Kategorie: News & Blogs

SV Jamali – Claudette Borne FRA

BRAVO HARRY EN HORTA – ACORES

Bonjour,
Je viens d’arriver en Bretagne sur mon OVNI 345 équipé d’un régulateur d’allure. Le trouvant mal réglé durant la traversée depuis Pointe à Pitre jusqu’aux Açores et ayant rencontré Harry Schank sur le ponton à Horta, celui ci a modifié l’installation pour que le régulateur d’allure soit plus performant.

Il l’a été.  Bravo Harry. J ‚ai encore un peu de mal à le regler pour qu’il maintienne le bon angle au vent, mais une fois bien réglé il tient des journées entières. C’est un vrai bonheur.
En arrivant je me pose la question de l’entretien. Que dois je faire?
Ci joint la photo de Harry après son intervention et le régulateur d’allure en pleine action.
Merci d’avance pour les conseils que vous me donnerez.
Cordialement 
Claudette Borne 
Skipper de Jamali

SV Kati Kati – Eckehard Schulz GER

MIT JEANNEAU 26 NACH KALININGRAD

Hallo Herr Foerthmann,
den Winter über konnte ich nun meine „große Reise“ Rund Ostsee vorbereiten und Mitte Mai bin ich dann von meinem Heimatrevier aus die Flüsse Spree und Oder lang runter in Richtung Stettiner Haff gestartet.

Überwiegend habe ich als Crew immer einen Mitsegler auf der Tour dabei, idR Freunde aus allen Zeiten, die sich sofort für ein Stück Mitsegeln interessierten. Bisher war ein richtiger Segler mit Erfahrung dabei, der selbst Eigner einer neuen 35 Fuß Degerö ist. In kurzen Worten, die Windpilot funktionierte auf Anhieb sehr gut und ich werde meinen Freunden im Segelclub die selbst größere Touren machen, anhand der Plotter Aufzeichnungen zeigen können, wie gut die Windpilot steuert. Inzwischen habe ich Sie auf allen möglichen Kursen genutzt auch bei achterlichem Wind auf dem kleinen Boot, sicheres steuern – das macht Spaß. Eine Bewährungsprobe war bei Starkwind auf Kaliningrad zu, da mussten wir (ich) unterwegs noch einmal Kontakt zu Boarderguard und anderem Traffic Control aufnehmen – ich war defacto Single handed unterwegs – 1,5m Welle – Boot hat sicher Kurs gehalten.
Also alles bestens.
Mit seglerischen Grüßen von der Ostsee z.Z. Saaremaa (Estland)
Eckhard Schulz
SY KatiKati

SV Chirena – Pia Adrario + Harald Mahatsek AT

DREI JAHRE MIT WINDPILOT IM ATLANTIK UNTERWEGS

Lieber Peter Förthmann,
aus gegebenem Anlass ( Ihr Vertreter in Horta, Harry Schank hat uns in Empfang genommen und war uns mit Holzarbeiten, die nach der Überfahrt notwendig waren, sehr hilfreich) schreibe ich Ihnen einen Kurzbericht:
Wir sind 07/2015 in Griechenland gestartet und sind über die Kanaren und Kapverden in die Karibik gesegelt.

Die Hurricanesaison 2016 haben wir in Grenada abgewettert und haben dann von 12/2016 bis 08/2017 die Karibik und anschließend Puerto Rico, die Dom.Rep., Kuba,die Bahamas und die US Ostküste genossen. Ende August haben wir in Baltimore bei der Tidewater Marina unser Winterlager bezogen. Da waren wir nicht ganz glücklich; abgesehen davon, daß wir einen kräftigen Sturmschaden hatten,waren alle Reparaturen maßlos überteuert.

Unsere Überfahrt von der Delaware Bay nach Flores war anspruchsvoll. Unter anderen hat uns eine heftige Welle ein Solarpanel zerstört und den Seezaun eingedrückt. Harry hat es wieder gut gemacht, siehe oben.
Mittlerweilen habe wir Horta, Graciosa und Pico besucht und liegen nun in Velas auf São Jorge. Bis Ende des Monats wollen wir noch auf den Azoren bleiben und planen,dann nach Portugal überzusetzen, wo wir für das Boot ein Winterlagen suchen.

Soviel in Kürze. Ausdrücklich möchte ich auf die guten Dienste hinweisen,die uns der Windpilot geleistet hat. Das war wohl die beste Investition, die wir beim Ausrüsten des Bootes getätigt haben! Bei allen längeren Fahrten hat er uns gut gelenkt, die Überfahrt von den USA auf die Azoren sind wir ausschließlich mit dem Windpilot gefahren, da unser elektrischer Autopilot unmittelbar nach Abfahrt den Dienst quittiert hat.

Wir denken, daß man auch Gutes ausdrücklich aussprechen soll, daher diese Zeilen.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Mahatsek
Pia Adrario
CHIRENA. HR 38

SV Birba Blue – Franco Sacchi ITA

DIALOG ABOUT USEFULNESS OF WINDPILOT ON ALUBAT CIGALE 14

Fast performer

SV Jamali – Claudette Borne FRA

BRAVO HARRY EN HORTA – ACORES

Bonjour,
Je viens d’arriver en Bretagne sur mon OVNI 345 équipé d’un régulateur d’allure. Le trouvant mal réglé durant la traversée depuis Pointe à Pitre jusqu’aux Açores et ayant rencontré Harry Schank sur le ponton à Horta, celui ci a modifié l’installation pour que le régulateur d’allure soit plus performant.

Il l’a été.  Bravo Harry. J ‚ai encore un peu de mal à le regler pour qu’il maintienne le bon angle au vent, mais une fois bien réglé il tient des journées entières. C’est un vrai bonheur.
En arrivant je me pose la question de l’entretien. Que dois je faire?
Ci joint la photo de Harry après son intervention et le régulateur d’allure en pleine action.
Merci d’avance pour les conseils que vous me donnerez.
Cordialement 
Claudette Borne 
Skipper de Jamali

SV Chirena – Pia Adrario + Harald Mahatsek AT

DREI JAHRE MIT WINDPILOT IM ATLANTIK UNTERWEGS

Lieber Peter Förthmann,
aus gegebenem Anlass ( Ihr Vertreter in Horta, Harry Schank hat uns in Empfang genommen und war uns mit Holzarbeiten, die nach der Überfahrt notwendig waren, sehr hilfreich) schreibe ich Ihnen einen Kurzbericht:
Wir sind 07/2015 in Griechenland gestartet und sind über die Kanaren und Kapverden in die Karibik gesegelt.

Die Hurricanesaison 2016 haben wir in Grenada abgewettert und haben dann von 12/2016 bis 08/2017 die Karibik und anschließend Puerto Rico, die Dom.Rep., Kuba,die Bahamas und die US Ostküste genossen. Ende August haben wir in Baltimore bei der Tidewater Marina unser Winterlager bezogen. Da waren wir nicht ganz glücklich; abgesehen davon, daß wir einen kräftigen Sturmschaden hatten,waren alle Reparaturen maßlos überteuert.

Unsere Überfahrt von der Delaware Bay nach Flores war anspruchsvoll. Unter anderen hat uns eine heftige Welle ein Solarpanel zerstört und den Seezaun eingedrückt. Harry hat es wieder gut gemacht, siehe oben.
Mittlerweilen habe wir Horta, Graciosa und Pico besucht und liegen nun in Velas auf São Jorge. Bis Ende des Monats wollen wir noch auf den Azoren bleiben und planen,dann nach Portugal überzusetzen, wo wir für das Boot ein Winterlagen suchen.

Soviel in Kürze. Ausdrücklich möchte ich auf die guten Dienste hinweisen,die uns der Windpilot geleistet hat. Das war wohl die beste Investition, die wir beim Ausrüsten des Bootes getätigt haben! Bei allen längeren Fahrten hat er uns gut gelenkt, die Überfahrt von den USA auf die Azoren sind wir ausschließlich mit dem Windpilot gefahren, da unser elektrischer Autopilot unmittelbar nach Abfahrt den Dienst quittiert hat.

Wir denken, daß man auch Gutes ausdrücklich aussprechen soll, daher diese Zeilen.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Mahatsek
Pia Adrario
CHIRENA. HR 38

Nordspaniens wilde Küsten. Unter Segeln von Coruna ostwärts.

Seit Mitte Mai bin ich in von Sizilien aus unterwegs, um einhand 
für mein neues Buchprojekt um die Westküste Europas zu segeln. 
Nach den Balearen, Gibraltar und Portugal bin ich im Moment 
an der nordspanischen Küste unterwegs.  

Aufwachen in der Bucht von Cedeira, vier Stunden östlich von Coruna. Zum x-ten spannt sich knarrend Levjes Ankerkette. Es hat Wind. Ich stecke den Kopf aus dem Niedergang. Ein grauer Himmel über dem Leuchtturm, der mir gestern um Mitternacht den Weg in die Bucht an den Untiefen vorbei wies und jetzt wie ein Kapelle friedlich auf dem Felsen mit dem Kiefernwäldchen steht. Zu ihren Füssen brechen die langen Wellen aus dem Norden, ich höre ihr Donnern bis hierher. Sonst ist alles still an diesem Morgen in der Bucht von Cedeira.

Ich sehe mir kurz den Wetterbericht an. WINDY sagt Südwest mit Windstärke sechs voraus. In Böen mehr. Das ist Wind von achtern. Ideal, um ein großes Stück nach Osten zu segeln. Ich schaue kurz hinüber zu den anderen Yachten, die hier vor Anker Schutz suchten. Nichts rührt sich. Sie wollen wahrscheinlich alle nach Westen, gegen den Wind also. Für sie bedeutet das: Einen Tag Pause. Für mich: Segeln.

Ich bereite mein Schiff vor. Unter Deck alles gründlich verstauen. Es wird Seegang geben, nichts soll herumfliegen. An Deck aufräumen, was in der Nacht vor Müdigkeit liegenblieb. Ein Tee. Eine Schale mit warmen Haferflocken. Los jetzt. Noch am Anker setze ich das Großsegel mit 2. Reff – lieber klein anfangen als groß nachgeben, wer weiß schon, was draußen los ist. Tatsächlich schlägt es wild um sich in einer ersten Böe, Levje schwoit an der zu langen Ankerketter. Bei mehr als drei Meter Tiedenhub an der galizischen Küste stecke ich lieber zuviel als zu wenig, auch wenn die Ankerwinsch jetzt alle Mühe hat. Kaum frei, steuere ich Levje aus dem Schutz der Hafenmole hinaus. Tatsächlich. Hier rollen die Wellen aus Nordwest an, die ich am Fuss des Leuchtturms brechen sah. Da ist die Untiefe, bei Ebbe gut sichtbar. Für einen kurzen Moment sehe ich zwischen zwei Wellenkämmen einen Fischer auf seinem Boot, der noch im Schutz der Bucht seine Fischkörbe zum Grund hinunterlässt. Ich sehe ihn nur, wenn er oder ich auf dem Wellenkamm sind. Sonst ist er in den Wellen verschwunden, obwohl er keine 50 Meter entfernt ist.

Kaum bin ich aus der Bucht, kommen zum Schwell aus Nordwest auch noch Wellenberge aus Südwest. Kreuzsee. Aber nicht die kleine, hackige, die ich aus dem Mittelmeer kenne. Sondern alles mal Faktor 3-5. Die Abstände, in denen die Wellen anrollen. Ihre Höhen, ihre Täler.

Nur der Wind lässt sich in der Bucht bislang nicht blicken. Levjes siebeneinhalb Tonnen schleudern in diesem Wirrwarr grausam hin und her. Im Nu gehts drunter und drüber. Was bislang sicher unter Deck verstaut war, macht sich polternd auf die Reise. Vor allem die Dinge in den obersten Regalen nutzen die Gelegenheit für einen Ausflug. Alles, was ich sicher verstaut wähnte. Schwere Bücher. Das Schneidbrett. Ein Teil der italienischen Cafetiera. Schreibblöcke. Im Cockpit siehts nicht besser aus. Das gereffte Großsegel ist so wirkungsvoll wie ein Papiertaschentuch. Raus jetzt aus dem Gekabbel. Auf einem Wellenkamm sehe ich draußen Schaumkronen. Dort muss Wind sein – ich gebe Gas, um Levje dahin zu bringen, wo der Wind ist.

Keine Meile vor der Küste finden wir ihn. Erst 14, dann 18, dann stetig über 20 Knoten aus Südwest. Die Genua im 1. Reff, das Groß im 2., bringe ich Levje vor den Wind. Endlich Kraft im Segel. Das furchtbare Hin und Her legt sich, als der Wind mein Schiff von halbrechts mit Kraft durch die Wellen drückt. Wir liegen nun leicht auf der Seite.

Atlantiksegeln. Es ist so anders als alles, was ich aus Mittelmeer und Ostsee kenne. Erst recht hier draußen sind die Wellen hoch. Mal bin ich oben auf einem Wellenkamm. Dann wieder tief im Wellental. Als ich etwas zittrig den Motor abstelle, frage ich mich, ob da unten in so einem weiten Wellental überhaupt der Wind hinkommt, ob ich da überhaupt segeln kann oder ob wir wie eine Suppenschüssel in so einem Wellental einfach windlos liegenbleiben. Doch meine Sorge ist unbegründet. Selbst mit meiner geringen Segelfläche verliert Levje kaum Fahrt, wenn sie aus einem Wellental wie ein LKW auf den nächsten anrollenden Wellenkamm hinaufklettert. Oben kurz verharrt, als wolle sie die Aussicht genießen, um im nächsten Augenblick mit Karracho den langen Hang wieder hinunterzusegeln.

Noch immer überlagern sich seitlicher Nordwest- und achterlicher Südwest-Schwell, das macht das Segeln etwas unbequem, mein Schiff eiert immer noch hin und her. Mal bin ich im Wellental. Mal oben. Mal rauscht eine achterliche Welle unter uns seitlich durch und beschleunigt uns. Mal rollt von Nordwest eine Wasserwand an – so wie die, zu der ich jetzt beklommen hinaufschaue, so hoch scheint sie mir. Als sie Levjes Bordwand fast erreichen, sinkt mir das Herz in die Hose. Gleich wird sie über uns brechen. Ich hab nicht mal das Steckschott eingesteckt, denke ich in diesem Moment. Doch mein Schiff klettert, als wäre sie federleicht und nur ein Korken auf den eben noch drohenden Hügelkamm. Als wäre sie nichts als ein nur mit Fellen überzogenes Curragh von den irischen Araninseln. Kaum oben auf dem Gipfel, verharrt mein Schiff. Schaut sich oben um. Und surft drüben wieder runter.

Herzklopfen und unbändige Freude wechseln sich in mir ab. Jubel und Bangen. 25 Knoten Wind. Doch alles passt. Wir schwanken zwar immer noch stark in den Wellen, wenn sich die Kreuzseen unter uns abwechseln, doch wir laufen mit fast 7 Knoten dahin. Und den langen Hang einen Wellenkamm hinunter in der Spitze bis neuneinhalb Knoten. Ich gewöhne mich langsam an die Situation, lerne, dass die Wasserwände, wenn sie fast zum Greifen nah sind, für mein Schiff nichts Außergewöhnliches sind, sondern einfach Bestandteil seines Elements.

Cabo Ortegal mit den vorgelagerten Klippen kommt vor mir in Sicht. Mit dem nachfolgenden Cabo Estaca ist Cabo Ortegal der nördlichste Punkt Spaniens. Danach geht es nicht mehr auf nördlichen sondern südöstlicheren Kursen weiter. Das sollte ruhiger werden. Doch jetzt vor dem Kap legt der

Wind noch einmal zu und raumt vor dem Hindernis. Ich kann unseren Kurs nicht mehr sauber halten, die Genua fällt ein, wir steuern auf die vor dem Kap liegenden Klippen zu. Unheimliche Geräusche gibt die Genua von sich, wenn sie einfällt und im nächsten Moment sich strafft und mit einem Ruck am Vorstag reißt. Bei dem achterlichen Wind eine umständliche Wende vor den Felsen fahren ist nicht drin. Ich beschließe zu halsen, mittlerweile habe ich auch bei diesen Windstärken Vertrauen in die Halse. Ich spiele das Manöver vorher im Kopf durch, was ich zu tun habe, muss jetzt sitzen, denn auf den Rest habe ich keinen Einfluss. Noch einen Moment aufs nächste Wellental warten. Tief Luft holen. Dann los. Großschot dichtholen, so dicht wie nur möglich. Sachte, sachte auf leisen Sohlen durch den Wind. Großschot auf. Nur für die Genua brauche ich viel Kraft.

Auf meinem neuen Kurs sieht die Wellenlandschaft nun ganz anders aus. Ich fahre nun entlang der anrollenden Wasserwände aus Nordwest, sie sind auf diesem Kurs noch beeindruckender in dem Moment, in dem sie Levje fast erreicht haben. Da. Hinter den Wellenkämmen. Ein Fahrtenkatamaran taucht aus dem Wellental weiter nördlich auf, ich hab ihn überhaupt nicht gesehen. Er läuft unter Maschine in Gegenrichtung, es ist bestimmt kein Zuckerschlecken, gegen die Wellen aus Nordwest und Südwest gleichzeitig anzugehen. Doch auch das ist anscheinend machbar, ich beobachte ihn, wie er alle Roller gegen sich hat und sich langsam nach Westen vorwärtskämpft, während Levje im Vergleich dazu stabile Fahrt macht. Auch der Skipper scheint uns unter Segeln beobachtet zu haben. Er wendet nach einer Weile und steuert auf unserem Kurs dem Kap entgegen, wo er vor den Brechern zu Füssen des Leuchtturms in die Bucht eindreht, um sich vor dem geschützten Sandstrand südlich des Leuchtturms einen Ankerplatz zu suchen.

Für einen Moment bin ich versucht, es ihm gleichzutun. Nach fünf Stunden Segeln bin ich ziemlich erschöpft. Ich hätte große Lust, Levje vor einen der geschützten Sandstrände zu steuern. Den Anker fallen zu lassen. Und einfach nach den Nebeltagen das simple Sonne, Sand und Meer zu genießen. Doch der Wind ist zu gut, und zu selten hatte ich hier oben den richtigen Wind aus der richtigen Richtung, als dass ich ihn jetzt verstreichen lassen könnte. Ich bin zwar auch zum Spass hier – aber wenn ich in drei Wochen in der Bretagne sein will, sollte ich segeln, wenn Wind zum Segeln da ist.

Und so bleibe ich draußen. Tatsächlich beruhigt sich hinter Kap Ortegal kurz der Wind – vor allem der Südwest-Schwell ist weg, er blieb am Kap wie einer Molenwand hängen. Selbst als der Wind gelegentlich dort, wo Flusstäler in der gebirgigen Küste enge Düsen bilden, bis in die 30 Knoten hinein auffrischt, bleibt es angenehmes Segeln.

Nach mehr als neun Stunden und über sechzig Seemeilen erreiche ich den Eo, den Grenzfluss zwischen Galizien und Asturien. Und lasse in der Ria de Ribadeo, vor dem gleichnamigen Ort zwischen zwei Untiefen mitten im Fluss Levjes Anker fallen.

Damit war der Tag zu Ende. Doch die Nacht in einer Ria: Die sollte mich erneut auf Trab halten. Doch das ist eine andere Geschichte.

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Galiziens wilde Küsten: Santiago de Compostela. Am Ende eines langen Weges.

Seit Mitte Mai bin ich in von Sizilien aus unterwegs, um einhand 
für mein neues Buchprojekt um die Westküste Europas zu segeln. 
Nach den Balearen, Gibraltar und Portugal bin ich im Moment an der nordspanischen Küste 
in A Coruna. Keine Zugstunde entfernt liegt Santiago de Compostela –
für die, die ankommen, Ziel und Ende eines langen Weges.

Eines haben alle gemeinsam, wie weit und aus welchen Motiven sie immer hierher zu Fuß gingen: Wenn sie ankommen, sind sie erschöpft. Erschöpft und glücklich, es bis hierher geschafft zu haben. Glücklich, das Ziel, das sie sich selber setzten, erreicht zu haben.

An diesem Sonntag Nachmittag sind es Hunderte, die vor der Kathedrale des Heiligen Jakob eintreffen, nach wochenlanger Wanderung einander erst in die Arme und wenig später zu Boden sinken. Es herrscht Ausgelassenheit. Freude. Erschöpfung. Erleichterung. Es fühlt sich bunt an, und nach Happening, auf dem Platz vor der Kathedrale.

Wenige Schritte neben mir ist Jean-Francois auf das warme Steinpflaster des Kathedralenplatzes gesunken und betrachtet frohgemut die heruntergelaufene Sohle seines rechten Trekkingschuhs. 1.550 Kilometer ist er in knapp zehn Wochen hierher gelaufen. Allein am heutigen Tag waren es 38 Kilometer. Auch er ist erschöpft. Aber nicht wirklich. Wenn Neuankömmlinge ihn bitten, doch von ihnen das obligate Ankunfts-Selfie mit der Kathedrale im Hintergrund zu schießen, ist er schneller auf den Beinen als ich.

Jean-Francois ist aus Quebeq. Und den Weg geht er nun schon zum 4. Mal. Was ihm so eine Reise bringt, frage ich Jean-Francois. „Das eine ist: Verantwortung für mich selbst zu übernehmen. Für mich. Und für jede meiner Entscheidungen. In jeder Minute, die ich auf dem Weg unterwegs bin. Ich bin nicht mehr ferngesteuert hier von irgendeinem ‚Sei um 8 hier. Erledige das‘. Ich bin verantwortlich für das, was geschieht.
Das andere ist: Selbstvertrauen. Vor allem das. Ich weiß mittlerweile, ich schaffe das. Und wenn ich es will, dann schaff ich es wieder.“

Über seine Antwort bin ich erstaunt. Sie unterscheidet sich in nichts von dem, was ich antworten würde, wenn mich jemand fragte, was mir denn sechs Monate Segeln um Europa brächte. Ist meine Reise eine Pilgerschaft? Bin ich ein Pilger wie Jean-Francois?

„Ich brauche nicht viel zum Leben. Na klar: Hin und wieder ein Flugzeug. Irland. Kroatien. Wenn ich als Kanadier Schengen-Land für kurze Zeit verlassen muss. Aber sonst: Ich brauche nicht viel.“

Alles an ihm sieht professionell aus. Und wenig derangiert, wie man nach 1.550 Kilometern erwarten könnte. Sauberes Hemd. Gepflegte Hände. Ein Mann, der Hochschul-Lehrer sein könnte, wache kleine Augen hinter der Hornbrille. Wen er denn auf seiner Reise getroffen hätte, frage ich ihn.

„Man trifft vier Gruppen von Menschen. Da sind zum einen die christlichen Pilger. Die gibt es nach wie vor. Und dann sind da Leute, die den Weg aus spirituellen Gründen gehen. Egal, ob sie eine Auszeit suchen oder einfach nach Selbsterfahrung.

Die dritte Gruppe sind Leute, die das aus rein sportlichen Gründen machen. ‚Kilometer Laufleistung‘ zählt – und von den christlichen Pilgern sondern sie sich strikt ab, mit denen wollen sie nichts zu tun haben.

Und dann gibt es da noch eine vierte Gruppe. Leute, die das rein aus touristischen Gründen machen. Eine Wallfahrt ist eigentlich die günstigste Art von Reise, die man unternehmen kann. Übernachten für 6 Euro. Mittag- und Abendessen für 3 Euro. Man trifft gerade diese letzte Gruppe immer häufiger an. Aber vielleicht war die Wallfahrt ja immer so. Der Weg war immer derselbe. Die Gründe, ihn zu gehen, waren doch immer ganz unterschiedliche. Da ist sich der Jakobsweg in den 1.200 Jahren seiner Geschichte treu geblieben.“

Und er, der den Weg nun schon zum vierten Mal gegangen ist?

„Ich mag die Landschaft. Ich mag die Stimmung. Ich kann allein gehen, wenn ich es mag. Oder mit Menschen reden. Santiago selber hat für mich mittlerweile keine Bedeutung mehr. Hier aber haben alle nur eben dieses eine Ziel: Und das ist Santiago de Compostela. Ich bin auch schon in Japan den Shikoku-Pilgerweg gewandert, mit seinen 88 Schreinen. Da ist es anders. Jeder einzelne Schrein ist das Ziel. Es gibt kein übergeordnetes Ziel. Jeder der Orte auf dem Weg ist zugleich das Ziel.“

Wieder frage ich mich, ob Jean-Francois und mich nicht mehr verbindet, als ich denke. Ob nicht nur er, der Katholik aus Quebeq ein Pilger ist.

Jean-Francois ist kein strenger Katholik. Er schätzt die Traditionen, er schätzt den Wert der Riten. Sie sind wichtig. Doch auch er hat auf seinen Reisen seine Erfahrungen mit der Religion gemacht.
„Der Katholizismus ist nicht nur in Spanien ist streng. Ich habe erlebt, dass Leute auf dem Jakobsweg eher ausgeschlossen wurden: ‚Du bist nicht katholisch. Du darfst am Abendmal nicht teilnehmen‘. Der Buddhismus, wie ich ihn auf dem japanischen Pilgerweg erlebte, ist da offener. Auf dem Shikoku-Weg lassen Japaner auch einen Nicht-Buddhisten an jeder Zeremonie teilnehmen. Sie leiten ihn sogar während der Zeremonie an.“

Wir plaudern, während wir auf den warmen Steinen sitzen. Dann ist es Zeit für uns zu gehen. Mein Weg führt zurück zum Zug. Jean Francois möchte noch weiter, der Jakobsweg ist in Santiago de Compostela noch nicht zu Ende. Er will noch weiter nach Muxia, bis zur Kirche auf den Klippen, vor denen ich im Nebel ankerte.

Nicht vergessen werde ich, wie Jean-Francois sich verabschiedete. „Bis bald“, sagt er mit heiterer Gewissheit, „Wir sehen uns wieder.“ Er sagt das nicht als Floskel. Sondern so, als blieben wir durch unser Gespräch, unsere Begegnung für immer verbunden.

Ankerplätze melden mit Gewinnspiel

ADAC Kapitäne gewinnen doppelt: Clubmitglieder und Inhaber des IBS vom ADAC können seit Juli im neuen Skipper-Portal Ankerplätze melden – damit können wertvolle Erfahrungen und Geheimtipps mit Gleichgesinnten ausgetauscht werden. Unter allen veröffentlichten Beiträgen werden nützliche Gewinne zum Ankern verlost.
Mit dem Dighi von Ankerplatz an den Traumstrand der Costa de Rei auf Sardinien.Ankerplatz melden und einen von vielen wertvollen Preisen gewinnen.

Ob mit der Motoryacht vor Sardinien, mit dem Hausboot auf der Müritz oder mit der Segelyacht auf der Ostsee – für viele Skipper und Crews ist die Nacht vor Anker die Krönung eines jeden Törns.

Was Freizeitkapitäne über mehrere Wochen im Jahr an Ankerplätzen erkunden, ist eine nützliche Ergänzung zu den Hafenbeschreibungen der geschulten ADAC Marina-Inspekteure und setzt dort an, wo klassische Hafenhandbücher aufhören.

ADAC Mitglieder und Inhaber des Internationalen Bootsscheins (IBS) vom ADAC haben seit Juli die Möglichkeit, Ankerplätze zu melden und dabei Gleichgesinnten wichtige Hinweise zur Ansteuerung, zum Ankergrund zu nautischen Besonderheiten sowie zur Infrastruktur an Land zu geben. Gleichzeitig profitieren Clubmitglieder dabei von den Tipps und Erfahrungen fremder Bootsmannschaften.

Die Meldung erfolgt über ein Online-Formular, dieses kann bei entsprechender Zoomstufe auch bequem durch einen Klick in die Seekarte aufgerufen werden. Jeder bis Mitte September gemeldete und freigegebene Ankerplatz nimmt an der Verlosung toller Gewinne zum Ankern teil!

Zu gewinnen gibt es einen 1000€-Gutschein für eine Charter über die ADAC Yachtcharter-Suche, so können auch künftig Traumbuchten erkundet werden. Zweimal jeweils eine Free 100 von Secumar (Wert jeweils 109€), damit sind Schwimm- und Stand-Up-Paddling-Aktivitäten am Ankerplatz noch sicherer. Ein GPS 73 von Garmin zur digitalen Ankerwache (Wert 179€).

Für die Teilnahme am Gewinnspiel einfach im Ankerplatz-Meldeformular die Teilnahmebedingungen und Datenschutzhinweise akzeptieren, dabei stellt jeder freigegebene Ankerplatz ein Gewinnlos dar – viel melden erhöht also die Gewinnchancen!

 

Galiziens wilde Küsten. A Coruna. Der Strand. Und die Austern.

Seit Mitte Mai bin ich von Sizilien aus unterwegs, 
um einhand für mein neues Buchprojekt um die Westküste Europas 
bis in die Bretagne zu segeln. 
Fast bis Ende Juli war ich in Portugal unterwegs, bevor ich Spaniens Nordküste erreichte.

Es ist der Zeitpunkt gekommen, mich heute zu outen mit einer finsteren Leidenschaft, die manchem meiner Leser übel aufstossen wird und die selbst meine liebe Frau, die geduldig Mucken wie mich und meine halbjährliche Abwesenheiten erträgt, verständnislos dreinschauen lässt. Ich esse gerne Austern.

Wie mit jeder Unart, tue ich das meistens heimlich. Und irgendwo. Wo mich niemand kennt. Es ist keineswegs so, dass ich mich dafür schämen würde. Austern sind in den Augen der meisten Menschen nun mal was anderes als Bratkartoffeln. Austern polarisieren. Sie lassen niemanden gleichgültig. Die einen lieben sie. Den anderen sind sie pures Luxus-Geschlabber, den dritten sind sie nur letzteres. Bei meiner Frau und meinen Freund Josef, beide sonst Freunde guter Lebensart, sind Austern nach jeweils heftigen Salmonellen-Vergiftungen vor vier Jahrzehnten der blanke Schrecken. Also tue ich, was ich tue, meistens heimlich. Und esse halt Austern, wenn gerade niemand dabei ist. Eigentlich esse ich Austern nur, weil ich dabei an einen Menschen und seine Geschichte denken will, so wie jedem von uns bei einem bestimmten Gericht ein ganz bestimmter Mensch und eine Begebenheit dazu einfällt. Meine Geschichte von dem Mann mit dem Austern trage ich seit Jahren mit mir herum. Doch eine gute Geschichte will erzählt werden. Also heute: Austern. In Coruna.

Auf meinen Wanderungen zum Torre de Hercules, der am anderen Ende der Stadt liegt und über den ich gestern schrieb, lernte ich Coruna kennen. Ich stolperte in die schönsten Ecken der Stadt: Von den weißen Erkern und Veranden der Häuser rund um die Marina, denen man in Coruna wieder und wieder begegnet, bis zum Sandstrand auf dem Foto ganz oben, der sich einsam und doch wie ein Kleinod unmittelbar vor der Stadt erstreckt. Denn welche Großstadt – Coruna hat immerhin eine Viertelmillion Einwohner – kann schon von sich behaupten, sie hätte unmittelbar am Stadtzentrum einen derart prächtigen und Sandstrand wie die Playa de Riazor – die noch dazu an der Stelle liegt, die das alte Coruna auf seiner Insel über Jahrhunderte mit dem Festland verband.

Und dann entzückten mich noch manch andere Gebäude in Coruna, über deren Äußeres man streiten mag, aber deren Baukörper so harmonisch in die Rundung über der Bucht gesetzt war, dass es eine Freude war. Wenige Schritte von dem Gebäude oben liegt in einem abgelegenen Winkel, fast zwischen Mietskasernen und Feuerwehrhaus, eines der besten Fischrestaurants Corunas, die A PEIXARIA . Sie sah einfach aus von außen, und wie ein Ort, an den man seine Gäste schon mit besonderer Küche und nicht mal eben mit simplem Meerblick überzeugen und bei der Stange halten musste. Weils drinnen laut war, nahm ich draußen Platz, saß allein, neben mir nur ein paar jugendliche Schlemmer, die ihre wenigen Kröten für ein gutes Abendessen zu dritt mit Freunden zusammengekratzt hatten.

Auf der Speisekarte: 15 Fischgerichte. 5 Vorspeisen. Austern darunter. Ich überlegte. Erwog den Wochentag, denn Montags würde ich keinen Fisch essen, weil die Fischer ja zum Wochenende nie auf dem Meer wären und es eigentlich erst frühestens ab Dienstag fangfrischen Fisch gäbe. Erwog die alte Regel mit den Monaten ohne „r“, in denen man keine Muscheln essen sollte. Aber mein Münchner Fisch- und Muschelhändler, der – was Austern angeht – meine finstere Leidenschaft teilt, hatte diese Regel längst auf den Sperrmüll antiquierter Meinungen geworfen, weil sie aus Zeiten stammen würde, in denen Kühlung und Transportwege längst noch nicht so kontrolliert und  organisiert waren wie heute. Nach Hin und Her im Kopf wagte ich mich an meine Bestellung. Als Vorspeise: Zwei Austern. Ein leichter Weißwein dazu. Hurra.

Was dann kam, verblüffte mich. Nicht nur, dass die Muscheln für den Sommer ungewöhnlich fett waren und nicht mager, weil Muscheln wie Menschen in der Hitze eben nicht viel zu sich nehmen mögen, nein: Sie stammten auch hier aus der Gegend, ein paar Kilometer nördlich von Coruna. Und waren in einer leichten Vinaigrette mit einer Kugel Vanilleeis angerichtet, das leicht in der kalten Austernschale schmolz. Ich machte mich etwas zögerlich an die Arbeit. Vanilleeis mit Auster in Vinaigrette? Aber der Geschmack war der Hammer. Der intensive Geschmack des kalten Meeres, den die Auster in sich trug, mit der zarten salzigen Säure der Vinaigrette und der schmelzenden Vanillesüße der Eiskugel hinterher. Das war ein ungeahntes Erlebnis.

Jetzt ging alles ganz schnell: Die zweite Auster war schneller vom Teller, als mir lieb war. Ich winkte dem Kellner, es war mir etwas unangenehm, ob er mit dem Hauptgang noch warten könne. Ich würde noch gerne von den Austern nehmen…

Ich dachte dabei an Claude Lanzmann, den vor wenigen Wochen verstorbenen Regisseur des legendären Films SHOA, voller Respekt. Und einem seiner Austern-Gelage, bei dem er und seine zwei Mitstreiter an einem Abend 60 Austern verspeist hatten. Und ich dachte an den Mann aus dem Dorf in Oberbayern, in dem ich aufgewachsen war, und wegen dem ich eigentlich überhaupt hier saß. Und Austern aß.

Er war Landarzt gewesen, in meinem Dorf. Und „Jahrgang ’20“. Grob. Schroff. Doch hinter der Grobheit seines kantigen Äußeren eine ungeheure Menge Empathie verborgen, als wolle sie geschützt sein wie ein Neugeborenes. Aber das sagte mir damals noch nichts, als ich zum ersten Mal mit 14 in der kleinen Praxis am Bahnhof mit einem Dorn in der Ferse saß. Er beugte seinen kahlen Schädel in dem zu eng sitzenden Arztkittel über meine Ferse und besah sich die Sache. Griff nach hinten, wo in einer Petrischale ein Skalpell wartete. „Wollen Sie die Stelle nicht vorher betäuben?“ fragte meine Mutter, deren Griff an meiner Schulter schlagartig fest wurde. Der Kahlkopf blickte kurz auf. „Aah baaaah“, hörte ich ihn sagen. Und dann stach auch schon das Skalpell blitzschnell in meine schmerzende Ferse, ehe ich überhaupt wusste, was er da tat. Ich machte einen Satz Richtung Decke, vor plötzlichem Schmerz, vor Überraschung, zum Umfallen bleich und doch zu bleich, um wütend zu sein, was der Doktor da mit mir machte.

Doch die grobe Kur des Doktors zeigte Wirkung. Sie war die Richtige gewesen. Zwei Tage später konnte ich wieder normal laufen – der Dorn war rausgespült, alles war gut. Ich dachte an den Doktor mit gemischten Gefühlen. Er hatte gewusst, was er da tat, kein Zweifel. Und hatte mir geholfen. Aber ob ich das so noch mal brauchte?

Jahre später. Ich war längst aus dem Dorf, das eine Kleinstadt geworden war, weggezogen. Da erzählte mir meine Mutter vom Doktor. Dass er vielen auf seine einfache, kantige Art geholfen hatte und nur bei einer Sorte Patienten wirklich grob wurde: Wenn sie weinerlich waren. Dass er selbst an Leukämie erkrankt war und die Krankheit ihn innerhalb eines Viertel Jahres dahingerafft hatte. Aber noch ans Krankenbett, noch in der Krankheit, in der ihm niemand helfen konnte, hatte er sich von seiner Frau erbeten, ihm einmal wöchentlich ein, zwei frische Austern zu bringen, die er so sehr liebte. Der Geruch des kalten Meeres…

Aber damit endet die Geschichte vom Doktor und den Austern noch nicht. „Jahrgang ’20“. Er war, wie mein Schwiegervater, 1920 geboren. Einer von denen wie mein Schwiegervater, die als  Medizinstudenten im 3. Semester sich plötzlich an irgendeiner Front in einem Zelt wiederfanden, um sich über die zerschossenen und zerfetzten Leiber Gleichaltriger zu beugen und sie irgendwie wieder zusammenzuflicken. Um ihnen zu helfen. Mit wenig mehr zur Hand als einem Skalpell und Nadel und Faden. Einer von denen, die lebenslang die Frage mit sich herumtrugen, warum ausgerechnet sie als einer von drei des Jahrgangs ’20 das Gemetzel überlebt hatten. Und die anderen zwei nicht.

Zum „Jahrgang ’20“ gehörte es, niemals über diese Frage zu sprechen. Und niemals über das Grauen, das ihre Augen gesehen hatten. Und es doch niemals zu vergessen. Der Doktor, der in der Gemeinde ein geachteter Mann war, hatte vor seinem Tod zum Kopfschütteln aller verfügt, dass er nicht in einem Sarg bestattet werden wollte. Sondern in einer einfachen Kiste aus Birkenbrettern. So wie diejenigen, so sagte er es, denen er nicht hatte helfen können, die man einfach verscharrt hatte, irgendwo.

Durch die anbrechende Dunkelheit schlenderte ich zurück in den Hafen von Coruna. Ich denke gelegentlich an den Doktor. Vielleicht esse ich ja auch die Austern nur, damit ich ihn nicht vergesse. Es gibt schlechtere Gründe, Austern zu essen, als die Erinnerung an einen Menschen zu bewahren. Ich weiß, ich werde auf meiner Reise in die Bretagne sicher noch öfter Austern essen. Und an den Doktor denken. Und seine Geschichte.

Galiziens wilde Küsten. Durch den Nebel nach A Coruna. Zum ältesten Leuchtturm der Welt.

Seit Mitte Mai bin ich von Sizilien aus unterwegs, 
um einhand für mein neues Buchprojekt um die Westküste Europas 
bis in die Bretagne zu segeln. 
Fast bis Ende Juli war ich in Portugal unterwegs, bevor ich Spaniens Nordküste erreichte.

Kap Finisterre. Das Ende der Welt. Es gibt viele Kaps in vielen Sprachen, die diesen Namen tragen.

Meine Reise entlang Portugals Küste bis Mitte Juli war klimatisch so ganz anders, als ich erwartet hatte. Ich hatte mit vielem gerechnet. Hitze. Hohe Wellen. Starkwind und gleißendes Licht. Stattdessen war ich meist bei Windstille unterwegs. Und in Dunst und diesiger Sicht. Selbst den Portugiesen war ihr Wetter nicht geheuer: Seit Mai war kaum ein Sommertag, wie sie es eigentlich gewohnt waren.

In Nordspanien war das Wetter nicht anders. Im Gegenteil. Die Grenze, die Portugal von Nordspanien trennt, war nicht erkennbar. Nördlich von Vigo, am Kap Finisterre, das spanisch Cabo Fisterra heißt und Spaniens äußerster westlichster Zipfel ist, steuerte ich stundenlang durch dichten Nebel. Galizien, Spaniens regenreichste Ecke, hieß mich willkommen. Fahren war nur mit Radar möglich. Es sah, was ich nicht sehen konnte. Das Kap vor mir. Und ein Boot, das wenige 100 Meter im Nebel verborgen mich begleitete. Ich sah es nicht, doch es wich nicht, wie ein treuer Hund. Nach einer halben Stunde wurde es mir unheimlich, wie es einem unheimlich ist, wenn man eine Grenze überschritten hat. Ob es in Nordspanien Piraten gab? Das Boot blieb mein Radarschatten, es folgte mir. Als für einen kurzen Moment der Nebel aufriss, sah ich, dass es ein Segler war, der wie ich auf Cabo Fisterra zuhielt.

Das Kap selbst fand ich nur auf dem Radar: Eine gelb geriffelte Linie, die das Auge des Radars sah und auf den Bildschirm zeichnete, auf die ich zuhielt. Als ich näherkam eine Handvoll Felsen, die aus dem Nebel hervor wie Gespenster lugten. 

Wie so oft am Abend, lichtete sich der Küstennebel. Ich erreichte die Bucht von Camarinhos, ein traumhafter Platz, geschützt vor einem Sandstrand.

Am Morgen lag dichter Nebel über der Bucht. Kein Geräusch war von der noch am Abend lebhaften Kleinstadt am Ufer zu hören. Keine Lärm aus dem Hafen. Oder vom Volksfetsplatz. Alles war still, als wäre die Welt nicht nur in Nebel, sondern dick in Watte gehüllt.

Nur die Sonne war zu sehen, die an diesem Morgen irgendwo über den Wolken auf Levjes taunasses Deck schien. Taubehangene Spinnweben am Seezaun. Als wäre ich im September in meiner Heimat in Bayern unterwegs. Doch dies hier war zweifellos Spanien. Ich hatte es anders erwartet.

Als ich Camarinos am nächsten Mittag verließ, wurde das Wetter schlechter. Der Nebel verschwand nach kurzer Aufheiterung, Regenwolken zogen von Nordwesten heran. Der Himmel verdüsterte sich, die Sicht verringerte sich. Am späten Nachmittag zog ich mir Seestiefel und Regenjacke an. Feiner Nieselregen setzte ein, der englischen Herbstregen glich, während der Regenwind Levje weiter nach Nordosten Richtung A Coruna trieb, auf ein großes Bauwerk zu, das ich schon von weitem durch den Niesel sah. Und das irgendwie drohend im Grau aussah.

Es war Abend, als ich die Stadt erreichte. Genauer gesagt: Ich sah ihre Silhouette querab. Erst die Hochhäuser. Dann im Inneren einer Bucht den langen, nach Norden zugewandten Sandstrand. Und dann eine vorgelagerte einsame Insel, auf der jener riesige Turm stand, den ich seit Stunden vor mir durch den Nieselregen gesehen hatte.

Erst in den folgenden Tagen sollte ich ihn bei Tageslicht sehen. Und herausfinden, dass es der älteste Leuchtturm der Welt war, der noch in Betrieb war. Ich sollte herausfinden, dass der „Torre de Hercules“ Corunas Wahrzeichen war. Die Römer hatten den Turm errichtet, wenige Jahre, nachdem

im Osten ein Mann namens Jesus von Nazareth hingerichtet worden war. Davon wusste vermutlich im römischen Brigantium – so hieß die kleine Hafenstadt an der inneren Bucht – kaum jemand. Auch der Architekt nicht, den man mit dem Bau beauftragt hatte, Gaius Sevius Lupus. Er stammte aus Aeminium, dem portugiesischen Coimbra, und ließ in den 65 Meter hohen Bau alle Bau-Raffinesse seiner Zeit mit einfließen. Nicht ein einziger Turm sollte es werden, um dem Bauwerk Stabilität zu geben. Sondern an diesem extremen geografischen Punkt der römischen Welt, an der der Schiffsverkehr aus Gibraltar nach Britannien und zu den Rhein-Provinzen verlief, sollte etwas Dauerhaftes entstehen. Zwei Türme ersann der Architekt, beide von quadratischem Grundriss, doch ineinander gesteckt. Und verbunden durch eine Rampe, die zwischen dem Inneren und dem Äußeren Turm nach oben lief und die zugleich ähnlich einer Treppe als stufenloser Weg nach oben führte. 

Man weiß nicht, wieviele Sklaven nötig waren, wie lange sie schufteten, um das gigantische Bauwerk fertigzustellen. Roms Wirtschaft war eine Sklavenwirtschaft, die fortwährenden Kriege an den Grenzen spülten immer neue Sklaven ins Reich. Sie waren in Hülle und Fülle vorhanden. Ihre Geschichte kennt man nicht.

Heute führt der Weg über normale Treppen nach oben, von der früheren Rampe, die nach oben führte, haben die Jahrhunderte nichts übrig gelassen. Doch das Licht des römischen Leuchtturms, das ist noch vorhanden. Eine überdimensionale Öllampe, groß wie ein Wagenrad, die man bei Ausgrabungen

vor ein paar Jahren entdeckte. Ein Stein wie ein Mühlstein. Eine Mulde in der Mitte, deren Öl die Lichtquelle war und die über einen großen Hohlspiegel aus der Turmkammer nach draußen geleitet wurde. Versuche von Studenten ergaben, dass das Licht auf eine Distanz von 10 Seemeilen gut sichtbar war. Dass man hier derartigen Aufwand hatte einen guten Grund: Eine Seekarte im Museum des Torre de Hercules zeigt hunderte von Wracks, die unmittelbar vor den Kaps Galiziens liegen. Schon die Römer müssen die Verluste gespürt haben, die an dieser wilden Küste entstanden.

Nach den Römern verfiel das Gebäude. Weder die Germanenstämme, Sueben und Westgoten, die nach den Römern kamen, noch die Mauren hatten die Kraft oder das Interesse, den Turm instand zu halten. Die Schifffahrt, wie die Römer sie gekannt hatten, Massengütertransport und Massentransportweg für Waren, neue Ideen und Religionen: Diese Art von Schifffahrt brach zusammen. Was sich danach an Seefahrt erhielt, blieb für 1.000 Jahre das gefahrvolle Geschäft einzelner. Bis man sich im Zeitalter der Entdeckungsfahrten auch am Kap wieder an den Turm der Römer als Leuchtturm erinnerte. Und gelegentlich nachts einen eisernen Korb mit brennenden Kohlen an die Turmspitze hängte.

Das Bauwerk verfiel. Der Außenturm wurde als Steinbruch genutzt fürs nahe Coruna, seine Kirchen,  seine Festungen. Erst mit Napoleon kam das Interesse an einem Leuchtturm wieder in die Welt. Und seither ist das Licht auf dem Torre de Hercules nicht mehr erloschen. Allen Nebeln zum Trotz.

Les Sables d´Olonne – Stimmungen

KURZWEILIG – HEISS – UND AUGENSCHMAUS

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