRATION II is windpilot Pacific from Holtenau 2015. Today she is in Langkawi, Malaysia,  after Atlantic, Panama canal and Pacific Ocean. Thank You for good windpilot. 
Regards
Vladimir Marataev, Kaliningrad

Wie es scheint, ist diese unscheinbare alte Yacht nun zum Dritten Mal um den Spielball unterwegs … sie ist, obgleich ca 50 Jahre alt, immer noch solide und seetüchtig … und wird Vladimir sicher wieder heil nach Hause bringen.

SV Merlin – Torsten Agena GER

ATLANTIC EASTBOUND – PLEITEN PECH UND PANNEN

SV Mille Momenti – Havard Johnset NO

SEGLER HELFEN SEGLERN – ZUVERLÄSSIG

Kürzlich erreicht mich ein Anruf aus Porto Santo: Werner Müller von der SV WIND OF CHANGE ( OVNI 445 ) stellt mir die Frage, ob ich einem norwegischen Segler mit seiner BOREAL 44, der bei ihm längsseits im Hafen liegt, Service Tipps und vor allem ein englisches Handbuch geben könne. Innerhalb weniger Minuten entspann sich folgender Mailwechsel mit Werner und Havard:

Moin Werner,
Vielen Dank für Euer Engagement … ich habe meine Mail an die Jungs kopiert an Euch. Und da ich gerade so schön durch meine Datenbank spaziere, entdecke ich natuerlich, dass ich von Eurer schiucken OVNI auch noch keinerlei Fotos habe …
Es wäre nett, wenn Ihr das nachholt, denn dann kann ich die Lage kommentieren … und meinen Quark dazugeben. Abgesehen, dass ich ohnehin am liebsten von jedem Schiff mit Windpilot schicke Fotos hätte … amliebsten in traumhafter Kulisse …Madeira nehme ich auch…
Ach so, Whatssapp spiele ich nicht, genauso wenig wie FB und Co.
beste Gruesse
Peter

Und meine Mail an Havard zur gleichen Zeit:

Dear Havard,
it happens to me that I have had an extended communication about the BOREAL vessels with Jean-Francois Eeman of Boreal yesterday as we have fitted many BOREAL ( 44 and 47 )in the past successfully.

My question to you: please provide me with some picts showing the entire vessel incl. its transom ornament … and some picts showing the entire line transfer ready to go to sea. anabling me to provide improvement comments im necessary.

Please mind that the axis 340 will always have some clearance towards pendulum carriage, its one of the precondidtions to achieve perfect light air performnace even after years. You will need to know at this junction that any servo unit will have to provide active steering to one side of the heading only ( i.e. rudder to leeward! ) while any vessel will tend to the windward side on its own.

After geeting your input with picts you will get further advice
with kind regards from Hamburg!
Peter

Minuten später:

Thanks a lot for quick replay Peter and thanks a lot for putting us in contact and all help Werner!
 
I have used the Windpilot with very good result and performance for app 1 year ago, but after we encountered a force 9 gale a few months ago the Windpilot have not worked so well after that.. I have cleaned all moving parts with fresh water and sprayed with WD40. I will try to send the pictures but the WIFI is not the best her in PortoSanto☺
Thanks again and best regards!
Håvard Johnset

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SV Pamina – Conor O´Regan UK

CIRCUMNAVIGATION + 3 ATLANTIC CROSSINGS ON RIVAL 38

Hi Peter,
I have a Pacific, purchased in 2003 and which was the only self steering system I have used on a 3 year circumnavigation incl 3 transatlantic. I was wondering if you can supply a replacement red cap? The existing one has cracked and deteriorated.
Kind regards,
Conor WEITERLESEN

SV Madaris – Sabine + Peter Fehringer AT

WINDPILOT PACIFIC – 45 JAHRE ALT UND IMMER NOCH LEBENDIG

I found an old windpilot in a boatyard in greece, I bought it for 200€, another 200€ I spent for mounting gear. I mounted it on my sunbeam 30, the next 20 000 miles it steered over 90% sailing time, only when there was no wind the electric autopilot was in use. In this time I only had to invest in some lines. It steared above 8 kn of wind and also when there was more than 30 kn. Its still more important than a chart plotter, watermaker, AIS or other electronic gear.

Ich habe den Comment deswegen geschrieben, da ich vom System Windsteueranlage einfach überzeugt bin, aber heutzutage ist ja ein Wlanrouter an Bord wichtiger, als wirklich essenzielle Ausrüstung wie Ankergeschirr und Selbststeueranlage.

Obwohl ich 15 Jahre jünger bin als Du, denke ich oft, wohin die Entwicklung im Segelsport wohl noch führen wird. Immer wieder habe ich in Gesprächen das Gefühl, dass ein ziemlich hoher Prozentsatz gar nicht weiß, was ihnen alles passieren kann.
LG aus Wien
Peter Fehringer WEITERLESEN

SV Merlin – Torsten Agena GER

ATLANTIC EASTBOUND – PLEITEN PECH UND PANNEN

SV Mille Momenti – Havard Johnset NO

SEGLER HELFEN SEGLERN – ZUVERLÄSSIG

Kürzlich erreicht mich ein Anruf aus Porto Santo: Werner Müller von der SV WIND OF CHANGE ( OVNI 445 ) stellt mir die Frage, ob ich einem norwegischen Segler mit seiner BOREAL 44, der bei ihm längsseits im Hafen liegt, Service Tipps und vor allem ein englisches Handbuch geben könne. Innerhalb weniger Minuten entspann sich folgender Mailwechsel mit Werner und Havard:

Moin Werner,
Vielen Dank für Euer Engagement … ich habe meine Mail an die Jungs kopiert an Euch. Und da ich gerade so schön durch meine Datenbank spaziere, entdecke ich natuerlich, dass ich von Eurer schiucken OVNI auch noch keinerlei Fotos habe …
Es wäre nett, wenn Ihr das nachholt, denn dann kann ich die Lage kommentieren … und meinen Quark dazugeben. Abgesehen, dass ich ohnehin am liebsten von jedem Schiff mit Windpilot schicke Fotos hätte … amliebsten in traumhafter Kulisse …Madeira nehme ich auch…
Ach so, Whatssapp spiele ich nicht, genauso wenig wie FB und Co.
beste Gruesse
Peter

Und meine Mail an Havard zur gleichen Zeit:

Dear Havard,
it happens to me that I have had an extended communication about the BOREAL vessels with Jean-Francois Eeman of Boreal yesterday as we have fitted many BOREAL ( 44 and 47 )in the past successfully.

My question to you: please provide me with some picts showing the entire vessel incl. its transom ornament … and some picts showing the entire line transfer ready to go to sea. anabling me to provide improvement comments im necessary.

Please mind that the axis 340 will always have some clearance towards pendulum carriage, its one of the precondidtions to achieve perfect light air performnace even after years. You will need to know at this junction that any servo unit will have to provide active steering to one side of the heading only ( i.e. rudder to leeward! ) while any vessel will tend to the windward side on its own.

After geeting your input with picts you will get further advice
with kind regards from Hamburg!
Peter

Minuten später:

Thanks a lot for quick replay Peter and thanks a lot for putting us in contact and all help Werner!
 
I have used the Windpilot with very good result and performance for app 1 year ago, but after we encountered a force 9 gale a few months ago the Windpilot have not worked so well after that.. I have cleaned all moving parts with fresh water and sprayed with WD40. I will try to send the pictures but the WIFI is not the best her in PortoSanto☺
Thanks again and best regards!
Håvard Johnset

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SV Pamina – Conor O´Regan UK

CIRCUMNAVIGATION + 3 ATLANTIC CROSSINGS ON RIVAL 38

Hi Peter,
I have a Pacific, purchased in 2003 and which was the only self steering system I have used on a 3 year circumnavigation incl 3 transatlantic. I was wondering if you can supply a replacement red cap? The existing one has cracked and deteriorated.
Kind regards,
Conor WEITERLESEN

SV Madaris – Sabine + Peter Fehringer AT

WINDPILOT PACIFIC – 45 JAHRE ALT UND IMMER NOCH LEBENDIG

I found an old windpilot in a boatyard in greece, I bought it for 200€, another 200€ I spent for mounting gear. I mounted it on my sunbeam 30, the next 20 000 miles it steered over 90% sailing time, only when there was no wind the electric autopilot was in use. In this time I only had to invest in some lines. It steared above 8 kn of wind and also when there was more than 30 kn. Its still more important than a chart plotter, watermaker, AIS or other electronic gear.

Ich habe den Comment deswegen geschrieben, da ich vom System Windsteueranlage einfach überzeugt bin, aber heutzutage ist ja ein Wlanrouter an Bord wichtiger, als wirklich essenzielle Ausrüstung wie Ankergeschirr und Selbststeueranlage.

Obwohl ich 15 Jahre jünger bin als Du, denke ich oft, wohin die Entwicklung im Segelsport wohl noch führen wird. Immer wieder habe ich in Gesprächen das Gefühl, dass ein ziemlich hoher Prozentsatz gar nicht weiß, was ihnen alles passieren kann.
LG aus Wien
Peter Fehringer WEITERLESEN

Ile de Groix. Ein Hafen. Ein Fahrradverleiher. Und das Grab des Wikingers.

Mitte Mai bin ich in Sizilien gestartet, um einhand
für mein neues Buchprojekt um die Westküste Europas zu segeln. 
Nach den Balearen, Gibraltar und Portugal und Nordspanien
erreichte ich die französische Atlantikküste mit ihren Inseln. 
Eine von ihnen ist die Ile de Groix, nur wenig entfernt vom Hafen von Lorient.

Das mit den Inseln, es geht tiefer als ich dachte. Eigentlich hatte ich angenommen, mit meinem Buch über die vergessenen Inseln sei alles erledigt. Doch immer wieder bleibe ich auf dieser Reise um Westeuropa an Inseln hängen. An Inseln wie Groix, an Halbinseln wie Quiberon.

Dahinter steckt nicht nur mein Fasziniert-Sein, wenn Inseln sich spröde zeigen und einsam. Auf Inseln hat sich etwas erhalten, was auf dem Festland abhanden gekommen ist. Geschichte und Geschichten entdecke ich ursprünglicher als auf dem Festland, sie sind noch da, sind intensiver und noch nicht abgegriffen. Und sie hauen mich manchmal um, als wären Inseln ein Ort, an dem Geschichten nichts von ihrer Intensität verlieren. Wie das Schiff des Wikingers, dessen Reste ich auf der Ile Groix fand.

Ich war an einem frühen August-Nachmittag im Hafen von Groix angekommen. Pascal, der aussah wie ein Student und der einzige Marinero im Hafen war, hatte in seinem Dinghi alle Hände voll zu tun, die einlaufenden Boote in den beiden Teilen des engen Stadthafen unterzubringen. Doch mit welcher Chuzpe, mit welcher Meisterschaft Pascal dabei vorging, das sollte ich erst am nächsten Abend vom Kai aus sehen. Vorerst begnügte mich damit, dem Wasser beim Fallen zuzusehen. Und irgendwann verwundert auf die beiden Ebenen des Stadthafens zu blicken, denn als ich ankam, war alles noch ein Hafen gewesen: Die eine Ebene oberhalb war durch eine Mauer mit Schleuse gesperrt und lag bei Ebbe nun fast zwei Meter höher als die untere. Wer oben raus wollte, der musste warten, dass von unten die Flut kam.

Am nächsten Tag lieh ich mir bei Jean-Luc, dem bärtigen Fahrrad-Verleiher, das letzte Fahrrad, das man sich auf der Insel noch leihen konnte. Jean-Luc war ein Mann wie ein Bär. Er sah nicht nur aus wie ein Fischer, der auf der Insel geboren war. Er war auch ein Fischer. Und geboren war er hier auch. Das Leben hatte ihn hier auf der Insel lachend in seine Bretterbude gestellt, in der er Fahrräder vermietete und auch Eis aus der Vitrine verkaufte, die er wenige Minuten vorher vor seine Bude gerollt hatte. Doch im Herzen war er Seemann geblieben, das sollte ich noch merken.

Ich strampelte los, hinüber auf die Westseite der Insel. Obwohl Groix kleiner ist als die Ile d’Yeu, war das anstrengend. Gleich hinter dem Hafen ging es steil bergauf, zwischen den alten Stadtmauern und den Stadthäusern hindurch, die erzählten, dass die Fischerei die Insel einst wohlhabend gemacht hatte. Wie an vielen Orten der bretonischen Südküste waren sie in Groix auf den Fang von Thunfischen spezialisiert, noch 1990, als ich zum ersten Mal die Bretagne besucht hatte, hatte ich am Festland den Thunfisch-Trawlern zugesehen, die in Lorient die zwei, drei Meter langen Thunfische mit Kränen ausluden.

Doch in Groix ist davon heute nichts mehr zu spüren. Es gibt keinen Thunfischfang mehr. Ein paar prächtige Häuser, ein paar alte Fischer, die im kleinen Museum am Hafen in kehligem bretonisch von den alten Zeiten erzählen. Und dort, in dem kleinen Museum, zwischen Relikten des Thunfischfangs und anderen Dingen hatte ich eine erste Spur entdeckt: Ein Modell des Grabhügels, in dem man einen Wikinger samt seinem Schiff neben einer grazilen Person hier auf der Insel begraben hatte. Ich wollte mir zuerst die Stelle ansehen, an der der Grabhügel gestanden hatte.

Eigentlich verlasse ich mich bei meinen Landausflügen auf Google Maps. Doch das führte diesmal in die Irre. Als ich nach 20 Minuten hügelauf, hügelab auf der Westseite von Groix in der Bucht ankam, entpuppte sich, was in Google Maps als „Viking Shipgrave“ verzeichnet war, als eingestürzter Dolmen. Doch vor meiner Abfahrt hatte ich Jean-Luc, den bärtigen Fahrradverleiher in seiner Bretterbude nach dem Hügel gefragt. Er stutzte kurz auf meine Frage. Sah erst mich prüfend an. Und dann auf die postkartengroße Inselkarte vor sich. Und malte genau an der Stelle, an der ein langer Sandstrand  im Osten endete und in die Hafenmole mündete, ein Kreuz, ohne zu zögern. Ich hätte es mir denken können – als Seemann hatte er gelernt, dass ein Ort nicht nur ein haltlos im Raum schwirrender Punkt ist. Sondern ein Ort immer durch einen anderen definiert ist: „Wo der lange Sandstrand im Osten an der Kaimauer endet“, die Fähigkeit einer Beschreibung, die uns Google Maps vielleicht in spätestens einer halben Generation abtrainiert haben wird, weil wir sie nicht mehr brauchen.

Da war die Stelle. Farne und Dornenhecken bedecken den Boden, in denen wilde Himbeeren hingen. Ich folgte dem schmalen Pfad bis zu den Klippen, von dem aus man über die beiden Buchten links und rechts blicken konnten. Und die ihre Geschichte erzählten.

Unmittelbar an den Klippen hatten Ausgräber einen kreisrunden Hügel geöffnet, das Meer hatte ihn bereits angenagt hatte. Sie entdeckten darin die angekohlten hölzernen Trümmer eines Schiffes. Und das Skelett eines Mannes und ein graziles daneben.

Der Ort war gut gewählt. Die Bucht war voller Untiefen, ich sah die Seezeichen und beobachtete eine große Segelyacht bei dem Versuch, sich zwischen den Tonnen zum geschützten Sandstrand durchzulavieren, als sie abrupt stoppte. Und sich plötzlich sachte wieder rückwärts hinaus tastete. Sie hatte keinen Weg zwischen Untiefen gefunden. Doch nordische Seeleute des 10. Jahrhunderts

konnten das vermutlich an einem Tag wie heute besser: Ein Mann mit gutem Augenlicht im Masttop sah nicht nur den Grund unter sich, sondern auch im weiten Umkreis. Er fand einen Weg zwischen den Riffen. Und wenn man ihn fand, hatte man am langen Sandstrand einen komfortablen und vor allem geschützten Ankerplatz. Ich begriff: Die Bucht vor dem Sandstrand war der Ort, den die Wikinger auf der Reise mit ihrem Schiff aufgesucht hatten. Hier war ihr Hafen gewesen. Hier hatten sie gelagert. Von hier aus hatten sie sich der wochenlangen Mühe unterzogen, das Schiff auf die Landzunge heraufzuzerren. Es mitsamt den Toten zu verbrennen. Und einen aufwändigen Hügel über der Asche erst aus Steinen, dann aus Erdreich zu errichten, wie man sie nur aus Skandinavien kennt. Doch was hatte sich da unten in der Bucht von Groix abgespielt? Woher waren die Wikinger gekommen?

Die Ausgräber waren neben den Knochen auf zahllose Ausrüstungsteile gestoßen, die man dem Toten mitgegeben hatte. Er war zweifellos ein Anführer gewesen, sein hölzernes Langschiff so groß wie Levje, um die 11 Meter, soviel konnte man aus den im Hügel entdeckten 800 Nieten, Bolzen und Nägeln, die das Langschiff zusammengehalten hatten, errechnen. Anhand des verkohlten Plankenrests einer bestimmten Eichenart konnte man feststellen, dass sie an den Ufern der Loire gewachsen und gefällt worden war.

Noch erstaunter waren die Ausgräber, als sie darangingen, die Herkunft der weiteren Objekte zu ermitteln. Da war ein kleiner Ring aus Gold. Vielleicht hatte ihn die Frau am Finger getragen? Er stammte jedenfalls aus dem Süden Norwegens, etwa 1.000 Seemeilen von Groix entfernt. Die kunstvoll verzierte Spitze einer Schwertscheide aus Bronze: Sie kam noch einmal von 1.000 Seemeilen weiter östlich, aus Birka, nördlich der Insel Gotland in der Ostsee. Eine Gürtelschnalle, die Schmiede vermutlich in Haithabu in der Nähe Schleswigs geschmiedet hatten. Eine Lanzenspitze mit Widerhaken aus fränkischer Produktion, gehämmert 600 Seemeilen entfernt irgendwo in einer Schmiede irgendwo zwischen Rhein und Weser, genauso wie zwei Äxte. Die silberne Spitze  eines ledernen Gürtels, fein mit nordischen Ornamenten ziseliert, von einem Silberschmied in Südengland geschaffen. Der Rest eines Feuer geschmolzenen Goldrings, der irgendwo von der Charente stammte. Spielsteine eines Brettspiels aus Knochen. Ein Würfel in Quaderform aus Elfenbein, das es so nur in Afrika oder Indien gegeben haben konnte.
 

Er war ein wohlhabender Mann gewesen, der die Insel besucht, vielleicht hier gelebt und mit großer Sicherheit hier gestorben war. Eine Wunde? Krankheit? Er war nicht alt gewesen, ein Reisender unterwegs wie sie alle. Wie wir alle. Wie ich. Und ein Mann seiner Zeit, dessen Ausrüstung eindrucksvoll belegte, dass er zutiefst mit den europaweiten Handelsströmen des zehnten Jahrhunderts verwoben war und sie zu nutzen wusste. Er war nicht nur ein Barbar aus einem Kaff an der Küste Jütlands, sondern jemand, der im 10. Jahrhundert die europäischen Küsten bereist und sich mit dem, was dieses Europa an Luxus zu bieten hatte, umgeben hatte – im Leben wie im Tod. Sein Pferd und seinen Hund hatte man getötet. Und zusammen mit ihm verbrannt. Es ist nicht auszuschließen, dass man ihm, um sein Wohlbefinden in Wallhall zu mehren, auch seine Lieblingssklavin mit auf die Reise in die Anderwelt gschickt hatte – das grazile Skelett an seiner Seite.

Als ich Jean-Luc am Abend das Fahrrad zurückbrachte, war der bereits dabei, seine kleine Bretterbude am Hafen zu schließen. Ich schlenderte ich in der anbrechenden Dunkelheit um den alten Hafen. Und konnte sehen, wie gut Pascal, der Marinero von Groix gearbeitet hatte. Ich sah in der Dämmerung, wie er Schiff auf Schiff in drei Reihen geschlichtet und hintereinander an zwei Bojen vertäut worden. Ein dickes Knäuel, das sich am nächsten Vormittag wieder entwirren würde, sobald auch nur der erste sagen würde: „Ich möchte jetzt los.“ Aber da wäre ich dann schon weiter. Ich wollte gleich frühmorgens um sieben aufbrechen. Unterwegs sein entlang der Insel Groix zum nächstem Ziel meiner Reise.

Leinen los

Heute Abend war es endlich soweit! Der Pegel in Wesel hatte mit ziemlich genau 1,65m nach wochenlangem warten den ersehnten Höchststand der Miniwelle erreicht, die seit 3 Tagen den Rhein runter lief.
Sabrina war bereit, Nomade war bereit, ich war bereit! Bereit unser Schiff an den Gästesteg zu verlegen, von dem wir vor einigen Wochen eigentlich gar nicht weg wollten, weil sich ja kurzfristig herausgestellt hat, dass der Verein langfristig doch keine brauchbare Box für uns hat. Naja, hätte er eigentlich schon, aber lassen wir das besser…
Jedenfalls sind wir heute Abend zügig zum Hafen gefahren, um Nomade zu verlegen und die Box für den Unbekannten freizugeben, der seit Wochen vermutlich kaum schlafen kann, weil es nichts wichtigeres in seinem Leben gibt, als diese seine „eigene“ Box, deren Fingerstege er vermutlich noch selbst aus altem Panzerstahl über Kohlefeuer geschmiedet hat.

Der Volvo lief, Sabrina stand am Bug, ich am Heck. Ein kuzer Ruf: „Leinen los!“
Ich werfe die Heckleinen los, Sabrina die Vorleinen, ich laufe an den Steuerstand, Sabrina zu den Mittelleinen und 5 Sekunden später schiebt der Vierzylinder den Zweimaster langsam aus der Box.

„Sieht doch ganz gut aus.“ rufe ich optimistisch zu Sabrina, während Nomade weiter Fahrt aufnimmt. Man spürt zwar, dass sie sich noch etwas durch den Schlamm wühlen muss, aber es geht. Ich freue mich schon dass es klappt und gebe ein wenig mehr Gas, da knirscht es plötzlich leise, der Bug geht hoch, Sabrina schaut verwundert.
Nomade sitzt fest! Kein lockerer Schlamm, sondern fester Grund und zwar viel fester Grund! 10 Meter vor der Box geht nichts mehr, auch nicht mit hoher Drehzahl an der Propellerwelle, in einem Hafen, der bei einem Pegel von 1,45m laut diverser Vereinsmitglieder ja bereits über 2 Meter tief sein soll!
Nun haben wir einen Pegel von 1,65m und eine Wassertiefe in der Box von 1,85m. Weiter vorne war es also wesentlich flacher.
Ich hätte in dem Moment kotzen können und war froh, dass gerade niemand von den Vögeln auf der Steganlage war.

Also Rückwärtsgang rein, viel Gas und schnell dort runter, bevor die Strömung zu sehr versetzt. Hat geklappt und Nomade ließ sich halbwegs gerade zurück in die Rinne ziehen, die sie sich selbst in den letzten Wochen frei gewühlt hat.
Sabrina hat noch schnell ein Foto gemacht, dann Leinen fest und zügig runter von der Steganlage. An Land lief mir dann der große Meister über den Weg. Heute ist es mir gelungen, zumindest nur mittellaut zu werden, obwohl ich mehrere Gründe für einen höheren Lärmpegel als gestern gehabt hätte.
Offenbar kennt niemand der Verantwortlichen auch nur annähernd die Tiefen im Hafen. Aber damit nicht genug. Es wird felsenfest und hartnäckig wesentlich mehr angegeben als tatsächlich vorhanden ist. Man lügt und nötigt uns dazu, dass Schiff zu bewegen, obwohl es längst noch nicht möglich ist.
Damit konfrontiert war die einzige Antwort des großen Meisters: „Mir iss datt egal, ich halt mich da raus!“
Dazu fiel mir dann auch nicht mehr ein als: „Ihr seid auf dem besten Weg, euch als Verein lächerlich zu machen!“

Dann sind wir gegangen! Mal wieder ein Abend im Arsch.

Fortsetzung folgt…