Ein letztes Mal gen Norden

Auch der schönste Platz muss – wie so oft – verlassen werden. Aber bei schönem Sommerwetter ist das ja kein Problem. Außerdem geht es das letzte Mal Richtung Norden. Ich kann das Ziel Oslo schon riechen.

Der erste Tag nach den Väderöarna bleibt sommerlich. Eine leichte Brise aus Südost schiebt mich unter Gennacker zu den Koster-Inseln. Schon witzig, wie man hier von einem Highlight ins nächste stolpert… So ein Schwachwindsegeln hat jedenfalls echte Vorteile. Der Autopilot steuert, und ich kann mich so wichtigen Dingen wie Lesen, Bräune nachlegen und dem Studium  von Reiseführern widmen. Um dann spätnachmittags auf den Koster Inseln, berühmt für ihre Schärenlandschaft, anzukommen. Hier herrscht auch wieder Längsseitssaison. Allerdings in der Sorte “Päckchen”. Ich bin völlig baff als ich den Hafen bummsvoll vorfinde. Man liegt bis in 5er Päckchen, also 5 Boote längs nebeneinander festgemacht. Kein Problem, komme ich so doch auch diese Saison noch in den Genuss des unverwechselbaren “Helgoland-Feelings”. Das herrscht allein schon deswegen, weil bis auf 3 andere Boote, alle schätzungweise 147 anderen aus Norwegen kommen. Und die komen nach Schweden nun mal ebenso gern zum Einkaufen wie der Elbsegler nach Helgoland… ;-) Den kleinen Ort Bopallen/Kostersund finde ich irgendwie weniger spannend und anziehend als oft beschrieben. Ziemlich verschlafen und nix los. Vielleicht habe ich aber auch mal wieder einen Idylle-Overkill in den letzten Tagen erfahren und bin nicht mehr empfänglich für “mittelschön”. Päckchenliegen hat jedenfalls den Vorteil, dass man Einhand sehr schnell mit den Nachbarn ins Gespräch kommt. Und so verbringe ich den Abend an Bord eines norwegischen Motorbootes und kann gleich viel über die Mentalität nebst einigen zusätzlichen Tips für Oslo lernen.

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Der nächste Tag sollte also auf jeden Fall Norwegen, welches nur noch 3NM von Kostersundet entfernt liegt, bringen. Das ist gleich aus mehreren Gründen etwas besonderes für mich. Bisher habe ich es auf längeren Urlaubstörns zeitlich nie geschafft bis nach Norwegen zu kommen, obwohl mehrfach versucht. Heute soll es nun also so weit sein. Zum anderen ist Norwegen ja sowieso ein weit entferntes Traumziel für Nord- und Ostseesegler und das definitiv letzte Land auf meiner langen Reise. So wird das Überqueren der Seegrenze zum etwas besonderem. Ein letztes Mal geht eine neue Gastlandflagge nach oben. Norwegen. Das zehnte und letzte Land auf meiner Reise. Eigentlich ist es schon witzig welchen Aufriss man über das Setzen eine Gastlandflagge machen kann. Schon der große Thor Heyerdahl wusste, dass Grenzen auf dem Meer nicht existent sind. Und trotzdem gehört das Setzen der “courtesy flag” auf jedem Törn zu den Höhepunkten. Auch wenn es zum 10ten Mal in einer Saison die dänische auf dem Wochenendtörn nach Marstal ist. Ich glaube das liegt wieder mal daran, dass es einem Törn Konturen gibt. Und gerade auf kurzen Törns schafft es eine gefühlt noch größere Distanz zum Alltag. Auf den großen Törns wie meinem jetzigen hingegen bringt er eben Eckpunkte in die Reise. Und ein Stück weit – ich denke das kann man ruhig so sagen – ist er auch eine kleine Auszeichnung an sich selbst. Hat man es doch in ein weiteres Land geschafft. Und doch eigentlich  ein winzig kleiner und heutzutage eingentlich unwichtiger Brauch. Und trotzdem macht es jedes Mal aufs neue Spaß ihn zu zelebrieren. Darüber denke ich so nach während ich mich heute besonders über die kleine norwegische Flagge unter der Saling freue.

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Zur Komplettetierung der Hochstimmung hat der Südost heute mal richtig aufgedreht. Dazu noch etwas, dass ich in den letzten Monaten fast vergessen hatte, was hier oben am Rand zur Nordsee aber wieder wichtiger wird: Tidenstrom! Zum Glück von hinten, und so geht es mit bis zu 8kn über Grund den äußeren Oslofjord entlang. Eigentlich wollte ich heute nur bis Hankø, aber solche Bedingungen muss man ausnutzen. Erst spät am Nachmittag lässt der Wind und damit mein “Kreissägengrinsen” im Gesicht wieder nach. Der kleine Ort Son, ein Hotspot der Osloer Segler liegt querab. Ein perfekter Segeltag. Der Ort ist wirklich nett, auch wenn ich im Gästehafen fast alleine liege und die Liegegebühren norwegisches Niveau haben. Dafür hat der Hafen aber wirklich jeden denkbaren Service (außer der Sauna mit Meerblick ;-) ) und der Hafenmeister ist extrem rührig. Spätestens als ich 2 Dosen Bier als Dank für das nette Willkommen im Büro vorbeibringe, habe ich einen neuen Freund gewonnen. Echt interessant, denn er ist eigentlich BWL´er und erzählt mir einiges interessantes über den Betrieb von Norwegens zweitgrößtem Gästehafen. Spannend, unser Wochenendvergnügen mal aus der anderen Perspektive zu betrachten… Auch der Ort ist traumhaft schön, und so lässt sich das kurze Herbst-Intermezzo hier gut abwettern bevor es wieder bei allerfeinstem Sommerwetter das letzte Stück nach Oslo geht. Langsam geht es voran, aber das macht doch nix. Überhaupt: Es ist Mitte September und ich segele auf meiner kleinen Nonsuch Oslo bei 22° entgegen. Kann man sich da überhaupt beklagen?

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Mittags passieren wie die engste Stelle des Oslofjordes: Drøbak, mit der auf einer Insel mitten im Fjord liegenden Festung Carlsborg. Ein wichtiger Ort für die Geschichtsinteressierten, wurde doch von hier in einer David gegen Goliath Aktion der deutsche Kreuzer “Blücher” während der Besetzung Norwegens 1940 versenkt. ich finde es immer wieder eindrucksvoll solche Begebenheiten vor Ort nachvollziehen zu können. Ein Schauer läuft mir dann auch wenige Minuten später über den Rücken. Jøran hatte mir schon davon erzählt, und es stimmt tatsächlich. Eine hundert Meter weiter stinkt es stark wahrnehmbar nach Diesel. Ein leckgelaufener Tank des gesunkenen Schiffes, der bis heute Diesel an die Oberfläche abgibt und wegen Schäden nicht abgepumpt werden kann. Selten wird einem ein Seegrab so eindrucksvoll vor Augen geführt. Ein Moment des Nachdenkens…

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Einige Stunden später kommt dann aber schon Norwegens Hauptstadt in Sicht. Schon von weitem erkennbar durch die größte Attraktion der Stadt. Die Skisprungschanze Holmenkollen, die weithin sichtbar am Hang in der Stadt trohnt. Die Sonne scheint, die Stimmung ist gut. So mache ich dann in der Aker Brygge Marina in Oslo fest. Der letzte Wendepunkt meiner Reise ist erreicht. Ab hier geht es nun unwiderbringlich nach Hause. Nur noch 350 NM bis Kappeln. Vorher gönne ich mir aber noch ein langes Wochenende in dieser Stadt. Mal sehen was sie so für mich bereit hält….

 

Herrrliches Hochsommersegeln. Im September.
Zeit für Entspannung.
Ob das im Winter so gemütlich ist...
An der Westküste gibt es leider auch wieder Fischernetze ohne Ende...
Next Highlight.
Kostersundet.
Das Schilf auf Nordkoster. Eine Seglerlegende.
Minifähre Marke "Wuchtbrumme". So breit wie lang.
Koster.
Längsseitssaison mal anders.
Das lokale Bier schmeckt!
Allerlei Krimskrams wird an der Hafenbude verkauft.
Noch 100m bis Norwegen.
Das zehnte Land auf dieser Reise.
So anders sehen norwegische Tonnen auch nicht aus...
Wegen Nachfrage: So passe ich als Einhandsegler auf mich auf: AIS-SART
...und tragbare EPIRB.
Die Landschaft ist im Oslofjord wieder ganz anders als an der nur wenige Meilen entfernten Westküste...
Schicke Boote haben die Norweger....
...aber unoriginelle Namen.
Schweinswale im Fjord.
Abends kommt Son in Sicht.
Mein erster Hafen in Norwegen.
Ein absolut perfekter Gästehafen.
Nur bin ich fast allein.
Der Ort ist wirklich nett.
Aber komische...Etablissements haben die hier... Eigentlich sah das nur wie ein Kiosk aus...
Wieder tolle Boote mit interessanten Slogans...
"Cover me in honey and feed me to the lesbians".
Nonsuch in Son.
Museumsboote.
Son.
Son.
Drøbak.
Carlsborg Festning.
Das Wrack der Blücher wird überfahren...
Ein Moment des Nachdenkens.
Oslojford im Dunst.
Schwimmende Kirche?!
Oslo Havn.
Kann es sein, dass die Norweger gerne Segeln?
Aker Brygge Marina.
Angekommen in Oslo!